Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
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UNMIS – und dann?<br />
Über <strong>die</strong> Frage, ob bzw. in welcher Konfiguration eine UNMIS-Folgemission zustande kommen<br />
sollte, bestand zwischen den Regierungen im Norden und Süden des Sudan im Frühjahr 2011<br />
noch keine Einigung. Dabei drängte eigentlich <strong>die</strong> Zeit. Aus dem Süden wurde bereits frühzeitig<br />
Zustimmung signalisiert, der Norden hatte sich lange nicht festgelegt. Ohne <strong>die</strong> Zustimmung der<br />
betroffenen nationalen Regierungen konnte es aber keine VN-Friedensmission geben, das gilt im<br />
Sudan ebenso wie in allen anderen Krisenregionen mit VN-Präsenz. Unsere Gesprächspartner vor<br />
Ort erwarteten, dass eine neue Mission nur noch im Südsudan aktiv sein werde. Diese Erwartungen<br />
sollten sich bestätigen, als <strong>die</strong> Regierung in Khartum kurze Zeit später tatsächlich <strong>die</strong> Präsenz<br />
einer VN-Friedensmission auf dem Territorium des Sudan nach dem 9. Juli ausschloss. So erwies<br />
es sich als richtig, dass UNMIS bereits frühzeitig damit begonnen hatte, einige Abteilungen des<br />
Hauptquartiers von Khartum nach Juba zu verlagern.<br />
Lufttransport wird auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> neue VN-Mission<br />
notwendig sein, um <strong>die</strong> entlegenen Landesteile zu<br />
erreichen. Foto: Frederic Schneider<br />
24<br />
Gleichwohl war das Planungsteam der <strong>Vereinten</strong><br />
<strong>Nationen</strong>, deren Angehörige uns im<br />
adrett hergerichteten Containerdorf am Flughafen<br />
in Juba begegnen, das UNMIS schon<br />
seit einigen Jahren als Hauptquartier im Süden<br />
<strong>die</strong>nt, nicht zu beneiden. Sie hatten neben<br />
ihren Gesprächen hier in Juba immer<br />
auch engen Kontakt nach New York ins VN-<br />
Sekretariat gehalten, vor allem in dessen<br />
Department of Peacekeeping Operations. Die<br />
Empfehlung des VN-Generalsekretärs <strong>für</strong> ein<br />
UNMIS-Folgemandat ging letztlich auf den<br />
Vorschlag <strong>die</strong>ser interdisziplinären Expertengruppe<br />
zurück. Deren größtes Problem waren<br />
sicherlich <strong>die</strong> vielen Unbekannten, <strong>die</strong> sie in ihr Kalkül einbeziehen mussten. Wer konnte schon<br />
Ende März wissen, wie sich <strong>die</strong> Situation bis zur erwarteten Unabhängigkeit Anfang Juli entwickeln<br />
würde? Sollte man etwa <strong>die</strong> Sicherheitslage eher vorsichtig bewerten (was kaum eine Reduzierung,<br />
sondern ggf. sogar eine Verstärkung der Mission bedeutet hätte) oder von einer optimistischen<br />
Lageentwicklung ausgehen (mit der Folge einer vertretbaren deutlichen Reduzierung der Mission)?<br />
Diese Fragen wurden schließlich durch das Mandat der UNMIS-Folgemission UNMISS (United<br />
Nations Mission in the Republic of South Sudan) beantwortet. Was aber bleibt, ist <strong>die</strong> Ungewissheit<br />
über <strong>die</strong> weitere Entwicklung im Südsudan.<br />
Ungewisse Entwicklung – vier Szenarien<br />
Wenigstens vier unterschiedliche Szenarien könnten sich aus der jetzigen Situation heraus entwickeln.<br />
Sie beschreiben ein Spektrum, das <strong>die</strong> künftige Entwicklung von „sehr positiv“ bis „sehr<br />
negativ“ beschreibt. Kluge Planung sollte solche Optionen im Blick behalten, um später nicht überrascht<br />
zu werden. Wie könnte also <strong>die</strong> Entwicklung im Sudan – vor allem im Südsudan – in den<br />
bevorstehenden Monaten und Jahren verlaufen?<br />
Szenario 1: Friedlich und stabil<br />
Der Start in <strong>die</strong> Unabhängigkeit gelingt ohne Komplikationen. Weder von innen noch von außen<br />
wird der Prozess der Staatswerdung im Südsudan durch nennenswerte Störungen beeinflusst. Die<br />
zwischen Nord und Süd streitigen Fragen (wie Öl, Grenzfragen und Abyei) werden einvernehmlich<br />
geklärt.<br />
Szenario 2: Fragil<br />
Die zwischen Nord und Süd strittigen Fragen werden nicht bis zur Unabhängigkeit geklärt; d. h. aus<br />
„post-referendum issues“ werden „post-independence issues“. Der Republik Südsudan fehlt von