Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Südens bestehen und volatile, umstrittene Regionen absichern sollten. Schließlich wurde dem Norden<br />
zugebilligt, weiterhin das Scharia-Recht anwenden zu dürfen – allerdings mit der Auflage, Teile<br />
der Verfassung so zu ändern, dass <strong>die</strong> Scharia nicht <strong>für</strong> Nicht-Muslime gelte. 5<br />
Das CPA: Bemühen um gleichgewichtigen Ausgleich<br />
Als am meisten diffizil stellte sich aber schon während der Übergangsperiode <strong>die</strong> im CPA in einem<br />
eigenen Kapitel hervorgehobene Sonderregelung zur umstrittenen Region Abyei heraus. 6 Schon<br />
<strong>die</strong> Beschreibung <strong>die</strong>ser Region, <strong>die</strong> formal zunächst weiterhin dem nordsudanesischen Bundesstaat<br />
Südkordofan zugehört, als Brücke zwischen Nord und Süd, <strong>die</strong> das sudanesische Volk verbinde,<br />
war mehr Wunschdenken als dass sie der Realität standhielt.<br />
Ein wichtiger, durch den Friedensfahrplan vorgegebener Schritt hin zum Referendum waren <strong>die</strong><br />
landesweiten Wahlen vom April 2010. Diese hatten – wenig überraschend und trotz mancher Irregularitäten,<br />
aber im Großen und Ganzen auf friedlichem Wege – zur Absicherung politischer Machtbasen<br />
geführt: Zu Wahlsiegern erklärt wurden im Norden der amtierende Präsident Omar al-Bashir<br />
und seine National Congress Party (NCP), im Süden <strong>die</strong> SPLM von Salva Kiir, dem Nachfolger des<br />
im Juli 2005 durch einen Hubschrauberabsturz ums Leben gekommenen Garang. Neben den Wahlen<br />
lässt sich auch <strong>die</strong> bisher augenscheinlich unstreitige Aufteilung der Öleinnahmen zwischen<br />
Nord und Süd als Erfolg werten. Einem durch das CPA vorgegebenen Verfahren entsprechend,<br />
überweist dabei das Finanzministerium der sudanesischen Regierung (Nord) entsprechende Gelder<br />
an <strong>die</strong> Regierung in Juba (Süd), an <strong>die</strong> Öl produzierenden Bundesstaaten und an <strong>die</strong> Stämme<br />
der Dinka und der Misseriya in der Region Abyei. 7 Ganz ohne Zweifel halten auch <strong>die</strong>se sprudelnden,<br />
beiden Seiten zugutekommenden Öleinnahmen (‚wealth sharing‘, wie es im CPA heißt) das<br />
allgemeine Interesse im Norden und Süden an der Fortführung des friedlichen Prozesses aufrecht.<br />
Doch nicht alle Vorgaben des CPA wurden auf derartige, vergleichsweise unproblematische Weise<br />
implementiert.<br />
So sehr das CPA dem Sudan einen Weg durch <strong>die</strong> Übergangsperiode gewiesen hat: Entgegen dem<br />
Anspruch der Parteien konnten nicht alle streitigen Fragen bis zum Referendum am 9. Januar 2011<br />
geklärt werden. 8 So deuteten <strong>die</strong> im CPA vorgesehenen, noch ausstehenden Volksbefragungen in<br />
zwei Bundesstaaten des Nordens mit einer Bevölkerungsstruktur, <strong>die</strong> auch aus erheblichen Anteilen<br />
von Südsudanesen besteht (Blue Nile; South Kordofan), auf Klärungsbedarf mit Blick auf den<br />
Autonomiestatus <strong>für</strong> ethnische Minderheiten: Südsudanesische Dinka, <strong>die</strong> seit dem Bürgerkrieg im<br />
Bereich der Nuba-Berge (Südkordofan) leben, stehen stellvertretend <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Herausforderung. 9<br />
Eine Lösung scheint zwar nicht ausgeschlossen, ist aber auch nicht unmittelbar greifbar. Ähnlich<br />
könnte sich auch eine Einigung auf <strong>die</strong> gemeinsame, ca. 1.980 km lange Grenze zwischen dem<br />
Nord- und dem Südsudan zeitlich verzögern: Fünf Bereiche im Zuge <strong>die</strong>ser sog. „Grenze von 1956“<br />
sind offiziell zwischen Nord und Süd umstritten; <strong>die</strong> einvernehmliche Bestimmung und Kennzeichnung<br />
<strong>die</strong>ser Grenzabschnitte steht noch aus.<br />
5 Vgl. Zusammenstellung von CPA-Regelungen durch das südafrikanische Institute for Security Stu<strong>die</strong>s<br />
(ISS) unter http://www.iss.co.za/af/profiles/Sudan/darfur/cpaprov.htm.<br />
6 Vgl. CPA, Chapter IV.<br />
7 Vgl. Sudan-Bericht des VN-Generalsekretärs (S/2010/681) vom 31.12.2010, Nr. 26. und 27.<br />
8 Vgl. z. B. Sudan-Bericht des VN-Generalsekretärs (S/2010/681) vom 31.12.2010, Nr. 14.-30.<br />
9 Während in Blue Nile bereits ein Parlament bestand, haben Anfang Mai 2011 auch in Südkordofan Wahlen<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> gesetzgebende Versammlung stattgefunden. Ahmed Harun (NCP) gewann mit einem Vorsprung<br />
von 6.500 Stimmen vor Abdel Aziz Al-Hilu (SPLM). 33 Sitze in der Versammlung sind <strong>für</strong> <strong>die</strong> Nationale<br />
Kongresspartei (NCP) Haruns vorgesehen, 21 Mandate <strong>für</strong> <strong>die</strong> SPLM, <strong>die</strong> Vorwürfe wegen Wahlfälschung<br />
gegen <strong>die</strong> NCP erhebt.<br />
10