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1. Einleitung - Feyand

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<strong>1.</strong> <strong>Einleitung</strong><br />

„Erzähle mir und ich vergesse.<br />

Zeige mir und ich erinnere.<br />

Lass es mich tun und ich verstehe.“<br />

(Konfuzius, 551-479 v. Chr.) 2<br />

Das Zitat von Konfuzius ist auch heute noch aktuell, vielleicht sogar aktueller denn je, be-<br />

trachtet man die Veränderungen in den Lebenswelten heutiger Schüler. 3<br />

Unter dem Konstrukt „veränderte Kindheit“ werden Folgen zusammengefasst, die die derzei-<br />

tigen kindlichen Lebenswelten kennzeichnen und prägen. In diesem Zusammenhang werden<br />

häufig Veränderungen wie z.B.<br />

eine Zunahme des Medienkonsums und Individualisierung auf Kosten sozialer<br />

Erfahrungen;<br />

Konzentrationsschwierigkeiten durch Reizüberflutungen;<br />

eine Abnahme an Primärerfahrungen hin zu einem Leben aus „zweiter Hand“;<br />

mangelnde Umweltaneignung und aktive Erkundung der Umwelt des Nahraumes<br />

bei zunehmender Globalisierung<br />

sowie eine Zunahme der Heterogenität der Schüler und eine auseinanderklaffende<br />

Leistungsschere in den Lernvoraussetzungen<br />

genannt. Ob diese Auswirkungen der sich verändernden Lebenswelten der Schüler in Wirk-<br />

lichkeit so dramatisch sind, wie sie oft in der Fachliteratur und Öffentlichkeit dargestellt wer-<br />

den, kann an dieser Stelle nicht vertieft werden. Offensichtlich ist die Tatsache, dass Verän-<br />

derungen in den Lebenswelten heutiger Schüler sichtbar werden. Hieraus erwachsen Fra-<br />

gen und Handlungsaufforderungen für die Sachunterrichtsgestaltung:<br />

• Wie kann der Sachunterricht als zentrales und vieldimensionales Unterrichtsfach der<br />

Grundschule auf die veränderten Lebenswelten der Schüler eingehen und an die Le-<br />

benswelt der Kinder mit ihren Lernvoraussetzungen und Erfahrungen anknüpfen?<br />

• Wie können diese Veränderungen als Chance genutzt oder kompensiert werden, um<br />

erfolgreiche Bildungsprozesse zu gestalten und damit dem Bildungsanspruch des<br />

Sachunterrichts gerecht zu werden?<br />

Aus diesen beiden Anliegen, sowohl an die heutigen Lebenswelten der Kinder anzuknüpfen,<br />

als auch dem Bildungsanspruch des aktuellen Sachunterrichts gerecht zu werden, erwächst<br />

die Forderung nach geeigneten, effektiven Unterrichtsmethoden. In diesem Zusammenhang<br />

stellt sich mir die Frage:<br />

• Ist „Handlungsorientierung“ als Unterrichtsprinzip eine adäquate Unterrichtmethode für<br />

den heutigen Sachunterricht?<br />

2 Nuding, A., 2000, S. 3.<br />

3 Im Folgenden verwende ich ausschließlich den Begriff „Schüler“, womit ich sowohl Schüler als auch<br />

Schülerinnen meine.<br />

1


Um hierauf Antworten zu finden, liegt der vorliegenden Hausarbeit folgende Leitfrage, die<br />

zugleich Untersuchungsziel ist, zugrunde:<br />

Kann eine „handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung“ beim Thema<br />

„Das Wattenmeer“ eine kind- und zeitgemäße Unterrichtsmethode dar-<br />

stellen, um erfolgreiche Bildungsprozesse zu gestalten und dadurch die<br />

Schüler einer dritten Klasse der Pfälzerschule auf die bevorstehende<br />

Klassenfahrt auf die Ostfriesische Insel Langeoog angemessen<br />

vorzubereiten?<br />

Die Ausführungen dieser Arbeit sollen aufzeigen, wie die Planung und Durchführung der<br />

Unterrichtseinheit „Das Wattenmeer“ unter Berücksichtung einer „handlungsorientierten Un-<br />

terrichtsgestaltung“ aussehen können und hinsichtlich ihrer Effektivität für erfolgreiche Bil-<br />

dungsprozesse reflektiert und beurteilt werden, um anschließend die aufgestellte Leitfrage<br />

beantworten zu können.<br />

Nach diesem einleitenden, ersten Kapitel, in dem, der Arbeit zugrunde liegende Fragestel-<br />

lungen und Zielsetzungen aufgezeigt wurden, folgt im zweiten Kapitel zunächst eine theore-<br />

tische Auseinandersetzung, die die Veränderungen in den Lebenswelten der Kinder auf der<br />

einen Seite sowie den Bildungsanspruch und das Anliegen des Sachunterrichts auf der an-<br />

deren Seite verdeutlichen sollen.<br />

„Handlungsorientierung“ als Unterrichtskonzept für den Sachunterricht soll im dritten Kapi-<br />

tel näher beleuchtet, seine Chancen, aber auch Grenzen aufgezeigt sowie seine Eignung für<br />

diese Lerngruppe begründet werden.<br />

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Planung der Unterrichtseinheit. Bei der fachlichen<br />

und organisatorischen Planung finden die bisherigen Erkenntnisse über die Lebenswelten<br />

und Lernvoraussetzungen der Schüler, die Bildungsziele des Sachunterrichts sowie die<br />

Chancen und Grenzen der Methode „Handlungsorientierung“ Berücksichtigung.<br />

Im sich anschließenden fünften Kapitel geht es um die Durchführung der Einheit auf Basis<br />

der Planungen des vierten Kapitels. Neben einer tabellarischen Übersicht über den gesam-<br />

ten Verlauf der Einheit werden zwei zentrale Unterrichtssequenzen ausführlich dargestellt.<br />

Dieses Kapitel will Möglichkeiten einer „handlungsorientierten Unterrichtsgestaltung“ aufzei-<br />

gen und diese kritisch reflektieren.<br />

Im sechsten Kapitel wird die gesamte Unterrichtseinheit hinsichtlich ihrer Planung und<br />

Durchführung sowie des Lernerfolges der Schüler analysiert und reflektiert.<br />

In einem abschließenden Fazit werden die gewonnenen Erkenntnisse genutzt, um die der<br />

Arbeit zugrunde liegende Leitfrage zu beantworten und daraus Schlussfolgerungen für die<br />

weitere Unterrichtspraxis zu ziehen.<br />

2


2. Veränderte Kindheit und Bildungsanspruch<br />

2.1 Kindliche Lebenswelten im Wandel<br />

Unter welchen Sozialisationsbedingungen wachsen Kinder heute auf? Haben sich die Kinder<br />

in den letzten Jahrzehnten verändert? Und: Kann man im Allgemeinen überhaupt von einer<br />

„veränderten Kindheit“ sprechen?<br />

Unter dem Konstrukt „veränderte Kindheit“ werden der vermeintliche Werteverlust an unmit-<br />

telbar gemachten Erfahrungen in und mit der Umwelt und die daraus resultierenden Defizite<br />

möglicher Handlungsmuster von Kindern beklagt. Eine derartige kulturpessimistische Sicht-<br />

weise der „veränderten Kindheit“ ist in zahlreichen Rezensionen der vergangenen 30 Jahre<br />

auffindbar 4 .<br />

Veränderte Lebensbedingungen wie Wohn- und Familienverhältnisse, ein Wandel des Erzie-<br />

hungsverhaltens, eine zunehmende Medienorientierung und Globalisierung sowie eine hohe<br />

Veränderungsdynamik, sind prägnante Bedingungen heutiger Kindheit. „Kinder heute – Her-<br />

ausforderungen für die Schule“ als Thema des Bundesgrundschulkongresses von 1989 ließ<br />

die „veränderte Kindheit“ erst bekannt werden. 5 Bis heute wird es von zahlreichen<br />

Sozialwissenschaftlern und Pädagogen viel diskutiert und gewinnt zunehmend Beachtung in<br />

allen Lehr- und Erziehungstätigkeiten.<br />

Eine lexikalische Definition 6 nach FÖLLING-ALBERS aus dem „Lexikon Sachunterricht“ von<br />

Kaiser stellt die gewonnenen Erkenntnisse zur veränderten Kindheit wie folgt dar: „Kindheit<br />

im Wandel / Veränderte Kindheit bezeichnet die vielschichtigen Veränderungen, die von den<br />

70er Jahren an das Aufwachsen der Kinder beeinflusst haben („Modernisierungsschub“):<br />

Familienformen, Geburtenrückgang, mediale Erfahrungen, Freizeit- und Förderkurse, Libera-<br />

lisierung der Erziehungsnormen und vieles andere mehr. Die Veränderungen haben zu Er-<br />

fahrungseinschränkungen bei den Kindern geführt, aber auch zu einer Erweiterung von Er-<br />

fahrungsmöglichkeiten (z.B. Nutzung von Freizeit- und Förderangeboten, interkulturellen<br />

Erfahrungen). Da die Veränderungen nicht alle Kinder in gleicher Weise und in gleichem<br />

Maße betreffen, ist die Entwicklungsschere zwischen den Kindern größer geworden.“ 7<br />

Zahlreiche Untersuchungen machen deutlich, dass sich die Lebenssituation Heranwachsen-<br />

der im Zuge veränderter sozioökologischer Rahmenbedingungen entscheidend gewandelt<br />

hat. „Verinselung“, „Verhäuslichung“, „Vereinzelung“ und „Verplanung“ sind die am häufigs-<br />

ten genannten Folgen einer „veränderten Kindheit“.<br />

4<br />

Im Gegensatz dazu heben kulturoptimistische Sichtweisen positive Aspekte der Veränderungen in<br />

den Vordergrund.<br />

5<br />

Fölling-Albers, M., 1992, S.1<strong>1.</strong><br />

6<br />

Abkürzungen werden ausformuliert und Verweise gestrichen. Daher wird folgend kein direktes Zitat<br />

angegeben, sondern eine leichte Abwandlung des zugrunde liegenden Schriftgutes, um den Lesefluss<br />

nicht zu unterbrechen und den wesentlichen Inhalt hervorzuheben.<br />

7<br />

Fölling-Albers, M., 2000, S. 104.<br />

3


ZINNECKER sieht als Folge „verhäuslichter“ Kindheit nur geringe Möglichkeiten des Erfah-<br />

rungserwerbs im Außenbereich, während steigende Erfahrungschancen im Innenraum ver-<br />

mehrt möglich sind und Kinder ihre Freizeit vermehrt dazu nutzen, ein reichhaltiges Spiel-<br />

und Medienangebot 8 zu konsumieren. Durch diese Verlagerung vom Außen- in den Innenbe-<br />

reich machen Kinder weniger Erfahrungen in und mit der Natur. Die Verhäuslichung geht<br />

meist mit einer hohen Mediatisierung des Freizeitlebens der Kinder einher. Kinder verbrin-<br />

gen heute einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Fernseher. Statistiken belegen, dass Kin-<br />

der im Grundschulalter bereits täglich 90 Minuten fernsehen. 9 Vieles wird nur noch durch das<br />

Fernsehen erlebt. Der passive Konsum ersetzt körperliche Aktivität und Produktivität. Pri-<br />

märerfahrungen werden zu Sekundärerfahrungen.<br />

Auch der Computer und Spielekonsolen prägen die kindliche Erlebniswelt zunehmend, wo-<br />

durch die Kinder oft einer Überstimulierung der Sinneseindrücke ausgesetzt werden. Stimu-<br />

lierungen im emotionalen, sozialen und motorischen Bereich sowie Sinneserfahrungen und –<br />

wahrnehmungen mit Realien fehlen dagegen zunehmend. Auf Dauer verändert die immer<br />

präsente Medienwelt Wahrnehmung und Umwelterlebnis der Kinder. 10<br />

Darüber hinaus steht die Mediatisierung des Freizeitlebens von Kindern in einem engen Zu-<br />

sammenhang mit dem Rückgang an direkten Sozialerfahrungen. 11<br />

Der Lebensraum der Kinder hat sich zwar räumlich betrachtet erweitert, wird aber nicht mehr<br />

als Einheit wahrgenommen. So befinden sich die Kinder in „verinselten Lebensräumen“ 12<br />

(z.B. Schule, Sportverein, Musikschule), ohne sie im Zusammenhang zu sehen. ZEIHER<br />

spricht hier von einer „verinselten“ Kindheit, da Kinder ihre Wohnumgebung zusammen-<br />

hangslos erleben. Sie werden zwischen den Inseln wie z.B. Schule, Freizeiteinrichtung, Fa-<br />

milienwohnung, Freunden hin- und hertransportiert. 13<br />

Der Partikularisierung des Raumes entspricht auch eine Partikularisierung der sozialen Be-<br />

ziehungen. 14 ZEIHER spricht daher von einer „Vereinzelung“ heutiger Kinder, deren soziale<br />

Beziehungen sehr eingeschränkt seien. 15 So bilden sich heute keine heterogenen Spielgrup-<br />

pen mehr – im Gegenteil: Spielgruppen bestehen meist aus zwei gleichaltrigen Kindern, ähn-<br />

licher sozialer Herkunft. Je stärker sich die Möglichkeiten sozialer Kontakte, Freundschaften<br />

8<br />

An dieser Stelle möchte ich hervorheben, dass die verstärkte Mediennutzung von Schülern (z.B.<br />

Internetrecherche) nicht nur einseitig negativ gesehen werden darf, sondern auch die positiven Aspekte<br />

dieser Entwicklung beachtet und im Unterricht genutzt und gefördert werden sollten.<br />

9<br />

Vgl. Topsch, W., 2004, S. 37 ff.<br />

10<br />

Vgl. Gunz, J./ Ortmair, M., 1994, S. 253-255.<br />

11<br />

Vgl. Prote, I., 2000, S. 79.<br />

12<br />

Aus meiner Sicht trifft dieser Aspekt weniger auf die Schüler dieser Lerngruppe zu. Aus diesem<br />

Grund werde ich diesen Aspekt zwar kurz erläutern, dann aber in den weiteren Ausführungen nicht<br />

näher darauf eingehen, da er für die Planung meines Unterrichts von geringer Bedeutung ist.<br />

13<br />

Vgl. Zeiher, H., 1983, S. 187.<br />

14 Vgl. Zeiher, H.,1994, S. 365.<br />

15 Einige Gründe hierfür wurden bereits genannt.<br />

4


und Gruppenerlebnisse reduzieren, desto geringer sind auch die Möglichkeiten sinnlicher<br />

und sozialer Erfahrungen des eigenen Selbst im Handeln mit anderen. 16<br />

Unter dem Begriff „verplante Kindheit“ wird verstanden, dass der Tagesablauf bei vielen<br />

Kindern in einem hohen Maße durchorganisiert ist. Zu festen Kindergarten- oder Schulzeiten<br />

kommen zahlreiche Lern- und Freizeitnachmittagsangebote (Nachhilfe, Schwimmen, Musik<br />

etc.). Während früher die Spielwelt voller natürlicher Lernsituationen war, werden heute die<br />

Lernsituationen in fest etablierten Institutionen inszeniert. Vielfach wird hinterfragt, inwieweit<br />

kindliche Freizeit tatsächlich noch „freie Zeit“ darstellt. 17<br />

Nicht zuletzt geht Kindheit heute mit stark veränderten Erziehungsvorstellungen und einer<br />

Pluralisierung der Familienformen einher. 18 „Angesichts veränderter Lebensverhältnisse<br />

hat Schule – in besonderer Weise die Grundschule – längst einen Paradigmenwechsel voll-<br />

zogen: Sie hat statt einer Ergänzungsfunktion eine Ersatzfunktion zu erfüllen. (…) Die Schule<br />

ist der soziale Erfahrungsraum, in dem die notwendigen Erfahrungen im Zusammensein mit<br />

anderen gemacht werden können.“ 19 Elterliche Erwartungen beziehen sich in hohem Maße<br />

auf den Lern- und Leistungserfolg in Schule und Freizeit. 20 Mehr als 60 Prozent der Eltern<br />

wünschen sich als Schulabschluss für das Kind das Abitur. Damit sind heutige Kinder einem<br />

hohen Leistungs- und Erfolgsdruck ausgesetzt, was häufig mit einer Überforderung der Kin-<br />

der einhergeht. 21<br />

2.2 Aufgaben und Ziele des Sachunterrichts<br />

Im NIEDERSÄCHSISCHEN KERNCURRICULUM für das Fach Sachunterricht in der Grundschule<br />

wird aufgeführt, dass der Sachunterricht einen Bildungsbeitrag „zu den im Grunderlass for-<br />

mulierten fachübergreifenden Aufgaben“ leistet und „grundlegendes Wissen für das gegen-<br />

wärtige und zukünftige Leben der (…) Schüler“ 22 vermittelt.<br />

„Die spezielle Aufgabe des Sachunterrichts ist es, Schüler darin zu unterstützen,<br />

sich die natürliche, soziale und technisch gestaltete Umwelt bildungswirksam<br />

zu erschließen und dabei auch Grundlagen für den Fachunterricht an weiterführenden<br />

Schulen zu legen.(…) Um seiner Aufgabe gerecht zu werden,<br />

muss der Sachunterricht Fragen, Interessen und Lernbedürfnisse von Kindern<br />

berücksichtigen sowie das in Fachkulturen erarbeitete, gepflegte und weiter zu<br />

entwickelnde Wissen nutzen.“ 23<br />

Der Sachunterricht soll die Schüler dazu befähigen, „sich ihre Lebenswelt zunehmend<br />

selbstständig zu erschließen, sich in ihr zu orientieren und sie mitzugestalten.“ 24<br />

16<br />

Vgl. Kaiser, A., 2006, S. 128.<br />

17<br />

Auch dieser Aspekt spielt m. E. bei dieser Lerngruppe eine untergeordnete Rolle.<br />

18<br />

Dies auszuführen würde den Rahmen der Hausarbeit übersteigen. Als vertiefende Literatur kann<br />

z.B. Winterhoff, Dr. M., 2008 oder Fölling-Albers, M. 2001, nachgelesen werden.<br />

19<br />

Bönsch, M., 1999, S. 46.<br />

20<br />

vgl. Fölling-Albers, M., 1991, S. 9f.<br />

21<br />

vgl. Drews U./ Schneider, G./ Wallrabenstein, W. 2000, S. 107<br />

22<br />

Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 7.<br />

23<br />

GDSU, 2002, S.2. / Vgl. auch Niedersächsische Kultusministerium, 2006, S. 7.<br />

24 Vgl. ebd., 2006, S. 7.<br />

5


Es wird deutlich, dass der Sachunterricht zwei wesentliche Bezugsrahmen hat: Zum Einen<br />

die Lebenswelt der Kinder und zum Anderen die disziplinäre Ordnung des Wissens ver-<br />

schiedener Bezugsfächer einschließlich ihrer Verfahren der Wissensgenerierung und Er-<br />

kenntnisgewinnung. 25<br />

Die Inhalte und Themen des Sachunterrichts werden unter fünf verschiedenen fachlichen<br />

Perspektiven aufgeführt. 26 Jede einzelne Perspektive soll jedoch nicht isoliert betrachtet,<br />

sondern die den einzelnen Perspektiven zugeordneten Inhalte und Methoden sollen sinnvoll<br />

miteinander vernetzt werden. 27 Durch die Vernetzung von Inhaltsbereichen wird fächerver-<br />

bindendes und fächerübergreifendes Lernen und somit die Nachhaltigkeit des Kompetenz-<br />

erwerbs gefördert.<br />

Ein nach diesen Kriterien ausgerichteter Sachunterricht führt zu anschlussfähigem Wissen<br />

an Sachfächer und orientiert sich gleichzeitig an den Lebenswelterfahrungen und Interessen<br />

der Schüler und ermöglicht den Erwerb von Methodenkompetenz. 28 Sowohl inhaltlich als<br />

auch methodisch soll der Sachunterricht anspruchsvoll gestaltet sein, um die Lernfähigkeit<br />

und -bereitschaft bereits im frühen Alter zu nutzen und zu fördern.<br />

Darüber hinaus sollen die Inhalte den Kriterien der Bedeutsamkeit, Zugänglichkeit, Exempla-<br />

rität 29 und Nachhaltigkeit entsprechen.<br />

Sowohl das Niedersächsische Kerncurriculum als auch der Perspektivrahmen führen als<br />

wichtige Aufgaben des Sachunterrichts die Berücksichtigung der Wahrnehmungs-, Denk-,<br />

und Lernbedingungen von Grundschulkindern bei der Gestaltung des Lernprozesses auf. 30<br />

Die Methoden zur Vermittlung von Inhalten und Themen sollen dem kindlichen Lernen ge-<br />

recht werden. 31<br />

Ein wesentliches didaktisches Prinzip eines zeitgemäßen Sachunterrichts stellt die direkte<br />

Begegnung mit Phänomenen, Sachverhalten und die Einbindung außerschulischer Lernmög-<br />

lichkeiten dar. 32<br />

Die Basis des Lernprozesses im Sachunterricht bildet das „Lernen durch Erfahrung.“ 33 Er-<br />

worbene Kompetenzen erwachsen aus der aktiven Aneignung, also einer handelnden Aus-<br />

einandersetzung der Schüler mit dem Lerngegenstand, mit dem Ziel, dieses Wissen anwen-<br />

den zu können. 34 Ergänzend zum eigenaktiven Handeln der Schüler sollen „Erfahrungen (…)<br />

durch Berichte und kommunikativen Austausch erweitert“ 35 werden.<br />

25<br />

Vgl. ebd., S. 8.<br />

26<br />

Die fünf Perspektiven sind: „Zeit und Geschichte“, „Gesellschaft und Politik“, „Raum“, „Natur“ und<br />

„Technik“.<br />

27<br />

Vgl. GDSU, 2002, S. 3 und Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 8.<br />

28<br />

Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 7.<br />

29<br />

Vgl. Richter, D., 2005, S. 4.<br />

30<br />

GDSU, 2002, S. 2, Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 9.<br />

31<br />

Vgl. Richter, D., 2005, S. 4.<br />

32<br />

Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 9.<br />

33 Vgl. ebd.<br />

34 Vgl. ebd., S. 7.<br />

35 Ebd., S. 9.<br />

6


2.3 Schlussfolgerungen<br />

Wie kann der Bildungsanspruch des Sachunterrichts angesichts der Veränderungen der Le-<br />

benswelten der Kinder erfüllt werden? Auf welche Weise muss eine Lehrkraft mit den Verän-<br />

derungen umgehen, sie nutzen oder auch entgegenwirken?<br />

Ein Sachunterricht der an den Lebenswelten und Erfahrungen der Schüler ansetzt, muss die<br />

Inhalte, Methoden und Ziele an die jeweiligen Schüler der Lerngruppe anpassen.<br />

„Kindheit ist nicht Kindheit und Kinder sind nicht Kinder,<br />

heute vielleicht weniger denn je.“ 36<br />

Im Zuge der Veränderungen der kindlichen Lebenswelten haben Lehrkräfte sehr unter-<br />

schiedliche Schüler mit unterschiedlichen Lernausgangslagen in ihrem Unterricht und müs-<br />

sen auf diese sehr heterogenen Grundvoraussetzungen adäquat eingehen. Die individuelle<br />

Förderung der Schüler wird im Zuge der gegenwärtigen Reform des Schulwesens als eine<br />

wichtige Aufgabe von Schule proklamiert. Kooperation zwischen den Schülern, Anknüpfen<br />

an die Erfahrungen der Kinder, Bereitstellen von Handlungsräumen sowie Berücksichtigung<br />

der Fragen der Kinder sind einige wichtige didaktische Konsequenzen. 37<br />

Eine defizitäre Betrachtungsweise der „veränderten Kindheit“ sollte meines Erachtens nicht<br />

als Rechtfertigung für fehlende pädagogische Einflussmöglichkeiten genutzt werden. Viel-<br />

mehr sollten schulische Lernprozesse die Individualitäten der Kinder produktiv aufgreifen und<br />

aktiv fördern. Dies kann durch einen Sachunterricht erreicht werden, der bei den unter-<br />

schiedlichen Erfahrungen und Voraussetzungen der Schüler ansetzt sowie durch eine me-<br />

thodische Vielfalt und Abwechslung gekennzeichnet ist. 38<br />

Kann ein handlungsorientiert konzipierter Unterricht diesen Anforderungen gerecht werden<br />

und eine adäquate und effektive Methode darstellen, um sowohl dem Bildungsanspruch des<br />

Sachunterrichts einerseits, als auch den veränderten Voraussetzungen heutiger Kinder an-<br />

dererseits gerecht zu werden? Bevor diese Frage in der Praxis näher untersucht werden<br />

kann, beschäftigt sich das folgende Kapitel zunächst mit den theoretischen Grundlagen einer<br />

„Handlungsorientierung“ im Unterricht.<br />

36 Knörzer, W./ Grass, P., 2000, S. 25.<br />

37 Vgl. Zierer, K., 2004, S. 34.<br />

38 Vgl. hierzu auch Reeken, von D., 2003, S. 4.<br />

7


3. Handlungsorientierung im Sachunterricht<br />

3.1 Begriffsbestimmung und Merkmale<br />

„Hilf mir, es selbst zu tun!“ 39<br />

„Handlungsorientierter Unterricht“ ist ein seit gut zwanzig Jahren im deutschsprachigen<br />

Raum viel und kontrovers diskutierter, publizierter und unterschiedlich definierter Unter-<br />

richtsansatz. 40 Handlungsorientierte Konzeptionen in der Didaktik sind sehr heterogen und<br />

werden unter den Etiketten „handelnder“, „handlungsintensiver“ oder „handlungsorientierter“<br />

Unterricht vertreten. Grenzen zu den Begriffen eines „ganzheitlichen“, „entdeckenden“ oder<br />

„offenen kindgemäßen“ Sachunterrichts verwischen oftmals. 41<br />

„Handlungsorientierung ist ein auf die Arbeitspädagogik der Reformpädagogik zurückgehen-<br />

der Begriff.“ 42 Ursprünge handlungsorientierter Unterrichtsansätze und –konzepte finden sich<br />

allerdings bereits in Vorläuferkonzepten wie zum Beispiel Pestalozzis Formel von der „Ein-<br />

heit von Kopf, Herz und Hand“ sowie bei Diesterwegs oder Fröbels Selbsttätigkeitskonzepten<br />

im 19. Jahrhundert. Vertreter der Reformpädagogikepoche wie zum Beispiel Freinet oder<br />

Montessori setzten sich von der Verbalschule ab und betonten die pädagogische Wirksam-<br />

keit von handelndem Lernen. 43<br />

Der heutige Begriff „Handlungsorientierung“ als produktives didaktisches Konzept basiert<br />

lerntheoretisch zum Einen auf der Tätigkeitstheorie 44 und zum Anderen auf der kognitiven<br />

Handlungstheorie. 45<br />

„Handeln“ meint nicht nur bloße materielle Handlungsvollzüge, sondern bewusst auf Ziele<br />

und Zwecke orientierte planvolle Lernaktivitäten, die praktisch-kontruktives, zielorientiertes,<br />

kommunikatives, ästhetisches, spielerisches und dramaturgisches Handeln umfassen. 46<br />

Im Folgenden werde ich einige Definitionsansätze vorstellen, die wesentliche Merkmale und<br />

Kriterien des Begriffes „Handlungsorientierung“ bzw. eines „handlungsorientierten Unter-<br />

richts“ aufzeigen sollen.<br />

Unter einem „handlungsorientierten Unterricht“ versteht MEYER einen ganzheitlichen und<br />

schüleraktiven Unterricht, der durch zwischen Lehrer und Schülern vereinbarte Handlungs-<br />

produkte gekennzeichnet ist. 47 In ihm können Schüler nicht nur mit dem Kopf, sondern auch<br />

39<br />

Diesen Satz soll ein Kind zu Maria Montessori gesagt haben. Gudjons, H., 2008, S.153.<br />

40<br />

Vgl. Gudjons, H, 2008, S. 8.<br />

41<br />

Vgl. Kaiser, A., 2004, Internetquelle. Ich verwende diese drei Begriffe gleichbedeutend.<br />

42<br />

Ebd..<br />

43<br />

Vgl. ebd.<br />

44<br />

Zurückgehend auf die sowjetische Psychologie um Wygotsky und Leontjew.<br />

45<br />

Die Ansätze entwicklungspsychologischer Fundierung des Lernens gehen auf Piaget und Aebli<br />

zurück. Vertiefende Informationen können nachgelesen werden in: Oerter, R / Montada, L., 1998,<br />

S. 518-559 und Wöll, G., 2004, S. 42ff.<br />

46<br />

Vgl. Wöll, G., 2004, S. 25 ff.<br />

47<br />

Auch Wöll betont, dass im „Mittelpunkt des „handlungsorientierten Unterrichts“ die Herstellung von<br />

Handlungsprodukten, mit denen weitergearbeitet, gespielt und gelernt werden kann, stehen soll (z.B.<br />

Rollenspiel, Schülerbuch, Experiment, Collage).“ Vgl. Wöll, G., 2002, S.17.<br />

8


mit den Händen und Füßen, mit dem Herzen und allen Sinnen lernen. Somit können Kopf-<br />

und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden<br />

und in einer dynamischen Wechselwirkung zueinander stehen. Für die Umsetzung nennt<br />

MEYER unter anderem die Werkstatt (z.B. Experimentieren, Skizzieren) und die Expedition<br />

(Verlassen des Klassenraumes und Erkundung der natürlichen Wirklichkeit). 48<br />

Folgende vier didaktische Kriterien für die Gestaltung eines „handlungsorientierten Unter-<br />

richts“ führt MEYER auf:<br />

<strong>1.</strong> Im handlungsorientierten Unterricht sollen die subjektiven Schülerinteressen zum Be-<br />

zugspunkt der Unterrichtsarbeit gemacht werden.<br />

2. Im handlungsorientierten Unterricht sollen die Schüler zum selbstständigen Handeln<br />

ermuntert werden.<br />

3. Durch die Handlungsorientierung des Unterrichts soll die Öffnung der Schule gegen-<br />

über ihrem Umfeld vorangetrieben werden.<br />

4. Kopf- und Handarbeit, Denken und Handeln sollen in ein ausgewogenes Verhältnis zu-<br />

einander gebracht werden. 49<br />

Nach GUDJONS beinhaltet ein „handlungsorientierter Unterricht“ unterschiedliche Praktiken,<br />

deren gemeinsamer Kern die eigentätige, viele Sinne umfassende Auseinandersetzung und<br />

aktive Aneignung eines Lerngegenstandes ist. Er versteht „Handlungsorientierung“ als ein<br />

„Unterrichtsprinzip“, das bestimmte Merkmale hat, das sowohl lernpsychologisch als auch<br />

sozialisationstheoretisch begründbar ist und in verschiedenen Unterrichtszusammenhängen<br />

realisiert wird. 50<br />

Zu den wesentlichen Merkmalen eines „handlungsorientierten Unterrichts“ führt er folgendes<br />

auf:<br />

„Handlungsorientierter Unterricht“…<br />

• knüpft möglichst an den Interessen der Beteiligten, also den Schülern und Lehrern an.<br />

• orientiert sich an der Lebenswelt der Schüler und versucht einen Bezug zur Wirklichkeit,<br />

also zum Leben außerhalb des Klassenraumes / zum Leben herzustellen.<br />

• will die Handlungsziele von Schülern und Lehrer verbinden.<br />

• ist Produkt orientiert.<br />

• fördert die Kooperation durch gemeinsames Handeln.<br />

• integriert viele Unterrichtsformen: z.B. entdeckendes Lernen, exemplarisches Prinzip,<br />

erfahrungsbezogenen Unterricht.<br />

• ist sich seiner Grenzen bewusst. Er bleibt auf den systematischen Lehrgang angewiesen. 51<br />

48 Vgl. Meyer, H., 1987, S. 402 ff.<br />

49 Vgl. ebd., S. 412.<br />

50 Dieser Definition schließe ich mich an. Die Begriffe „Handlungsorientierung“ und „handlungsorientierter<br />

Unterricht“ werden von mir in Anführungsstriche gesetzt, um Handlungsorientierung als Begrifflichkeit<br />

für ein Unterrichtsprinzip herauszustellen.<br />

51 Vgl. Gudjons, H, 2008, S. 8.<br />

9


Sowohl für GUDJONS als auch MEYER ist das „Lernen mit allen Sinnen“ wesentlicher Be-<br />

standteil eines „handlungsorientierten Unterrichts“. Sie betonen, dass lehrerzentrierte Sozial-<br />

formen für diese Methode weniger geeignet sind, sondern eine Öffnung des Unterrichts not-<br />

wendig ist, um handelndes Lernen unter Einbeziehung der verschiedenen Sinne der Schüler<br />

zu fördern. Dazu ist es oftmals sinnvoll und zum Teil notwendig, das Klassenzimmer zu ver-<br />

lassen, um an externen Lernorten primäre Lernerfahrungen zu ermöglichen. 52<br />

Abb. 1: Lernen mit allen Sinnen 53<br />

Sowohl KAISER als auch NUDING betonen, dass es ein wesentliches Ziel eines „handlungs-<br />

orientierten Unterrichts“ ist, die Kinder zum Handeln zu befähigen. Es soll der Erwerb von<br />

„Handlungskompetenz“ gefördert werden, das heißt Schüler sollen befähigt werden, reflek-<br />

tiert und zielgerichtet handeln zu können, indem sie erworbenes Wissen und Können in zu-<br />

künftigen (Alltags-)situationen anwenden.<br />

Nachdem nun wesentliche Merkmale eines „handlungsorientierten Unterrichts“ umrissen<br />

wurden, soll im Folgenden auf die vielfältigen Chancen des Einsatzes handlungsorientierter<br />

Unterrichtsmethoden eingegangen, aber auch ihre Grenzen aufgezeigt werden.<br />

3.2 Chancen und Grenzen<br />

Wie bereits in den Ausführungen der ersten Kapitel deutlich wurde, verfügen heutige Kinder<br />

durch die Veränderungen in den Lebenswelten deutlich weniger über Primärerfahrungen als<br />

frühere Generationen. Stattdessen wird ein Trend zum Konsumieren und Erleben aus „zwei-<br />

ter Hand“ erkennbar, der mit einer Minimierung der Eigentätigkeit der Schüler einhergeht.<br />

Diesen Entwicklungen will ein Sachunterricht, der auf handlungsorientierten Merkmalen ba-<br />

siert, entgegenwirken, indem er sowohl die Eigentätigkeit fördert, als auch Primärerfahrun-<br />

gen der Schüler mit ihrer Umwelt ermöglicht. Die Schaffung von Primärerfahrungen in einem<br />

„handlungsorientierten Unterricht“ steht in einem engen Zusammenhang mit der Förderung<br />

der Sinneserfahrungen der Schüler, sodass dem Verlust an eben diesen entgegengewirkt<br />

werden kann. 54<br />

52 Vgl. Nuding, A., 2000, S. 23 ff.<br />

53 Nuding, A., 2000, S. 26.<br />

54 Faktoren hierfür wurden in Kapitel 2.<strong>1.</strong> erläutert. Insbesondere sind ursächlich eine zunehmende<br />

Mediatisierung und Verhäuslichung zu nennen.<br />

10


GUDJONS stellt diesen Zusammenhang grafisch wie folgt dar:<br />

Abb. 2: Wandel kindlicher Lebenswelten und „handlungsorientierter Unterricht“ 55<br />

Ein weiterer wesentlicher Aspekt „handlungsorientierten Sachunterrichts“ ist es, auf die hete-<br />

rogenen Erfahrungen und Lernvoraussetzungen der Schüler einzugehen und individuelles<br />

Lernen zu ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Sachunterricht eine Methoden-<br />

vielfalt nutzt und gleichzeitig verschiedene Zugangsweisen (z. B. ästhetische, kognitiv kriti-<br />

sche, praktisch handelnde sowie ethisch beurteilende) zum Thema ermöglicht. 56<br />

Sowohl KAISER und NUDING als auch MEYER betonen, dass „handlungsorientierter Sachun-<br />

terricht“ weit über die Informationsvermittlung oder Veranschaulichung hinausgeht, da er<br />

Chancen beinhaltet, durch konkretes veränderndes Handeln Schüler auf die sich verändern-<br />

de Gesellschaft angemessen vorzubereiten. 57 Eine aktive Auseinandersetzung mit Proble-<br />

men erhöht die Anwendungsqualität von Wissen, 58 fördert somit also die Handlungskompe-<br />

tenz der Schüler.<br />

Durch eine handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Themen des Sachunterrichts kön-<br />

nen maßgeblich die Lernmotivation und das Interesse an der aktiven und eigenständigen<br />

Erschließung und Auseinandersetzung der Schüler mit ihrer Umwelt erhöht werden. Ein<br />

handlungsorientierter Unterricht greift Methoden auf, die Kinder naturgemäß anwenden, um<br />

sich Wissen anzueignen (wie z. B. das Spielen, Erkunden, Erforschen, Ausprobieren). Somit<br />

kann durch kindgerechte Methoden ein angenehmes und gleichzeitig effektives Lernklima<br />

geschaffen werden und dem bereits an anderer Stelle aufgeführten hohen Leistungs- und<br />

Erfolgsdruck, unter dem viele Kinder bereits in der Grundschule stehen, entgegengewirkt<br />

werden.<br />

Darüber hinaus werden die aktive Auseinandersetzung mit Themen des Sachunterrichts so-<br />

wie die Freude am gemeinsamen Tun gefördert. Hierdurch leistet ein „handlungsorientierter<br />

Sachunterricht“ einen wesentlichen Beitrag zum „sozialen Lernen“ und zum Erwerb koopera-<br />

tiver Verhaltenskompetenzen der Schüler und wirkt so dem Trend der Vereinzelung, der mit<br />

mangelnden sozialen Erfahrungen der Schüler in Gruppen einhergeht, entgegen.<br />

55 Vgl. Gudjons, H., 2008, S. 17.<br />

56 Vgl. Kaiser, A., 2004, Internetquelle.<br />

57 Vgl. Nuding, A., 2000/ Meyer, H., 2008/ Kaiser, A., 2004, Internetquelle.<br />

58 Vgl. Gudjons, H., 2003, S. 224.<br />

11


Die Bedeutung einer handelnden Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand wird auch<br />

im NIEDERSÄCHSISCHEN KERNCURRICULUM deutlich, wo es heißt: „Die im Sachunterricht er-<br />

worbenen Kompetenzen erwachsen aus der aktiven Aneignung von Wissen“ 59 (…) „Wissen<br />

und Können werden insbesondere über das Handeln aufgebaut“. 60 Aus lerntheoretischer<br />

Sicht bietet ein „handlungsorientierter Unterricht“ einige Vorteile: Durch eine Methodenvielfalt<br />

und vielfältige Zugangsmöglichkeiten können verschiedene Sinneskanäle angesprochen<br />

werden, was den unterschiedlichen Lerntypen entgegen kommt. 61 Ist ein derartiger Unterricht<br />

abwechslungsreich gestaltet, kann nicht nur die Lernmotivation, sondern auch die Konzent-<br />

ration und Aufmerksamkeit der Schüler aufrechterhalten werden. Dieser Aspekt ist vor allem<br />

vor dem Hintergrund der Zunahme an Schülern, die einen hohen Aktivitätsdrang und gleich-<br />

zeitig eine geringe Konzentrationsfähigkeit zeigen, von Bedeutung. 62<br />

Allerdings reicht eine reine Handlungsaktivität alleine nicht aus. Handlungsorientiertes Ler-<br />

nen benötigt adäquate Arbeitstechniken, Methoden und Sozialformen, die sinnvoll ausge-<br />

wählt und miteinander verknüpft werden. 63 Wichtig ist auch, dass Erfahrungen an bestehen-<br />

des Vorwissen anknüpfen und sinnvoll miteinander vernetzt werden. 64 Neben der Verknüp-<br />

fung mit Vorwissen und –erfahrungen ist es sinnvoll, dass einereits Lerninhalte durch eine<br />

Methodenvielfalt miteinander verknüpft werden, und sich andererseits handelnde (offene)<br />

Sozialformen mit lehrergelenkten (geschlossenen) Sozialformen abwechseln, in denen Lern-<br />

ergebnisse verbalisiert, ausgetauscht und gefestigt werden. Die Bedeutsamkeit der Wech-<br />

selbeziehung der beiden Pole zwischen differenziertem Handeln und kommunikativem Un-<br />

terricht, also die Dynamik zwischen Handeln und gemeinsamem Gespräch, wird auch von<br />

KAISER hervorgehoben. 65<br />

Bei allen Vorteilen und Chancen, die ein „handlungsorientierter Unterricht“ mit sich bringen<br />

kann, dürfen auch seine Grenzen, Risiken und Schwierigkeiten nicht vernachlässigt werden.<br />

Die bereits genannten positiven Aspekte, die eine Öffnung des Unterrichts zugunsten eines<br />

Handlungsspielraumes der Schüler ermöglichen, bergen auch Gefahren, die bei der Unter-<br />

richtsplanung Berücksichtigung finden müssen.<br />

Die Kehrseite der Öffnung des Unterrichts birgt das Risiko, dass einigen Schülern Orientie-<br />

rung und Struktur fehlen. Sind die Phasen der Schüleraktivität zu ausgedehnt, kann dies in<br />

zielloses Tun oder blinden Aktivismus ausufern, da den Schülern klare Strukturen fehlen<br />

(das Gleiche gilt übrigens auch, wenn diese Unterrichtsphasen nicht gut genug von der<br />

Lehrkraft vorbereitet sind). Folge dieses planlosen Handelns der Schüler wäre ein ausblei-<br />

59<br />

Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 7<br />

60<br />

Ebd., S. 9.<br />

61<br />

Auch Reeken betont die Relevanz von unterschiedlichen Dimensionen menschlicher Wahrnehmungs-,<br />

Aneignungs-, u. Verarbeitungsformen für das kindliche Lernen. Vgl. Reeken, D., 2003, S. 7.<br />

62<br />

Diese Entwicklung kann vermutlich im Zusammenhang mit den in Kapitel 2.1 aufgeführten<br />

Veränderungen in den Lebenswelten der Kinder betrachtet werden.<br />

63<br />

vgl. Nuding, 2000, S. 45.<br />

64 Vgl. Gudjons, H., 2003, S. 224.<br />

65 Vgl. Kaiser, A., 2004 Internetquelle.<br />

12


ender oder geringer Lernerfolg. Das Gleiche gilt auch, wenn Methoden, Inhalte oder Sozial-<br />

formen nicht adäquat eingesetzt werden. Gerade Schüler, die Schwierigkeiten haben, sich<br />

längere Zeit zu konzentrieren, für die eigentlich eine handelnde Auseinandersetzung sehr<br />

sinnvoll und von Vorteil wäre, brauchen meist ganz klare Strukturen und Regeln, da sie sonst<br />

zu störenden Verhaltensweisen tendieren. Angesichts der an anderer Stelle beschriebenen<br />

Entwicklungstrends wie einer schnellen Veränderungsdynamik, eines sich wandelnden Er-<br />

ziehungsstiles sowie der Pluralisierung der Lebensformen, bei denen den Kindern oft klare<br />

Strukturen fehlen, hat Schule immer mehr die kompensatorische Funktion, Kindern genau<br />

diese zu vermitteln. Folglich ist es wichtig, den Unterricht nicht als isoliertes Handeln anzule-<br />

gen, sondern immer wieder Phasen mit Unterrichtsgesprächen einzuplanen, damit die Schü-<br />

ler ihre Erfahrungen, Deutungen und Lernergebnisse mitteilen können (und zu Zwecken der<br />

Ergebnissicherung und –festigung auch sollen!). Diese sich abwechselnden Unterrichtspha-<br />

sen sind wichtig, damit sich daraus mehrdimensionale Lernprozesse entwickeln können. 66<br />

Damit ein handlungsorientiert konzipierter Unterricht gelingt, bedarf es einer sehr arbeitsin-<br />

tensiven Vorbereitung. Des Weiteren ist er störungsanfälliger als lehrerzentrierte, geschlos-<br />

sene Unterrichtsformen und, wie bereits erwähnt, hängt die Effektivität von Schüleraktivitäten<br />

maßgeblich von der Qualität der Vorbereitung durch die Lehrkraft ab.<br />

3.3 Begründung bei dieser Lerngruppe<br />

Warum entscheide ich mich für eine handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung beim Thema<br />

„Das Wattenmeer“ bei dieser Lerngruppe? Folgende Ausführungen sollen meine Entschei-<br />

dung, insbesondere vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen zur „veränderten<br />

Kindheit“ und dem Bildungsanspruch des Faches Sachunterricht, näher verdeutlichen.<br />

Die Lerngruppe setzt sich aus Schülern zusammen, die über sehr heterogene Lernvoraus-<br />

setzungen und –erfahrungen verfügen. Nicht zuletzt aufgrund des Integrationskonzeptes der<br />

Pfälzerschule, befinden sich auffallend viele förderbedürftige Schüler in der Klasse, sowie<br />

Schüler mit Teilleistungsstörungen oder anderen ärztlich attestierten Auffälligkeiten im Ler-<br />

nen oder Verhalten. Diese Heterogenität erfordert Unterrichtsformen, die eine individuelle<br />

Förderung der einzelnen Schüler ermöglichen und Leistungsunterschiede kompensieren<br />

können, methodisch abwechslungsreich gestaltet sind und verschiedene Zugangsweisen<br />

zum Thema ermöglichen. Diese Kriterien können sehr gut durch einen „handlungsorientier-<br />

ten Unterricht“ erfüllt werden.<br />

Darüber hinaus zeigen mehrere Schüler einen hohen Bewegungsdrang, welcher meist mit<br />

mangelnder Konzentrationsfähigkeit einhergeht.<br />

Durch meine bisherige Unterrichtspraxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine han-<br />

delnde Auseinandersetzung bei dieser Lerngruppe einen effektiven Lernerfolg erzielt und<br />

eine motivierende Wirkung auf die Lernbereitschaft bei ihnen ausübt.<br />

66 Vgl. Kaiser, A., 2008, S. 6.<br />

13


Die im Folgenden beschriebenen Verhaltensweisen, Erfahrungen und Lernvoraussetzungen<br />

der Schüler dieser Lerngruppe können sicherlich auch als Auswirkungen der oben beschrie-<br />

benen veränderten Lebenswelten betrachtet werden. Mir ist es jedoch in erster Linie wichtig,<br />

diese als reale, wertneutrale Voraussetzungen für meine Unterrichtsplanung wahrzunehmen,<br />

sie also zur Ermittlung der Lernausgangslage zu nutzen (Vgl. hierzu auch Kapitel 4.3).<br />

In der Klasse gibt es sehr viele Kinder, deren Eltern geschieden sind und die als Folge bei<br />

nur einem Elternteil aufwachsen oder in einer so genannten „Patchwork“ - Familie leben. Für<br />

diese Schüler, genauso wie für ein paar weitere Kinder dieser Klasse (aufgrund eines verän-<br />

derten Erziehungsverhaltens der Eltern), ist es besonders wichtig, dass der Unterricht klare<br />

Strukturen aufweist, da ihnen sichere und klare Strukturen im häuslichen Bereich häufig feh-<br />

len.<br />

Der im Zusammenhang mit den Veränderungen der Lebenswelten beschriebene Verlust an<br />

Primärerfahrungen und die mangelnde aktive Erkundung der Umwelt finden in dieser Lern-<br />

gruppe bei einigen Schülern Bestätigung. Derartige Beobachtungen konnte ich mehrfach<br />

während der Durchführung vergangener Unterrichtseinheiten machen und durch eine hand-<br />

lungsorientierte Sachunterrichtsgestaltung erfolgreich kompensieren.<br />

Der Medienkonsum ist bei den Schülern dieser Lerngruppe recht unterschiedlich, insgesamt<br />

jedoch für Grundschüler hoch (besonders an den Wochenenden!). Jedes Kind verfügt zu<br />

Hause über einen Fernseher und über mindestens eine Spielekonsole. Eine Verlagerung der<br />

Spielaktivitäten in den häuslichen Bereich auf Kosten des aktiven, freien Spiels im Außenbe-<br />

reich sowie die Beschränkung auf Zweierkontakte in der Freizeit ist auch bei dieser Lern-<br />

gruppe häufig anzutreffen. 67<br />

Einige Schüler dieser Lerngruppe entsprechen nicht den geforderten Erwartungen im Sozial-<br />

verhalten (vgl. „Individuelle Lernvoraussetzungen“ im Anhang: A 1), was sich vor allem in<br />

mangelnder Kooperationsbereitschaft bzw. Teamfähigkeit zeigt. Deshalb ist die Verbesse-<br />

rung sozialer Kompetenzen erforderlich. Die Förderung des Erwerbs von Sozialkompetenzen<br />

der Schüler ist ein wesentliches Ziel heutigen Sachunterrichts. 68<br />

67<br />

Die Angaben beruhen zum Einen auf eigenen Erfahrungen und Befragungen der Schüler und zum<br />

Anderen auf Schilderungen der Klassenlehrerin.<br />

68<br />

Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 11f. Zur didaktischen Bedeutung des Erwerbs<br />

sozialer Fähigkeiten vgl. Kapitel 4.6.<br />

14


3.4 Bedeutung einer Exkursion 69<br />

Trotz vielfältiger Möglichkeiten, handlungsorientiertes Lernen im Klassenraum zu ermögli-<br />

chen und Realien zur Anschauung und Erkundung in die Schule zu beschaffen, gibt es fak-<br />

tisch unüberwindbare Grenzen, die ein Verlassen des Klassenzimmers und Aufsuchen realer<br />

Lernorte notwendig machen.<br />

Die Bedeutsamkeit von Unterrichtsgängen wird auch von NUDING betont: 70<br />

„In vielen Veröffentlichungen (…) wird die pädagogische Bedeutung des Lern-<br />

gangs herausgestellt. Dabei stehen überwiegend ganzheitliche Lernaspekte im<br />

Vordergrund. Kinder werden an einem Lernobjekt tätig, befassen sich nicht nur<br />

kognitiv mit ihm, nähern sich ihm staunend und versuchen zugleich, es sachlich<br />

zu verstehen. Erlebnisqualität und Erkenntnisprozesse werden miteinander<br />

verknüpft. (…) Der Weg vom konkret-anschaulichen zum abstrakten Denken<br />

wird geebnet, entwicklungsgemäßes Lernen ermöglicht, soziales Lernen geför-<br />

dert.“ 71<br />

Darüber hinaus spricht KAISER sich explizit für die Unerlässlichkeit einer Exkursion im Rah-<br />

men einer Unterrichtseinheit zum Thema „Das Wattenmeer“ aus. 72<br />

Auch NUDING sieht die Bedeutung von Exkursionen in einem engen Zusammenhang mit ver-<br />

änderten Lebenswelten der heutigen Kinder.<br />

„In der heute stark technisierten Umwelt haben diese nur noch wenig Gelegen-<br />

heit, Primärerfahrungen zu machen. Erfahrungen „aus zweiter Hand“, vermittelt<br />

durch moderne Medien, haben diese ersetzt.“ 73<br />

Bei Exkursionen kommt es zu einer unmittelbaren Konfrontation zwischen Schülern und Le-<br />

benswirklichkeit, sodass vielfältige primäre Naturerfahrungen in und mit der Umwelt ermög-<br />

licht werden.<br />

69 Ich benutze Begriffe wie „Exkursion“, „Lerngang“, „Unterrichtsgang“ synonym, da für mich der<br />

entscheidende Faktor, das Verlassen des Klassenzimmers ist, um an externen Lernorten<br />

Bildungsprozesse zu ermöglichen, die in dieser Form im Klassenraum nicht möglich wären.<br />

70 Vgl. Kaiser, A., 2008, S. 205./ Nuding, A., 2000, S. 48,<br />

71 Nuding, A., 2000, S. 48.<br />

72 Vgl. Kaiser, A., 2008, S. 205.<br />

73 Nuding, A., 2000, S. 46.<br />

15


3.5 Schlussfolgerungen<br />

Es wird deutlich, dass die Chancen durch einen „handlungsorientierten Sachunterricht“ man-<br />

nigfaltig sind! Hervorzuheben ist die Chance, eine kompensatorische Funktion hinsichtlich<br />

gesellschaftlicher Veränderungen und Trends wahrzunehmen und die Schüler genau dort<br />

„abzuholen“, wo sie stehen. Das heißt, den Unterricht auf ihre Vorerfahrungen, Interessen,<br />

Lernvoraussetzungen und Lebensweltbezüge anzupassen. Ein „handlungsorientierter Sach-<br />

unterricht“ kann dies besser leisten als herkömmliche Unterrichtsformen, da er über eine<br />

Vielzahl an kindgemäßen Unterrichtsmethoden verfügt und diverse Zugangsformen nutzen<br />

kann. Ein derartig abwechslungsreich gestalteter Sachunterricht verfügt über gute Möglich-<br />

keiten, den heutigen Schülern gerecht zu werden und gleichzeitig den Bildungsanspruch des<br />

Sachunterrichts zu erfüllen. Voraussetzung für gelingende Bildungsprozesse und Lernerfolge<br />

der Schüler ist allerdings eine gute Unterrichtsplanung, bei der sich die Inhalte an den Schü-<br />

lern orientieren, der Unterricht abwechslungsreich gestaltet ist, vernetztes Denken ermöglicht<br />

wird und die Methoden und Sozialformen sinnvoll eingesetzt und miteinander kombiniert wer-<br />

den. Effektives Lernen hängt nicht zuletzt davon ab, inwieweit offene und geschlossene<br />

Unterrichtsformen zielgerichtet eingesetzt werden und in einer ausgewogenen Balance zu-<br />

einander stehen, damit Erfahrungen und Lernergebnisse gebündelt, verbalisiert und gesi-<br />

chert werden können.<br />

Es ist deutlich geworden, dass einige in der Literatur beschriebenen Auswirkungen veränder-<br />

ter Lebenswelten bei vielen Schülern dieser Lerngruppe beobachtet werden können. Die in<br />

der Fachliteratur genannten Chancen einer handlungsorientierten Unterrichtsgestaltung, ins-<br />

besondere die adäquate Berücksichtung der Voraussetzungen, die heutige Kinder mit in den<br />

Unterricht bringen, können in dieser Lerngruppe genutzt werden. Somit erscheint „Hand-<br />

lungsorientierung“ ein geeignetes Unterrichtskonzept für das Thema „Das Wattenmeer“ im<br />

Sachunterricht für die Kinder dieser Lerngruppe zu sein. 74<br />

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit der „Planung der Unterrichtseinheit“. Bei der Pla-<br />

nung liegt der Schwerpunkt auf der Umsetzung handlungsorientierter Unterrichtsmethoden<br />

unter Berücksichtigung der in den bisherigen Ausführungen gewonnenen Erkenntnisse.<br />

74 Die tatsächliche Eignung und Effektivität in meiner Unterrichtspraxis werden in Kapitel 6 reflektiert.<br />

16


4. Planung der Unterrichtseinheit<br />

Wie bereits aufgeführt, ist für das Gelingen erfolgreicher Bildungsprozesse sowie reibungslo-<br />

ser und effektiver Unterrichtsverläufe eine gute Unterrichtsplanung Voraussetzung. Hierzu<br />

zählen nicht nur die Ermittlung der erwarteten Endkompetenzen, der Aufbau der einzelnen<br />

Unterrichtsstunden, die Analyse der allgemeinen und individuellen Lernvoraussetzungen der<br />

Schüler, die sachliche, didaktische und methodische Auseinandersetzung hinsichtlich der<br />

Thematik, sondern auch organisatorische Aspekte.<br />

4.1 Organisatorisches<br />

Organisatorische Vorbereitungen der Einheit betreffen sowohl den schulischen als auch den<br />

außerschulischen Bereich.<br />

Bereits einige Wochen vor der Umsetzung der Unterrichtseinheit habe ich mir diverse Mate-<br />

rialien beschafft. So habe ich mir unter anderem die „Wattkiste“ des „Regionalen Umwelt-<br />

zentrums“ (RUZ) in Schortens ausgeliehen, ebenso die „Wattenmeerkiste“ des „Regionalen<br />

Pädagogischen Zentrums“ (RPZ) in Aurich, sowie diverse handlungsorientierte Materialien<br />

der „Regionalen Ökologischen Sachunterrichts - Lernwerkstatt“ (RÖSA) der Universität Ol-<br />

denburg. Darüber hinaus habe ich Kontakt mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsi-<br />

sches Wattenmeer in Wilhelmshaven aufgenommen und von dort verschiedene Informati-<br />

onsmaterialien erhalten.<br />

Nach Sichtung der ausgeliehenen Materialien habe ich einige Bücher und Handlungsmate-<br />

rialien zusammengestellt, um sie während der Unterrichtseinheit auf einem Thementisch für<br />

die Schüler zugänglich zu machen. 75<br />

Um den Unterricht im Rahmen dieser Hausarbeit dokumentieren zu können war es mir wich-<br />

tig, Fotos von Schüleraktivitäten machen zu können. 76 Hierfür mussten die Eltern ihr Einver-<br />

ständnis schriftlich erklären. 77<br />

Da ich im Rahmen dieser Unterrichtseinheit eine Exkursion ins Watt durchführen wollte,<br />

mussten schulinterne terminliche Absprachen getroffen, ein passender Termin mit dem Watt-<br />

führer abgestimmt (was sich nicht als ganz einfach erwies, weil die Gezeiten genau passend<br />

sein mussten), sowie ein preisgünstiger Bus gemietet werden. Den Brief an die Eltern 78 habe<br />

ich letztendlich erst während der Einheit verfassen können, als der Exkursionstermin mit Si-<br />

cherheit feststand. Für das Exkursionsziel Dornumersiel habe ich mich entschieden, weil ich<br />

den Wattführer und die Aktivitäten des Nordseehauses noch von der Begleitung einer Klas-<br />

senfahrt im letzten Schuljahr in sehr guter Erinnerung hatte.<br />

75 Ein Foto des Thementisches befindet sich im Anhang: A 16, F 1<strong>1.</strong><br />

76 Die Fotos befinden sich im Anhang: A 16, F 17-24.<br />

77 Der Elternbrief für die Einverständniserklärung befindet sich im Anhang: A 2.<br />

78 Der Elternbrief befindet sich im Anhang: A 3.<br />

17


4.2 Bedingungsanalyse<br />

• Rahmenbedingungen<br />

Die Klasse 3b der VGS Pfälzerschule Plaggenburg setzt sich aus 8 Mädchen und 10 Jungen<br />

zusammen. Ich kenne die Schüler seit Beginn meines Vorbereitungsdienstes im Mai 2008<br />

und unterrichte sie seit diesem Schuljahr mit 4 Stunden pro Woche im Sachunterricht.<br />

Das Arbeitsverhalten der Schüler ist überwiegend gut. Die meisten Schüler sind motiviert<br />

und begeisterungsfähig und zeigen ein großes Interesse an den Inhalten des Sachunter-<br />

richts. Besonders motiviert arbeiten Janek, Christian, Merle G. und Judith mit. Durch nega-<br />

tives Arbeitsverhalten und Stören des Unterrichts fallen häufig Kevin, Tom-Lucas, Karsten,<br />

sowie phasenweise Andrè und Keno auf.<br />

Beim Sozialverhalten zeigen alle Mädchen sehr kooperative und soziale Verhaltensweisen.<br />

Anders ist das bei einigen Jungen. Besonders Kevin, Keno, Tom-Lucas, Andrè und Jann<br />

zeigen sich häufig unkooperativ und sind leicht in Konflikte verwickelt. 79<br />

• Lernausgangslage<br />

Zur weiteren Planung meiner Unterrichtsstunden habe ich sowohl inhaltsbezogene Vor-<br />

kenntnisse und Vorerfahrungen ermittelt, als auch prozessbezogene, übergeordnete Fähig-<br />

keiten und Fertigkeiten der Schüler. Die inhaltsbezogenen Lernvoraussetzungen basieren<br />

zum Teil auf Ergebnissen des Fragebogens, den ich von den Schülern zu Beginn der Unter-<br />

richtseinheit ausfüllen lies. 80<br />

• Allgemeine Lernausgangslage<br />

Die Auswertung des Fragebogens ergab folgendes Ergebnis:<br />

Bei der ersten Frage gaben 7 von 18 Schülern an, noch nie an der Nordsee gewesen zu sein<br />

und sogar 12 Kinder gaben an, noch nie im Watt gelaufen zu sein. 81 Zu der Frage nach den<br />

an der Nordseeküste lebenden Tieren konnten die Schüler bereits einige (wenige) nennen.<br />

Für mich wurde jedoch deutlich, dass hierzu insgesamt ein geringes Vorwissen vorlag (3<br />

Kinder gaben sogar an, keine Tiere der Nordsee zu kennen).<br />

Bereits Muscheln gesammelt zu haben gaben 14 Schüler an, jedoch konnte kaum ein Kind<br />

Muschelarten benennen. Die Hälfte der Klasse gab an, bereits auf einer Ostfriesischen Insel<br />

gewesen zu sein.<br />

Durch die vorangegangene Sachunterrichtseinheit „Kartenverständnis“ können die Schüler<br />

sich auf verschiedenen Karten orientieren und diese lesen. Den Schülern ist das Durchfüh-<br />

ren von Versuchen, inklusive der Formulierung von Vermutungen, Dokumentation und Refle-<br />

xion ihrer Beobachtungen aus unterschiedlichen Sachunterrichtszusammenhängen bekannt<br />

79 Vgl. Angaben zum Arbeits- und Sozialverhalten in der Tabelle im Anhang: A <strong>1.</strong><br />

80 Der Fragebogen befindet sich im Anhang: A 1<strong>1.</strong><br />

81 Dass Kinder, die in Ostfriesland aufwachsen nicht alle im Grundschulalter bereits an der Nordsee<br />

und im Watt waren, hat mich damals überrascht. Dieses Ergebnis bestätigt jedoch die oben aufgeführten<br />

Thesen, dass heutige Kinder weniger die sie umgebende Umwelt erkunden.<br />

18


und wurde mehrfach geübt. Ebenso ist den Schülern der Umgang mit Lupen und Längen-<br />

messinstrumenten aus anderen Unterrichtszusammenhängen bekannt. Des Weiteren sind<br />

die Schüler es gewohnt, in Gruppen zusammen zu arbeiten und kennen die Regeln, die bei<br />

einer Gruppenarbeit gelten. Sozialformen, wie der Sitzkreis und die Kinositzform, sind hin-<br />

länglich bekannt, insbesondere, um gemeinsam in ein Stundenthema einzuführen oder<br />

Lernergebnisse zu sichern. Die Schüler können eigenständig arbeiten und zu guten Lerner-<br />

gebnissen kommen, wenn die Materialien sorgsam vorbereitet und sinnvoll differenziert<br />

sind. Sie kennen die Informationsgewinnung und Selektierung aus vorbereiteten Sachtexten.<br />

Die eigenständige Beschaffung und Auswertung von Material gelingt den meisten Schülern<br />

noch nicht so gut.<br />

• Individuelle Lernausgangslage<br />

Eine tabellarische Übersicht über die individuellen Lernvoraussetzungen befindet sich im<br />

Anhang: A <strong>1.</strong> Die durch den Fragebogen ermittelten Vorerfahrungen und Vorkenntnisse der<br />

einzelnen Schüler hinsichtlich der Thematik „Das Wattenmeer“ sind in diese Tabelle und in<br />

meine weitere Unterrichtsplanung eingeflossen.<br />

4.3 Erwartete Endkompetenzen<br />

Die Schüler erweitern in dieser Unterrichtseinheit ihre Erfahrungen und Kenntnisse über den<br />

Lebensraum „Wattenmeer“ und sind auf fachlicher Ebene auf die Klassenfahrt nach Lange-<br />

oog vorbereitet.<br />

• Inhaltsbezogene Teilkompetenzen<br />

Die Schüler …<br />

TK 1: … kennen den Entstehungsmechanismus des Naturphänomens der Gezeiten in<br />

Grundzügen.<br />

TK 2: … erwerben Kenntnisse hinsichtlich einiger Lebewesen und Pflanzen im Lebensraum<br />

„Wattenmeer“, insbesondere vertiefende Kenntnisse über ausgewählte<br />

Muschel-, Schnecken- und Vogelarten, den Seehund, den Wattwurm sowie die<br />

Strandkrabbe.<br />

TK 3: … erwerben primäre Erfahrungen mit dem Umweltphänomen „Wattenmeer“ und in<br />

ihm lebender Lebewesen.<br />

TK 4: … können Anpassungsmechanismen der in TK 2 genannten Lebewesen an ihren<br />

Lebensraum nachvollziehen sowie wechselseitige Abhängigkeiten zwischen<br />

ihnen und dem sie umgebenden Lebensraum „Wattenmeer“ erkennen und erklären.<br />

TK 5: … können die Vernetzung von Nahrungsbeziehungen erkennen und Auswirkungen<br />

von Eingriffen in das ökologische Gleichgewicht des Lebensraumes „Wattenmeer“<br />

nachvollziehen und verbalisieren.<br />

TK 6: … verbessern ihr Umweltbewusstsein und erkennen die Natur als eine begrenzte<br />

Ressource.<br />

TK 7: … erwerben Kenntnisse hinsichtlich der Ostfriesischen Inseln, insbesondere der<br />

Insel Langeoog, und erweitern ihr Kartenverständnis.<br />

19


• Prozessbezogene / übergeordnete Teilkompetenzen<br />

Die Schüler …<br />

TK 1: … verbessern ihre sozialen Kompetenzen, indem sie in Gruppen bzw. mit einem<br />

Partner zusammenarbeiten.<br />

TK 2: … erweitern ihre Fähigkeiten, eigenständig und zielorientiert zu arbeiten.<br />

TK 3: … verbessern ihre Fähigkeiten der Anwendung von Methoden und Arbeitsweisen<br />

des Sachunterrichts 82 insbesondere:<br />

o Planen, Durchführen und Auswerten von Experimenten<br />

o Anfertigen von genauen Zeichnungen<br />

o Mündliches Darstellen und Präsentieren von Ergebnissen<br />

o Sachgerechter Umgang mit Arbeitsmitteln<br />

o Beobachten, Bestimmen, Vergleichen und Beurteilen von Sachverhalten<br />

TK 4: … verbessern ihre sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten 83 insbesondere:<br />

o Informationen aus Sachtexten entnehmen<br />

o Erarbeitung und Anwendung von Fachbegriffen<br />

o Verbalisierung von Sachverhalten und Lernergebnissen<br />

o Präsentation und Reflektion von Ergebnissen<br />

o Nutzung von Informationsmedien, vor allem Sachbücher und<br />

Sachtexte, zur Informationsgewinnung<br />

o Argumentatives Vertreten von unterschiedlichen Interessensstandpunkten<br />

TK 5: … verbessern ihre Fähigkeit, vernetzt zu denken.<br />

TK 6: … schulen die Wahrnehmungsfähigkeiten ihrer Sinne (akustisch, taktil, visuell,<br />

olfaktorisch, gustatorisch).<br />

4.4 Sachanalyse<br />

• Definition und geografische Angaben<br />

„Als Watt werden die regelmäßig im Gezeitenrhythmus frei fallenden und überfluteten Flä-<br />

chen zwischen Land und Meer bezeichnet. Das Wattenmeer umfasst das gesamte Küsten-<br />

gebiet mit frei fallenden Wattflächen, Inseln, Sandbänken, Wattströmen und Vorlandsalzwie-<br />

sen.“ 84 Es ist eine ökologisch einzigartige Flachwasserzone entlang der Küste der südlichen<br />

Nordsee. Geografisch erstreckt sich das Wattenmeer vom niederländischen Den Helder bis<br />

zum dänischen Esbjerg über eine Länge von etwa 500 Kilometern und eine Gesamtfläche<br />

von ca. 7.500 Quadratkilometern. Aufgrund der regelmäßigen Veränderungen der Gezeiten-<br />

stände bei Spring- und Nipptide 85 und unregelmäßiger Wasserstandsschwankungen durch<br />

Windeinfluss gibt es keine klaren Abgrenzungen des Watts zum Meer und zum Land hin. Die<br />

Breite des Watts variiert stark und beträgt im Durchschnitt etwa 10 Kilometer (im nordfriesi-<br />

schen Wattenmeer sogar 30 Kilometer). 86 Der mittlere Tidenhub 87 beträgt an den nördlichen<br />

82<br />

Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 14.<br />

83<br />

Ebd., S. 14 f.<br />

84<br />

Landesinstitut Schleswig-Holstein für Praxis und Theorie der Schule, 1990, S. 1<strong>1.</strong><br />

85<br />

Dies geschieht in vierzehntägigem Wechsel durch die unterschiedliche Stellung der Gezeiten erzeugenden<br />

Himmelskörper zueinander.<br />

86<br />

Vgl. Landesinstitut Schleswig-Holstein für Praxis und Theorie der Schule, 1990, S. 11 ff.<br />

87<br />

Tidenhub: Abstand zwischen mittlerem Tidehochwasser und mittlerem Tideniedrigwasser.<br />

20


und westlichen Rändern des Wattenmeeres etwa 1,5 Meter und in der inneren Deutschen<br />

Bucht bis zu 4 Meter. 88<br />

Abb. 3: Geografische Lage des Wattenmeeres 89<br />

• Entstehung der Gezeiten<br />

Ebbe (ablaufendes Wasser) und Flut (auflaufendes Wasser) werden die Gezeiten genannt.<br />

Sie entstehen durch das Zusammenwirken der im System Erde-Mond vorhandenen Flieh-<br />

kräfte und dem Einfluss der Massenanziehung von Mond und Sonne auf die Erde. 90<br />

Abb. 4: Entstehung der Gezeiten 91<br />

• Entstehung des Wattbodens<br />

Charakteristisches Merkmal des Watts ist seine, durch Gezeitenströme ausgelöste, natürli-<br />

che Dynamik, die Auswirkung auf die Bildung des Wattbodens hat. Durch Sedimentation<br />

bilden sich unterschiedliche Wattbodenschichten: Unten das helle, grobkörnige Sandwatt,<br />

darüber das so genannte Mischwatt und an der Oberfläche das dunkle, schlammige Schlick-<br />

watt. 92<br />

88<br />

Vgl. Landesinstitut Schleswig-Holstein für Praxis und Theorie der Schule, 1990, S. 1<strong>1.</strong><br />

89<br />

www<strong>1.</strong>abpaed.tu-darmstadt.de/arbeitsmaterial/bt/icum/material/projekte/wattenmeer.jpg (am<br />

20.05.2009).<br />

90<br />

Weitere Ausführungen würden den Umfang dieser Arbeit übersteigen. Prägnante Erläuterungen<br />

finden sich in: Aktionskonferenz Nordsee, 1992, S. 15.<br />

91<br />

Aktionskonferenz Nordsee, 1992, S. 16.<br />

92<br />

Näheres hierzu kann in folgender Literatur nachgelesen werden: Landesinstitut Schleswig-Holstein<br />

für Praxis und Theorie der Schule, 1990, S. 15.<br />

21


• Lebensraum Wattenmeer<br />

Als Lebensraum ist das Wattenmeer Teil des Gesamtökosystems Nordsee. Die Sedimentati-<br />

on bildet die Grundlage für einen besonderen Nahrungsreichtum, sodass das Wattenmeer zu<br />

den biologisch produktivsten Lebensräumen auf der Erde zählt. Die ständige Zufuhr organi-<br />

schen Materials aus der Nordsee bildet die Grundlage für die Existenz einer immensen An-<br />

zahl von Kleinorganismen 93 , die das Wattenmeer zu einer unerschöpflichen Nahrungsquelle<br />

und Lebensraum für Vögel und Fische machen. 94<br />

Das Wattenmeer ist ein extremer Lebensraum, der sowohl maritime als auch terrestrische<br />

Lebensbedingungen in sich birgt. Bedingt durch Ebbe und Flut kommt es zu ständigen Ver-<br />

änderungen der Lebensbedingungen wie z.B. Schwankungen des Salz- und Sauerstoffge-<br />

haltes, der Temperatur und eine ständige Umlagerung des Bodens durch die Strömungsver-<br />

hältnisse. Diese extremen Lebensbedingungen erfordern ein hohes Maß an Anpassung der<br />

Lebewesen an ihren Lebensraum<br />

• Tiere des Wattenmeeres<br />

Der Lebensraum Wattenmeer zählt zu den biologisch produktivsten Lebensräumen der Erde.<br />

Er bietet hervorragende Lebensbedingungen für eine Vielzahl von Tieren.<br />

Eine sachgemäße Ausführung der „Tiere des Wattenmeeres“, mit denen sich die Schüler in<br />

der Einheit näher auseinander gesetzt haben, würde den Umfang dieser Ausarbeitung<br />

sprengen. Deshalb verweise ich an dieser Stelle auf Quellen, in denen Informationen zu die-<br />

sen Tieren nachgelesen werden können. Die angegebene Literatur diente mir bei meiner<br />

Vorbereitung ebenfalls als Informationsbasis:<br />

Der Seehund 95<br />

Thema<br />

Inhalte:<br />

• Lebensbedingungen<br />

• Jahreszyklus<br />

• Gefährdung<br />

• Geburt und Aufzucht der Jungen<br />

„Muscheln sind Tiere“ 96 • Organe und Aufbau von Muscheln<br />

„Wir erkunden Muscheln“<br />

• Mies-, Sandklaff-, Herz-, und Schwertmuschel (vgl.<br />

Kapitel 5.2.3)<br />

Schnecken 97 • Watt-, Strand- und Wellhornschnecke<br />

Die Strandkrabbe (u. Schlickkrebs) 98<br />

• Merkmale<br />

Der Wattwurm 99 • Aufbau und Lebensweise<br />

Schnabeleigenschaften von Vögeln<br />

im Watt 100<br />

• Zusammenhang zwischen Schnabelform, bzw. –länge<br />

und der Nahrungssuche.<br />

93<br />

Hierdurch hat das Wattenmeer die wichtige Funktion einer natürlichen „Kläranlage“ für die Nordsee.<br />

94<br />

Vgl. Aktionskonferenz Nordsee, 1992, S. 56.<br />

95<br />

Vgl. Heers, K.-E., 1999. /Ökowerk Emden, 2002, S. 45 ff und S. 128 ff./ Bungardt. C., u. a., 2004, S:<br />

55./ Bund Jugend Schleswig-Holstein, 2003, S: 34 f. / IPTS, 1990, 228-249.<br />

96<br />

Vgl. Ökowerk Emden, 2002./ Bungardt. C., u. a., 2004, S. 62./ Ökowerk Emden, 2002.<br />

97<br />

Kremer, B./ Janke, K., 2006, S. 90 f./ Bund Jugend Schleswig-Holstein, 2003, S: 22 f.<br />

98<br />

Bungardt. C., u. a., 2004, S. 59./ IPTS, 1990, S. 148; 165./ Ökowerk Emden, 2002./ Bund Jugend<br />

Schleswig-Holstein, 2003, S: 29.<br />

99<br />

Bungardt. C., u. a., 2004, S. 61/ IPTS, 1990, S. 121/ Bund Jugend Schleswig-Holstein, 2003, S: 26.<br />

22


• Nahrungsbeziehungen<br />

Ausführungen zu den Nahrungsbeziehungen im Wattenmeer befinden sich in der Darstellung<br />

der Unterrichtssequenz: „Wer frisst wen?“ (vgl. Kapitel 5.3.3.).<br />

• Ostfriesische Inseln<br />

Der Aufbau der sieben Ostfriesischen Inseln ist einheitlich: Zur Seeseite (also an der Nord-<br />

seite der Insel) befinden sich im Anschluss an die Brandungsbänke ein Sandstrand mit<br />

Strandwall und Vordünen. Daran schließen sich Randdünen an, die dahinter liegende Sied-<br />

lungen schützen. Zur Küstenseite (an der Südseite der Insel) liegt zwischen dem Meer und<br />

dem Deich das Deichvorland, auch Hellerfläche genannt. Zu den Ostfriesischen Inseln gehö-<br />

ren von West nach Ost: Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und<br />

Wangerooge.<br />

• Umweltschutz<br />

Die ökologisch einzigartige Flachwasserzone, Wattenmeer, verfügt über eine einmalige Tier-<br />

und Pflanzenwelt mit einem hohen ökologischen Wert. 101 Auch für den Menschen hat es ne-<br />

ben industriellen Interessen (z.B. Fischerei, Tourismus) auch eine wichtige Funktion als<br />

Erholungs- und Freizeitgebiet. Durch zunehmende Umweltbelastung durch menschliche Ein-<br />

griffe und wirtschaftliche Nutzung ist das Ökosystem Wattenmeer gefährdet. Wegen seiner<br />

Bedeutsamkeit wird das Wattenmeer als „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ ge-<br />

schützt und ist seit Kurzem von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt worden, und zwar<br />

als erste deutsche Naturlandschaft überhaupt.<br />

4.5 Didaktische Analyse<br />

Die Durchführung der Unterrichtseinheit „Das Wattenmeer“ lässt sich mit dem NIEDERSÄCH-<br />

SISCHEN KERNCURRICULUM für das Fach Sachunterricht begründen und wird dort primär der<br />

Perspektive „Natur“ zugeordnet. Unter den erwarteten Endkompetenzen am Ende des<br />

vierten Schuljahrgangs wird aufgeführt: „Die (…) Schüler können wechselseitige<br />

Abhängigkeiten, die zwischen Lebewesen untereinander und dem sie umgebenden<br />

Lebensraum bestehen, erkennen und erklären“. 102 Darüber hinaus ist das Thema der<br />

Unterrichtseinheit der fachlichen Perspektive „Raum“ zugeordnet, bei der die Schüler als<br />

Endkompetenz die Gestaltung und Nutzung von ausgewählten Räumen Niedersachsens<br />

(z.B. der Küstenlandschaft) benennen können. 103 Auch der PERSPEKTIVRAHMEN führt zu<br />

erwerbende Kompetenzen und Vernetzungsbeispiele bezüglich der Thematik sowohl unter<br />

der naturwissenschaftlichen, als auch raumbezogenen Perspektive für den dritten und<br />

vierten Schuljahrgang auf. 104 Im schulinternen Lehrplan der Pfälzerschule wird das Thema<br />

für die dritte und vierte Klassenstufe aufgeführt und soll mit einer Exkursion und / oder Klas-<br />

100<br />

Ökowerk Emden, 2002./ IPTS, 1990, S.199 ff.<br />

101<br />

Vgl. Aktionskonferenz Nordsee, 1992, S. 56f.<br />

102<br />

Niedersächsisches Kultusministerium, 2006, S. 24.<br />

103 Vgl. ebd., 2006, S. 22.<br />

104 Vgl. GDSU, 2002, S. 12 ff.<br />

23


senstufe aufgeführt und soll mit einer Exkursion und / oder Klassenfahrt an die Nordseeküste<br />

verbunden werden. In meiner persönlichen Unterrichtsplanung für dieses Schulhalbjahr<br />

habe ich das Thema für diesen Zeitpunkt gewählt, um die Schüler auf die Anfang des nächs-<br />

ten Schuljahres anstehende Klassenfahrt nach Langeoog auf sachlicher Ebene vorzuberei-<br />

ten.<br />

Didaktische Begründungen für das Thema ergeben sich in vielerlei Hinsicht. Im Vordergrund<br />

steht, dass das Wattenmeer zu dem nahen Lebensumfeld von in Ostfriesland lebenden Kin-<br />

dern gehört, also an die Lebenswelt der Kinder anschließt und für sie eine Bedeutung in<br />

der Gegenwart hat. Der Lebensraum „Wattenmeer“ hat auf Kinder dieses Alters eine<br />

geheimnisvolle und faszinierende Wirkung. Darüber hinaus betont KAISER, dass es kaum ein<br />

anderes Gebiet gäbe, das so gut geeignet sei, die Umwelt zu „begreifen“ wie das Naturphä-<br />

nomen des Wattenmeeres. 105 Aufgrund des regionalen Bezugs ist das Thema für viele Kin-<br />

der leicht zugänglich und eignet sich darüber hinaus sehr gut, um exemplarisch einen Le-<br />

bensraum und ökologische Zusammenhänge in diesem zu veranschaulichen. Dies liegt an<br />

den vielfältigen Möglichkeiten von erlebbaren Erfahrungen. Daran zeigt sich auch die Ergie-<br />

bigkeit des Themas, sodass auch ein größerer Stundenumfang der gesamten Einheit legiti-<br />

miert werden kann. Darüber hinaus hat das Thema aufgrund einer zunehmenden Umwelt-<br />

problematik eine Zukunftsbedeutung. Die Auseinandersetzung mit dem Themenbereich<br />

„Umweltschutz“ kann einen Beitrag für eine „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“<br />

und der damit verbundenen Gestaltungskompetenz der Schüler leisten und erfüllt damit ein<br />

wesentliches Bildungsziel eines innovativen Sachunterrichts. 106<br />

Die gesamtgesellschaftliche, Länder übergreifende Bedeutung des Wattenmeeres wird aus<br />

meiner Sicht auch durch die Ernennung des „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“<br />

zum schützenswerten Weltnaturerbe deutlich.<br />

Die thematische Bearbeitung der „Ostfriesischen Inseln“ mit Schwerpunkt der Insel „Lange-<br />

oog“ ist notwendig, um die Schüler auf die Klassenfahrt vorzubereiten.<br />

Um ein vernetztes, ganzheitliches Denken sowie die Motivation bei den Schülern zu fördern<br />

und Synergieeffekte zu nutzen, wird das Thema „Das Wattenmeer“ in Zusammenarbeit mit<br />

den Fachlehrern der Fächer Deutsch, Mathematik, Kunst und Englisch Fächer übergreifend<br />

durchgeführt. Die Öffnung des Fachunterrichts (insbesondere bei einer „handlungsorientier-<br />

ten Unterrichtsgestaltung“) wird auch von MEYER als wünschenswert aufgeführt. 107<br />

• Didaktische Reduktion<br />

Trotz der vielfältigen Lernmöglichkeiten des Themas ist es notwendig, Schwerpunkte zu set-<br />

zen, da der Lehrplan für den Sachunterricht auch eine Reihe weiterer Themen vorsieht. Aus<br />

diesem Grund habe ich meinen Schwerpunkt auf das „Watt“ im engeren Sinne gelegt, da er<br />

105 Vgl. Kaiser, A., 2008, S. 200.<br />

106 Vgl. Stoltenberg, U., in: Kaiser, A./ Pech, D., 2004, S. 58 ff.<br />

107 Vgl. Meyer, H., 1987, S. 420.<br />

24


mir am charakteristischsten, faszinierendsten und ergiebigsten erscheint. Die Landschafts-<br />

abschnitte „Dünenlandschaft“ und „Salzwiesen“ mit ihren typischen Tier- und Pflanzenwelten<br />

habe ich gänzlich außer Acht gelassen.<br />

Bezüglich der Lebewesen im Watt habe ich aus Zeitgründen sämtliche Pflanzen und Fische<br />

ausgegrenzt, obwohl diese sicherlich für Schüler interessant wären. Des Weiteren werden<br />

Vögel des Wattenmeeres zwar behandelt, jedoch liegt der Schwerpunkt auf der Anpassung<br />

ihrer Schnäbel an ihre Nahrungssuche.<br />

4.6 Methodische Analyse<br />

Ein Sachunterricht, der den in Kapitel 3 aufgeführten Anforderungen eines „handlungsorien-<br />

tierten Sachunterrichts“ entsprechen soll, benötigt adäquate und vielfältige Arbeitsformen<br />

(Methoden, Arbeitstechniken und Sozialformen) die sinnvoll eingesetzt und miteinander<br />

kombiniert werden.<br />

Der Aufbau der einzelnen Unterrichtsstunden folgt im Groben der Struktur einer Abwechs-<br />

lung zwischen offenen und geschlossenen Unterrichtsphasen. In Phasen der Öffnung findet<br />

meist eine aktive und eigenständige Auseinandersetzung der Schüler mit einem Sachverhalt<br />

statt. Dagegen dienen geschlossene Unterrichtsphasen primär der gemeinsamen Hinführung<br />

zum Stundenthema, bzw. der Verbalisierung, Sicherung und Reflexion von Lernergebnis-<br />

sen. 108 Alternativ hatte ich überlegt, die Unterrichtseinheit in Form einer Werkstatt oder eines<br />

Projektes durchzuführen. Allerdings habe ich mich dagegen entschieden, weil ich es für<br />

sinnvoll halte, dass die gesamte Lerngruppe an einem gemeinsamen Stundenthema arbeitet,<br />

wir gemeinsam die Hinführung zum Thema gestalten und auch die Ergebnisse zu einem<br />

Thema, an dem alle Schüler gearbeitet haben, gemeinsam sichern. Die Schüler können zwar<br />

eigenständig arbeiten, brauchen jedoch noch eine Lenkung und gut vorbereitete Materialien<br />

zur Eigenarbeit, einen kleinschrittigen Unterrichtsaufbau und klare, leicht zu erreichende Zie-<br />

le innerhalb einer Stunde.<br />

Im Folgenden werde ich wesentliche Methoden und Arbeitsweisen der Unterrichtseinheit<br />

darstellen:<br />

• Wattenmeer-Lied<br />

Der Einstieg in jede Stunde dieser Einheit erfolgt im Stehkreis mit dem Singen des Liedes<br />

„Ebbe und Flut“ . 109 Dieses Einstiegsritual erfüllt mehrere Funktionen: Die wichtigste ist, die<br />

Schüler auf den Sachunterricht einzustimmen und eine klare Anfangsstruktur zu schaffen. 110<br />

Darüber hinaus können hierdurch Inhalte des Themas „Das Wattenmeer“ übermittelt werden,<br />

und zwar durch das Nutzen des akustischen Sinneskanals. Zu jeder Strophe habe ich mit<br />

108<br />

Zur Bedeutung einer Wechselbeziehung zwischen Handeln u. gemeinsamem Gespräch vgl. Ausführungen<br />

in Kapitel 3.2.<br />

109<br />

Siehe Anhang: A 4. Die Melodie habe ich abgeändert.<br />

110<br />

Rituale geben Struktur, was insbesondere vor dem Hintergrund einer schnellen Veränderungsdynamik<br />

eine wichtige kompensatorische Funktion d. Sachunterrichts ist. Vgl. Kaiser, A. 2008, S. 4.<br />

25


den Schülern gemeinsam passende Bewegungen entwickelt (z.B. zurückgehende / vorkom-<br />

mende Wasser, Muscheln sammeln), sodass der Inhalt der Strophen zusätzlich motorisch<br />

und visuell unterstützt wird.<br />

• Sitzkreis und Kinositzform<br />

Die Hinführung/ Erarbeitung sowie die Sicherung und Reflexion erfolgen meistens im<br />

(Stuhl)sitzkreis oder in der Kinositzform. Diese Sozialformen werden gewählt, um eine ange-<br />

nehme Atmosphäre zu schaffen, den Blick auf Gegenstände in der Kreismitte zu lenken bzw.<br />

allen Schülern eine gute Sicht auf die Tafel zu gewährleisten. Darüber hinaus habe ich die<br />

Erfahrung gemacht, dass die Aufmerksamkeit der Schüler in diesen Sozialformen besonders<br />

gut gebündelt werden kann, was besonders in den genannten Phasen des Unterrichts von<br />

großer Bedeutung ist.<br />

• Handlungsprodukte der Schüler<br />

Wie bereits unter Kapitel 3.1 in den Definitionsansätzen von MEYER und GUDJONS aufgeführt,<br />

hat in einem „handlungsorientierten Sachunterricht“ das Herstellen von Handlungsprodukten<br />

eine große Bedeutung. Das beständigste Produktionsergebnis der Schüler ist das Fertigstel-<br />

len eines eigenen so genannten „Bestimmungs-Buches“ 111 mit dem Ziel, dieses auf der Klas-<br />

senreise zu nutzen. Aufgrund der Zielorientierung und des persönlichen Nutzens, der aus<br />

der Erstellung des Buches erwächst, soll die Motivation der Schüler gefördert und als Alter-<br />

native zu herkömmlichen Arbeitsblättern eingesetzt werden. Weitere Handlungsprodukte der<br />

Schüler sind z. B. aus Gruppenarbeiten erwachsene Plakate, Steckbriefe und Tafelbilder.<br />

• Spiele<br />

Dem Einsatz von Spielen kommen wichtige Funktionen in einem „handlungsorientierten<br />

Sachunterricht“ zu. Spiele knüpfen an der Lebenswelt der Schüler und der kindgemäßen<br />

aktiven Erschließung ihrer Umwelt an und fördern Motivation und Freude am Lernen. Die<br />

Nutzung ist vielfältig. So können sie eingesetzt werden, um erarbeitete Lernzusammenhänge<br />

zu sichern (z. B. das Spiel: „Wer bin ich?“ in den Unterrichtssequenzen 5 und 11) oder als<br />

quantitative Differenzierung (z.B. Watt - Memory). Darüber hinaus können Rollenspiele durch<br />

ganzheitliches Handeln der Schüler neben der Funktion der Veranschaulichung und Verin-<br />

nerlichung auch zur Förderung sozialer Kompetenzen genutzt werden.<br />

• Gruppenarbeit, Partnerarbeit und Gruppenpuzzle<br />

Die Sozialformen der Gruppen- und Partnerarbeit bieten sich an, um eine qualitative Diffe-<br />

renzierung zu gewährleisten oder Ergänzungseffekte durch unterschiedliche Fähigkeiten der<br />

Schüler zu nutzen und dadurch den Lernerfolg zu erhöhen. Ganz entscheidend ist jedoch<br />

auch die Förderung kooperativer Verhaltensweisen durch das Arbeiten im Team. Diese<br />

111 An dieser Stelle möchte ich kurz anmerken, dass ich den Titel im Nachhinein für ungeeignet empfinde,<br />

da wir keine Bestimmungen im klassischen Sinne durchgeführt haben. Besser wäre z. B. der<br />

Titel: „Mein Wattenmeer-Buch“. Das A5-Format ist zwar praktisch für die Mitnahme auf die Klassenreise,<br />

als Arbeitsblatt jedoch oftmals zu klein.<br />

26


Funktion erhält, aufgrund abnehmender sozialer Kompetenzen seitens der Schüler (vgl. Ka-<br />

pitel 2.1), einen wachsenden Stellenwert im heutigen Sachunterricht. Der Erwerb sozialer<br />

Kompetenzen hat eine wichtige Funktion für Erfolg und Zufriedenheit in der Zukunft der<br />

Schüler, da Teamfähigkeit eine Basiskompetenz im weiteren schulischen, privaten und be-<br />

ruflichen Leben darstellt.<br />

Die Methode des Gruppenpuzzles wird in der Stunde „Der Seehund“ genutzt, um den Wis-<br />

senserwerb einzelner „Expertengruppen“ zu Teilgebieten für die ganze Klasse transparent zu<br />

machen und Lernergebnisse zu sichern. 112<br />

• Lernen mit allen Sinnen<br />

Dem „Lernen mit allen Sinnen“ kommt, besonders unter Einbeziehung des Rückgangs an<br />

Primär- und Sinneserfahrungen der Schüler, eine besondere Bedeutung im „handlungsorien-<br />

tierten Sachunterricht“ zu. 113 Hierdurch werden die verschiedenen Sinne der Schüler nicht<br />

nur aktiviert und gefördert, sondern bewusst genutzt, um auf verschiedenen Lernkanälen den<br />

Lernstoff zu vermitteln. Lernerfahrungen durch Sinne werden in der folgenden Übersicht dar-<br />

gestellt:<br />

taktil: z.B. Muscheln, Schlickboden, Strandkrabben und Wattwürmer.<br />

akustisch: z.B. Vogelstimmen, Seehundsgeräusche, Meeresrauschen von einer CD und<br />

im Watt vor Ort, Fantasiereise<br />

visuell: z.B. (lebende) Muscheln, Strandkrabbenpanzer, lebendige Strandkrabben,<br />

Wattboden, Wattwürmer sowie diverse Abbildungen, Experimente,<br />

Tafeltheater, Rollenspiele, Plakate<br />

gustativ: Salzwasser<br />

olfaktorisch: z.B. Wattboden, Muscheln, Strandkrabben<br />

• Präsentieren<br />

Dem Erwerb von Kompetenzen, seine Lernergebnisse angemessen vor der Klasse darstel-<br />

len zu können, kommt eine besondere Bedeutung im Sachunterricht zu. Das Präsentieren<br />

wird in dieser Einheit mehrmals zum Sichern von Lernergebnissen aus vorangegangenen<br />

eigenaktiven Arbeitsphasen der Schüler eingesetzt (z.B. in der 5. und 9. Unterrichtsse-<br />

quenz). Um den Schülern eine Orientierung zu ermöglichen und die Präsentation für alle<br />

Beteiligten Gewinn bringend zu nutzen, ist es sinnvoll, diese anhand vereinbarter Kriterien<br />

durchzuführen.<br />

• Diskutieren / Argumentieren<br />

Da Schüler zunehmend im Sachunterricht angeleitet werden sollen, einen eigenen Stand-<br />

punkt argumentativ zu vertreten, wird das Thema „Umweltschutz“ dazu genutzt, ansatzweise<br />

diesen Kompetenzerwerb zu fördern. Hierbei übernehmen die Schüler gruppenweise Stand-<br />

punkte verschiedener Interessengruppen und vertreten diese in Form einer durch einen<br />

112 Näheres zu formalen Aspekten der Methode findet sich in: Bundeszentrale für politische Bildung,<br />

2004, Kapitel 3.<br />

113 Vgl. Ausführungen des Kapitels 3.<strong>1.</strong><br />

27


„Moderator“ gelenkten „Diskussionsrunde“ argumentativ. Zur Unterstützung und qualitativen<br />

Differenzierung stehen den Schülern Hilfekarten mit vorbereiteten Argumenten zur Verfü-<br />

gung.<br />

• Erkunden und Erforschen<br />

Dem eigenaktiven Erkunden und Erforschen kommt eine besondere Bedeutung im „hand-<br />

lungsorientierten Sachunterricht“ zu, da die Schüler hierbei ihre Sinne schulen, vielfältige<br />

Primärerfahrungen machen und auf „spielerische“ Weise ihre Kenntnisse und Fertigkeiten<br />

erweitern können. Arbeitsweisen und –techniken sind hierbei in dieser Einheit z. B. das Ver-<br />

messen, Mikroskopieren, Betrachten unter der Lupe.<br />

• Fantasiereise<br />

Die Bezeichnung „Fantasiereise“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene Formen von Übun-<br />

gen, bei denen, im Unterschied zum Tagträumen, bewusst durch verbale Anleitung unter-<br />

schiedliche Vorstellungen, Bilder oder Gefühle angeregt werden. 114<br />

RAGALLER betont die pädagogische und didaktische Funktion von Fantasiereisen. So können<br />

Fantasiereisen die kindliche Vorstellungskraft fördern und dadurch den Kindern eine innere<br />

Wirklichkeit aufschließen. Somit werden die kreativen Potenziale der Kinder gefördert. Fan-<br />

tasiereisen stellen, besonders vor dem Hintergrund der Reizüberflutung durch äußere Bilder<br />

im Fernsehen, am Computer etc., bei denen die kindliche Fantasie nicht ausreichend geför-<br />

dert wird, eine wichtige kreativitätsfördernde Maßnahme im Sachunterricht dar. 115 In dieser<br />

Einheit wird die Methode der Fantasiereise genutzt, um zu Beginn der Unterrichtsstunde der<br />

5. Sequenz die Aufmerksamkeit der Schüler auf das Thema „Muscheln“ zu lenken. Gleich-<br />

zeitig werden taktile und akustische Erfahrungen ermöglicht, also verschiedene Lernkanäle<br />

aktiviert, und darüber hinaus wird hierdurch eine motivierende Hinführung zum Stundenthe-<br />

ma geschaffen.<br />

• Informationsbeschaffung<br />

Um bei den Schülern den Erwerb der Kompetenzen „Informationsbeschaffung und -nutzung“<br />

zu unterstützen, werden sie ermutigt, Literatur für den Thementisch 116 von zu Hause mitzu-<br />

bringen. Hierbei wird auch zum Recherchieren im Internet zu den jeweiligen Stundenthemen<br />

angeregt. Parallel dazu werden die eigenständige Beschaffung geeigneter Literatur sowie die<br />

anschließende Selektion und Informationsentnahme aus Sachtexten und -büchern immer<br />

wieder gefördert und geübt.<br />

• Darstellendes Spiel<br />

Die Methode des darstellenden (Rollen)spiels nutze ich insbesondere zur Veranschaulichung<br />

komplexer Sachverhalte wie die Entstehung der Gezeiten und das Geflecht der Nahrungs-<br />

114 Vgl. Ragaller, S., 2003., S. 84.<br />

115 Vgl. ebd., S. 88.<br />

116 Siehe Anhang: A 16, F 1<strong>1.</strong><br />

28


eziehungen des Lebensraumes „Wattenmeer“. Durch das Handeln setzen die Schüler sich<br />

aktiv und problem- bzw. lösungsorientiert mit den Themen auseinander. Hierbei können<br />

schwierige Sachverhalte nicht nur gut visuell veranschaulicht, sondern auch kommunikative<br />

und soziale Kompetenzen bei den Schülern geschult werden.<br />

• Anfertigung von genauen Zeichnungen<br />

Das genaue Anfertigen von naturgetreuen Zeichnungen ist eine Methode zur Schulung des<br />

genauen Hinschauens und der detaillierten Betrachtung von Realien und Versuchsbeobach-<br />

tungen. Hierbei verbessern die Schüler nebenbei Arbeitstechniken des Sachunterrichts wie<br />

z.B. den Umgang mit einer Lupe oder einem Mikroskop (z.B. in den Sequenzen 2/ 5/ 7/ 14).<br />

• Versuche und Experimente 117 :<br />

Das Durchführen, Dokumentieren und Auswerten von Versuchen ist eine wesentliche Ar-<br />

beitstechnik des Sachunterrichts. HARTINGER führt zu der Bedeutung von Versuchen im Sa-<br />

chunterricht folgende Punkte auf:<br />

a) Versuche dienen der Veranschaulichung und damit dem Verständnis des Gelernten.<br />

b) Versuche können helfen, Schüler für Fragestellungen und deren Lösung zu motivieren.<br />

c) Durch Versuche können (natur)wissenschaftliches Denken unterstützt, sowie<br />

(natur)wissenschaftliche Arbeitsweisen gelernt werden.<br />

d) Versuche bieten eine Möglichkeit, die Erfahrungen von Kindern aufzugreifen und sie mit<br />

fachwissenschaftlichen Verfahren zu verknüpfen. 118<br />

Diese Chancen, die Versuche mit sich bringen, greife ich auf und nutze sie in den Unter-<br />

richtssequenzen 2 und 4.<br />

Abschließend zeige ich nun grundlegende qualitative und quantitative Differenzierungen,<br />

die ich im Rahmen der Unterrichtsgestaltung vornehme, auf: „Qualitative Differenzierungen“<br />

finden unter anderem in Form von heterogen zusammen gestellten Gruppen und Partnern,<br />

differenzierten Arbeitsblättern, der Auseinandersetzung und Sicherung des Lernstoffes durch<br />

Einbeziehung unterschiedlicher Zugangsweisen und Lernkanäle sowie durch Lehrerunter-<br />

stützung, statt. Eine „quantitative Differenzierung“ besteht zumeist durch das Bearbeiten der<br />

Aufgaben im eigenen Lerntempo, das Bereitstellen von Zusatzmaterial (z.B. in Form von<br />

Rätseln und Lernspielen), aber auch durch das Einsetzen von Schülern als „Experten“.<br />

Wie die praktische Umsetzung und Durchführung einer auf „Handlungsorientierung“ basie-<br />

renden Unterrichtsplanung zum Thema „Das Wattenmeer“ aussehen kann, soll im nun fol-<br />

genden Kapitel veranschaulicht werden.<br />

117 Zur begrifflichen Unterscheidung von Versuch und Experiment: Ein Experiment setzt immer eine<br />

Hypothese bzw. Erkenntnis voraus, die durch das Experiment falsifiziert werden soll. Versuche hingegen<br />

müssen nicht der Bestätigung einer Hypothese dienen, sondern können dazu genutzt werden, um<br />

Phänomene zu veranschaulichen. Somit handelt es sich in meiner Einheit eher um Versuche. Vgl.<br />

Hartinger, A., 2003, S. 69.<br />

118 Vgl. Hartinger, A., 2003, S. 70f.<br />

29


5. Durchführung der Unterrichtseinheit<br />

5.<strong>1.</strong> Überblick der Unterrichtseinheit<br />

Sequenz<br />

<strong>1.</strong><br />

(1 Std.)<br />

2.<br />

(1 Std.)<br />

3.<br />

(1 Std.)<br />

Thema Erwartete grundlegende<br />

Kompetenzen der Stunde<br />

Einführung<br />

Wie<br />

schmeckt<br />

Nordseewasser?<br />

Was ist<br />

Watt?<br />

Wie<br />

entstehen<br />

Ebbe und<br />

Flut?<br />

Die Schüler …<br />

… können ihre Vorkenntnisse<br />

und Fragen zum Thema<br />

verschriftlichen.<br />

…können Salzwasserkonzentrationen<br />

zuordnen:<br />

Nord-, Ostsee, Totes Meer,<br />

Süßwasser.<br />

…können die Entstehung<br />

des Wattbodens nachvollziehen<br />

und die einzelnen<br />

Schichten benennen.<br />

….können den Mechanismus<br />

der Gezeiten in Ansätzen<br />

nachvollziehen u. erläutern.<br />

…kennen Gefahren im Watt<br />

und können daraus entsprechende<br />

Verhaltensweisen<br />

ableiten.<br />

Methodische<br />

Schwerpunkte<br />

-Fragebogen 119<br />

-Sitzkreis<br />

-Lied 120<br />

-gustatorische Sinneswahrnehmung<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis<br />

-Erkunden<br />

-Sinneswahrnehmung<br />

-Experimentieren<br />

-Lied<br />

-Kinositzform<br />

-Tafeltheater<br />

-Darstellendes Nachspielen<br />

der Anziehungs-<br />

und Fliehkraft 123<br />

-Bestimmungsbuch<br />

Kurzreflexion<br />

Zur ausführlichen Reflexion des Fragebogens siehe Kapitel 6.3.<br />

Sowohl Fragebogen, Lied als auch Geschmackstest waren motivierende<br />

Einstimmungen in das Thema. Hinsichtlich des Geschmackssinns<br />

der Schüler bestehen sehr große Unterschiede.<br />

Das Erkunden eines echten Wattbodens war sehr motivierend für<br />

die S. und für einige das erste Mal, dass sie Wattboden sahen,<br />

anfassten und rochen. 121<br />

Der Versuch hat gut geklappt. Ich war erstaunt, wie schnell die<br />

Schüler die Entstehung des Wattbodens anhand des Versuches<br />

verstehen und übertragen konnten. 122<br />

Das Thema ist sehr schwer und abstrakt für eine 3. Klasse. Deshalb<br />

hat sich der kleinschrittige Aufbau der Stunde (in der sich<br />

Phasen der Visualisierung neuer Sachverhalte anhand eines<br />

Tafeltheaters mit sich anschließenden Phasen des darstellenden<br />

Nachspielens dessen, was zuvor an der Tafel erarbeitet wurde,<br />

mehrmals abwechselten) als sinnvoll erwiesen. Das Grundprinzip<br />

der Entstehung der Gezeiten ist von den Schülern verstanden<br />

worden.<br />

119<br />

Siehe Anhang: A 1<strong>1.</strong> Leseschwachen Schülern wurde er von mir vorgelesen, damit alle Schüler die gleichen Voraussetzungen haben und die Antworten aussagekräftig<br />

sind. Ansonsten könnten nicht ausgefüllte Antworten mit Unwissen interpretiert werden, obwohl der Grund eine unzureichende Lesekompetenz ist. Zu den<br />

betreffenden Schülern siehe Auswertung der Lernzielkontrolle in Kapitel 6.3.<br />

120<br />

Das Lied befindet sich im Anhang: A 4.<br />

121<br />

Siehe Foto im Anhang: A 16, F 6.<br />

122<br />

Siehe Fotos im Anhang A 16, F 4+5. Siehe auch im Anhang: A 5: Versuchsdurchführung und Hausaufgabe im Bestimmungsbuch. Hierzu siehe Anlage.<br />

123 Siehe Fotos im Anhang: A 16, F 1+2+3.


4.<br />

(1 Std.)<br />

5.<br />

(1 Std.)<br />

6.<br />

(1 Std.)<br />

7.<br />

(1 Std.)<br />

8.<br />

(1 Std.)<br />

Muscheln<br />

sind Tiere!<br />

Wir<br />

erforschen<br />

Muscheln<br />

…wissen, dass Muscheln<br />

Tiere sind u. erwerben<br />

Kenntnisse über den Aufbau<br />

u. die Ernährungs- u. Fortbewegungsweise.<br />

Schnecken …können eigenständig Informationen<br />

aus Sachbüchern<br />

u. –texten entnehmen.<br />

…kennen Merkmale ausgew.<br />

Schneckenarten u.<br />

können diese in einer steck-<br />

Der<br />

Wattwurm<br />

Die Strandkrabbe<br />

Vögel an der<br />

Nordsee<br />

briefartigen Tabelle fixieren.<br />

…kennen Aussehen u. Lebensweise<br />

des Wattwurms,<br />

u. können dessen Funktion<br />

für das Watt nachvollziehen.<br />

… kennen typische Merkmale<br />

der Strandkrabbe und<br />

können weibliche und männliche<br />

Tiere voneinander<br />

unterscheiden.<br />

…können Zusammenhänge<br />

zwischen Schnabeleigenschaften<br />

ausgew. Wattvögel<br />

u. ihrer Nahrung herstellen<br />

und erläutern. 126<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis<br />

-Erforschen<br />

-Experimentieren<br />

-Beobachten<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis<br />

-Partnerarbeit<br />

-Informations-<br />

beschaffung<br />

124 Siehe Foto im Anhang: A 16, F 12.<br />

125 Siehe Bestimmungsbuch in der Anlage.<br />

126 Ein Schülerprodukt befindet sich im Bestimmungsbuch in der Anlage.<br />

-Bestimmungsbuch.<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis / Kinositzform<br />

-Gruppenarbeit<br />

-Erforschen / Erkunden<br />

124<br />

-Sinneswahrnehmung:<br />

visuell/ taktil/ gustatorisch<br />

-Präsentation<br />

-Bestimmungsbuch<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis<br />

-Sinneswahrnehmung<br />

(akustisch)<br />

Die Aufmerksamkeit u. Motivation der Schüler waren sehr hoch<br />

u. das Eingraben von Herzmuscheln konnte beobachtet werden.<br />

Effektiv war die Kombination aus Beobachten des Muschelverhaltens<br />

mit anschließender schriftlicher Fixierung der Organe der<br />

Muscheln. So konnte das hohe Interesse der S. an Muscheln für<br />

den Erwerb theoretischer Kenntnisse genutzt werden.<br />

Siehe Darstellung in Kapitel 5.2.<br />

Das eigenständige Selektieren von Informationen aus Sachbüchern<br />

fällt den S. noch sehr schwer, während ihnen dies aus<br />

vorgefertigten, einfachen Sachtexten schon recht gut gelingt.<br />

Zum Ausfüllen der Tabelle brauchten d. S. noch Unterstützung,<br />

sodass wir einen Großteil gemeinsam an der Tafel erarbeitet<br />

haben.<br />

Der Einstieg mit lebenden Strandkrabben war für viele S. sehr<br />

beeindruckend u. motivierend. Die S. haben gut u. zielstrebig in<br />

ihren Gruppen gearbeitet und die erwarteten Kompetenzen alle<br />

erreicht. Die Balance zwischen eigenaktivem Handeln der S. in<br />

ihren Gruppen und dem gemeinsamen Verbalisieren von Erkenntnissen<br />

war sehr gut gewählt und führte zu effektiven Lernergebnissen.<br />

HA: Woher kommt das Knistern im Watt? 125<br />

Der Einsatz einer Vogelstimmen-CD war gut als Einstieg in das<br />

Thema. Der Zusammenhang zwischen Schnäbeln u. Nahrung<br />

konnte von den meisten S. schnell gesehen u. verstanden werden.<br />

Bei dem Arbeitsblatt würde ich nächstes Mal Linien vorgeben,<br />

auf denen die Schüler schreiben.<br />

31


9.<br />

(1 Std.)<br />

10.<br />

(1 Std.)<br />

1<strong>1.</strong><br />

(1 Std.)<br />

12.<br />

(1 Std.)<br />

Der<br />

Seehund<br />

Der<br />

Lebensraum<br />

Wattenmeer<br />

Wer frisst<br />

wen?<br />

Das<br />

Wattenmeer<br />

ist bedroht!<br />

127 Siehe Anhang: A 16, F 13+14.<br />

128 Siehe Bestimmungsbuch in der Anlage.<br />

129 Siehe Anhang: A 16, F 15.<br />

… erwerben Kenntnisse<br />

über den Seehund hinsichtlich:<br />

- Lebensweise<br />

- Gefährdung<br />

-Geburt+Aufzucht d. Jungen<br />

-Jahreszyklus<br />

…können ein Wattwürfelmodell<br />

mit korrekten Tier- und<br />

Pflanzenbezeichnungen beschriften.<br />

129<br />

…können den Einfluss des<br />

Menschen auf das Ökosystem<br />

Wattenmeer nachvollziehen<br />

u. Umweltschutzmaßnahmen<br />

ableiten<br />

…können die Perspektive<br />

einer Interessengruppe (Naturschützer,<br />

Tourist, Fischer)<br />

übernehmen u. in Ansätzen<br />

argumentativ vertreten.<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis/ Kinositzform<br />

-Sinneswahrnehmung<br />

(akustisch)<br />

-Expertengruppen<br />

-Plakat<br />

-Gruppenpuzzle<br />

-Präsentieren<br />

-Kooperatives Lernen<br />

-Lied<br />

-Kinositzform<br />

-Tafeltheater<br />

-Bestimmungsbuch<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis<br />

- Gruppenarbeit<br />

-Rollenspiel<br />

-Argumentieren<br />

Der Einstieg mit Tierstimmen von Seehunden und Heulern war<br />

gut u. motivierend gewählt. Der Seehund löst Faszination bei den<br />

S. aus, sodass bes. die Mädchen sehr motiviert waren. Die GA<br />

verlief in den einzelnen Expertengruppen sehr unterschiedlich.<br />

Einige S. haben nicht kooperativ zusammen gearbeitet, es war z.<br />

T. unruhig. Die Methode „Gruppenpuzzle“ muss weiter geübt<br />

werden, Kriterien nochmals wiederholt u. erarbeitet werden. Mit<br />

dem von den S. erstellten Plakat bin ich zufrieden. 127<br />

HA: Steckbrief 128 .<br />

Ich war erstaunt, wie gut das Beschriften aufgrund guter Kenntnisse<br />

der S. über die Tier- und Pflanzennamen geklappt hat.<br />

Die verbleibende Zeit konnte gut genutzt werden, um das festigende<br />

Spiel „Wer bin ich“ zu spielen, bei dem die Schüler durch<br />

Beschreibung von Eigenschaften die Tiere des Wattwürfels erraten<br />

mussten. Gute Kombination aus Aktivität und Stillarbeit.<br />

Anmerkung zum AB (s. Bestimmungsbuch): Die Nummer 18 gibt<br />

es nur auf dem Plakat im Klassenraum, auf dem abgebildeten<br />

Wattwürfel gibt es jedoch keinen Austernfischer.<br />

Siehe Darstellung in Kapitel 5.3.<br />

Bei der Vorbereitung in den heterogen zusammen gesetzten<br />

„Interessengruppen“ haben die meisten S. kooperativ u. effektiv<br />

gearbeitet. Jedoch fällt es vielen S. noch schwer, eigenständig<br />

Argumente zu finden. Alle Gruppen haben die von mir vorbereiteten<br />

Hilfekarten m. Argumenten genutzt. Ein S. hat die Rolle eines<br />

Moderators übernommen u. eine Ziel gerichtete Gesprächsführung<br />

nach den vorher erarbeiteten Gesprächsregeln bei einer<br />

„Podiumsdiskussion“ gelenkt. Es hat eine Anbahnung der langfristig<br />

zu erzielenden Kompetenz, eine eigene Meinung zu vertreten<br />

u. miteinander zu diskutieren, stattgefunden, jedoch muss<br />

dies immer wieder geübt werden.<br />

32


13.<br />

(1 Std.)<br />

14.<br />

15.<br />

(1 Std.)<br />

Die<br />

Ostfriesische<br />

Insel<br />

Langeoog<br />

Exkursion<br />

ins Watt<br />

Nachbereitung<br />

der<br />

Exkursion<br />

Reflexion der<br />

Einheit<br />

16. Lernzielkontrolle<br />

…können den einheitlichen<br />

Aufbau der Ostfriesischen<br />

Inseln nachvollziehen u. sich<br />

auf einer Tourismuskarte<br />

von Langeoog orientieren. 130<br />

…können die sieben Ostfriesischen<br />

Inseln auf einer Karte<br />

erkennen und korrekt be-<br />

schriften.<br />

…erweitern und festigen ihre<br />

bisherigen Kenntnisse u.<br />

Erfahrungen durch Erkundung<br />

des Wattenmeeres u.<br />

eigenaktives Handeln im<br />

Nordseehaus in Dornumersiel.<br />

…können ihre auf der Exkursion<br />

gemachten Erfahrungen<br />

u. ungeklärte Fragen<br />

zum Thema verbalisieren.<br />

…können anhand eines Fragebogens<br />

die Einheit<br />

reflektieren.<br />

…können ihr erworbenes<br />

Wissen schriftlich wiedergeben.<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis / Kinositzform<br />

-Partnerarbeit<br />

-Erkunden /Erforschen<br />

-Wahrnehmen mit allen<br />

Sinnen<br />

-Gruppenarbeit<br />

-Mikroskopieren<br />

-Erforschen<br />

-Anfertigen v. Zeichnungen<br />

-Kooperatives Lernen<br />

-Lied<br />

-Sitzkreis<br />

-Fragebogen<br />

qualitative Differenzierung<br />

Die Motivation, sich mit der Insel Langeoog auseinander zu setzen<br />

war aufgrund der Vorfreude auf die Klassenfahrt sehr hoch.<br />

Das Kartenverständnis und Lesen einer Karte war den meisten<br />

Schülern geläufig, da wir dies in der vorangegangenen Einheit<br />

geübt hatten.<br />

Beim Beschriften der sieben Ostriesischen Inseln hat sich das<br />

Einführen einer „Eselsbrücke“ 131 als sehr hilfreich erwiesen.<br />

Anmerkung zum AB (s. Bestimmungsbuch): Der Platz für die<br />

Namen der einzelnen Inseln müsste größer sein. 132<br />

Die Exkursion war gut geplant, leider hatten wir Pech mit dem<br />

Wetter, was die Freude der Kinder am Wattwandern beeinträchtigte.<br />

Die Kombination aus Watterkundung u. anschl. Erforschung<br />

der gesammelten Tiere und Meeresmaterialien halte ich<br />

für sehr sinnvoll. Eine Exkursion im Rahmen dieser Einheit (u.<br />

auch zu diesem Zeitpunkt in der Einheit) halte ich für wichtig. 133<br />

Das Nordseequiz 134 stellte eine sinnvolle ergänzende Festigung<br />

der Lerninhalte in der handelnden Auseinandersetzung dar. Darüber<br />

hinaus erwarben die Schüler Kenntnisse, die über die Un-<br />

terrichtsinhalte hinausgingen (z.B. Vögel, Salzwiese).<br />

Durch das Berichten der S. ihrer gemachten Erfahrungen und<br />

Erkenntnisse wurde mir deutlich, dass sie inzwischen über ein<br />

breites und fundiertes Wissen zum Thema verfügen.<br />

Die Reflexion der Einheit mittels eines anonymen Fragebogens<br />

war sinnvoll und gab mir die Bestätigung meiner bereits gemachten<br />

Beobachtungen hinsichtlich der Effektivität meiner Durchführung<br />

der Einheit 135 .<br />

Siehe Ausführungen Kapitel 6.3.<br />

130<br />

Land Niedersachsen, 2007, Langeoog (Faltbroschüre).<br />

131<br />

Diese lautet: Welcher Seemann liegt bei Nacht i(j)m Boot (Inselnamen von Osten nach Westen). Einige Schüler haben auch eigene Merksätze erfunden.<br />

132<br />

Siehe Bestimmungsbuch in der Anlage.<br />

133<br />

Siehe Anhang: A 16, F 17-24.<br />

134<br />

Die Nordseehausrallye wurde vom Nordseehaus in Dornumersiel erarbeitet. Ein Gruppenergebnis befindet sich im Anhang: A 15.<br />

135<br />

Vergleiche hierzu die Ausführungen zur Auswertung des abschließenden Fragebogens in Kapitel 6.3.<br />

33


Die Auswahl der beiden im Folgenden dargestellten Unterrichtssequenzen wird in zweierlei Hin-<br />

sicht begründet:<br />

• Zum Einen weisen beide Sequenzen eine zentrale didaktische Bedeutung auf (vgl. Didakti-<br />

sche Analysen).<br />

• Zum Anderen werden in ihnen vielfältige, auf „Handlungsorientierung“ basierende Metho-<br />

den und Arbeitstechniken umgesetzt.<br />

5.2. Darstellung der Unterrichtssequenz: „Wir erforschen Muscheln“<br />

5.2.1 Erwartete Kompetenzen<br />

Endkompetenzen der Unterrichtsstunde<br />

Die Schüler kennen die Muschelarten Mies-, Schwert-, Herz- und Sandklaffmuschel und erwerben<br />

vertiefende Kenntnisse über jeweils eine dieser Muschelarten.<br />

Inhaltsbezogene Teilkompetenzen:<br />

Die Schüler …<br />

TK 1:... können die durch das Befühlen ihrer Muschel gewonnenen Erfahrungen mit eigenen<br />

Worten wiedergeben und Vermutungen zur zugehörigen Muschelart äußern.<br />

TK 2:... können Muscheln ihren korrekten Namen zuordnen.<br />

TK 3:... können ihre Muschel einer der vier Muschelarten zuordnen.<br />

TK 4:... können eigenständig an ihren Forscheraufträgen arbeiten.<br />

TK 5:... erweitern ihre Kenntnisse über eine der vier Muschelarten.<br />

TK 6:... verbessern ihre taktilen und visuellen Wahrnehmungsfähigkeiten durch bewusste<br />

Auseinandersetzung mit ihrer Muschelart.<br />

TK 7:... können ihre Forschungserkenntnisse vor der Klasse mit eigenen Worten wiedergeben.<br />

TK 8:... können dem Vortrag der anderen Forschungsteams folgen und aufgrund der gewonnenen<br />

Kenntnisse die Muschelart identifizieren und in der Wattbodenschicht, in der diese<br />

Muschelart beheimatet ist, korrekt positionieren.<br />

Übergeordnete Teilkompetenzen:<br />

Die Schüler …<br />

TK 9:... verbessern ihre sozialen Kompetenzen, indem sie innerhalb ihres Forschungsteams<br />

miteinander kooperieren.<br />

TK 10:... fördern das eigenständige Arbeiten und die Handlungskompetenz um<br />

Informationen herauszufinden<br />

TK 11:... verbessern ihre kommunikativen Fähigkeiten, indem sie innerhalb des Teams ihre<br />

erforschten Erkenntnisse mit eigenen Worten verbalisieren (quant. Differenzierung).<br />

5.2.2 Allgemeine Lernvoraussetzungen<br />

Die Schüler haben in der vorausgegangenen Stunde Erfahrungen mit lebenden Herz- und Mies-<br />

muscheln erworben, indem sie diese beim Eingraben in den Schlickboden und Filtern von Nord-<br />

seewasser beobachtet haben. Die Schüler kennen die Namen Herz-, Sandklaff- und Miesmuschel<br />

und haben Kenntnisse über die Ernährungs- und Fortbewegungsweise dieser Muscheln erworben.<br />

Den Schülern sind die Begriffe: Plankton, Siphon, Grabfuß, Wattboden, Schließmuskel, Muschel-<br />

schale und Byssusfäden bekannt. Auf das Aussehen und die Beschaffenheit der Muschelschalen<br />

wurde bislang noch nicht näher eingegangen.<br />

34


5.2.3 Sachanalyse<br />

Muscheln sind Weichtiere, denn sie haben kein Skelett. Die Organe werden durch ein Kalkgehäu-<br />

se geschützt. Dieses besteht aus zwei Schalen, die an ihrem „Schloss“ eng miteinander verzahnt<br />

sind. Es kann so eng verriegelt werden, dass die Muscheln bei Ebbe vor Austrocknung geschützt<br />

sind. Mit einem Schließmuskel öffnen und schließen sie ihre Schalen. Zur Atmung und Ernährung<br />

nutzen die Muscheln eine Art Schnorchel, genannt Siphon, den sie bis zur Wattbodenoberfläche<br />

hinausstrecken können. Die Herz-, Sandklaff- und Schwertmuschel gräbt sich in den Wattboden<br />

ein. Die Miesmuschel dagegen lebt auf der Bodenoberfläche. Sie klebt sich durch dünne Byssus-<br />

fäden an anderen Muscheln oder Gegenständen fest und siedelt sich dadurch in großen Kolonien<br />

an. Mit Hilfe ihres Graborgans (Grabfuß), können sich die Tiere bewegen.<br />

In der Abbildung des Wattbodenquerschnitts wird sichtbar, in welcher Bodentiefe sich die einzel-<br />

nen Arten eingegraben haben. 136<br />

Abb. 5: Querschnitt des Wattbodens 137<br />

Im Folgenden beschränke ich mich auf eine ausführlichere sachliche Darstellung der Herzmu-<br />

schel: 138 Die Herzmuschel ist die am häufigsten zu findende Muschel an der Nordsee. Sie ist ca.<br />

3-4 cm lang, 3 cm dick und lebt bis zu 5 cm tief eingegraben im Boden. Die tief gerippte Schale<br />

erhöht Haftung und Verankerung auf der Wattoberfläche. Ihren Namen hat die Herzmuschel daher,<br />

weil ihre beiden Schalen wie eine Herzform aneinander liegen. Anhand der Jahresringe kann man<br />

bei der Herzmuschel besonders gut das Alter erkennen. Herzmuscheln sind essbar und gelten<br />

häufig als Delikatesse.<br />

5.2.4 Didaktische Analyse<br />

Das Thema „Muscheln“ lässt sich mit dem NIEDERSÄCHSISCHEN KERNCURRICULUM für den Sachun-<br />

terricht begründen, in dem aufgeführt wird, dass Schüler am Ende des vierten Schuljahrgangs Ab-<br />

hängigkeiten von Lebewesen zueinander, Anpassung an ihren Lebensraum nachvollziehen und<br />

beschreiben und sichtbare Auswirkungen von Veränderungen durch den Menschen erkennen sol-<br />

136<br />

In der Abbildung fehlt die Schwertmuschel. Sie lebt recht dicht unter der Bodenoberfläche. Quelle: Stock,<br />

M., 1995, S. 55.<br />

137<br />

Stock, M.,1995, 55.<br />

138<br />

Informationen über die Mies-, und Sandklaffmuschel sowie über die Amerikanische Schwertmuschel finden<br />

sich zum Beispiel in: IPTS, 1990, S. 68ff, 90 ff, 94 ff oder Kremer, B./ Janke, K., 2006, S. 92f, 96 f oder<br />

Regionales Umweltzentrum Ökowerk Emden. Lehrerinfo – Ordner.<br />

35


len. 139 Wie bereits in der Didaktischen Analyse der gesamten Unterrichtseinheit aufgeführt wurde,<br />

findet das Thema „Das Wattenmeer“ sowohl im schulinternen Lehrplan als auch in meiner per-<br />

sönlichen Unterrichtsplanung Berücksichtigung. Da Muscheln ein wesentlicher Bestandteil des<br />

Lebensraumes „Wattenmeer“ sind, kann damit auch die Auseinandersetzung mit dem Thema „Mu-<br />

scheln“ im Rahmen dieser Unterrichtseinheit begründet werden.<br />

Ich halte eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Muscheln für sehr wichtig, da das<br />

Thema sehr ergiebig ist. Zum Einen, um im späteren Verlauf der Einheit die Verflochtenheit von<br />

Muscheln im Nahrungsnetz sowie ihre Bedeutsamkeit für den Lebensraum Wattenmeer nachvoll-<br />

ziehen zu können. Zum Anderen kann anhand der Muscheln eine handelnde Auseinandersetzung<br />

und ein Lernen mit verschiedenen Sinnen erfolgen, da die Muscheln direkt in den Klassenraum<br />

geholt und erkundet werden können. Darüber hinaus üben Muscheln eine Faszination auf Kinder<br />

in diesem Alter aus und gehören oft zu den primären Erfahrungen von Kindern beim Spielen am<br />

Strand (Lebensweltbezug). Das viele Kinder dieser Lerngruppe bislang noch keine Erfahrungen<br />

mit Muscheln gesammelt haben, wird in der zu Beginn dieser Einheit durchgeführten schriftlichen<br />

Lernstandserhebung sichtbar. 140 Diese Erkenntnis stimmt mit den Beobachtungen über eine Ab-<br />

nahme primärer Naturerfahrungen, aufgrund veränderter Lebenswelten von Kindern, überein.<br />

Aus diesem Grund ist es zunehmend von großer Bedeutung, dass Schüler sich handelnd mit Na-<br />

turprodukten, wie in diesem Fall Muscheln, auseinandersetzen und die bewusste Wahrnehmung<br />

mit den Sinnen gefördert wird. Die genaue Betrachtung und Erforschung von Muscheln fördert bei<br />

Schülern das genaue Hinschauen und die Schulung der Sinne, die bei vielen Schülern in dieser<br />

Klasse aus meiner Sicht wenig ausgeprägt sind.<br />

In dem Fragebogen zu Beginn der Einheit wurden verhältnismäßig viele Fragen zum Thema „Mu-<br />

scheln“ gestellt, sodass von einem hohen Interesse der Schüler dieser Lerngruppe an diesem<br />

Thema auszugehen ist. 141<br />

Da durch zunehmende Umweltbelastung das ökologische Gleichgewicht des Lebensraumes Wat-<br />

tenmeer durcheinander gerät, hat das Thema sowohl eine Gegenwarts- als auch eine Zukunfts-<br />

bedeutung für die Schüler.<br />

Zur didaktischen Reduktion beschränke ich mich auf vier Muschelarten, die ich dahingehend<br />

ausgewählt habe, dass sie häufig im Wattenmeer zu finden sind und durch ihre charakteristischen<br />

optischen Merkmale und ihre Ansiedlung im Watt gut voneinander zu unterscheiden sind.<br />

Eine qualitative Differenzierung findet zum Einen durch individuell, je nach Leistungsstand der<br />

Schüler, gewählte Forscheraufträge statt, die eher die kognitiven bzw. motorischen Fähigkeiten der<br />

Schüler fokussieren. Zum Anderen dadurch, dass die Gruppen heterogen zusammengesetzt sind<br />

und Schüler miteinander unterstützend kooperieren. Die quantitative Differenzierung ist durch<br />

die Anzahl der Arbeitsaufträge gegeben.<br />

139 Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, S. 24 f.<br />

140 Vgl. Ausführungen der Lernausgangslage in Kapitel 4.2.<br />

141 Vgl. Schüleräußerungen im Anhang: A 14.<br />

36


5.2.5 Methodische Analyse<br />

Den Einstieg in die Stunde gestalte ich, wie meistens am Stundenbeginn dieser Einheit, im Stuhl-<br />

kreis, um eine angenehme und persönliche Lernatmosphäre zu schaffen. Das Singen der 3. Stro-<br />

phe unseres Wattenmeerliedes stimmt die Schüler auf das Thema ein. Darüber hinaus liegen zur<br />

Einstimmung als stummer Impuls vier verschiedenartige Muschelhäufchen in der Kreismitte.<br />

Zur Hinführung wähle ich eine von mir geleitete Fantasiereise. Während ich erzähle, öffnen die<br />

Schüler ihre Fühlsäckchen und erkunden mit geschlossenen Augen ihre Muschel. Durch das<br />

Schließen der Augen werden äußere Reize reduziert und die Schüler können sich in ihrer Wahr-<br />

nehmung intensiver auf den taktilen Sinneskanal (Betasten und Erkunden der Muschel in ihren<br />

Händen) einlassen. Unterstützt wird diese Verminderung von Außenreizen durch leises im Hinter-<br />

grund von einer CD zu hörendes Meeresrauschen. Diese Naturgeräusche fördern die Einstimmung<br />

und Fantasie der Schüler, sich wirklich gedanklich am Meer zu befinden und wirken unterstützend,<br />

sodass die Schüler sich tiefer auf meine angeleitete Phantasiereise einlassen können.<br />

Meine Erzählung beinhaltet zunächst Aspekte von Muscheln, die wir in der letzten Stunde erarbei-<br />

tet haben, damit die Schüler ihre Kenntnisse und Erfahrungen nach dem dazwischen liegenden<br />

Wochenende wieder aktivieren und gedanklich wieder lebendig werden lassen können. Nach dem<br />

Rückblick lenke ich die Aufmerksamkeit der Kinder auf die taktile Wahrnehmung ihrer Muschel und<br />

gebe Anregungen zur Erkundung und zum Ertasten ihrer Muschel (s. Anhang). Die Schüler verba-<br />

lisieren kurz ihre bei der Fantasiereise gewonnenen Eindrücke und Sinneserfahrungen und ordnen<br />

begründend ihre Muschel einer Muschelart zu. Das Verbalisieren festigt die gewonnenen Kennt-<br />

nisse über Merkmale der Muschel, fördert das Ausdrucksvermögen und bereitet die sich anschlie-<br />

ßende Arbeitsphase in den Forschergruppen vor.<br />

Alternativ habe ich an dieser Stelle überlegt, die Schüler bunt durcheinander liegende Muscheln<br />

nach gleichen Merkmalen sortieren zu lassen. Aus zeitlichen Gründen habe ich mich allerdings<br />

dagegen entschieden und die Muscheln bereits vorsortiert und beschränke mich auf die Zuord-<br />

nung zu dem korrekten Namen der Muschelart. Außerdem findet eine intensive Auseinanderset-<br />

zung mit optischen Identifikationsmerkmalen und Beschaffenheiten der Muschel in der Arbeitspha-<br />

se statt.<br />

Die Zuteilung zu der Arbeitsgruppe findet dadurch statt, dass die Schüler sich eigenständig der<br />

Forschergruppe zuordnen müssen, dessen Muschelart sie in der Hand halten. Somit werde ich<br />

entlastet und die Schüler müssen sich mit ihrer Muschel auseinandersetzen, um die richtige Grup-<br />

pe zu finden.<br />

Die Arbeitsphase findet in Expertengruppen zu je einer Muschelart statt. Innerhalb der Experten-<br />

gruppe arbeitet allerdings jeder Forscher eher an seinen individuellen und von mir, je nach Leis-<br />

tungsvermögen, bewusst ausgewählten Forscheraufträgen. 142 Anfangs dachte ich an eine reine<br />

Gruppenarbeit. Allerdings habe ich mich dagegen entschieden, weil erfahrungsgemäß dann<br />

hauptsächlich die leistungsstarken Schüler arbeiten und leistungsschwächere Schüler sich zurück-<br />

142 Ein Beispiel für einen Forscherauftrag der Miesmuschel befindet sich im Anhang: A 7.<br />

37


nehmen. Der Vorteil dieser Aufgabenzuteilung ist, dass alle Schüler sich aktiv und handelnd mit<br />

den Muscheln auseinandersetzen. Sie können dies in ihrer eigenen Geschwindigkeit, ihren Fähig-<br />

keiten entsprechend, durchführen und Forschungen je nach persönlichem Interesse auswählen.<br />

Jedoch werden trotzdem kommunikative, soziale und kooperative Verhaltensweisen gefördert und<br />

gefordert, da die Schüler sich innerhalb der Gruppe abstimmen müssen und von mir angehalten<br />

werden, sich gegenseitig zu unterstützen und über ihre Forschungsergebnisse auszutauschen.<br />

Der Schwerpunkt in der Arbeitsphase liegt auf der entdeckenden, handelnden Erkundung der Mu-<br />

schel und weniger auf kognitiven Leistungen. Dies ist mir wichtig, weil viele Schüler noch kaum<br />

oder sogar keine Berührungspunkte in ihrer bisherigen Lebenswelt mit Muscheln hatten, was durch<br />

die Ermittlung der Lernausgangslage vor Beginn der Einheit deutlich wurde.<br />

Gerne würde ich die Arbeitsaufträge freier formulieren und den Schülern noch mehr Eigeninitiative<br />

bei der Erforschung der Muschel überlassen. Erfahrungsgemäß brauchen diese Schüler jedoch<br />

sehr konkrete Arbeitsanweisungen. Den meisten Schülern fällt es sehr schwer, eigenständig und<br />

gleichzeitig Ziel gerichtet zu arbeiten und zu denken. Deshalb entscheide ich mich für recht<br />

kleinschrittige und genaue Arbeitsanweisungen.<br />

Beendet wird die Arbeitsphase durch das Erklingen des Klangstabes. Bevor wir uns für die Präsen-<br />

tation der Forschungsergebnisse in der Kinositzform einfinden, setzen sich die Schüler kurz auf<br />

ihren gewohnten Sitzplatz. Mir ist diese „Zwischenstation“ wichtig, damit nach der wahrscheinlich<br />

etwas lebhafteren Arbeitsphase die Schüler wieder ruhiger werden und ich die Aufmerksamkeit<br />

bündeln kann.<br />

Für die Präsentation der Forschungsergebnisse wähle ich die Kinositzform, damit alle eine gute<br />

Sicht auf die Tafel haben, auf der sich ein Plakat befindet, auf dem zwar die verschiedenen Watt-<br />

bodenschichten mit Muschelkanälen erkennbar sind, aber die Muscheln und ihre Namen von den<br />

Schülern zugeordnet werden müssen. Vermutlich können aus zeitlichen Gründen nur zwei For-<br />

schungsteams ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mitteilen. Sollten die beiden Gruppen sehr<br />

schnell mit ihren Ausführungen fertig sein, werden je nach verbleibender Zeit die beiden anderen<br />

Teams ebenfalls berichten dürfen. Ansonsten werden diese Gruppen in der nächsten Sachunter-<br />

richtsstunde von ihren Erkenntnissen berichten. Die sitzenden Schüler erhalten den Hörauftrag,<br />

genau auf alle Merkmale der Muschel, die erläutert werden, zu achten, da sie anschließend die<br />

entsprechende Muschel identifizieren und in die richtige Bodenschicht auf dem Plakat positionieren<br />

sollen. Die Teams, die in dieser Stunde nicht vortragen dürfen, sollen aber zumindest ihre Muschel<br />

auf das Plakat kleben und korrekt positionieren, damit alle Gruppen zumindest im Ansatz in der<br />

Präsentation gewürdigt werden. Das Plakat wird anschließend im Klassenraum aufgehängt, damit<br />

es den Schülern während der gesamten Einheit visuell präsent ist.<br />

Die Hausaufgabe schließt direkt an die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Muschelart an und<br />

dient der Erweiterung und Festigung von faktischem Wissen. Sie spricht eher die kognitiven Fähig-<br />

keiten an, da anhand eines Informationstextes ein Steckbrief über die jeweilige Muschelart erstellt<br />

werden soll.<br />

38


5.2.6 Verlaufsplanung<br />

Zeit / Phase Lernsituation Schülerverhalten Arbeitsform /<br />

Sozialform<br />

Einstieg<br />

Begrüßung, Vorstellung des Besuches Sitzkreis<br />

ca.10.10-10.15 Lied vom Wattenmeer<br />

Hinführung /<br />

Erarbeitung<br />

ca.10.15-10.25<br />

TK 1,2,3<br />

Arbeitsphase<br />

ca. 10.25-10.40<br />

TK 4,5,6,9, 10<br />

TK 11 (quant.<br />

Diff.)<br />

Sicherungsphase<br />

ca. 10.40-10.52<br />

TK 7, 8<br />

Abschlussphase<br />

ca. 10.52-10.55<br />

LA führt durch eine<br />

Fantasiereise.<br />

Stummer Impuls:<br />

Haufen mit versch.<br />

Muscheln in der Mitte.<br />

LA erteilt Arbeitsauftrag<br />

und gibt Ausblick<br />

/ Zieltransparenz der<br />

Stunde<br />

-LA sorgt für Unterstützunglernschwacher<br />

S. durch andere<br />

Gruppenmitglieder (s.<br />

Tabelle).<br />

-LA unterstützt S.<br />

-LA beendet Arbeitsphase<br />

mit akustischem<br />

Signal<br />

-LA bittet S. in die<br />

Kinositzform.<br />

LA erläutert HA<br />

LA beendet die Stunde.<br />

Didaktische Reserve:<br />

Spiel: Welche Mu-<br />

schel bin ich?<br />

-S. ertasten und<br />

befühlen mit geschlossenen<br />

Augen<br />

ihre Muschel im<br />

Fühlsack.<br />

-S. äußern sich zu<br />

ihren Erfahrungen<br />

und vermuten den<br />

Namen ihrer Muschel.<br />

-S. ordnen Muscheln<br />

in der Kreismitte<br />

korrekte Namen<br />

zu.<br />

-S. wiederholt Ar-<br />

beitsauftrag.<br />

-S. ordnen sich entsprechend<br />

ihrer<br />

Muschel einer<br />

Gruppe zu<br />

-S. arbeiten als Forscher<br />

in ihren Gruppen<br />

-S. setzen sich auf<br />

ihren gewohnten<br />

Platz.<br />

-S. aus zwei Gruppen<br />

stellen ihre<br />

erforschte Muschel<br />

vor.<br />

-Die anderen S.<br />

erhalten Hörauftrag<br />

und ordnen Muschel<br />

der Präsentationsgruppe<br />

auf dem<br />

Plakat ein.<br />

Je nach Zeit: die<br />

anderen beiden<br />

Gruppen stellen ihre<br />

Forschungsergeb-<br />

nisse vor.<br />

S. gehen an ihre<br />

Plätze, schreiben<br />

HA auf, Austeildienst<br />

verteilt AB<br />

Sitzkreis<br />

Gelenktes UG<br />

Forschertische<br />

GA / EA<br />

Gewohnte Sitzordnung<br />

Kinositzform<br />

UG<br />

Kinositzform<br />

Legende: LA: Lehreranwärterin; S: Schüler; UG: Unterrichtsgespräch; EA: Einzelarbeit;<br />

GA: Gruppenarbeit, AB: Arbeitsblatt; HA: Hausaufgabe<br />

Medien<br />

Musik<br />

Fühlsäckchen<br />

Muscheln f. Kinder<br />

Muscheln für die<br />

Mitte<br />

Aufstellerkärtchen<br />

Tuch<br />

Becherlupen,<br />

Sand, Lineale,<br />

Stifte, Kisten,<br />

Aufsteller, Muscheln,<br />

Forscheraufträge,<br />

Bodenquerschnitt,<br />

Infotexte<br />

-Klangstab<br />

-Wattwürfelmodell<br />

-Plakat<br />

-Muscheln auf<br />

Magneten, Wortkarten<br />

AB HA<br />

39


5.2.7 Reflexion<br />

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Stunde. Sie ist im Großen und Ganzen so<br />

wie von mir geplant verlaufen. Den erwarteten Kompetenzerwerb habe ich bei den Schülern er-<br />

reicht. Die Einstiegs- und Hinführungsphasen waren motivierend für die Schüler und haben sie gut<br />

auf das Stundenthema eingestimmt und hingeleitet. Bei der Fantasiereise, die insgesamt gut von<br />

den Schülern akzeptiert und umgesetzt wurde, kam es zu kleinen Brüchen. Was zum Einen daran<br />

lag, dass einige Schüler ihre Augen öffneten, um ihren Fühlsack vom Fußboden aufzuheben und<br />

zu öffnen, um die sich darin befindende Muschel befühlen zu können. Hier würde ich das nächste<br />

Mal darauf achten, dass zu Beginn der Fantasiereise alle Schüler ihre Säckchen bereits in den<br />

Händen halten. Zum Anderen kam es zu kleinen Störungen, weil sich einzelne Schüler durch rhe-<br />

torische Fragen der Phantasiereise zum Antworten aufgefordert fühlten und sich meldeten.<br />

Mit der Arbeitsphase bin ich sehr zufrieden. Die meisten Schüler arbeiteten sehr motiviert, kon-<br />

zentriert, effektiv und kooperativ in ihren Kleingruppen an ihren Forscheraufträgen. Die Arbeits-<br />

phase hätte länger sein können, was jedoch in einer Schulstunde nicht gewährleistet werden kann,<br />

wenn die Ergebnisse noch gesichert werden sollen.<br />

In der Präsentationsphase hätte ich mir eine intensivere Darstellung der Ergebnisse von den Schü-<br />

lern, insbesondere der zweiten vortragenden Gruppe, gewünscht. Ich musste mehr in das Unter-<br />

richtsgeschehen eingreifen, als ich mir das vorgestellt hatte. Die Phase der Reflexion und Ergeb-<br />

nissicherung sollte weiterhin von mir intensiviert, mit den Schülern geübt und alternative Methoden<br />

(z.B. ein Gruppenpuzzle) erprobt werden.<br />

Grundsätzlich würde ich die Stunde wieder genauso durchführen und fühle mich bestätigt, dass<br />

das intensive Erkunden und Erforschen der Muscheln, besonders vor dem Hintergrund der man-<br />

gelnden Primärerfahrungen der Schüler dieser Lerngruppe, sehr wichtig war und in meiner Stunde<br />

mehrere Sinne (akustisch, visuell, taktil und olfaktorisch) angesprochen wurden.<br />

In der folgenden Stunde muss noch Zeit eingeplant werden, um die beiden noch ausstehenden<br />

Gruppen von ihren Forscherergebnissen berichten zu lassen.<br />

5.3 Darstellung der Unterrichtssequenz: „Wer frisst wen?“<br />

5.3.1 Erwartete Kompetenzen<br />

Die Schüler kennen Nahrungsketten im Wattenmeer und können Verbindungen zwischen diesen<br />

herstellen und zu einem Nahrungsnetz verflechten. Darüber hinaus können sie die Komplexität des<br />

Nahrungsnetzes erkennen und Auswirkungen bei Fehlen eines Elementes nachvollziehen.<br />

Inhaltsbezogene Teilkompetenzen:<br />

Die Schüler …<br />

TK 1: ... können den Begriff „Nahrungskette“ mit eigenen Worten erläutern und exemplarisch<br />

die Nahrungskette vom Seehund bis zum Plankton aufstellen.<br />

TK 2: ... können die erarbeitete Nahrungskette eigenständig schriftlich fixieren.<br />

TK 3: ... können anhand von Bild- und Wortkarten mehrere Nahrungsketten darstellen und<br />

Verflechtungen erkennen und visualisieren.<br />

40


TK 4: ... kennen den Begriff „Nahrungsnetz“ und können diesen mit eigenen Worten erläutern<br />

TK 5: ... können erkennen, dass der Seehund und der Mensch die obersten Glieder in den<br />

einzelnen Nahrungsketten sind und Plankton immer als letztes gefressen wird.<br />

TK 6: ... können Auswirkungen des Fehlens eines Tieres in dem Nahrungsnetz nachvollziehen<br />

und deren gegenseitige Abhängigkeiten verbalisieren.<br />

TK 7: ... kennen die Nahrungsquellen der einzelnen Tiere und wissen, dass ein Tier auch von<br />

mehreren Tieren gefressen werden kann bzw. mehrere Tiere frisst.<br />

TK 8: ... können die vernetzten Nahrungsbeziehungen in einem darstellenden Rollenspiel veranschaulichen.<br />

TK 9: … können die Lernergebnisse verbalisieren.<br />

TK 10: … können ihr Wissen anwenden und aufgrund von Informationen über die Nahrung eines<br />

Tieres das passende Tier erraten.<br />

Übergeordnete Teilkompetenzen:<br />

Die Schüler …<br />

TK 11: ... verbessern ihre kooperativen Kompetenzen.<br />

TK 12: ... fördern das Denken in Kausalitäten und Vernetzungen.<br />

TK 13: ... verbessern ihre verbalen Fähigkeiten.<br />

5.3.2 Allgemeine Lernvoraussetzungen<br />

Die meisten der in diese Stunde für das Nahrungsnetz eine Rolle spielenden Tiere sind den Schü-<br />

lern aus bisherigen Unterrichtszusammenhängen dieser Einheit bekannt, einzelne unbekannte<br />

Tiere können schnell namentlich geklärt werden. Nahrungsquellen einzelner Tiere sind den Schü-<br />

lern isoliert betrachtet bereits aus vorherigen Stunden bekannt. Die Methode des darstellenden<br />

Nachspielens kennen die Schüler bereits aus vergangenen Stunden.<br />

5.3.3 Sachanalyse<br />

Grundlage der Nahrungsbeziehungen im Wattenmeer sind, wie in jedem anderen Ökosystem, die<br />

grünen Pflanzen, die anorganisches Material mit Hilfe der Fotosynthese zu organischer, lebender<br />

Substanz umwandeln können. Von dieser Substanz ernähren sich zahlreiche Tiere, entweder di-<br />

rekt (indem sie Pflanzen fressen) oder indirekt (indem sie andere Tiere fressen). Aus dieser Bezie-<br />

hung ergeben sich folgende Kategorien:<br />

<strong>1.</strong> Produzenten (z.B. Algen)<br />

2. Erstkonsumenten/ Primärproduzenten (z.B. Muscheln, Krebse, Würmer)<br />

3. Zweitkonsumenten / Sekundärproduzent (z.B. Fische, Vögel),<br />

4. Folgekonsumenten bzw. Endkonsumenten (z.B. Seehunde, Mensch)<br />

Diese lineare Nahrungsabfolge von Tieren in der Hierarchie des Fressens und Gefressenwerdens<br />

wird als „Nahrungskette“ bezeichnet. 143<br />

Ein „Nahrungsnetz“ bezeichnet die Verflochtenheit mehrerer Nahrungsketten miteinander. Die fol-<br />

gende Abbildung zeigt die Nahrungsbeziehungen, die durch „Vernetzung“ mehrerer einzelner<br />

„Nahrungsketten“ zu einem „Nahrungsnetz“ entstehen:<br />

143 Vgl. IPTS, 1990, S. 16. / Vgl. Aktionskonferenz Nordsee, 1992, S. 47.<br />

41


Abb. 6: Nahrungsbeziehungen im Wattenmeer 144<br />

Die Auswirkungen beim Fehlen eines Gliedes können gravierend sein, da Tieren, die sich von die-<br />

sem Lebewesen ernährt haben, die Nahrungs- und damit Lebensgrundlage fehlt. Hierdurch kann<br />

das gesamte Gleichgewicht in ein Ungleichgewicht kommen. Dies hat Auswirkungen auf das ge-<br />

samte Beziehungsgeflecht, da in einem ökologischen System letztendlich alle Glieder in einer<br />

Wechselwirkung miteinander stehen. Umgekehrt kann es durch den Mangel eines natürlichen<br />

„Feindes“ zu einer Überpopulation kommen, was sich ebenfalls negativ auf das Gleichgewicht aus-<br />

wirkt.<br />

Durch zunehmende Umweltbelastung und Eingriffe des Menschen in das Ökosystem kommt es<br />

immer häufiger zu Veränderungen der Lebensbedingungen einzelner Tiere des Watts, was sich<br />

negativ auf die Nahrungsbeziehungen auswirkt.<br />

5.3.4 Didaktische Analyse<br />

Das Thema „Nahrungsbeziehungen“ lässt sich mit dem NIEDERSÄCHSISCHEN KERNCURRICULUM für<br />

den Sachunterricht begründen, in dem aufgeführt wird, dass Schüler am Ende des vierten Schul-<br />

jahrgangs Abhängigkeiten von Lebewesen zueinander, Anpassung an ihren Lebensraum nach-<br />

vollziehen und beschreiben und sichtbare Auswirkungen von Veränderungen durch den Menschen<br />

erkennen sollen. 145<br />

Der PERSPEKTIVRAHMEN führt unter den zu erwerbenden Kompetenzen der naturwissenschaftli-<br />

chen Perspektive auf, dass die Schüler ausgewählte Naturphänomene auf biologische Gesetzmä-<br />

ßigkeiten zurückführen können. Hierzu gehört die Erarbeitung von Interpretationsmustern (wie z.B.<br />

Nahrungsketten, Lebensraum und Lebensgemeinschaft) sowie von Denkmodellen (z.B. Wechsel-<br />

wirkung und Erhaltung). 146<br />

Das Stundenthema nimmt eine zentrale Bedeutung im Kontext des Themas „Das Wattenmeer“ ein<br />

und findet daher seine Begründung im schulinternen und persönlichen Lehrplan.<br />

Diese Bedeutsamkeit erwächst in unterschiedlicher Hinsicht: Über den inhaltlichen Erwerb von<br />

Wissen über Nahrungsquellen einzelner Tiere hat das Thema eine große exemplarische Bedeu-<br />

144 Bungardt, C., 2005, Werkbereich 8b.<br />

145 Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, S. 24 f.<br />

146 Vgl. GDSU, 2002, S. 15.<br />

42


tung, da es die Veranschaulichung von Denkmodellen, Kausalitäten und Wechselwirkungen fördert<br />

und zu vernetztem Denken anregt. Somit erweitern die Schüler grundlegende, übergeordnete<br />

Kompetenzen, die nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft der Schüler bedeut-<br />

sam sind. Darüber hinaus bietet die Auseinandersetzung mit dem Geflecht der Nahrungsbezie-<br />

hungen eine Förderung des Bewusstseins der Schüler, dass die Natur eine wertvolle Ressource<br />

ist, die durch Eingriffe durch den Menschen zerstört werden kann. Hierdurch wird ein Beitrag zur<br />

Entwicklung eines Umweltbewusstseins und somit zur „Bildung für eine nachhaltige Entwick-<br />

lung“ geleistet, was ein Bildungsanliegen des aktuellen Sachunterrichts darstellt. Es wird deutlich,<br />

dass das Thema sehr ergiebig ist, da durch die Auseinandersetzung mit diesem auch längerfristi-<br />

ge Kompetenzen gefördert werden.<br />

Da Tiere eine Faszination auf Kinder ausüben, knüpft das Thema an die Lebenswelt und das Inte-<br />

resse der Schüler an. Anhand der Nahrungsbeziehungen ist es sinnvoll, die Anreicherung von<br />

Schadstoffen in den Nahrungsgefügen sowie die Auswirkungen auf das gesamte Beziehungsge-<br />

flecht bei Fehlen einer Tierart zu problematisieren. Jedoch sollte darauf geachtet werden, die Fan-<br />

tasie hinsichtlich der Auswirkungen nicht zu dramatisieren, um keine Angst bei den Schülern zu<br />

schüren.<br />

Qualitativ differenziert wird in der Stillarbeitsphase dadurch, dass die Schüler mit einem Partner<br />

zusammen arbeiten können. Die meiste Zeit der Stunde werden Sachverhalte gemeinsam han-<br />

delnd erarbeitet und angewendet, sodass sich die Schüler gegenseitig unterstützen und jedes Kind<br />

sich seinen Fähigkeiten entsprechend in das Unterrichtsgeschehen einbringen kann.<br />

5.3.5 Methodische Analyse<br />

Zum Einstieg in die Stunde finde ich mich mit den Schülern im Stehkreis ein, um zwei Strophen<br />

des Liedes, „Ebbe und Flut“ zu singen. Das Singen des Liedes als Ritual stimmt die Schüler auf<br />

das Thema ein.<br />

Die Hinführung geschieht in der Kinositzform, damit alle Schüler eine gute Sicht auf die Tafel ha-<br />

ben und eine persönliche Lernatmosphäre geschaffen wird. Als stummen Impuls öffne ich die Tafel<br />

und es werden Bildkarten (Wattwurm, Seehund, Plankton, Kleinkrebs, Scholle) sichtbar. Wortlos<br />

hefte ich die Überschrift: „Wer frisst wen?“ an die Tafel. In einer Schülerkette ordnen die Schüler<br />

die Bildkarten in der richtigen Reihenfolge, schreiben den Tiernamen zum jeweiligen Bild und er-<br />

läutern ihre Überlegungen. Gemeinsam wird der Begriff „Nahrungskette“ erarbeitet.<br />

Zur Festigung der erarbeiteten Nahrungskette (vom Seehund bis zum Plankton), schiebe ich eine<br />

kurze Stillarbeitsphase ein, in der die Schüler nun eigenständig die eben erarbeitete Nahrungsket-<br />

te korrekt erstellen und beschriften müssen. 147 Während die Schüler arbeiten, werde ich die Tafel<br />

umgestalten, sodass keine Möglichkeit, des Abguckens besteht. Zur qualitativen Differenzierung<br />

arbeiten lernschwache Schüler mit einem Partner zusammen. Die Arbeitsphase beende ich mit<br />

147 Siehe Anhang: A 9.<br />

43


einem akustischen Signal und bitte einen Schüler, sein Arbeitsergebnis laut der Klasse vorzustel-<br />

len, damit die anderen Schüler ihre bearbeiteten Arbeitblätter überprüfen und korrigieren können.<br />

In der sich nun anschließenden zweiten Erarbeitungsphase 148 bauen wir auf den Erkenntnissen<br />

der aufgestellten Nahrungskette auf, um nun ein Nahrungsnetz mit mehreren Nahrungsketten auf-<br />

zustellen, die miteinander vernetzt sind. Hierfür kommen die Schüler erneut in die Kinositzform.<br />

Auf der Tafel befinden sich durcheinander gewürfelt viele Bilder und Wortkarten. Aufgabe der<br />

Schüler ist es, zunächst die ihnen bekannte Nahrungskette darzustellen, diese zu erläutern und<br />

anschließend eine weitere Nahrungskette aufzustellen. Die Schüler, die gerade nicht an der Reihe<br />

sind, erhalten den Auftrag, zu kontrollieren, ob das Kind an der Tafel das Nahrungsnetz korrekt<br />

erstellt. In einer gemeinsamen Auseinandersetzung entsteht nach und nach ein Geflecht aus Nah-<br />

rungsbeziehungen. Möglicherweise übersteigt dieses komplexe, vernetzte Denken das Vorstel-<br />

lungsvermögen einiger Kinder. Des Weiteren ist es möglich, dass es zu Verwirrung und Diskussion<br />

innerhalb der Klasse über die Richtigkeit der Nahrungsbeziehungen kommt. Diese Auseinander-<br />

setzung ist zum Teil von mir gewollt, damit die Schüler sich aktiv mit dem Thema auseinanderset-<br />

zen. Jedoch werde ich darauf achten, das Gespräch Ziel gerichtet zu lenken, damit die Phase nicht<br />

zu lange dauert.<br />

In der sich nun anschließenden Phase der Anwendung stellen die Schüler das eben erarbeitete<br />

Nahrungsgeflecht in Form eines Rollenspieles dar. Hierzu ziehen die Schüler Bildkarten, die meis-<br />

ten Kinder repräsentieren je ein Tier. Ein Kind stellt den Lebensraum „Watt“ dar und fungiert als<br />

Spielführer. 149 Durch Zuwerfen eines Bandes und Verbalisieren der Nahrungsbeziehungen ent-<br />

steht nach und nach ein Geflecht zwischen den Schülern. Zur Unterstützung stehen sowohl Wort-<br />

anfangskarten als auch das gemeinsam erarbeitete Tafelbild zur Verfügung. Abschließend stellen<br />

die Schüler durch Erschlaffen des Bandes und Entstehen von Lücken, Beeinträchtigungen des<br />

Gleichgewichts dar.<br />

Um die in dieser Stunde gewonnen Erfahrungen und Erkenntnisse zu sichern, finden wir uns im<br />

Stuhlkreis ein. Die Schüler erläutern ihre Erkenntnisse. Ich lege die Satzanfangskarten „ich fres-<br />

se…“ und „ich werde gefressen von…“, die an der Tafel hingen in die Kreismitte. Ein Schüler be-<br />

ginnt, die Sätze zu Ende zu führen und nimmt ein Kind dran, das das gemeinte Tier errät. Je nach<br />

verbleibender Zeit kann dieses Spiel in einer Schülerkette fortgeführt werden.<br />

Die Hausaufgabe schließt direkt an die in der Stunde schwerpunktmäßig durch Handeln und<br />

Sprechen erarbeiteten Kenntnisse an und dient der schriftlichen Fixierung des Gelernten. 150<br />

148 Siehe Anhang: A 16, F 16.<br />

149 Die genaue Spielanleitung kann nachgelesen werden in: SCHUBZ - Management, 2007, S. 13.<br />

150 Siehe Anhang: A 10.<br />

44


5.3.6 Verlaufsplanung<br />

Zeit / Phase Lernsituation Schülerverhalten Arbeitsform / Sozialform<br />

Medien<br />

Einstieg<br />

Begrüßung<br />

Stehkreis<br />

8.45-8.50 h Lied vom Wattenmeer<br />

Hinführung / -Stummer Impuls: -S. ordnen Bilder zu Kinositzform<br />

Tafel: Bilder<br />

Erarbeitung I Bilder der Tiere der einer Nahrungskette,<br />

der Tiere<br />

8.50-9.00 h Nahrungskette beschriften die Na- gelenktes UG<br />

TK 1, 12<br />

durcheinander an der men.<br />

Tafel Überschrift: „Wer frisst -S. erläutern die „Nah-<br />

wen?“<br />

rungskette“.<br />

-LA erteilt Arbeitsauf- -S. wiederholt Arbeitstrag<br />

und gibt Ausblick/ auftrag.<br />

Zieltransparenz der -Austeildienst verteilt<br />

Stunde<br />

AB<br />

Arbeitsphase -LA klappt die Tafel zu -S. bearbeiten das AB. gewohnte Sitzord- AB<br />

9.00-9.10 h und gestaltet das Ta- -S. unterstützen sich nung<br />

-Klangstab<br />

TK 2<br />

felbild neu.<br />

gegenseitig.<br />

-LA unterstützt S.<br />

-S. stellt sein fertiges<br />

EA / PA<br />

-LA beendet Arbeitsphase<br />

mit akustischem<br />

AB vor.<br />

Erarbeitung II<br />

9.10-9.20 h<br />

TK 3, 4, 5, 6, 7<br />

TK 12, 13<br />

Anwendung<br />

9.20-9.30 h<br />

TK 7, 9, 12<br />

Sicherungsphase<br />

9.30-9.40 h<br />

TK 8, 9,11<br />

Abschlussphase<br />

9.40-9.45 h<br />

Signal<br />

Stummer Impuls: Bilder<br />

u. Wortkarten des<br />

Nahrungsnetzes<br />

durcheinander.<br />

-LA lenkt das UG<br />

-LA lenkt das Rollenspiel<br />

und greift bei<br />

Bedarf korrigierend<br />

ein.<br />

-LA bittet S. in den<br />

Sitzkreis.<br />

-LA erklärt kurz das<br />

Spiel: Wer bin ich?<br />

-LA legt Kärtchen mit<br />

Satzanfängen in die<br />

Kreismitte<br />

LA erläutert HA<br />

LA beendet die Stunde.<br />

-S. veranschaulichen<br />

mehrere Nahrungsketten<br />

und stellen Beziehungen<br />

zwischen<br />

diesen dar.<br />

-S. verbalisieren ihre<br />

Erkenntnisse.<br />

-S. erläutern Auswirkungen<br />

des Fehlens<br />

eines Elementes im<br />

Netz.<br />

-S. ziehen jeweils eine<br />

Wortkarte mit einem<br />

Tier, das sie darstellen.<br />

-S. stellen mit Hilfe<br />

von Bindfäden die<br />

Nahrungsbeziehungen<br />

dar.<br />

-S. stellen szenisch<br />

dar, welche Auswirkungen<br />

das Fehlen<br />

eines Tieres im Netz<br />

hat.<br />

-S. erläutern wiederholen<br />

ihre aus der<br />

Stunde gewonnen<br />

Erkenntnisse.<br />

-S. vollendet die Satzanfänge.<br />

-die anderen S. erraten<br />

das Tier.<br />

S. gehen an ihre Plätze,<br />

schreiben HA auf,<br />

Austeildienst verteilt<br />

AB<br />

Kinositzform<br />

gelenktes UG<br />

Schülerkette<br />

Rollenspiel<br />

„Bühne“<br />

Sitzkreis<br />

UG<br />

Spiel<br />

Schülerkette<br />

Reserve:<br />

Das Spiel kann je nach<br />

Zeit länger oder kürzer<br />

gespielt werden.<br />

Sitzkreis<br />

gewohnte Sitzordnung<br />

Legende: LA: Lehreranwärterin; S: Schüler; UG: Unterrichtsgespräch; EA: Einzelarbeit;<br />

PA: Partnerarbeit, AB: Arbeitsblatt; HA: Hausaufgabe<br />

Bilder<br />

Wortkarten<br />

Bindfäden<br />

Bildkarten,<br />

Wäscheklammern<br />

Wortkarten:<br />

„ich fresse…“<br />

„ich werde<br />

gefressen<br />

von…“<br />

Wortkarten:<br />

„ich fresse…“<br />

„ich werde<br />

gefressen<br />

von…“<br />

AB HA<br />

45


5.3.7 Reflexion<br />

Die Schüler haben die erwarteten Kompetenzen erreicht. Die kleinschrittige und handelnde Ausei-<br />

nandersetzung mit dem Thema „Nahrungsbeziehungen“ hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. Da es<br />

sich um eine 60-minütige Stunde handelt, konnten sowohl der Aspekt „Nahrungskette“ als auch<br />

das komplexere „Nahrungsnetz“ behandelt werden. Die Visualisierung an der Tafel war sehr hilf-<br />

reich und wurde von einigen Schülern während des Rollenspieles unterstützend genutzt. Die Pha-<br />

se der Gestaltung des Nahrungsnetzes an der Tafel hat länger gedauert, sodass einige Schüler<br />

bereits unruhig wurden und sich ablenkten. Deshalb habe ich an der Stelle lenkend eingreifen<br />

müssen. Um diese Phase zu verkürzen, und auch um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, würde ich<br />

nächstes Mal weniger Tiere auswählen (didaktische Reduktion). Ich hatte mich für diese hohe An-<br />

zahl entschieden, damit jedes Kind ein Tier im Rollenspiel repräsentieren kann. Jedoch könnte<br />

alternativ das Rollenspiel besser zweimal mit einem „Schauspielerwechsel“ durchgeführt werden.<br />

Eine andere Variante wäre, dass jedes Tier einen Paten bekommt, der von außen die Richtigkeit<br />

überprüft. Auf diese Weise wären alle Schüler beteiligt, doch die Gefahr eines Durcheinanders, wie<br />

es in dieser Stunde zum Teil aufgekommen ist, wäre reduziert. Diese Stunde ist ein gutes Beispiel<br />

dafür, dass es wichtig ist, handelnde Phasen mit gemeinsamen Phasen der Verbalisierung abzu-<br />

wechseln, damit es zur Verinnerlichung und Festigung von Lernergebnissen kommt. Aber es ist<br />

auch wichtig, die „schriftlichen Fixierung“ der Lernergebnisse bei einer „handlungsorientierten Un-<br />

terrichtsgestaltung“ nicht zu vernachlässigen.<br />

Das Arbeitsblatt der Hausaufgabe 151 erwies sich für einige Schüler als zu schwer. Hier müsste<br />

entweder mehr differenziert, weniger Tiere gewählt oder eine andere Variante der schriftlichen<br />

Fixierung gewählt werden.<br />

6. Gesamtreflexion<br />

6.1 Planung<br />

Mit der Planung der Einheit bin ich zufrieden. Die ausgeliehenen Materialien des RUZ, RPZ sowie<br />

der RÖSA erwiesen sich als hilfreich und gut. Dies betraf sowohl meine fachliche Planung als auch<br />

das eigenaktive, handlungsorientierte Lernen der Schüler zum Thema „Das Wattenmeer“. Der<br />

Aufbau der Einheit hat sich als logisch aufeinander aufbauend und sinnvoll erwiesen. Die Stunden<br />

waren gut von mir vorbereitet. Dies wird zum größten Teil in den Ausführungen zur Reflexion der<br />

Durchführung im nächsten Kapitel bestätigt. Der Umfang an Sequenzen der Einheit war insgesamt<br />

recht groß konzipiert. Hier könnte überlegt werden, die Themen noch stärker einzugrenzen bzw.<br />

mehr Schwerpunkte zu setzen. Jedoch zeigten die Schüler durchgängig bis zum Schluss eine ho-<br />

he Motivation und Interesse am Thema, sodass ich nicht den Eindruck hatte, dass die Einheit, aus<br />

dieser Sicht betrachtet, hätte kürzer sein sollen.<br />

Die Planung der Exkursion hat sich anfänglich aufgrund verschiedener organisatorischer Bedin-<br />

gungen schwierig gestaltet und die Realisierung war zu Beginn der Einheit noch unsicher. Letzt-<br />

endlich war diese ebenfalls gut geplant und der Zeitpunkt optimal gewählt, sodass die Schüler auf<br />

151 Vgl. Anhang: A 10.<br />

46


ereits im Klassenraum Gelerntes anknüpfen und in der realen Natur um vielfältige Primärerfah-<br />

rungen erweitern konnten.<br />

6.2 Durchführung<br />

Die gute Planung der Unterrichtseinheit spiegelt sich auch in den einzelnen Stunden wider. Im<br />

Großen und Ganzen würde ich zukünftig alles in ähnlicher Form wieder durchführen. Die gewähl-<br />

ten Methoden haben sich bei dieser Lerngruppe als sinnvoll erwiesen. Von besonderer Bedeutung<br />

erschien mir das eigenaktive Erkunden von Realien zu sein.<br />

Alternativ zu dem von mir gewählten strukturellen Aufbau der Stunden, könnte ich mir bei einer<br />

anderen Lerngruppe, die bereits selbstständigeres Arbeiten gewohnt ist (z. B. in einem vierten<br />

Schuljahr), vorstellen, die Einheit noch offener zu konzipieren und in Form eines Projektes durch-<br />

zuführen. Ich hatte den Eindruck, dass für diese Lerngruppe das Verhältnis zwischen eigenaktiven<br />

und Lehrer gelenkten Unterrichtssequenzen in fast allen Stunden ausgewogen und sinnvoll ge-<br />

wählt war. Diese ausgewogene Balance zwischen selbstständigem Arbeiten und dem Zusammen-<br />

führen und Festigen von Lernergebnissen sowie der Nutzung und Kombination einer Methoden-<br />

vielfalt haben sicherlich zu der hohen Motivation der Schüler und nicht zuletzt auch zu den guten<br />

Lernerfolgen bei dieser Lerngruppe geführt (s. Kapitel 6.3). Durch diese in der Unterrichtspraxis<br />

eines „handlungsorientierten Sachunterrichts“ gemachten Erfahrungen bestätigen sich für mich die<br />

in Kapitel 3.2 aufgeführten Aussagen von NUDING, GUDJONS und KAISER.<br />

Die anonymen Schülerantworten des abschließenden Fragebogens geben Auskünfte über die von<br />

den Schülern subjektiv empfundene Effektivität der Methode „Handlungsorientierung“ beim Thema<br />

„Das Wattenmeer“ sowie auf die Qualität meiner Unterrichtsdurchführung und Differenzierung.<br />

Der erste Fragenblock zielt zum Einen auf die Meinung zur interessanten bzw. langweiligen Unter-<br />

richtsgestaltung und zum Anderen auf das subjektive Empfinden des Schweregrades des Lernstof-<br />

fes ab. 152 Von den 18 Schülern der Lerngruppe gaben 17 Kinder an, das Thema „Das Watten-<br />

meer“ interessant gefunden zu haben. „Zu schwer“ gaben 2 Kinder, „zu leicht“ 3 Kinder an. 13 Kin-<br />

der fanden den Unterricht „genau richtig“.<br />

Auch die Schülerantworten auf die Frage, was ihnen am besten gefallen bzw. nicht gefallen habe,<br />

bestätigen die positive Wirkung der „Handlungsorientierung“. Aspekte, die den Schülern weniger<br />

gefallen haben, beziehen sich eher auf Bedingungen, die auch durch eine andere Unterrichtsges-<br />

taltung auftreten können (z.B. schlechtes Wetter). 153<br />

Die produktionsorientierte Methode des Erstellens eines Begleitbuches mit dem Ziel, dieses mit auf<br />

die Klassenreise zu nehmen, erwies sich als sehr positiv. Die Schüler zeigten durchgängig eine<br />

hohe Motivation und haben sich sehr viel Mühe bei der Erstellung gegeben und mit großer Sorgfalt<br />

gearbeitet.<br />

152 Da es sich um zwei verschiedene Aspekte handelt, die ich abfragen möchte, würde ich nächstes Mal an<br />

dieser Stelle die Fragen in zwei Antwortblöcke aufteilen. Viele Kinder haben zunächst nur ein Feld in diesem<br />

Block angekreuzt und mussten auf das weitere Kreuz von mir aufmerksam gemacht werden. Da ich bei jedem<br />

abgegebenen Zettel auf die Vollständigkeit der Kreuze geachtet habe, hat sich die Anonymität des Fragebogens<br />

etwas relativiert.<br />

153 Vgl. Schülerantworten im Anhang: A 14.<br />

47


6.3 Lernerfolg<br />

Wie bereits im vorherigen Kapitel deutlich wurde, ist der Lernzuwachs der Schüler in dieser Einheit<br />

hoch. Es lässt sich feststellen, dass die von mir aufgestellten Endkompetenzen (vgl. Kapitel 4.3)<br />

von den meisten Schülern erreicht wurden. Zur Begründung dieser Aussage nehme ich die Ergeb-<br />

nisse der Lernzielkontrolle als Grundlage sowie vergleichende Betrachtungen hinsichtlich des<br />

Lernzuwachses zwischen den Schüleraussagen des Fragebogens zu Beginn der Einheit und den<br />

Lernergebnissen der Lernzielkontrolle. Unterstützend kann ich Schlüsse aus den anonymen Schü-<br />

lerantworten des Fragebogens zum Ende der Einheit ziehen sowie auf eigene, während der Ein-<br />

heit dokumentierter Lernbeobachtungen einzelner Schülerleistungen, zurückgreifen. Das prozess-<br />

begleitende Dokumentieren ist besonders in Phasen der eigenaktiven Auseinandersetzung der<br />

Schüler und hinsichtlich des Erwerbs prozessbezogener Kompetenzen (z.B. Kooperation in der<br />

Gruppe, kommunikative Fähigkeiten, Umgang mit Arbeitstechniken) von großer Bedeutung. 154<br />

Neben der allgemeinen Darstellung des Lernerfolgs der Lerngruppe werde ich zusätzlich den Lern-<br />

zuwachs eines einzelnen Schülers dokumentieren.<br />

• Auswertung des Fragebogens zu Beginn der Einheit<br />

Einige Ergebnisse des Fragebogens wurden bereits für die Ermittlung der Lernausgangslage ge-<br />

nutzt und im Kapitel 4.2 dargestellt.<br />

Insgesamt wurden ein geringes Vorwissen und wenige primäre Erfahrungen zum Thema „Watten-<br />

meer“ deutlich. Anfängliche Zweifel hinsichtlich der Banalität der Fragen, z. B. ob die Schüler be-<br />

reits an der Nordsee bzw. im Watt gewesen sind, haben sich als sehr aufschlussreich für die Un-<br />

terrichtsplanung erwiesen. Darüber hinaus sehe ich die Schüleraussagen als Indiz für das Zutref-<br />

fen einiger bereits aufgezeigter Aspekte einer „veränderten Kindheit“ und die Bestätigung einer<br />

handlungsorientierten Sachunterrichtsgestaltung.<br />

• Auswertung der Lernzielkontrolle 155<br />

Bevor ich auf die Ergebnisse der Lernzielkontrolle näher eingehe, werde ich kurz die Rahmenbe-<br />

dingungen, insbesondere die qualitative Differenzierung, aufzeigen: Schüler mit anerkanntem<br />

(sonderpädagogischen) Förderbedarf im Bereich Lesen, Schreiben oder Lernen haben unter quali-<br />

tativ differenzierten Bedingungen die Leistungskontrolle geschrieben. Dies betraf in dieser Lern-<br />

gruppe: Andreas, Celin, Andrè und Kevin. Ihnen wurden die Fragen von mir laut vorgelesen. Für<br />

die Beschriftung der Begriffe des Wattwürfels in Aufgabe 2a) habe ich die Wörter unsortiert an die<br />

Tafel geschrieben und einmal laut vorgelesen.<br />

Insgesamt kamen die Schüler mit den meisten Aufgaben und Fragestellungen sehr gut klar. Je-<br />

doch führte die Frage 3 b) nach dem Oberbegriff der Inseln zur Verwirrung. Anstatt der Antwort<br />

„Ostfriesische Inseln“, zählten einige Schüler die einzelnen, oben stehenden Namen der Inseln auf<br />

bzw. schrieben den Merkspruch (s. Tabelle in Kapitel 5.1) auf. Diese Frage würde ich zukünftig in<br />

veränderter Form stellen (z.B. Frage nach dem Namen der Inselgruppe).<br />

154 Vgl. Nuding, A., 2000, S. 80 ff.<br />

155 Die Aufgaben der Lernzielkontrolle befinden sich im Anhang: A 12.<br />

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Die Ergebnisse der Lernzielkontrolle stellen sich wie folgt dar:<br />

Note 1 2 3 4 5 6<br />

Schüleranzahl 5 4 4 4 1 -<br />

Im Vergleich mit anderen Lernzielkontrollen, den Lernvoraussetzungen sowie dem allgemeinen<br />

Leistungsniveau der Klasse, ist das Gesamtergebnis als sehr positiv zu bewerten.<br />

Alternativ zur Leistungsmessung in Form einer Lernzielkontrolle habe ich überlegt, die Schüler<br />

eine bewertete Präsentation durchführen zu lassen. Hierfür hätte die Einheit allerdings anders auf-<br />

gebaut werden müssen. Den Schülern hätte mehr Zeit zur intensiven Vorbereitung mit ihrem spe-<br />

ziellen Teilgebiet zur Verfügung stehen, Kriterien der Beurteilung der Präsentation hätten erarbeitet<br />

werden und Zeit für die tatsächliche Durchführung der Schülerpräsentationen eingeplant werden<br />

müssen. Ich habe mich allerdings für eine Lernzielkontrolle entschieden, um den Lernzuwachs<br />

jedes einzelnen Schülers zu mehreren Teilgebieten überprüfen zu können und habe darauf abzie-<br />

lend meine Einheit konzipiert.<br />

• Individueller Lernzuwachs eines Schülers (Andrè): 156<br />

Andrè ist ein Schüler, der im Sachunterricht mündlich durchschnittliche und schriftlich eher schwa-<br />

che Leistungen erbringt. Da er große Schwierigkeiten im Lesen (und Schreiben) zeigt und sich in<br />

Leistungssituationen oft stark überfordert fühlt, gehört er zu der Schülergruppe, die unter differen-<br />

zierten Bedingungen die Lernzielkontrolle geschrieben hat. Seine Antworten des Fragebogens zu<br />

Beginn der Einheit (auch diese Fragen habe ich ihm vorgelesen) zeigen, dass er über ein sehr<br />

geringes Vorwissen zum Thema „Das Wattenmeer“ aufwies und noch nicht an der Nordsee gewe-<br />

sen war, also wahrscheinlich kaum über Primärerfahrungen verfügte. Umso erfreulicher ist das<br />

Ergebnis der Lernzielkontrolle, bei der ein beachtlicher Lernzuwachs deutlich wird. 157<br />

• Auswertung des abschließenden Fragebogens 158<br />

Der subjektiv von den Schülern empfundene Lernzuwachs wird im Ergebnis des abschließenden<br />

Fragebogens deutlich, bei dem alle Schüler angaben, viel gelernt zu haben.<br />

Werden im Eingangsfragebogen noch viele Fragen der Schüler deutlich, gaben zum Abschluss der<br />

Einheit nur noch wenige Schüler übrig gebliebene Fragen an, die alle noch in der Stunde geklärt<br />

werden konnten.<br />

156 Der Fragebogen sowie die Lernzielkontrolle befinden sich im Anhang: A 11 und A 12.<br />

157 Bei der Korrektur habe ich Andrès Rechtschreibschwierigkeiten berücksichtigt und ihm auch die volle<br />

Punktzahl gegeben wenn er nicht in ganzen Sätzen geantwortet hat, ich jedoch erkennen konnte, was er<br />

aussagen wollte.<br />

158 Dieser befindet sich im Anhang: A 13.<br />

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7. Fazit und Ausblick<br />

Die Ausführungen dieser Hausarbeit zeigen, dass eine „handlungsorientierte Unterrichtsgestal-<br />

tung“ beim Thema „Das Wattenmeer“ eine kind- und zeitgemäße Unterrichtsmethode sein kann,<br />

um erfolgreiche Bildungsprozesse zu gestalten und dadurch die Schüler einer dritten Klasse der<br />

Pfälzerschule auf die bevorstehende Klassenfahrt auf die Ostfriesische Insel Langeoog angemes-<br />

sen vorzubereiten. Somit kann die eingangs aufgestellte Leitfrage nun abschließend mit einem „Ja“<br />

beantwortet werden.<br />

Im Rahmen meiner handlungsorientierten Durchführung dieser Unterrichtseinheit wurde eine Viel-<br />

falt an Methoden und Zugangsweisen zum Thema genutzt sowie diese sinnvoll miteinander kom-<br />

biniert. Hierdurch konnte sowohl adäquat auf die heterogenen Lernvoraussetzungen und Erfah-<br />

rungen der Schüler dieser Lerngruppe eingegangen und damit an ihre Lebenswelten angeknüpft,<br />

als auch eine aktive Erschließung ihrer Umwelt gefördert und effektive Lernprozesse ermöglicht<br />

werden, sodass dem Bildungsanspruch des Sachunterrichts gerecht werden konnte.<br />

Bei allen Chancen, die eine Unterrichtsgestaltung, die auf „Handlungsorientierung“ basiert, mit sich<br />

bringt, stellt diese jedoch kein Patentrezept und keine Garantie für gelingenden Unterricht dar. Für<br />

den Erfolg von handlungsorientierten Bildungsprozessen sind aus meiner Sicht zwei Aspekte we-<br />

sentlich:<br />

• Zum Einen sollte berücksichtigt werden, dass Handeln alleine noch nicht automatisch zu ei-<br />

nem erwünschten Lernerfolg führt. Soll das Handeln der Schüler effektiv und zielgerichtet<br />

sein, bedarf es einer angemessenen Planung und Vorbereitung seitens der Lehrkraft.<br />

• Zum Anderen sollten sich offene Unterrichtsphasen, in denen die Schüler sich eigenständig<br />

mit dem Thema auseinander setzen, mit geschlossenen Phasen abwechseln, um Erfahrun-<br />

gen und Lernergebnisse zu verbalisieren und dadurch zu verinnerlichen und zu sichern. Beide<br />

Phasen sollten in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und miteinander ver-<br />

knüpft werden.<br />

Abschließend kann ich festhalten, dass ich in meiner zukünftigen Lehrertätigkeit eine „handlungs-<br />

orientierte Unterrichtsgestaltung“ sowohl beim Thema „Das Wattenmeer“, als auch bei weiteren<br />

Themen des Sachunterrichts sowie anderer Unterrichtsfächer wieder einsetzen würde.<br />

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