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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 105<br />

Merkwürdiger Weise erwachen in einem solchen halben Kümmerling geschlechtliche<br />

Regungen schon in früher Jugend. Tschock z. B. begrüßte mich mit Flügel- und<br />

Schwanzzittern, als er kaum 3 Wochen flügge war, während normale Dohlen damit erst bei<br />

ihrer Verlobung nach der ersten Mauser anfangen, allerdings also auch schon lange vor der<br />

Geschlechtsreife. Ebenso begannen die, wie erwähnt gesünderen, 1928er Dohlen später zu<br />

balzen als die 1927er. Aber auch rein psychische Reaktionen sind in höchstem Maße von<br />

Konstitutionen abhängig, immer in dem Sinne, daß bei konstitutionell nicht vollwertigen<br />

Tieren Reaktionen fehlen, die in der Anlage vorhanden und dem normalen Freiheitsvogel<br />

eigen sind, nicht etwa, daß ein Individuum angeborenermaßen auf einen Reiz grundsätzlich<br />

anders reagiert. Naturgemäß zeigen nun solche Reaktionen am leichtesten<br />

Ausfallserscheinungen die besonders kompliziert oder relativ neue Erwerbungen der Art sind.<br />

Da gerade die Handlungen der Brutpflege eine Menge derartiger Feinheiten aufweisen, so ist<br />

es leicht verständlich, daß in der Gefangenschaft so wenige der in volle Brunst tretenden<br />

Vögel sich dann wirklich mit Erfolg fortpflanzen.<br />

Um aber einige Beispiele für bei Kümmerlingen ausfallende Triebhandlungen zu<br />

bringen: Keine der von mir erwachsen angekauften, von Laienhand einzeln aufgezogenen<br />

Dohlen brachte den oben als Sehnarrreflex beschriebenen Angriffsakt beim Anblick einer<br />

herumgetragenen toten Dohle oder beim Fangen einer lebenden. Nachdem sie aber den<br />

Sommer freifliegend verbracht und die erste Großgefiedermauser hinter sich hatten, brachten<br />

sie plötzlich den besprochenen Reflex tadellos und vollkommen. (Daß die erste<br />

Großgefiedermauser oder die damit eintretende Geschlechtsreife eine Aenderung des<br />

Gesundheitszustandes zum Bessern mit sich bringt sah ich übrigens bei Rabenkümmerern<br />

wiederholt.) Ferner üben bei mir nur die schönsten und größten alten Dohlen das Einweichen<br />

harten Futters in Wasser, während alle andern Dohlen sich vergebens mit einer harten<br />

Brotrinde abmühen. Natürlich sind diese Vögel, bei denen diese Triebhandlung ausgefallen<br />

ist, vollständig außerstande, etwa das Beispiel der sie richtig ausführenden Genossen zu<br />

verwerten, dazu gehören ganz andere Denkfähigkeiten. Namentlich das Einweichen scheint<br />

bei der Dohle eine ziemlich junge Erwerbung zu sein, denn die in ihren bezeichnenden<br />

Rabeneigenschaften spezialisierten <strong>Corviden</strong> verlieren diesen bestimmten Trieb viel<br />

schwerer, als die in dieser Hinsicht primitivere Dohle. Bei Nebelkrähe und Kolkrabe sah ich<br />

schon ausgesprochene Kümmerer diese Handlung

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