Berichte Beurteilung von Mitarbeitern - Aero-lingo.com
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Die Ferienmacher eine satirische Typologie:<br />
Lieb gewonnene<br />
Verhaltensauffälligkeiten<br />
die Purserin<br />
Sie sind die Macher unseres Reiseglücks, gehören zum Fliegen so<br />
sehr wie Lotse und Pilot. Von der Stewardess bis zum Wartungstechniker,<br />
vom Netzplaner bis zur CheckInFee: eine satirische<br />
Typologie. Diesmal: die Purserin.<br />
Meistens ist sie die mit der verkniffensten Miene. Die<br />
mit dem schnippischsten Gesichtsausdruck. Diejenige,<br />
die mit der zickigsten Attitüde durch die Kabine stakst<br />
und abwechselnd Kolleginnen und Passagiere mit<br />
„Schätzchen“ oder „Honey“ anspricht. Das muss die<br />
Purserin, das Oberhaupt der Kabinen-Crew sein. Gäbe<br />
es Tickets abzuknipsen, sie wäre die gestrenge Schaffnerin<br />
der Lüfte.<br />
Warum sie so drauf ist? Das hat zwei Gründe. Der wichtigste:<br />
Sie ist schon so lange mit dabei, reitet seit mindestens<br />
einer halben Generation die Turbulenzen am<br />
Himmel aus, dass ihre Firma sie ohnehin kaum noch<br />
rausschmeißen kann – komme, was wolle. Mit ein<br />
paar Abmahnungen wäre es nicht getan, eine Abfi ndung<br />
wegen langer Betriebszugehörigkeit würde das<br />
Arbeitsgericht ganz unten am Erdboden ihr ebenfalls<br />
zusprechen. Das schafft gewisse Freiheit im Job und<br />
gibt Raum für Eigenarten, Launen und lieb gewonnene<br />
Verhaltensauffälligkeiten. Zum anderen hat sie schon<br />
alles erlebt – außer vielleicht eine der ohnehin recht<br />
seltenen Notwasserung in haiverseuchten Südhalbkugel-Gewässern.<br />
Mit jedem dummen Spruch eines Passagiers,<br />
jeder anzüglichen Bemerkung, jeder Variante<br />
eines Piloten-Balzversuchs wurde sie bereits konfrontiert.<br />
Das schafft Kruste. Hornhaut. Einen Panzer aus<br />
Zickigkeit – eine Attitüde, Fluggäste nur gnadenhalber<br />
mitfl iegen zu lassen.<br />
Manche Purserin verschanzt sich den ganzen Flug über<br />
in der First Class, um bloß nicht mit dem gemeinen<br />
Passagier in Berührung zu kommen. Nur zu Start und<br />
Landung sondert sie eine nasale Durchsage ab und<br />
beschränkt sich in den Stunden dazwischen darauf,<br />
die Kolleginnen herumzukommandieren und zwischendurch<br />
in den vordersten Reihen Ausschau nach begüterten<br />
Hochzeitskandidaten zu halten.<br />
Ausnahmen gibt es natürlich auch: dann, wenn die<br />
Grundwiderborstigkeit gewisser Altersmilde weicht<br />
oder alle Anspannungen und Unsicherheiten nach jahrelanger<br />
Berufspraxis komplett in größter Souveränität<br />
aufgegangen sind. Mit solchen Purserinnen zu fl iegen,<br />
macht richtig Spaß: mit ihrer Ausstrahlung, der Art<br />
ihrer Durchsagen, ihrer gelebten Gastgeberrolle ganz<br />
ohne Überheblichkeit und,<br />
besonders wichtig, ebenfalls<br />
ganz ohne Unterwürfi gkeit<br />
gelingt es ihnen, einen Flug<br />
zum Erlebnis mit Weitererzählwert<br />
zu machen. Warum sie so<br />
selten sind? Wahrscheinlich<br />
weil die meisten lange vorher<br />
entnervt das Handtuch werfen<br />
– oder aufgrund der Vielzahl<br />
der Beschwerden längst<br />
in Bodenpersonal konvertiert<br />
und an einen abgelegenen<br />
Check-in-Counter abgeschoben<br />
wurden. Oder es geschafft<br />
haben, sich die Abfi ndung zu<br />
ertrotzen. Helge Sobik<br />
Satire<br />
29 der fl ugleiter 2010/06