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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 111<br />

Bemerkenswert schien mir, daß die Vögel (ebenso wie begreiflicherweise ich) das<br />

ganze Ereignis als Katastrophe zu empfinden schienen und die ganze Zeit sichtlich auf das<br />

Höchste beunruhigt waren. Sie schienen auch dann nachträglich die beiden verlorenen<br />

Genossen zu vermissen. Die „kiu“-Rufe wollten in den nächsten Tagen kein Ende nehmen.<br />

Außerdem waren sie längere Zeit in ähnlicher Weise ängstlich, wie nach dem Wegfangen von<br />

Kameraden, ein Beweis, daß diese Reaktion rein triebmäßig auf das Fehlen von Genossen<br />

erfolgt, denn in diesem Falle hätten sie ja wissen müssen, daß die beiden Abwesenden aus<br />

eigenem Antrieb und unbeschädigt weggeflogen waren.<br />

Ebenso ist es interessant, daß später, <strong>zur</strong> Brutzeit, allmählich sämtliche einjährige<br />

Dohlen vom Jahrgang 1928 die Kolonie verließen, ohne daß einer der geschlechtsreifen<br />

Vögel die erwähnte „Kiureaktion“ gebracht hätte. Daß sie nicht etwa von den alten Dohlen<br />

vertrieben worden waren, bewies ein etwas kümmernder Vogel, der den ganzen Sommer<br />

dablieb. Ich halte dieses Fortfliegen für ein normales Verhalten und die<br />

Fortpflanzungsstimmung im ersten Frühjahr, wie die 27er Vögel sie gezeigt hatten, für eine<br />

Gefangenschaftserscheinung, hauptsächlich deswegen, weil sich diese weggeflogenen Dohlen<br />

im Oktober vollzählig wieder einstellten. Ich halte es nämlich für wahrscheinlich, daß die<br />

einjährigen, also noch nicht fortpflanzungsfähigen Dohlen <strong>zur</strong> Brutzeit die Umgebung der<br />

Kolonie vermeiden, um nicht den ohnehin in großer Zahl auf engem Raum<br />

zusammengedrängten Brutpaaren und deren Jungen die Nahrung wegzunehmen. Bei der<br />

sonstigen hohen Differenzierung der Soziologie von Coloeus halte ich einen derartigen Trieb<br />

durchaus für möglich. Beweisend ist diese einmalige Beobachtung natürlich nicht, zumal ein<br />

Teil der im Herbste <strong>zur</strong>ückkehrenden Vögel ihre Fußringe verloren hatten, was übrigens auch<br />

dem einen <strong>zur</strong>ückgebliebenen Vogel geschehen war und überhaupt bei mir häufig vorkam. Da<br />

die Befestigung der Ringe dieselbe war. wie bei denen der Vogelwarte Rossitten, so glaube<br />

ich, daß ein guter Teil der dort beringten Rabenvögel ebenfalls ihre Ringe wieder loswerden<br />

dürfte.<br />

Ich mochte nun an einer Kolonie zahmer Dohlen, die so individuenreich ist, daß man<br />

den Vögeln das herbstliche Abwandern gestatten kann, ohne ein Aussterben der Siedlung<br />

befürchten zu müssen, unter Verwendung von verläßlichen Fußringen genaue Beobachtungen<br />

anstellen, ob meine Meinung, daß die einjährigen Dohlen <strong>zur</strong> Brutzeit die elterliche Siedlung<br />

verlassen, im Herbst dann die reifen Vögel <strong>zur</strong> Winterwanderung sozusagen abholen, zu<br />

Recht besteht. Es würde sich

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