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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 71<br />

beschriebenen Sammelrufen beginnt, stimmen die auf dem Boden befindlichen Vögel ein,<br />

ohne aufzufliegen, und selbst wenn ihrer nur sehr wenige sind, kommt die Schar regelmäßig<br />

wieder auf den Boden herab. Den Gegensatz hierzu bildet das Auffliegen bei einem Alarm,<br />

wo ein Vogel, der eine Gefahr wahrgenommen hat, prompt alle andern mitreißt. So genau<br />

sieht ein Vogel dem andern an, w arum er auffliegt. Die oben beschriebene<br />

Rücksichtnahme auf alle Mitglieder der Schar ist dadurch arterhaltend, daß sie verhindert, daß<br />

die Schar geteilt wird oder daß einzelne ihrer Mitglieder bei Fütterung und Rast zu kurz<br />

kommen. Nur ist, wie bei vielen sozialen Triebhandlungen, ihr phylogenetisches Entstehen<br />

schwer zu erklären, denn gerade der sie ausführende Vogel hat nur einen sehr indirekten<br />

Nutzen davon.<br />

Die vier freigelassenen jungen Dohlen verbrachten dann den Rest des Tages teils auf<br />

dem Dache, teils auf dem Gitter des Flugraums. Sie zeigten jetzt, nachdem sie glücklich aus<br />

der Luft heruntergekommen waren, eine ausgesprochene Abneigung, sich von neuem in den<br />

freien Raum hinauszuwagen. Die Lust am Fliegen und an Flugspielen kam ihnen erst einige<br />

Wochen später. Dies stellt nicht das natürliche Verhalten dar, sondern war darin begründet,<br />

daß meine Jungdohlen von 1927 <strong>zur</strong> Zeit, als sie im Freien zu fliegen begonnen hätten, in<br />

einem recht kleinen Raum eingesperrt waren. Unter natürlichen Bedingungen sieht man nicht<br />

viel vom Fliegen „lernen“, weil es so Hand in Hand mit der Entwicklung der Flugwerkzeuge,<br />

mit der Verhornung der Kiele nämlich, einhergeht, daß der Beobachter geneigt ist, die<br />

Unvollkommenheiten im Fluge des Vogelkindes auf die Unfertigkeit des Großgefieders zu<br />

schieben. Außerdem lernt ein Vogel im physiologischen Alter blitzrasch fliegen, wenn er<br />

dasselbe aber ungenützt verstreichen lassen mußte, nur sehr langsam. Es ist, als ob dann die<br />

Koordination komplizierterer Flugbewegungen, die zweifellos im Zentralnervensystem des<br />

Jungvogels, vielleicht in Form einer Art vererbter kinästhetischer Erinnerungsbilder sehr<br />

vollkommen vorgebildet ist, verloren gehen würde, als ob also ein Vogel, der nie geflogen<br />

hat, das Fliegen v erlernen würde. Als erstes ausgebildet und zuletzt verlernt wird die<br />

Koordination des In-die-Höhe- und Geradeaus-Fliegens, also des primitivsten und<br />

wahrscheinlich auch phylogenetisch ältesten Flatterfluges. Dieses ungeschickte<br />

Urvogelflattern bei einem Vogel mit hochspezialisierten Flugwerkzeugen ist dann mit einer<br />

der Faktoren, die zu dem oben beschriebenen, vom Vogel unbeabsichtigten In-die-Höhe-<br />

Geraten führen.<br />

In der Folgezeit ließ ich nun Blaublau und Blaurot, die beiden ans Nachfliegen<br />

gewöhnten Dohlen, mit je zwei der anderen jungen

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