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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 89<br />

nachdem das Wetter wieder klar geworden ist, Einzeltiere oder kleine Gruppen, die sichtlich<br />

im Nebel von der Schar abgekommen sind, die sich in jeder Hinsicht ganz ähnlich verhalten,<br />

wie desorientierte Rabenvögel.<br />

Die Wildganswanderschar unterscheidet sich also in ihrem Benehmen von einer<br />

ansässigen Dohlenschar nur durch ihr unbedingtes Zusammenhalten, das dadurch notwendig<br />

gemacht wird, daß ein Großteil der Vögel unorientiert sind, wie die versprengten Gruppen<br />

von drei oder vier Gänsen nach dem Nebel.<br />

Ich bin mir bewußt, daß die Annahme von ortskundigen Führern stark nach<br />

Anthropomorphismus schmeckt, aber seitdem ich erfahren habe, wie prompt und wie genau<br />

meine Kolkraben einen weiten, nur einmal unter meiner Führung gemachten Weg allein<br />

wiederfanden, traue ich einer alten Graugans die ungeheure Gedächtnisleistung durchaus zu,<br />

jeden Schlaf- und Weideplatz von Lappland bis zum Donaudelta wiederzuerkennen. Es ist ja<br />

genugsam bekannt, daß Tiere gerade im Zusammenhang mit dem Ortssinn ganz verblüffende<br />

Gedächtnisleistungen vollbringen.<br />

Trotz der engen Beziehungen, welche die Mitglieder einer Dohlenkolonie verbinden,<br />

findet man bei ihnen, solange sie sich in ihrem Brutgebiet befinden, kein derartiges<br />

Zusammenhalten. Außerhalb der Zugzeit haben nämlich Rabenvögel so fixe Gewohnheiten<br />

und eine so genaue zeitliche Einteilung des Tages, daß ein Zusammenbleiben der Schar<br />

unnötig wird, weil jeder Vogel die wenigen Plätze, an deren einem er seine Genossen sicher<br />

findet, jederzeit absuchen kann. Natürlich wechseln die Dohlen ihre Lieblingsplätze je nach<br />

deren von der Jahreszeit abhängigen Ergiebigkeit an Beute, doch vollziehen sich solche<br />

Aenderungen nie so schnell, daß nicht alle Vögel auf dem Laufenden blieben.<br />

Besonders deutlich war dieses Absuchen verschiedener Möglichkeiten, wenn Tschock<br />

des Morgens nach dem Freilassen seine Nebelkrähen suchen ging, wobei ich seine<br />

Bewegungen gut mit dem Feldstecher verfolgen konnte, wenn ich mich auf das Dach unseres<br />

Hauses postierte. Es sah sehr gut aus, wie er eilig und schnurgerade auf eine bestimmte Stelle<br />

des Waldrandes losruderte und, wenn er diese leer fand, in fast rechtem Winkel abbog und<br />

mit vollkommen ungeminderter Erfolgsicherheit ebenso geraden Fluges einen gewissen Platz<br />

auf den Feldern aufsuchte, wo er dann die Krähen so gut wie immer fand. Genau ebenso<br />

verhält sich natürlich eine jede normale Dohle der Schar ihrer Siedlungsgenossen gegenüber.

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