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Konrad Lorenz 1931 Beiträge zur Ethologie sozialer Corviden ...

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K. <strong>Lorenz</strong> <strong>1931</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ethologie</strong> <strong>sozialer</strong> <strong>Corviden</strong> 91<br />

einfach von der Kolonie wegfliegt, wie es Tschock jeden Morgen tat, so kann man ganz<br />

sicher sein, daß sie zu Freunden fliegt und genau weiß, wo sie diese zu suchen hat. Dieses<br />

Aufsuchen eines unsichtbaren und weit entfernten Zieles sieht stets sehr gut aus.<br />

Den ganzen Tag über flogen dann einzelne Vögel oder kleine Gruppen zwischen der<br />

Kolonie und dem just <strong>zur</strong> Futtersuche bevorzugten Platze hin und her, es bildete sogar die<br />

Regel, daß die Tiere mehr oder weniger vereinzelt heimkamen. Niemals aber flog je ein<br />

einzelner aus, wenn alle andern daheim waren. Da die Dohlen alle zunächst ebenso wie<br />

Tschock die Mittagsstunden zuhause verbrachten, so erfolgte dann am frühen Nachmittag<br />

immer ein ebenso formeller Massenaufbruch wie morgens.<br />

Aus alledem geht hervor, daß in der Kolonie immer gewußt wird, ob noch Vögel<br />

ausständig sind oder nicht. Da ein Zählen der jeweils zuhause befindlichen Kameraden sicher<br />

auszuschließen ist, glaube ich, daß jede Dohle über jeden ausfliegenden Siedlungsgenossen<br />

im Kopfe gewissermaßen Buch führt, welche Aufgabe ihr durch eine sehr ausgesprochene<br />

Gruppenbildung erleichtert wird, die die Vielheit der Vögel in eine leicht zu übersehende<br />

geringe Zahl von in sich fest zusammenhaltenden Einheiten trennt. Menschlich gesprochen:<br />

der Vogel sagt nicht: „Es sind 12 Vögel zuhause, folglich 3 auswärts“, sondern: „Es sind<br />

draußen Gruppe A, Gruppe B und von meiner Gruppe die Dohlen X, Y und Z“. Das<br />

Zusammenhalten der Gruppen in sich wird dann besonders deutlich, wenn diese, was<br />

manchmal vorkommt, verschiedene Ausflugsziele bevorzugen. Sehr merkwürdig wirkt es,<br />

daß so eine Dohle nach den auswärts fliegenden Vögeln ihrer Gruppe gar nicht hinsieht, sie<br />

also scheinbar gar nicht beachtet, sondern ruhig in ihrer jeweiligen Tätigkeit fortfährt. Mag<br />

nun ihre Aufmerksamkeit und damit ihre Blickrichtung noch so sehr anderweitig gefesselt<br />

sein, so notiert sie doch ganz genau, daß und in welcher Richtung Kameraden<br />

vorbeigekommen sind, denn plötzlich, oft erst nach vielen Minuten, fliegt sie dann auf und<br />

den längst am Horizonte verschwundenen so genau nach, daß sie kaum einige Meter von der<br />

Bahn abweicht, die jene beschrieben haben. Bis heute konnte ich mir nicht darüber klar<br />

werden, ob der Vogel hierbei den Weg der andern so genau im indirekten Sehen zu verfolgen<br />

vermag, oder ob deren Bahn in dem Maße durch feste Gewohnheiten vorausbestimmt ist, daß<br />

der Nachkommende sie so genau innehalten kann. Letztere Annahme ist nicht so<br />

unwahrscheinlich, wie es scheinen möchte, denn manche Tatsachen sprechen dafür, daß die<br />

Vögel die räumliche Struktur ihres Gebietes zunächst überhaupt nicht

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