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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 79<br />

Tschock den Kehlsack wirklich stark gefüllt, so bemerkte Linksgelb dies sofort, auch ohne<br />

daß Tschock seinen Lockton von sich gab, und begann zu betteln. Linksgelb folgte Tschock<br />

wie sein Schatten. Weder zu Fuß noch in der Luft war er jemals weiter als zwei Meter von<br />

ihm entfernt. Wenn er ihn doch einmal verloren hatte, war er ganz verzweifelt und hilflos. Mit<br />

hoch erhobenem Kopf umherspähend irrte er, ununterbrochen rufend, herum, genau wie ein<br />

verloren gegangenes Gänsekücken. Diese Abhängigkeit von den führenden Eltern läßt sich<br />

überhaupt nur mit der mancher junger Nestflüchter vergleichen. Das Merkwürdige daran ist,<br />

daß sie erst entsteht, wenn die Jungen beginnen, mit den Eltern auf Futtersuche zu gehen.<br />

Denn bis dahin, also bis lange nach dem Flüggewerden, zeigen sie keinerlei Drang den Eltern<br />

nachzufliegen, sondern sitzen in der nächsten Umgebung der Nester und erwarten die<br />

fütternden Alten, wie die meisten andern Sperlingsvögel es tun. Dieses nestflüchterartige<br />

Führen der Jungen setzt bei den Dohlen also erst zu einer Zeit ein, da andere Sperlingsvögel<br />

selbstständig werden. Es erklärt die starken Unterschiede zwischen den Reaktionen der<br />

jungen und der alten Vögel, vor allem die Reaktionsarmut und geringere Intelligenz der<br />

Jungen. Unter allen andern einheimischen Rabenvögeln zeigen nur noch die erwachsenen<br />

Jungen der Saatkrähe eine ähnliche Unbeholfenheit. Ich möchte daher vermuten, daß dieser<br />

Vogel eine ähnliche Fortpflanzungsbiologie hat, was ja schon dadurch, daß er auch<br />

Koloniebrüter ist, wahrscheinlich gemacht wird. Alle anderen Rabenvögel erreichen schon,<br />

sowie sie wirklich fliegen können, ihre Eltern so ziemlich an Intelligenz. Daher fällt ein<br />

Vergleich zwischen einer 2—3 Monate alten Dohle und einer ebensolchen Elster sehr<br />

zugunsten letzteren aus, während ein Jahr später die Dohle der Elster an Gedächtnis, bei<br />

Gitterversuchen, an Aktionsradius, kurz in fast jeder Hinsicht überlegen ist.<br />

Die Unfähigkeit meiner jungen Dohlen, Probleme irgendwelcher Art selbständig zu<br />

lösen, wurde mir dadurch besonders auffällig, daß ich ständig Tschock und später auch die<br />

junge Elster als Vergleichsobjekte vor Augen hatte. Die jungen Dohlen begriffen z. B. das<br />

Wesen der Gittertüre, durch die sie doch jeden Morgen ins Freie flogen, absolut nicht.<br />

Wurden sie außerhalb des Flugraumes durstig oder schläfrig, so strebten sie, wenn sie sich auf<br />

dem Gitterdach niedergelassen hatten, geradewegs auf das Bodenfenster zu und kamen nie<br />

auf den Gedanken, den kleinen Umweg durch die Türe zu machen. Je heftiger es sie nach dem<br />

Bodeninneren verlangte, desto unmöglicher war es ihnen, sich soweit vom Fenster zu<br />

entfernen, daß sie die Türe

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