IRRGEISTER - Verein für Natur
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44 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
1.Historie<br />
„Wanderfalke und Uhu an den Bruchhauser Steinen“<br />
Die Stiftung Bruchhauser Steine hat eine neue Broschüre über den Wanderfalken und den<br />
Uhu an den Bruchhauser Steinen veröffentlicht, die von Mitgliedern des VNV<br />
erstellt wurde. An dieser Stelle möchten wir die Arbeit vorstellen:<br />
Da es keine alten ornithologischen Schriften aus<br />
dem Sauerland gibt, ist über das Vorkommen vom<br />
Uhu und Wanderfalke vor dem 19. Jahrhundert<br />
nichts bekannt.<br />
Die ersten Hinweise auf ein mögliches Vorkommen<br />
von Wanderfalke und Uhu liefert Annette von Droste-<br />
Hülshoff. Die wohl bekannteste Schriftstellerin Westfalens<br />
besuchte 1824 die Familie Gaugrebe, die<br />
damaligen Besitzer der Bruchhauser Steine. 1840<br />
wurde ihre literarische Aufarbeitung der Reise im<br />
Buch „Das malerische und romantische Westphalen“<br />
veröffentlicht (SCHÜCKING & FREILIGRATH 1840).<br />
ANNETTE VON DROSTE HÜLSHOFF schreibt<br />
über die Bruchhauser Steine: „Habichte, Falken und<br />
Käuze siedeln in den zerklüften Felsen und steigern<br />
durch ihr Gepfeife oder lautloses Umkreisen der<br />
Zacken den Eindruck des wildpittoresken Bildes.“<br />
Leider war Annette von Droste-Hülshoff nicht naturkundlich<br />
bewandert, so bleibt unklar, ob Turm- oder<br />
Wanderfalken an den Felsen brüteten und ob mit<br />
Käuzen nicht doch Uhus gemeint waren.<br />
2. Vorkommen des Wanderfalken<br />
SUFFRIAN schreibt über das Vorkommen von Wanderfalken<br />
im Sauerland 1846: „...,auch in der Gegend<br />
von Brilon und Bredelaer bemerkt, aber dort<br />
noch nicht brütend gefunden, wiewohl letzteres keineswegs<br />
unwahrscheinlich ist.“<br />
Nur wenig später im Jahr 1849 schreibt LANDAU:<br />
„Wohl hat man ihn in den rauen Bergen um Brilon und<br />
Bredelar auch im Sommer bemerkt.“ Da der Wanderfalke<br />
bei Brilon und Marsberg-Bredelar damals<br />
als Sommervogel (= Brutvogel) vorkam ist sicher davon<br />
auszugehen, dass die Bruchhauser Steine als<br />
Alpha-Brutplatz (= optimal Brutplatz) in Westfalen<br />
schon damals besiedelt waren. DEMANDT schreibt<br />
1959 über die Wanderfalken Südwest-falens: „Um<br />
die Jahrhundertwende war der Wanderfalke (Falco<br />
peregrinus) als Brutvogel in Südwestfalen so gut wie<br />
ausgerottet. Nur an den Bruchhauser Steinen war<br />
hin und wieder noch ein Paar zur Brut geschritten.“<br />
In einem Aktenordner der Bezirksregierung Arnsberg<br />
fi ndet sich ebenfalls der Hinweis, dass die Bruchhauser<br />
Steine um 1900 vom Wanderfalken als Brutplatz<br />
genutzt wurden. Im Jahr 1932 vermerkt REICH-<br />
LING: „Wie mir aus zuverlässiger Quelle berichtet<br />
wird, hatte jahrelang ein Paar seine Horststätte an<br />
den Bruchhauser Steinen.“ In Berichten über naturkundlichen<br />
Reisen zu den Bruchhauser Steinen fi ndet<br />
sich bis in die 50er Jahre mehrfach der Hinweis<br />
auf das Vorkommen des Wanderfalken. So schreibt<br />
KOPPE 1935: „Von den Vögeln erfreuten uns auch<br />
wieder der prächtige Wanderfalk, ...“. Nähere Einzelheiten<br />
wurden nicht übermittelt.<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich<br />
in der St. Franziskus Grundschule Bruchhausen ein<br />
Präparat eines weiblichen Wanderfalken im Jugendkleid<br />
befi ndet. Dieses Präparat befand sich bereits<br />
1948 dort, als ein heutiger Lehrer mit dem Schulbesuch<br />
begann. Da man ab 1934 die neu eingeführten<br />
Schutzgesetze zumindest weitgehend einhielt und in<br />
der direkten Nachkriegszeit bestimmt kein Präparat<br />
anfertigte, muss das Präparat vor 1934 entstanden<br />
sein.<br />
Genauere Daten zum Vorkommen des Wanderfalken<br />
liegen bis 1951 nicht vor. Es ist trotzdem davon<br />
auszugehen, dass die Bruchhauser Steine als Alpha-<br />
Brutplatz Westfalens von 1900 bis 1950 durchgehend<br />
besiedelt waren. DEMANDT & SCHRÖDER schreiben<br />
1969 über die allgemeine Bestandssituation in<br />
Westfalen: „Bis gegen Ende der 1920er Jahre gibt<br />
es nur sehr vereinzelte Brutnachweise. Von diesem<br />
Zeitpunkt an bis etwa 1945 nimmt der Brutbestand<br />
in Ost- und Südwestfalen merklich zu, was auf einen<br />
konsequenten Schutz zurückzuführen ist.“ Von 1951<br />
bis zum zeitweiligen Aussterben 1972 liegen dann<br />
erstmals genauere Daten vom Wanderfalken an den<br />
Bruchhauser Steinen vor<br />
(DEMANDT 1970/71, KÖPKE schriftlich,<br />
PROCHNOW schriftlich, DAUBERT schriftlich). In 21<br />
Jahren von 1951-1969 gab es nur vier erfolgreiche<br />
Bruten. Es wurden nur zehn Jungfalken (1953/3,<br />
57/2, 60/2, 63/1, 64/2) fl ügge.<br />
Die Reproduktionsdaten der anderen acht Brutplätze<br />
im HSK und vier weiteren im restlichen Sauerland<br />
waren noch weit schlechter. Die meisten Brutplätze<br />
wurden bereits gegen Ende der 1950-er Jahre verlassen.<br />
Ab 1967 waren die Bruchhauser Steine der<br />
einzige noch besetzte Brutplatz in ganz NRW.<br />
Im Jahr 1969 kam es zur letzten Brut <strong>für</strong> 21 Jahre.<br />
Die zwei Jungfalken wurden von einem Falkner ausgehorstet.<br />
Von 1970 bis 1972 hielt dann nur noch ein<br />
adulter Einzelvogel den Platz besetzt. Dann waren<br />
auch die Bruchhauser Steine verwaist und der Wanderfalke<br />
damit in NRW ausgestorben.<br />
Im Frühjahr 1977 wurden Wanderfalkenfedern im