Online-Publikation - Kriminologische Zentralstelle eV
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B.1 Forschungsfragen und Methoden der Untersuchung<br />
rade angewiesen sein. Problematischer ist ein Ansatz, der (auch) täter- und<br />
tatbezogene Merkmale ermitteln will.“ 85 Bezogen auf die vorliegende Untersuchung<br />
wird die Problematik an folgendem Beispiel klar:<br />
Art und Schwere der Alkoholprobleme kann bei jenen verurteilten Tätern näher<br />
untersucht werden, die von einem Sachverständigen zur Prüfung der Voraussetzungen<br />
der §§ 20, 21 StGB und/oder des § 64 StGB begutachtet wurden. Dies<br />
geschieht jedoch einerseits nur in relativ wenigen Verfahren 86 ; andererseits<br />
wird der Täter im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens immer abwägen, was<br />
er im Hinblick auf eine bestehende Alkoholproblematik mitteilt, verschweigt<br />
oder übertrieben darstellt. Auf der einen Seite könnte er in den Genuss einer<br />
nach §§ 21, 49 StGB geminderten Strafe kommen, evtl. hofft er auf die Chance,<br />
eine Therapie machen zu können (im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung),<br />
auf der anderen Seite muss er womöglich die Unterbringung in einer<br />
Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB fürchten. 87<br />
Über das tatsächliche Ausmaß der alkoholbezogenen Störungen und den Umgang<br />
der Täter (außerhalb des Verfahrens) mit dieser Problematik kann die<br />
Aktenanalyse daher kaum Auskunft erteilen, wohl aber über die damit zusammenhängenden<br />
Erkenntnis- und Entscheidungsprozesse der Gerichte.<br />
Die Verknüpfung der Ergebnisse der JVA-Erhebung mit den Erkenntnissen<br />
aus der durchgeführten Aktenanalyse soll dazu beitragen, Unterschiede in der<br />
Wahrnehmung von Alkoholproblemen und Folgeerscheinungen im strafgerichtlichen<br />
Verfahren und im Kontext einer Justizvollzugsanstalt aufzuzeigen.<br />
B.1.2.5 Schriftliche Befragungen (Justiz, Vollzug, Therapieeinrichtungen)<br />
Der Projekt-Vertrag sah ferner die Befragung von Richtern, Staatsanwälten<br />
und Angehörigen des Justizvollzugs zum möglichen praktischen Anwendungsbereich<br />
und zu (Neben-)Folgen einer den §§ 35 ff. BtMG entsprechenden<br />
Regelung für alkoholabhängige Straftäter vor, weiter zur Situation alkoholkranker<br />
Strafgefangener und deren Behandlung im Justizvollzug. Dabei<br />
war unter anderem zu prüfen, wie groß die Akzeptanz bzw. Ablehnung der<br />
genannten Berufsgruppen in Bezug auf die Erweiterung der Therapieregelungen<br />
des BtMG für alkoholabhängige Täter ist. Von Interesse war auch, welche<br />
Aspekte aus Sicht der Befragten für eine solche Ausweitung sprechen, welche<br />
Gesichtspunkte eher dagegen.<br />
85 Elz, a.a.O.<br />
86 Vgl. dazu Ausführungen in C.3.2.<br />
87 Auf die Ambivalenz des deutschen Strafrechts in Bezug auf alkoholisierte und/oder alkoholabhängige<br />
Täter wurde in A.2.4.2 bereits hingewiesen.