Berichte Beurteilung von Mitarbeitern - Aero-lingo.com

der Piste 28 den Start abgebrochen hatte und seine
Geschwindigkeit verringerte, erkannte RIMCAS einen
Konflikt und zeigte diesen dem Controller konsequenterweise
auch. Hätte der Controller nicht eingegriffen,
dann wären wohl beide startenden Maschinen aneinander
vorbeigeflogen. Für einen Controller ist dies
eine Horrorvision und dies wäre wohl eher der Rubrik
„Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“
zuzuordnen als einer sicheren und effizienten Verkehrsabwicklung.
Die Entscheidung, eines der beiden
Luftfahrzeuge zum Startabbruch aufzufordern, war
die einzig richtige; es gibt sicherlich keinen Towerlotsen,
der nicht so reagiert hätte. Natürlich hatte dieser
Zwischenfall Konsequenzen. RIMCAS wurde erneut
konfiguriert. Bei zwei gleichzeitig startenden oder,
um es genauer auszudrücken, bei zwei Maschinen,
die sich gleichzeitig auf der 16 und auf der 28 bewegen,
werden die Controller zukünftig gewarnt. Gleichgültig,
ob RIMCAS nun einen Konflikt errechnet hat
oder nicht. Und die Konfliktberechnung bezieht sich
zukünftig nicht nur auf den Kreuzungspunkt der beiden
Pisten, sondern auf genau definiertes Gebiet, das
gewissermaßen über die Kreuzung der beiden Pisten
gelegt wurde.
Natürlich werden sich sowohl in Genf als auch in
Zürich Situationen ergeben, die mit RIMCAS nicht
verhindert werden können. Wenn zum Beispiel beim
CAT II/III-Betrieb ein RIMCAS-Alarm ausgelöst wird,
nachdem ein Luftfahrzeug zum Start freigegeben
wurde und dieses schon ein recht hohe Geschwindigkeit
erreicht hat. Der Controller hat dann das Problem,
sich zwischen Pest und Cholera zu entscheiden. Weist
er das startende Luftfahrzeug an, den Start abzubrechen,
dann ist die Gefahr eines Zusammenstoßes mit
dem Luft- oder Bodenfahrzeug, das unerlaubt auf
die Piste gerollt ist, nicht unbedingt auszuschließen.
✈ RIMCAS-Warnmeldungen werden auf dem
SAMAX-Monitor dargestellt.
Photo: W. Fischbach
ATC Technik
Oder soll er nicht eingreifen? In der Hoffnung, dass
das startende Flugzeug noch vor dem „Eindringling“
in der Luft ist? Gemeinhin beschreibt man ein derartiges
Szenario als „Runway Incursion“.
Diese können sich auch in Zürich ergeben, wenn zum
Beispiel ein Luftfahrzeug auf der Piste 28 entweder
zum Start oder im kurzen Endteil zur Landung freigegeben
wurde und ein kreuzendes den “Stopbar“
überrollt hat. Oder, was sich nicht nur in Genf oder
in Zürich, sondern an jedem Flughafen auf der Welt
ereignen kann, wenn ein Luft- oder Bodenfahrzeug
entgegen der Anweisung des Controllers die Haltelinie,
gleichgültig ob die „Stopbars“ eingeschaltet sind
oder nicht, überrollt und einem startenden oder landenden
Luftfahrzeug in die Quere kommt. Wenn der
Controller gleichzeitig ein Problem an einem anderen
Ort des Flughafens oder in dessen Nähe (zum
Beispiel im Gegenanflug oder auf den VFR-An- und
Abflugstrecken) zu lösen hat und deshalb die „Runway
Incursion“ nicht sofort mitbekommt, dann ist
eine von RIMCAS ausgelöste Warnmeldung durchaus
sinnvoll, um einen ernst zunehmenden Zwischenfall
oder gar eine Kollision zu vermeiden. Die Möglichkeit,
eine Warnmeldung bereits vor Erreichen der Haltelinie
bzw. eines „Stopbars“ zu genieren, stellt keine jedoch
Lösung dar. Denn jedes Luftfahrzeug, das sich der
Haltelinie nähert, würde dann einen RIMCAS-Alarm
auslösen. Und wäre damit nutzlos.
So ist RIMCAS ein System, das die Towercontroller
in bestimmten Situationen unterstützen kann. Allerdings
können auch damit keine „Runway Incursions“
vermieden werden. Aber es kann die Controller
darauf hinweisen, dass sich eine solche ereignet hat,
so dass er darauf entsprechend reagieren kann. Und
das ist ja auch schon etwas!
47 der flugleiter 2010/06