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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 67<br />

<strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong><br />

Angeregt durch die Versuche, die ich 1926 mit einer freifliegenden zahmen Dohle (Coloeus<br />

monedula spermologus) angestellt habe, — ich habe sie im Oktoberheft 1927 des Journals für<br />

Ornithologie veröffentlicht — beschloß ich, im nächsten Jahre eine größere Anzahl dieser<br />

Vögel an den Freiflug zu gewöhnen. Verschiedene Triebhandlungen meiner ersten Dohle,<br />

„Tschock“, die ich hier unter diesem Namen führen will, ließen auf eine recht komplizierte<br />

Soziologie und <strong>Ethologie</strong> der Art schließen. Denn wie so oft brachte auch hier der einzeln<br />

gehaltene Vogel einer gesellig lebenden Art ausgesprochen soziale Triebhandlungen, die so<br />

natürlich zwecklos erscheinen, ja oft durch das Reagieren der Artgenossen überhaupt erst<br />

verständlich werden.<br />

Um Zeit zu sparen, wollte ich zuerst gekaufte erwachsene Dohlen verwenden, was<br />

aber nicht zum Ziele führte. Man bekommt im Handel immer nur einzeln jung aufgezogene<br />

Vögel oder scheue Wildfänge. Letztere sind für meine Zwecke selbstverständlich<br />

unverwendbar, erstere sind, abgesehen davon, daß es sich meist um körperlich minderwertige<br />

Individuen handelt, so gut wie immer in ihrem Triebleben auf den Menschen umgestellt und<br />

betrachten diesen, nicht aber ihre wirklichen Artgenossen, als ihresgleichen. In meinem<br />

früheren Aufsatz bin ich auf diese Dinge näher eingegangen. Es ist nun besonders<br />

merkwürdig, daß solche Vögel, die nicht die Spur von richtigem Artbewußtsein besitzen,<br />

doch in einer Situation einen starken Herdentrieb zu ihresgleichen entwickeln, nämlich im<br />

Fluge: sie fliegen mit wahrer Leidenschaft allerdings auch andersartigen Rabenvögeln nach,<br />

und zwar scheint auch hier ihre Einstellung sehr von erstmaligen Eindrücken abhängig zu<br />

sein. Tschock lernte als erste fliegende Rabenvögel Nebelkrähen kennen und flog auch dann<br />

noch immer mit den wilden Nebelkrähen, als er zuhause reichlich Gesellschaft an Dohlen<br />

hatte. Dies änderte sich nur, als er eine junge Dohle adoptierte, führte und fütterte. Nach<br />

Erlöschen des Füttertriebes hielt er sich wieder an die Gesellschaft der Krähen.<br />

Vermenschlichend kann man also sagen: Er hielt sich während der Balzzeit für einen<br />

Menschen, <strong>zur</strong> Aufzuchtzeit für eine Dohle, den Rest des Jahres für eine Nebelkrähe.<br />

Interessant erscheint es immerhin, daß Tschock eine Dohle und nicht eine gleichzeitig<br />

vorhandene junge Nebelkrähe adoptierte und

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