Königlich-bayerische Vorfeldkontrolle - GdF Gewerkschaft der ...
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Regionallotsen universell einsetzbar!<br />
Im Oktober letzten Jahres musste ich feststellen, dass <strong>der</strong><br />
Beruf Regionallotse durchaus mehr von uns for<strong>der</strong>t, als das<br />
normale, schon überaus interessante, tägliche Dienstgeschäft.<br />
Das im Folgenden geschil<strong>der</strong>te Erlebnis war selbst<br />
für mich, nach 17 jähriger Lotsentätigkeit, in <strong>der</strong> ich schon<br />
allerlei erleben durfte, nochmals eine Steigerung.<br />
Der Urlaub fängt gut an<br />
Am 12.10.2006 gegen 23:15 Uhr klingelte<br />
bei mir zu Hause das Telefon.<br />
Ich befand mich seit zwei Tagen<br />
im URLAUB und lag schon im<br />
Bett. Als ich den Hörer abnahm<br />
und mich meldete, glaubte ich<br />
zuerst an einen schlechten Scherz<br />
meiner Arbeitskollegen. Am an<strong>der</strong>en<br />
Ende meldete sich die SAR Leitstelle in Münster und<br />
fragte, ob ich Lotse am Flughafen Augsburg sei. Das<br />
konnte ich guten Gewissens bestätigen. Münster ließ<br />
mich wissen, ich solle sofort zum Flugplatz fahren<br />
und den Tower besetzen, es sei eine Notlandung zu<br />
erwarten. Des Weiteren wurde ich gefragt, bis wann<br />
ich etwa am Arbeitsplatz sein könnte. Völlig überrumpelt<br />
von dieser Nachricht instruierte ich meinem<br />
Gesprächspartner, dass ich in 20 min auf dem Tower<br />
sein könne und sofort losfahren würde.<br />
Ohne weitere Worte beendete ich das Telefonat, zog<br />
schnell ein T-Shirt über, sprang in eine greifbar liegende<br />
Jogginghose, Hausschuhe noch an und los ging es.<br />
Da ich in meinem Haus vom Flur aus direkt per Türe in<br />
die Garage komme, machte ich mir über die vorherrschende<br />
Witterung keinerlei Gedanken. Ich stieg ins<br />
Auto, Garagentor fährt elektrisch per Fernbedienung.<br />
Als ich das Auto aus <strong>der</strong> Garage heraus gefahren<br />
hatte, stellte ich fest dass, wir Nebel und Sprühregen<br />
hatten. Die Temperatur lag um 2°C. Dachte mir schon:<br />
Warst vielleicht etwas voreilig mit den versprochenen<br />
20 min bis zum Tower; es sind immerhin 25 km. Ist<br />
zwar ländliche Gegend, aber bei diesem Wetter dennoch<br />
etwas heikel, es in 20 Min zu schaffen.<br />
Hallo Wachleiter: Kein Scherz?<br />
Da mein Wohnort auch noch in einem Telefonfunkloch<br />
liegt, musste ich etwa fünf km fahren, bis ich<br />
mein, Gott sei Dank vorhandenes, Autotelefon<br />
benutzen konnte. Ich rief den Wachleiter in München<br />
ACC an (Nummer kennt man ja als braver Lotse auswendig).<br />
Da ich immer noch an einen Scherz glaubte,<br />
stellte ich ihm zunächst die Frage, ob er über die<br />
Situation informiert, und dies alles Realität wäre.<br />
Die Antwort war einfach und kurz: „ Schön dass wir<br />
dich erreicht haben, gib Gas, wie lange brauchst Du<br />
noch?“. „15 Min, schön dass es keine Verarschung<br />
ist und um was geht es eigentlich?“.<br />
WL ACC: „Wahrscheinlich eine Flugzeugentführung,<br />
ATC Regional<br />
eine ATR-42 “. Ich bedankte mich für die<br />
heitere Information, konnte mich ja schon<br />
auf eine tolle Urlaubsnacht einstellen<br />
und sagt ihm, dass ich mich erneut melde<br />
würde, sobald ich auf dem Tower stünde.<br />
Als Nächstes fi el mir ein, dass ich als Towerlotse ja<br />
gar keinen Schlüssel vom Flughafen habe. Der Tower<br />
steht in Augsburg außerhalb des Flughafengeländes<br />
und abseits vom Terminal. Weiterhin wollte ich nun<br />
wissen, ob denn schon ein Verantwortlicher des Flughafens<br />
alarmiert wurde. Mit Erstaunen notierte ich<br />
eine negative Antwort. Kein Flughafenpersonal, dies<br />
hieß also kein Schlüssel, kein Groundhandling und<br />
vor allem keine Feuerwehr. Ich bat den Wachleiter,<br />
doch bitte die Berufsfeuerwehr Augsburg zu alarmieren,<br />
damit zumindest einige Einsatzfahrzeuge vor Ort<br />
wären. Welch Glück, dass dies gelang, es erwies sich<br />
später als wichtig.<br />
Als ich tatsächlich nach 18 Minuten am Flugplatz<br />
ankam (Geschwindigkeitsbegrenzung war in dieser<br />
Nacht ein Fremdwort), sah ich überall Blaulicht. Doch,<br />
wie nicht an<strong>der</strong>s erwartet, nicht auf den Betriebsfl ächen,<br />
son<strong>der</strong>n schön außerhalb des Flughafenzaunes.<br />
Egal, erst einmal weiter zum Tower. Schnell geparkt,<br />
115 Treppenstufen hinaufgehetzt (Aufzug kann man<br />
sich ja in einem neu gebauten Tower als Regionalfl<br />
ughafen nicht leisten), Licht an, Konsole an, APP<br />
Taste drücken und dann mit letztem Atem ein, „Hab’s<br />
geschafft, kannst IHN kommen lassen.“<br />
Bin ich Ben Wettervogel?<br />
Das nächste Highlight lies natürlich nicht lange auf<br />
sich warten: Ich wurde natürlich vom APP Lotsen nach<br />
ATIS Kennbuchstaben und QNH gefragt. Mist, hast<br />
ja noch gar kein Wetter. Schnell beim Wetterfrosch<br />
angerufen, <strong>der</strong> sitzt in Augsburg einen Stock tiefer<br />
und ist 24 Stunden anwesend. Lei<strong>der</strong> ging er nicht ans<br />
Telefon. Es stellte sich heraus, dass er zu Vergleichsmessungen<br />
in seinen Wettergarten gefahren und dort<br />
unerreichbar war. Was blieb mir übrig? Musste mir<br />
schnell ein Wetter schnitzen. Da wir Nebel mit einer<br />
RVR von ca. 600m hatten, fi el das lästige Bedeckungsgrad<br />
bestimmen aus. Ich musste nur Wind und Temperatur<br />
ablesen. Habe sowieso keinen Wetterlehrgang.<br />
von Serge<br />
Lellbach,<br />
EDMA Tower<br />
37 <strong>der</strong> fl ugleiter 2007/03