Das Gedankenexperiment - Wissenschaft und moralische ...
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Kap. 9: <strong>Gedankenexperiment</strong><br />
Dienstleistung hat den Skandal “ausgelöst”. Die vermuteten Gesetzesbrüche betreffen<br />
- das Gr<strong>und</strong>recht nach GG Artikel 10: Brief-, Post- u. Fernmeldegeheimns,<br />
- das Telekommunikationsgesetz: Fernmeldegeheimnis,<br />
- das B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz,<br />
- das Strafgesetzbuch.<br />
Die Beschuldigten “müssen mit heftigen Strafen rechnen” (FAZ, 30.5.08).<br />
Die Ermittlungen laufen. Wer hat die Aufträge zum Datenmißbrauch erteilt? Wer hat davon<br />
gewußt? Der aktuelle Chef fordert <strong>und</strong> verspricht die nachträglich übliche “brutalstmögliche”<br />
Aufklärung.<br />
Ein ehemaliger Telekom-Manager wird mit dem Ausspruch zitiert, einer der Aufsichtsratsvorsitzenden<br />
habe sich “in der Selbsteinschätzung immer mehr einem allmächtigen,<br />
gleichsam gottähnlichen Zustand” genähert (FAZ, 31.5.08).<br />
Der Vergleich.<br />
(1) Die Verstöße gegen ein Gr<strong>und</strong>recht <strong>und</strong> mehrere andere Gesetze <strong>und</strong> der Wahn eines<br />
allmächtigen, gottähnlichen Geisteszustands entsprechen dem Bild der theoretischen Physik<br />
geradezu auf verblüffende Weise. Hat die Telekom von der so erfolgreichen Physik abgekupfert?<br />
(2) Die Verstöße haben bereits im Jahr 2001 angefangen. Aber erst seit Mai 2008<br />
erschüttert die Spitzelaffäre die Telekom. Schon nach 7 Jahren also fliegt die Sache auf - die<br />
Relativitäts-Katastrophe nach 85 Jahren Dauer <strong>und</strong> 7 Jahre nach der Veröffentlichung unserer<br />
Dokumentation immer noch nicht.<br />
(3) Am 8. Juni meldet die FAZ, der Chef Obermann “erwartet ... mehr Courage von der<br />
Belegschaft, sich gegen ein mögliches Fehlverhalten von Vorgesetzten zu stellen. Er ermunterte<br />
die Mitarbeiter, in kritischen Fällen nicht zu schweigen, sondern Hinweise weiterzugeben.<br />
“Blinde Befehlsgläubigkeit” dürfe es nicht geben, notwendig sei ein “Kulturwandel im<br />
Denken”.” Wir haben uns seit 2001 mit “Courage” zu Wort gemeldet.<br />
Eine Sprecherin des B<strong>und</strong>esinnenministeriums fordert sogar eine “stärkere Bewußtseinswerdung”<br />
für die Bedeutung des Datenschutzes (taz, 31.5.08)<br />
Der Skandal macht’s jetzt immerhin schon nach 7 Jahren möglich: Courage, Kulturwandel<br />
im Denken, Bewußtseinswerdung. Wenn’s eng wird, werden die Leute philosophisch!<br />
Wann wird wer einen Kulturwandel in der theoretischen Physik fordern?<br />
(4) Die Regierung kontrolliert nicht. Niemand kann sie zwingen. Wie gehabt. Sie kontrolliert<br />
erst, wenn es zu spät ist, wenn es nur noch aufzuklären gilt. Ihre eigene Mitschuld<br />
gesteht sie bis heute nicht ein. Wir werden abwarten.<br />
(5) Der <strong>moralische</strong> Verfall in einem Staatskonzern seit 2000 wird beklagt. In der theoretischen<br />
Physik hat dieser Verfall bereits 1922 stattgef<strong>und</strong>en. Zum angeprangerten “Gift im<br />
Nahrungsmittel” gibt es in der theoretischen Physik die genaue Parallele: “Lügen in der<br />
Theorie”. Bindung an Recht <strong>und</strong> Gesetz ist für die theoretische Physik seit 1922 aufgehoben.<br />
(6) Die “gottähnlichen Zustände” im Selbstbewußtsein der Machthaber sind die frappierendste<br />
Gemeinsamkeit beider Fälle. Als einzige Quelle spricht der SPIEGEL (9.6.08 - Nr.<br />
24) einen Gr<strong>und</strong>zustand aller Verantwortlichen des Skandals an: “Bei allen regiert die<br />
Angst”. Auch dies eine frappierende Gemeinsamkeit mit der theoretischen Physik, die bis<br />
1922 zu hoch gepokert hat <strong>und</strong> aus Angst vor der Blamage der Aufdeckung zum Doppelbetrug<br />
greift. Der Telekom steht dieser Ausweg allerdings nicht mehr offen, weil sie die Presse<br />
nicht mehr gleichschalten kann.<br />
(7) Bilanz: Gottähnliches Bewußtsein, Bruch von Gr<strong>und</strong>rechten, Verstöße gegen weitere<br />
Gesetze, Verfall der Moral, Verweigerung der Regierungskontrolle - alles wie gehabt in der<br />
akademischen theoretischen Physik.<br />
Aber es gibt große Unterschiede: Die Zahl der Betroffenen im Telekom-Skandal ist sehr<br />
überschaubar. Es fehlt der Doppelbetrug, es fehlt die Gleichschaltung der Presse. Die Relati-<br />
G. O. Mueller: SRT-Kap.9<br />
24<br />
Textversion 1.2 - 2009