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Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV

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lischen Sprachkenntnissen mangelt. Art. 6 der Übergangsverfassung des Südsudans sieht vor,<br />

dass zwar alle indigenen Sprachen Bestand haben sollen, <strong>die</strong> alleinigen Arbeitssprachen jedoch<br />

Englisch und Arabisch sind. Demzufolge ist auch <strong>die</strong> Gerichtssprache Englisch und alle Gesetze<br />

werden in Englisch verfasst. Allerdings sprechen viele der Richter, <strong>die</strong> an der Universität in Khartum<br />

ausgebildet wurden, kein Englisch. Dadurch wird <strong>die</strong> Rechtsanwendung, aber auch <strong>die</strong> spätere<br />

Rechtsdurchsetzung, erheblich erschwert.<br />

Neben der fehlenden einheitlichen Sprache auch auf Seiten der Bevölkerung wird bereits der Zugang<br />

zur staatlichen Rechtsprechung durch weitere Umstände erheblich erschwert: Zu nennen<br />

sind dabei zunächst <strong>die</strong> räumlichen Entfernungen, <strong>die</strong> teilweise zurückgelegt werden müssen, um<br />

zu einem staatlichen Gericht zu gelangen. Dem soll durch <strong>die</strong> Errichtung von mobilen Gerichten, <strong>die</strong><br />

ihrerseits durch <strong>die</strong> Dörfer fahren, entgegengewirkt werden. Als weiterer Hinderungsgrund werden<br />

häufig <strong>die</strong> Kosten genannt, <strong>die</strong> ein staatliches Verfahren mit sich bringt. Wichtig ist aber insbesondere,<br />

dass es auch an Vertrauen in <strong>die</strong> staatliche Justiz fehlt; der Großteil der Bevölkerung vertraut<br />

eher auf traditionelle Gerichte und Formen der Rechtsprechung, <strong>die</strong> regelmäßig mit Mitteln der<br />

Versöhnung und Wiedergutmachung arbeiten. 25<br />

Problematisch ist dabei wiederum, dass es auch im Rahmen von traditioneller Rechtsprechung oft<br />

zu Rechtsverletzungen im Prozess kommt. Es fehlt den Delinquenten an Verteidigern, <strong>die</strong> Gerichte<br />

sind meist besetzt mit Stammesältesten oder besonders angesehen Mitgliedern der Gemeinde, <strong>die</strong><br />

allerdings nicht notwendigerweise juristisch geschult sind. Auch differiert oftmals das Verständnis<br />

der bestehenden Rechte, lokale Normen widersprechen internationalen Menschenrechtsstandards.<br />

So werden beispielsweise Frauen nach traditionellem Recht verurteilt und bestraft, <strong>die</strong> sich<br />

gegen eine Zwangsheirat zur Wehr setzen. 26<br />

Willkürverbot<br />

Der Begriff der Rule of Law beinhaltet auch das Willkürverbot. Auch hier sind noch große Defizite<br />

zu verzeichnen, auch und besonders in den neu verabschiedeten Gesetzen beider Staaten. Im<br />

Nordsudan trat beispielsweise im Jahre 2010 der neue National Security Act in Kraft. Danach kann<br />

ein Verdächtiger bis zu viereinhalb Monate von der Polizei festgehalten werden, ohne dass es zu<br />

einer gerichtlichen Überprüfung kommen muss. 27 Diese Möglichkeit steht nicht nur im Widerspruch<br />

zu den in der Verfassung des Sudans niedergelegten fundamentalen Rechten, sondern auch zu<br />

international gewährten Menschenrechten wie Art. 9 Abs. 3 des UN-Zivilpakts.<br />

Strafvollzug<br />

Wo Recht gesprochen wird, muss Recht auch durchgesetzt werden. Dies geschieht unter anderem<br />

durch Strafvollzug. Kernproblem ist dabei gerade im Südsudan weiterhin <strong>die</strong> Knappheit an finanziellen<br />

Ressourcen und personeller sowie materieller Ausstattung. Denn auch wenn das Gefängnissystem<br />

im Prinzip funktioniert, nützt nach Angabe der UNMIS Rule of Law-Abteilung auch das<br />

Training nichts, das der Sicherheitsapparat des Südsudans durch NGOs und <strong>die</strong> UNMIS erfährt,<br />

wenn weiterhin keine ausreichenden Mittel z. B. <strong>für</strong> den Bau und <strong>die</strong> Betreuung von Gefängnissen<br />

respektive deren Insassen vorhanden sind. Die Gefängnisse sind zu klein, und <strong>die</strong> bestehenden<br />

25 Human Rights and Democracy: the 2010 Foreign and Commonwealth Office Report, S. 303, http://www.<br />

slideshare.net/foreignoffice/human-rights-democracy-the-2010-foreign-commonwealth-report, zuletzt<br />

besucht am 13.04.2011.<br />

26 Human Rights and Democracy: The 2010 Foreign and Commonwealth Office Report, S. 303, http://www.<br />

slideshare.net/foreignoffice/human-rights-democracy-the-2010-foreign-commonwealth-report, zuletzt<br />

besucht am 13.04.2011.<br />

27 Vgl. ebda<br />

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