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Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV

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Nach der Ausweisung der SPLM/A aus Äthiopien 1991 siedelte <strong>die</strong> Führungsriege der Rebellenbewegung<br />

nach Nairobi um. Kenia nahm zudem eine große Zahl von südsudanesischen Flüchtlingen<br />

auf. Laut den letzten Zahlen von 2004 halten sich immer noch knapp 100 000 Flüchtlinge aus dem<br />

Sudan in Kenia auf. Die Beziehung zwischen Kenia und dem Südsudan ist nicht zuletzt durch zahlreiche<br />

informelle Kontakte geprägt. Für <strong>die</strong> südsudanesische Elite ist Nairobi immer noch der bevorzugte<br />

Ort <strong>für</strong> <strong>die</strong> Familie. Die Kinder können eine qualitativ hochwertige Ausbildung bekommen,<br />

und der Lebensstandard ist weitaus höher als in Juba. Kenia hat ein eigenes Institut zur Ausbildung<br />

von Verwaltungsbeamten in Juba aufgebaut und eigenes Personal zur Aus- und Weiterbildung von<br />

Staatsbe<strong>die</strong>nsteten in den Südsudan entsandt. Zudem lädt Kenia regelmäßig südsudanesische<br />

Führungskräfte zur Weiterbildung nach Nairobi ein. Erwartungsgemäß hat Kenia den Südsudan als<br />

einer der ersten Staaten anerkannt.<br />

Am stärksten umstritten ist <strong>die</strong> militärische Kooperation mit dem Südsudan. Es gibt zahlreiche<br />

Gerüchte über den Import von Waffen und Panzern aus Kenia in den Südsudan. 25 Offiziell werden<br />

<strong>die</strong>se zwar nicht bestätigt, allerdings wird der Ausstattung des Südsudans mit militärischen Gütern<br />

aus Kenia auch nicht widersprochen. 26 Neben den Waffenlieferungen bildet <strong>die</strong> kenianische Armee<br />

hohe Offiziere der SPLA aus.<br />

Im ökonomischen Bereich werden <strong>die</strong> Beziehungen zum Südsudan weiter ausgebaut. Kenia profitiert<br />

dabei von seinem Wettbewerbsvorsprung in allen ökonomischen Bereichen, der exportorientierten<br />

heimischen Wirtschaft sowie dem stark ausgeprägten Unternehmertum. Zahlreiche Kenianer<br />

arbeiten mittlerweile im südsudanesischen Privatsektor, wie der Baubranche, dem Luftverkehr,<br />

Finanz<strong>die</strong>nstleistungen, der Infrastruktur und dem informellen Handel. 27 Zudem haben sich mehrere<br />

kenianische NGOs in Juba angesiedelt. Die Kenya Commercial Bank unterhält mittlerweile zahlreiche<br />

Ableger im Südsudan. Einige Großprojekte, <strong>die</strong> den Südsudan besser mit Kenia verbinden<br />

sollen, werden zurzeit diskutiert. Schon länger ist eine Eisenbahn im Gespräch, <strong>die</strong> Juba mit Kenia,<br />

Uganda und Äthiopien verbinden soll. Dazu soll eine Schnellstraße Juba mit der wichtigen kenianischen<br />

Hafenstadt Mombasa verbinden. Ob <strong>die</strong>se Pläne jemals Realität werden, ist jedoch sehr<br />

unsicher. So scheinen <strong>die</strong> Planungen einer Öl-Pipeline zur kenianischen Ostküste nach Lamu mittlerweile<br />

auf Eis zu liegen. Die Investitionskosten werden als zu hoch veranschlagt, da es technisch<br />

einfacher ist, das Öl bergab nach Port Sudan zu transportieren als über Berge nach Kenia. Zudem<br />

sprechen vor allem auch politische Gründe dagegen. Der Kooperationszwang zwischen Khartum<br />

und Juba, der sich aus dem momentan einzigen Vertriebsweg des südsudanesischen Öls über den<br />

(nord-) sudanesischen Port Sudan ergibt, wird als fördernd <strong>für</strong> den Friedensprozess betrachtet. 28<br />

Die Beziehungen Kenias zum Südsudan werden sich weiter intensivieren. Sowohl <strong>die</strong> aktuelle Regierung,<br />

und hier vor allem Premierminister Odinga, Außenminister Wetangula sowie Vize-Präsident<br />

Musyoka, als auch <strong>die</strong> vorangegangene Regierung unter Präsident Moi unterhielten intensive<br />

Kontakte zur politischen Führungsriege des Südsudans. Es kann von einer Kontinuität der Unterstützung<br />

des Südsudans gesprochen werden. Eine Intensivierung der Beziehungen kommt der<br />

kenianischen Wirtschaft entgegen, hat aber auch politische Gründe, da ein instabiler Südsudan <strong>für</strong><br />

ansteigende Flüchtlingsströme nach Kenia sorgen könnte.<br />

25 Vgl. ebda., S. 3.<br />

26 „Privately, officials acknowledge the government’s role in facilitating weapons transfer“, in: International<br />

Crisis Group: Sudan: Regional Perspectives on the Prospects of Southern Independence, Africa Report<br />

No. 159, May 2010, S. 3.<br />

27 Informeller Handel meint im Gegensatz zu formellen Handel eine nicht-registrierte wirtschaftliche Aktivität,<br />

<strong>die</strong> in der Regel im kleinen Maßstab ohne feste Angestellte stattfindet. Besonders in Afrika sind informelle<br />

wirtschaftliche Aktivitäten stark ausgeprägt, mit weitreichenden Folgen <strong>für</strong> den Staat (geringeres Steueraufkommen<br />

und geringere Steuerungsfähigkeit) und <strong>die</strong> Menschen (fehlende geregelte Beschäftigung und<br />

soziale Sicherheit).<br />

28 So auch UNMIS-Vertreter bei Gesprächen im Sudan während der Stu<strong>die</strong>nreise.<br />

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