IRRGEISTER - Verein für Natur
IRRGEISTER - Verein für Natur
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26. Jahrgang<br />
Themen:<br />
OAG-Berichte<br />
2007 und 2008<br />
Der Hirschkäfer<br />
Wa Wanderfalke n d e r f a l k e uund n d UUhu h u<br />
an den Bruchhauser Steinen<br />
<strong>Natur</strong>schutzsnachrichten<br />
<strong>IRRGEISTER</strong><br />
2009 1<br />
<strong>Natur</strong>magazin<br />
des <strong>Verein</strong>s <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im HSK e.V.<br />
NABU-Partner im HSK<br />
2009
2 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im<br />
Hochsauerlandkreis e.V.<br />
Geschäftsstelle und VNV-Station:<br />
Internet: www.vnv-hsk.de<br />
e-mail: mail@vnv-hsk.de<br />
Sauerlandstr. 74a, (Kloster Bredelar)<br />
34431 Marsberg-Bredelar<br />
Tel. 02991/908136<br />
Vorstand:<br />
Bernhard Koch 1. Vorsitzender 02377/805525<br />
viper8410@web.de<br />
Franz-Josef Stein 1. stellv. Vors. 02991/1281<br />
bfj-stein@t-online.de<br />
Johannes Schröder 2. stellv. Vors. 02991/1599<br />
j-e-schroeder@t-online.de<br />
Harald Legge Schriftführer, Ornith. AG<br />
02962/880669<br />
Haraldlegge@web.de<br />
Richard Götte Schatzmeister 02961/908710<br />
Richard.Goette@t-online.de<br />
Erweiterter Vorstand:<br />
Michaela Hemmelskamp 0291/51737<br />
wilkens66@aol.com<br />
Gerd Kistner 02932/37832<br />
gerd-kistner@t-online.de<br />
Sven Kuhl 02992/907700<br />
(Reptilien und Amphibien)<br />
Jörg Langanki 02933/921119 (Botanik-AG)<br />
MrBot22@aol.com<br />
Martin Lindner 02933/5639 (Wanderfalken)<br />
Falkmart1960@aol.com<br />
Erich Neuß<br />
Norbert Schröder 02992/4764 (Rotes Höhenvieh)<br />
BrigitteNorb.S@t-online.de<br />
Wolfgang Wilkens 0291/51737<br />
wilkens66@aol.com<br />
Vorstandsitzung:<br />
Jeden 2. Freitag im Monat, 19.15-22.30 Uhr, Gasthof<br />
Hengsbach, Bestwig. Die Sitzung ist öffentlich.<br />
Die Rechte der Vervielfältigung und auszugsweisen<br />
Wiedergabe liegen bei den Herausgebern. Für den<br />
Inhalt sind die Verfasser verantwortlich.<br />
Die Irrgeister werden allen Mitgliedern des VNV und den im<br />
HSK wohnenden NABU-Mitgliedern kostenlos zugesandt.<br />
Die Irrgeister werden auf weißem Recyclingpapier<br />
gedruckt.<br />
Bankverbindungen:<br />
Sparkasse Hochsauerland Brilon, Kto.-Nr. 68577<br />
(BLZ 41651770)<br />
Volksbank Thülen eG, Brilon-Thülen Kto.-Nr. 4002100900<br />
(BLZ 40069371)<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Praktische <strong>Natur</strong>schutzarbeit 4<br />
Arbeitseinsätze 7<br />
OAG-Bericht 2007 und 2008 8<br />
Hilfe <strong>für</strong> die Wasseramsel 30<br />
Der Hirschkäfer 33<br />
Honig - ein wertvolles <strong>Natur</strong>produkt 40<br />
Korbfl echten... 42<br />
Wanderfalke und Uhu an den Steinen 44<br />
Buchbesprechungen 49<br />
Kormorane brauchen Freunde 51<br />
Fenster <strong>für</strong> die Feldlerche 52<br />
Gute <strong>Natur</strong>schutznachrichten 54<br />
Das Beifußblättrige Traubenkraut 56<br />
Große Nussjagd in NRW 58<br />
VNV-Fahrt 60<br />
Pfl aumen im HSK 61<br />
Apfelsaft-Schaupressen 64<br />
Uhu erleidet Stromtod 65<br />
Verfahrensarbeit 70<br />
Neue VNV-Fläche Eickert 72<br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
Monika Althaus, Harald Legge, Martin Lindner,<br />
Richard Götte, Klaus Stute, Franz-Josef Lecke,<br />
Lars Dietrich, Michael Schmitz, Klaus Kretschmer,<br />
Jörg Langanki, Irmgard Brückner, Axel<br />
Blume, Bernhard Koch<br />
Redaktion und Layout:<br />
Harald Legge und Richard Götte<br />
Titelfotos: R. Götte<br />
Acker bei Medebach,<br />
Acker-Hohlzahn (Galeopsis ladanum)<br />
Rebhuhn<br />
3
4 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Praktische <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />
Kernbereich der VNV-Aktivitäten<br />
Die Aktivitäten unseres <strong>Natur</strong>schutzvereins sind<br />
breit gestreut – Sie als VNV-Mitglied und IRR-<br />
GEISTER-Leser/-in wissen das.<br />
Den Kernbereich bildete aber schon immer die<br />
praktische <strong>Natur</strong>schutzarbeit. In diesem Heft<br />
soll Ihnen wieder ein Überblick gegeben werden,<br />
was ein Kreis von 15 – 20 Leuten in diesem<br />
Bereich in den letzten Monaten leistete.<br />
• Obstwiesenschutz<br />
Von August bis Oktober 2009 wurden etwa 80<br />
Obstbäume, die VNV und Biostation in den<br />
letzten Jahren auf seinen <strong>Natur</strong>schutzfl ächen<br />
pfl anzten, nachgesichert. Das heißt, die alte Umzäunung<br />
der Bäume wurde entweder durch eine<br />
völlig neue ersetzt oder die alte wurde so weit<br />
erneuert, dass sie auch in Zukunft den Verbiss<br />
der Obstbäume durch Schafe und Ziegen verhindert,<br />
die auf den Flächen weiden. Diese zeitaufwendige<br />
Arbeit geschah überwiegend auf drei<br />
gut besuchten Arbeitseinsätzen.<br />
Insgesamt 17 abgestorbene Bäume wurden<br />
durch neue ersetzt. Dabei achteten wir darauf,<br />
dass die neu gepfl anzten Obstbäume, überwiegend<br />
Apfel, zu regionalen und teilweise älteren<br />
Sorten gehören. Außerdem wurden über 100 von<br />
uns gepfl anzte Obstbäume geschnitten. Denn<br />
gerade in den ersten Jahren ist es <strong>für</strong> eine lange<br />
Lebensdauer der Bäume unerlässlich, dass ihnen<br />
ein richtiger Schnitt verpasst wird. Anderenfalls<br />
würden die Kulturpfl anzen zu dicht wachsen und<br />
Feuchtwiesenpfl ege in den Irrgeistern - verdiente Pause. (Foto: H. Legge)<br />
in guten Obstjahren zusammenbrechen.<br />
Aber auch indirekt fördern wir die ökologisch<br />
wertvollen Streuobstwiesen. Im Stadtgebiet<br />
Marsberg betreuten wir an drei Tagen im September/<br />
Oktober eine mobile Saftpresse. Dort<br />
konnte jeder aus der Bevölkerung seine Äpfel<br />
gegen Entgelt pressen lassen und bekam garantiert<br />
den Saft seiner Äpfel wieder mit, fertig abgepackt<br />
und schonend haltbar gemacht.<br />
Zu den Obstbaum-Aktivitäten im Sunderaner<br />
Raum siehe den gesonderten Artikel von Jörg<br />
Langanki.<br />
In den nächsten Monaten werden wir einige<br />
Samstage auf unserer Obstwiese hinter der
Schützenhalle von Marsberg-Udorf verbringen.<br />
Dort müssen dringend überalterte Obstbäume<br />
gepfl egt werden<br />
• Feuchtwiesenpfl ege<br />
Traditionell standen ab Spätsommer einige Arbeitseinsätze<br />
auf Feuchtwiesen auf unserem<br />
Programm. Wie jedes Jahr mähten wir einen<br />
Teil der Irrgeister und eine Wiese bei Elkeringhausen,<br />
beide Stadtgebiet Winterberg, außerdem<br />
unsere Flächen am Ebenkopf, Nuttlar, und im<br />
Wäschebachtal bei Marsberg-Westheim.<br />
Früh übt sich ..... (Foto: H. Legge)<br />
Die Pfl egeeinsätze fanden bei schönem, trockenem<br />
Wetter statt. Das hatte auch den Vorteil,<br />
dass der Grasschnitt schon trocken und damit<br />
erheblich leichter war.<br />
Im November wurde auf unserer Wiese im Langenbruch,<br />
Brilon-Rixen, Stockausschlag entfernt.<br />
In den kommenden Jahren wird dies nicht<br />
mehr oder nur noch eingeschränkt nötig sein,<br />
da die Fläche seit letztem Sommer von Rindern<br />
eines örtlichen Landwirtes nach <strong>Natur</strong>schutzvorgaben<br />
beweidet werden.<br />
• Rotes Höhenvieh<br />
In die Feuchtwiesenpfl ege involviert ist unsere<br />
aus über 20 Tieren bestehende Herde des Roten<br />
Höhenviehs. Unsere Rinder weiden nicht nur<br />
verschiedene Feuchtwiesen, sondern auch trockenes<br />
Magergrünland im Raum Marsberg-Brilon.<br />
Diese von uns forcierte, an die traditionelle<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Nutzung angelehnte Bewirtschaftung der <strong>Natur</strong>schutzfl<br />
ächen mit Rindern ist sehr zeitintensiv<br />
und hängt fast ausschließlich an einer Handvoll<br />
Leute.<br />
Die Arbeit am Roten Höhenvieh ist vielfältig. (Foto: F.-J. Stein)<br />
Um die Zusammenhänge <strong>Natur</strong>schutz von Magergrünland<br />
– seltene Rinderrasse – tiergerechte<br />
Haltung – regionale Vermarktung unters Volk zu<br />
bringen, aber auch um die Vermarktung unseres<br />
Rotviehs weiter zu verbessern, arbeiten wir mit<br />
ausgewählten Gastronomiebetrieben zusammen:<br />
In den vergangenen Herbstferien gab es zwei<br />
„Rotvieh-Wochen“ beim Schinkenwirt, Olsberg.<br />
Der Schinkenwirt zauberte leckere Gerichte unseres<br />
Jungbullen Laurus auf die Teller der Gäste,<br />
die guten Anklang fanden. Auch der Jägerhof<br />
in Brilon bot wieder Fleischgerichte unserer<br />
Rinder in gewohnter Qualität an. Daneben vermarktet<br />
der VNV das Fleisch an Privatpersonen.<br />
Dieses ist in Portionen von meistens 30 – 40 kg<br />
geteilt (einschließlich Knochen). Es besteht u.a.<br />
aus Steak, Kotelett, Gulasch, Hackfl eisch und<br />
Rouladenfl eisch und braucht nur noch eingefroren<br />
zu werden.<br />
Wer in Zukunft an diesem hochwertigen Fleisch<br />
interessiert ist und unser Projekt „Rotes Höhenvieh“<br />
unterstützen möchte, kann sich mit<br />
Johannes Schröder (Tel. 02991-1599) in Verbindung<br />
setzen.<br />
5
6 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
• Erhalt von Magerrasen und Heiden<br />
Im laufenden Winterhalbjahr bilden Pfl egeeinsätze<br />
auf Magerrasen und Heiden den Schwerpunkt.<br />
Im Marsberger Raum wurde und wird auf<br />
einer Vielzahl von Halbtrockenrasen entkusselt,<br />
dass heißt, aufkommende Sträucher, überwiegend<br />
Schwarzdorn, werden so weit zurückgedrängt,<br />
dass eine Beweidung mit Schafen und<br />
Ziegen weiterhin möglich ist. Diese Tiere übernehmen<br />
dann den Hauptteil der Pfl egearbeit.<br />
Auch auf Heiden, genannt werden soll die<br />
Braunshauser Heide im Stadtgebiet Hallenberg,<br />
werden ähnliche Arbeiten stattfi nden. Auf dieser<br />
Heide im letzten Winkel des HSK fi ndet wie immer<br />
unser erster Einsatz im neuen Jahr statt.<br />
Arbeitseinsätze – Machen Sie mit!<br />
Erfreulich ist, dass in dieser Saison das ein oder<br />
andere neue Gesicht bei unseren Einsätzen mitmachte.<br />
Je mehr Leute teilnehmen, desto mehr<br />
Lebensraum <strong>für</strong> bedrohte Tier- und Pfl anzenarten<br />
wird erhalten. Darum: Machen Sie mit und<br />
verbinden Sie <strong>Natur</strong>schutz, Sport an der frischen<br />
Luft und Erholung! Arbeitsgerät, Kuchen und<br />
Bier werden gestellt.<br />
Bei Fragen können Sie gerne die Einsatzleiter<br />
ansprechen. Ein Anruf kurz vor einem Arbeitseinsatz<br />
empfi ehlt sich in jedem Fall, da sich sehr<br />
kurzfristig Änderungen der Einsatzorte ergeben<br />
können.<br />
Harald Legge<br />
Entfernen von Gehölzaufwuchs und Grasschnitt auf Magerrasen. Fotos: H. Legge)
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Arbeitseinsätze bis Frühjahr 2010:<br />
02.01.2010: NSG „Braunshauser Heide“ bei Hallenberg-Braunshausen<br />
Entbuschen der Heide<br />
(Leiter: Franz-Josef Stein, 02991-1281)<br />
16.01.1010: NSG „Auf der Wiemecke“ südwestlich Marsberg-Obermarsberg<br />
Entbuschen eines Magerrasens<br />
(Leiter: Johannes Schröder, 02991-1599)<br />
30.01.2010: NSG „Dahlberg“ bei Marsberg-Westheim<br />
Abharken eines gemähten und entbuschten Halbtrockenrasens<br />
(Leiter: Werner Schubert, 02991/6003)<br />
13.02.2010: NSG „Wulsenberg“ bei Marsberg<br />
Abharken eines gemähten und entbuschten Halbtrockenrasens<br />
(Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />
27.02.2010: NSG „Glockengrund“ bei Marsberg-Udorf<br />
Entbuschen eines Halbtrockenrasens „Weinberg“<br />
(Leiter: Johannes Schröder, 02991-1599)<br />
13.03.2010: NSG „Namenlosetal“ bei Winterberg-Silbach<br />
Aufräumen eines entfi chteten Fläche<br />
(Leiter: Werner Schubert, 02991/6003)<br />
27.03.2010: Ort wird noch festgelegt; siehe VNV-Homepage<br />
Terminhinweis: Erfassung überwinternder Bekassinen und Zwergschnepfen<br />
Zwischen Weihnachten und Silvester 2009 sollen überwinternde Bekassinen<br />
und Zwergschnepfen gesucht werden. Dabei sollen im gesamten HSK potentielle<br />
und aus den vergangenen Jahren bekannte Überwinterungsplätze dieser<br />
beiden Schnepfenarten aufgesucht und abgegangen werden.<br />
Wer Interesse hat, dabei mitzumachen, kann sich melden bei Bernhard Koch,<br />
Tel. 02377-805525.<br />
7
8 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Bericht der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft im<br />
VNV (OAG) <strong>für</strong> die Jahre 2007 und 2008<br />
Wie nun schon seit Jahrzehnten sind jedes Frühjahr wieder die Mitarbeiter der OAG im gesamten<br />
Kreisgebiet unterwegs, um die Brutbestände von über 50 Vogelarten möglichst genau zu erfassen.<br />
Die Ergebnisse werden von den zuständigen Artbearbeitern zusammengetragen und ausgewertet.<br />
In diese Auswertung fl ossen darüber hinaus auch Beobachtungen mit ein, die uns von anderen <strong>Natur</strong>interessierten<br />
gemeldet wurden.<br />
Im vorliegenden Bericht sind die Ergebnisse <strong>für</strong> die Jahre 2007 und 2008 zusammengefasst.<br />
OAG-Aktivitäten<br />
Traditionell fi ndet im Januar jeden Jahres unser<br />
OAG-Treffen statt. Dabei werden bei Kaffee und<br />
Kuchen vor allem die Kartierungsergebnisse aus<br />
der Brutsaison des Vorjahres diskutiert und der<br />
Arbeitsplan <strong>für</strong> das kommende Frühjahr abgesteckt.<br />
Abgerundet wird solch ein Treffen durch<br />
einem Beamervortrag über eine stattgefundene<br />
interessante Reise eines OAG-Mitarbeiters oder<br />
durch ein Vogelquiz.<br />
Wer Lust hat, beim nächsten OAG-Treffen einmal<br />
„hereinzuschnuppern“, ist herzlich eingeladen.<br />
Bitte keine Berührungsängste – es geht nicht<br />
abgehoben wissenschaftlich zu! Der Termin der<br />
nächsten OAG-Sitzung ist am 06.02.2010.<br />
ADEBAR-Kartierung abgeschlossen<br />
Wie im letzten <strong>IRRGEISTER</strong>-Heft (2008) berichtet,<br />
beteiligte sich die OAG über ihre „normale“<br />
Arbeit hinaus auch am Atlas der deutschen<br />
Brutvogelarten (ADEBAR). Bei diesem Projekt<br />
wurden erstmals deutschlandweit die Populationen<br />
aller Brutvogelarten erfasst. Für den gesamten<br />
HSK stellte die OAG die geforderten<br />
Daten zusammen. Das bedeutete nicht nur interessante<br />
Geländearbeit - gezieltes Kartieren von<br />
Vögeln – sondern auch viel Schreibtischarbeit.<br />
Denn die Daten mussten zusammengefasst und<br />
digitalisiert werden.<br />
Die Ergebnisse aus dem HSK können sich sehen<br />
lassen, so die Rückmeldung der ADEBAR-Verantwortlichen.<br />
Es ist eine Fläche etwa so groß<br />
wie das Saarland von uns bearbeitet worden, und<br />
die Aussagen zu den meisten Arten sind fundiert<br />
– auch dank unserer Kenntnisse über die Sauerländer<br />
Vogelwelt aus den Vorjahren.<br />
Danksagung<br />
Die Artbearbeiter der unten aufgeführten Arten<br />
haben viel Zeit damit verbracht, die gemeldeten<br />
Daten zusammenzustellen, aufzuarbeiten und zu<br />
kommentieren. Darüber hinaus gaben sie Daten<br />
anderer zu bearbeitenden Arten, die sie in Feldarbeit<br />
sammelten, an die entsprechenden Artbearbeiter<br />
weiter.<br />
Des Weiteren haben viele Personen Daten an die<br />
OAG gemeldet<br />
All diesen Personen gebührt großer Dank. Denn<br />
ohne sie wäre dieser Bericht nicht möglich geworden;<br />
ohne sie wären die Kenntnisse über die<br />
Vogelwelt des HSK bedeutend lückenhafter.<br />
Kanadagans am Stausee Olsberg (Foto: R. Götte)
Worterklärungen:<br />
juv.: juvenil, Jungvogel<br />
immat.: unausgefärbt<br />
pullus/pulli: Dunenjunges/Dunenjunge<br />
ad.: adult, Ausgewachsener<br />
Aufruf zur Meldung von Vogeldaten<br />
BP: Brutpaar<br />
1,1: 1 Männchen, 1 Weibchen<br />
2,0: 2 Männchen, 0 Weibchen<br />
Ex.: Exemplar<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Die OAG bittet alle Interessierten, Vogelbeobachtungen der beschriebenen Arten aus dem HSK,<br />
die auf eine Brut hindeuten, formlos, z. B. per E-Mail, an sie zu melden. Um diese Daten verwenden<br />
zu können, müssen sie enthalten: Datum, genaue Ortsangabe, Anzahl der Exemplare und<br />
Art des Bruthinweises/-nachweises (z. B. Gesang, Futter tragend, Art über längeren Zeitraum zur<br />
Brutzeit anwesend, ...), Name des Beobachters.<br />
Die OAG freut sich über weitere aktive Mitarbeiter. Dazu sind Vorkenntnisse wünschenswert,<br />
aber nicht erforderlich.<br />
Weitere Infos von Harald Legge (E-Mail: haraldlegge@web.de).<br />
Ergebnisse der Bestandsaufnahmen genauer erfasster Arten <strong>für</strong> die Jahre 2007 und 2008<br />
2007 2008<br />
Höckerschwan<br />
(Erfassungsgrad: 100 %; M. Hemmelskamp):<br />
Der Brutbestand in 2007 ging von 14 wieder auf<br />
acht Paare zurück. Sie brachten insgesamt 14<br />
Junge zur Welt.<br />
Kanadagans (80 %; B. Koch):<br />
An der Brutverbreitung der Kanadagans im Sauerland<br />
hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht viel<br />
geändert. Insgesamt konnten 24 BP beobachtet<br />
werden.<br />
Der Winterbestand 2007/2008 im Ruhrtal zwischen<br />
Arnsberg-Vosswinkel und Wickede-Echthausen<br />
lag bei max. 310 Ex.<br />
Die Brutpaare verteilen sich wie folgt:<br />
- 13 BP um Arnsberg-Vosswinkel<br />
- 4 BP im „NSG Enser See“ mit insgesamt 10<br />
fl . juv.<br />
- 1 BP Arnsberg-Niedereimer (erfolglos)<br />
- 1 BP Arnsberg-Jägerbrücke (erfolglos)<br />
- 2 BP am Sorpesee/Vorbecken mit 1 x 8 juv.<br />
- 1,1 16.04-13.05 auf dem Klärteich bei<br />
Brilon-Scharfenberg (ohne Brut)<br />
Höckerschwan<br />
(100 %; M. Hemmelskamp):<br />
Der Bestand vom Höckerschwan hat leicht auf<br />
10 Paare zugenommen, jedoch werden durch<br />
Störung immer wieder Brutplätze aufgegeben.<br />
Kanadagans (80%; B. Koch):<br />
Nach wie vor liegt die Hauptverbreitung der Kanadagans<br />
im westl. Kreisgebiet und dem angrenzenden<br />
Kreis Soest. Es bildet sich allerdings ein<br />
neues Verbreitungsgebiet um Alme und die angrenzende<br />
Aabachtalsperre und die Westheimer<br />
Teiche. Ein weiteres Brutvorkommen wird vom<br />
Sorpesee gemeldet. Der Gesamtbestand „brütender“<br />
Paare liegt bei etwa 40 - 42 Paaren.<br />
Der Winterbestand 2008/2009 im Ruhrtal zwischen<br />
Arnsberg-Voßwinkel und dem NSG<br />
„Ruhrstau Echthausen“ betrug max. 430 Vögel.<br />
Brutzeitbeobachtungen einzelner Paare liegen<br />
aus dem Raum Marsberg-Bredelar, Brilon-<br />
Scharfenberg, dem Diemelsee, Schmallenberg-<br />
9
10 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007 2008<br />
- 2 BP auf dem Wertheimer Teichen mit insgesamt<br />
5 fl üggen juv. (3 + 2 juv.).<br />
Graugans (80 %;B. Koch):<br />
Der Brutbestand hat sich im Jahr 2007 auf 35<br />
brütende Paare erhöht; 102 juv. wurden insgesamt<br />
fl ügge. Der Winterbestand im Ruhrtal zwischen<br />
Arnsberg-Vosswinkel – Wickede-Echthausen<br />
lag im Winter 2007/2008 bei 280 Ex.<br />
Ende März wieder in einer Gruppe mit max. 16<br />
Ex. am Diemelsee, aber (noch?) keine Brut<br />
Nilgans (90%; B. Koch):<br />
Für 2007 wurden 10 BP mit 22 fl üggen juv. sowie<br />
10 Verlobungspaare gemeldet. Einige Verlobungspaare<br />
werden in 2008 wohl erstmals zur<br />
Brut schreiten.<br />
Weißwangengänse im Flug (R. Götte)<br />
Wachtel (30 %; R. Götte):<br />
Die Wachtelbeobachtungen im HSK beziehen<br />
sich ausschließlich auf Feststellungen von Rufern<br />
in der Feldfl ur. Mit 47 Daten rufender Ex.<br />
liegt der Wert im Durchschnitt der letzten Jahre.<br />
Hauptgebiete sind die Medebacher Bucht und<br />
die Feldfl uren um Marsberg. Weitere Feststellungen<br />
liegen aus Meschede und Brilon vor.<br />
Rebhuhn (40 %; F. Giller):<br />
Nachdem im März und April 2007 mindestens<br />
1 rufender Hahn bei Arnsberg-Vosswinkel verhört<br />
werden konnte, war es sehr erfreulich, im<br />
September/ Oktober 2007 ein adultes Paar mit<br />
Grafschaft, dem Hennesee, dem Ruhrtal bei<br />
MES-Freienohl, Arnsberg-Voßwinkel und Alt-<br />
Arnsberg vor.<br />
Graugans (80 %;B. Koch):<br />
Der Brutbestand lag 2008 bei 36 „brütenden“<br />
Paaren, mit mindestens 86 Juv..<br />
Der Winterbestand im Ruhrtal zwischen Arnsberg-Voßwinkel<br />
und dem KSG „Ruhrstau bei<br />
Echthausen“ betrug 2008/2009 ca. 340 Vögel.<br />
Brutzeitbeobachtungen einzelner Paare oder<br />
kleiner Gruppen liegen vom Hennesee, dem<br />
Sorpesee, dem Diemelsee und den Teichen am<br />
Forsthaus Glashütte an der Kreisgrenze bei<br />
Marsberg-Essentho vor.<br />
Nilgans (90%; B. Koch):<br />
Für 2008 wurden 16 BP mit 36 Juv. und 9 Verlobungspaare<br />
gemeldet.<br />
Weißwangengans (100%; B. Koch):<br />
Im Frühjahr 2008 verhielten sich 1,1 aus einer<br />
max. 4-köpfi gen Gruppe brutverdächtig an<br />
einem Brutplatz von Grau- und Kanadagänsen<br />
im NSG „Ruhrstau“ bei Echthausen. Eine Brut<br />
oder ein Brutversuch konnte nicht nachgewiesen<br />
werden. Die kleine, offenbar aus Gefangenschaft<br />
entfl ogenen Weißwangengansgruppe hält sich<br />
bereits seit einigen Jahren im Ruhrtal zwischen<br />
Arnsberg-Voßwinkel und Schwerte auf.<br />
Wachtel (30 %; R. Götte):<br />
Die Wachtelbeobachtungen im HSK beziehen<br />
sich ausschließlich auf Feststellungen von Rufern<br />
in der Feldfl ur. Mit 73 Daten rufender Ex.<br />
liegt der Wert höher als die letzten Jahre.<br />
Deutliche Zunahmen gab es in den Feldfl uren um<br />
Marsberg und Brilon. Deutliche Abnahmen sind<br />
in der Medebacher Bucht festzustellen. Dieser<br />
Trend setzt sich aus den letzten Jahren fort.<br />
Rebhuhn (40 %; F. Giller):<br />
Nachdem in 2007 bei Arnsberg-Voßwinkel ein<br />
Brutnachweis des Rebhuhns erbracht werden<br />
konnte, wurden auch im Jahre 2008 dort Rebhühner<br />
beobachtet. Das westliche Brutvokom-
2007<br />
13 fl üggen Jungen an gleicher Stelle wiederholt<br />
nachweisen zu können. Damit besteht wieder im<br />
Westen des HSK ein Brutvorkommen.<br />
Außerdem liegen Beobachtungen von einzelnen<br />
Exemplaren und Paaren von 7 verschiedenen<br />
Stellen aus dem Raum Medebach – Hallenberg<br />
vor. Dazu kommt noch eine Paarbeobachtung bei<br />
Marsberg-Erlinghausen. Alle Beobachtungen<br />
fi elen in die Brutzeit.<br />
Eine Kette von 19 Ex. im Dezember 2007 bei<br />
Sundern-Altenhellefeld ist auf eine Aussetzung<br />
zurückzuführen. Im Herbst 2006 wurden in Meschede-Visbeck<br />
2,3 Ex. von König freigelassen.<br />
Haselhuhn (B. Koch):<br />
Für 2007 gibt es keine verwertbaren Daten über<br />
diese Art.<br />
Zwergtaucher (90 %; B. Koch):<br />
2007 gab es HSK-weit 13 Brutplätze mit 23<br />
Brutpaaren und mindestens 15 fl üggen Jungvögeln.<br />
Bei der Ruhrpopulation von Meschede-<br />
Freienohl/ Langel bis Arnsberg-Hüsten wurden<br />
durch mehrere starke Hochwässer bis Mitte Juli<br />
sämtliche Bruten und Jungvögel vernichtet.<br />
Haubentaucher (100 %; W. Wilkens):<br />
Der Haubentaucher brütet am Henne-, Sorpe-<br />
und Diemelsee. Weiterhin an den Westheimer<br />
Teichen, dem Stausee Olsberg und dem Enser<br />
See. Es wurden insgesamt 52 BP mit 87 pulli<br />
gemeldet.<br />
Graureiher (80 %; B. Koch):<br />
Auf 10 Kolonien verteilen sich 2007 insgesamt<br />
101 Bruten. Außer die beiden Teilkolonien in<br />
Schmallenberg-Gleidorf wurden im Sauerland<br />
keine Kolonien durch Kyrill geschädigt. Was<br />
zur Aufgabe der erst 2005 begründeten kleinen<br />
Kolonien in Sundern-Hachen führte, ist unbekannt.<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
11<br />
men im HSK scheint sich zu stabilisieren.<br />
Weitere Beobachtungen:<br />
Sundern<br />
Jeweils einen Vogel in Hövel und in Altenhellefeld,<br />
die aus Auswilderungen stammen.<br />
Medebach/Hallenberg<br />
Im Sommer 2008 gab es vier Beobachtungen<br />
von Paaren und 3 Einzelbeobachtungen.<br />
Marsberg<br />
Im Bereich Höling wurden mehrfach Rebhühner<br />
gesichtet. Im Spätsommer 2008 wurde eine Kette<br />
mit 11 Vögeln beobachtet.<br />
Bei Borntosten gab es im August 2008 eine Beobachtung<br />
von 10 – 12 Vögeln. Bei Essentho<br />
gab es eine Einzelbeobachtungen und die Sichtung<br />
von zwei Vögeln, die wahrscheinlich ebenfalls<br />
aus Auswilderungen stammen.<br />
Haselhuhn (B. Koch):<br />
Für 2008 wird eine Sichtbeobachtung gemeldet:<br />
Im Februar 2008 wurden auf einer Kyrillfl äche<br />
bei Arnsberg 4 Ex aufgemacht.<br />
Zwergtaucher (90 %; B. Koch):<br />
2008 wurden 9 Brutplätze mit 14 Brutpaaren<br />
und mindestens 11 Juv. nachgewiesen.<br />
Durch den besonders niedrigen Wasserstand der<br />
Ruhr im Frühjahr konnten einige „alte“ Brutplätze<br />
(Ruhrstau Arnsberg-Hüsten) nicht besiedelt<br />
werden.<br />
Haubentaucher (100 %; W. Wilkens):<br />
An den gleichen Gewässern wurden 2008 insgesamt<br />
64 BP gemeldet. Es wurden jedoch nur 37<br />
pulli festgestellt.<br />
Graureiher (80 %; B. Koch):<br />
Auf 12 Kolonien verteilt sind 2008 insgesamt 95<br />
erfolgreiche Bruten gezählt worden.<br />
Nachdem die beiden Kolonien in Schmallenberg-Gleidorf<br />
2007 durch Kyrill stark geschädigt<br />
bzw. zerstört wurden, siedelten sich in diesem<br />
Jahr 3 Paare an der Kläranlage in Schmallenberg<br />
an.
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
12 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007 2008<br />
Schwarzstorch (40 %; F.-J. Stein):<br />
2007 wurden nur 21 Reviere und davon nur 11<br />
mit Brutnachweisen ermittelt. Der Trend des<br />
Vorjahres setzte sich fort. Daten von Förstern<br />
kamen so gut wie gar nicht.<br />
Insgesamt wurden mindestens 20 Jungvögel bei<br />
den 11 Brutnachweisen ermittelt. Bei 2 Bruten<br />
konnten keine Jungvögel nachgewiesen werden<br />
und einmal stürzte der Brutbaum durch einen<br />
Sommersturm vor der Kontrolle um.<br />
Brutbestandsentwicklung des Schwarzstorches im HSK<br />
Brutreviere<br />
Jungvögel<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Durch Kyrill sind wohl nur 2 Horstbäume zerstört<br />
worden, mehrfach wurden jedoch Störungen<br />
durch die Aufarbeitung der Orkanschäden<br />
dokumentiert. Diese Arbeiten können auch<br />
zu Horstaufgaben in folgenden Jahren führen.<br />
Wespenbussard (20 %; E. Neuß):<br />
HSK-weit wurden 31 Reviere gemeldet. Der<br />
Bestand könnte sich – vielleicht auf Grund<br />
schlechten Wetters – gegenüber dem Vorjahr<br />
verschlechtert haben. Denn es gibt mehrere Negativnachweise<br />
aus Gebieten, wo die Art in den<br />
letzten Jahren brütete.<br />
Rotmilan (50 %; M. Lindner):<br />
Es wurden 40 Brutpaare und 13 Brutreviere gemeldet.<br />
Bis auf Brilon liegen aus allen anderen<br />
Stadt- bzw. Gemeindegebieten Meldungen vor.<br />
Durch den Sturm Kyrill wurden mind. 7 Horste<br />
zerstört. Auch während der Brutzeit 2007 wurden<br />
mind. 2 Horste scheinbar durch Sturm zerstört,<br />
was zu 2 Brutverlusten führte.<br />
Schwarzstorch (40 %; F.-J. Stein):<br />
Das Jahr 2008 brachte <strong>für</strong> den Schwarzstorch<br />
ein „normales“ Ergebnis mit 25 Brutrevieren.<br />
Bei den 10 Revieren mit Brutnachweisen konnten<br />
insgesamt 27 Jungvögel ermittelt werden. 2<br />
neue Reviere wurden festgestellt bzw. konkretisiert.<br />
Schwarzstorch aus Conrad Gesner Vogelbuch 1669<br />
Wespenbussard (15 %; R. Götte):<br />
HSK-weit wurden 15 Reviere gemeldet. Dies ist<br />
nur die Hälfte der Meldungen gegenüber dem<br />
Vorjahr. Der gesamte Brutbestand liegt sicherlich<br />
deutlich höher, da die Art oft übersehen<br />
wird.<br />
Rotmilan (50 %; M. Lindner):<br />
Es wurden 34 Brutpaare (BP) und 7 Brutreviere<br />
(Rev) gemeldet. Bis auf Brilon liegen aus allen<br />
anderen Stadt-, bzw. Gemeindegebieten Meldungen<br />
vor. Besonders durch Daten von Wolfgang<br />
Schulte konnte Bearbeitungslücken in Meschede<br />
und Eslohe geschlossen werden.
2007 2008<br />
Schwarzmilan (80 %; W. Schubert):<br />
Im Hochsauerlandkreis gab es im Kartierjahr<br />
2007 insgesamt 5 Reviere mit Brutnachweis<br />
oder Brutverdacht. Ein zusätzliches Revier lag<br />
grenzübergreifend (inklusive Horstbaum) außerhalb<br />
des HSK in Hessen.<br />
Baumfalke (20-30 %; F. Schnurbus):<br />
In 2007 sind deutlich weniger Meldungen eingegangen.<br />
Insgesamt wurden 9 mögliche Reviere<br />
festgestellt. Jeweils eine wahrscheinliche und<br />
eine mögliche Brut wurden beobachtet.<br />
Wanderfalke in einer Steinbruchwand (Foto: R. Götte)<br />
Wanderfalke (90 %; M. Lindner):<br />
Im HSK wurden 2007 6 Revierpaare festgestellt,<br />
wobei eins außerhalb der Kreisgrenze<br />
brütete. Die Hälfte der Plätze lagen fanden an<br />
Bauwerken statt. Alle Felsbrüter waren wegen<br />
den gleichfalls in diesen Revieren anwesenden<br />
Uhupaaren erfolglos. Auch von den Bauwerksbrütern<br />
war nur eins erfolgreich, da in zwei Revieren<br />
Brutmöglichkeiten fehlten.<br />
Die Reviere im Einzelnen:<br />
HSK 1 (Bruchhauser Steine):<br />
Brut am Bornstein erfolglos. Uhupaar ohne Brut<br />
anwesend.<br />
HSK 4 (Steinbruch):<br />
Die 2 Jungfalken wurden im Alter von ca. 3 Wochen<br />
vom Uhu geschlagen. Das Uhupaar brütet<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
13<br />
Schwarzmilan (80 %; W. Schubert):<br />
Im Hochsauerlandkreis (und dem angrenzenden<br />
Hessen) gab es im Kartierjahr 2008 insgesamt 4<br />
sichere Reviere, davon 3 mit Brutnachweis oder<br />
Brutverdacht.<br />
Die positive Bestandsentwicklung des Schwarzmilans<br />
der letzten Jahre hat sich auf einem Niveau<br />
von 5-7 Brutpaaren stabilisiert.<br />
Baumfalke (30 %; F. Schnurbus):<br />
In diesem Jahr gab es wieder mehr Meldungen.<br />
Der Baumfalke kommt in weiten Teilen des<br />
Kreisgebietes vor, Brutnachweise bzw. das Ausfi<br />
ndigmachen der Horste fällt schwer und gelingt<br />
nur unter hohem Zeitaufwand, den nur die<br />
wenigsten leisten können. Es zeigt sich, dass es<br />
bei den Plätzen mit Brutverdacht eine gewisse<br />
Standorttreue gibt, wie die Beobachtungen aus<br />
dem Raum Erlinghausen, Marsberg, Westheimer<br />
Teiche, die Plätze bei Arnsberg-Neheim und<br />
Sundern und in gewisser Weise auch der Medebacher<br />
Bucht zeigen. Dort gelang allerdings kein<br />
Reviernachweis. Ein Brutnachweis war leider<br />
nirgendwo zu verzeichnen.<br />
Bilanz:<br />
5 mal Brutverdacht<br />
Wanderfalke (95 %; M. Lindner):<br />
Im HSK wurden 2008 sieben besetzte Reviere<br />
festgestellt, wobei eins außerhalb der Kreisgrenze<br />
brütete. Ein weites Brutpaar wird im<br />
Kreis Paderborn betreut. Alle 4 Felsbrüter waren<br />
wegen den gleichfalls in diesen Revieren<br />
anwesenden Uhupaaren erfolglos. Von den 4<br />
Bauwerksbrütern waren 3 erfolgreich. 3 Beobachtungen<br />
(9.3+1.5 je 1 Ex und 26.4 1,1) von<br />
immaturen Wanderfalken am Fürstenberg bei<br />
Arnsberg-Bachum sprechen <strong>für</strong> ein Revier im<br />
angrenzenden Kreis Soest. Da es sich um immature<br />
Falken handelt, dürfte dort aber keine Brut<br />
stattgefunden haben.<br />
Die Reviere im Einzelnen:<br />
HSK 1 (Bruchhauser Steine):
14 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007<br />
hier ca. 700 m entfernt.<br />
HSK 5 (Bauwerk):<br />
Es wurden 2 Jungfalken fl ügge.<br />
HSK 6 (Steinbruch):<br />
Das Brutpaar hatte mind. einen Jungvogel, welcher<br />
von Uhu geschlagen wurde. Es hat sich ein<br />
Uhupaar neu in diesem Steinbruch angesiedelt.<br />
HSK 8 (Steinbruch):<br />
Hier wurde sowohl das Weibchen als auch mind.<br />
1 Jungvoge, vom im gleichen Steinbruch brütenden<br />
Uhu geschlagen.<br />
HSK 9 (Fernmeldeturm):<br />
Neu angesiedeltes Paar, welches wegen fehlender<br />
Nistmöglichkeit nicht brütete (s. Artikel<br />
Irrgeister 2008).<br />
HX 3 (Bauwerk):<br />
Wegen schlechter Nistmöglichkeit blieb die Brut<br />
mit einem Dreiergelege erfolglos. Bei der Entdeckung<br />
dieses Brutplatzes wurden auch noch<br />
Eier bzw. Eifragmente eines Vierergeleges aus<br />
2006 gefunden.<br />
Wachtelkönig (20 %; M. Lindner):<br />
Im Jahr 2007 kam es scheinbar zu größeren Einfl<br />
ügen von Wachtelkönigen in den HSK. Es gab in<br />
8 Gebieten Nachweise. Maxima: NSG „Auf dem<br />
Bruch“ bei Marsberg-Essentho mit 3 Nachweisen<br />
(maximal 12 Rufer) und NSG „Nuhnewiesen“<br />
bei Hallenberg mit 3 Nachweisen (1x1 und<br />
2x2 Rufer), ferner NSG „Kehling/ Stuckerlen“<br />
im Ruhrtal bei Meschede-Wennemen mit ca. 8<br />
Nachweisen (immer 1 Rufer). Wahrscheinlich<br />
wurde im NSG „Auf dem Bruch“ bei Marsberg-<br />
Essentho und im NSG „Kehling/Stuckerlen“<br />
bei Meschede-Wennemen gebrütet, zumindest<br />
können wir hier Brutverdacht äußern. Der Raum<br />
Arnsberg-Vosswinkel wurde am 7. Juni kontrolliert,<br />
wobei kein Nachweis erbracht wurde.<br />
2008<br />
Brut am Bornstein erfolglos. Uhupaar ohne Brut<br />
anwesend.<br />
HSK 4 (Steinbruch):<br />
Brut erfolglos. Das Uhupaar brütet hier ca. 700<br />
m entfernt.<br />
HSK 5 (Bauwerk):<br />
Es wurden 4 Jungfalken fl ügge.<br />
HSK 6 (Steinbruch):<br />
Das Revier ist nur noch von einem adulten Weibchen<br />
besetzt.<br />
HSK 8 (Steinbruch):<br />
Hier wurde das Weibchen noch vor Brutbeginn<br />
vom Uhu (Wanderfalkenrupfung in Uhubrutnische)<br />
geschlagen. Am Ende der Brutzeit kam<br />
es zur Paarbildung mit einem neuen Weibchen.<br />
Zu einer Brut kam es nicht mehr.<br />
HSK 9 (Bauwerk):<br />
Im April verschwand das Männchen spurlos.<br />
Eine spätere Kontrolle erbrachte den Nachweis<br />
eines Eies im Nistkorb.<br />
HX 3 (Bauwerk):<br />
In einem aus Weiden gefl ochtenem Hundekorb<br />
kam es zur Brut. Aus vier Eier schlüpften 3<br />
Jungfalken. Obwohl ein Jungfalke (Terzel) ca.<br />
10 Tage später schlüpfte als seine Geschwister<br />
(1 Terzel und 1 Weibchen) wurden alle fl ügge.<br />
PB 2 (Bauwerk):<br />
In einem Rabenkrähennest an einem Brückenpfeiler<br />
wurden 4 Jungfalken fl ügge.<br />
Wachtelkönig (20 %; M. Lindner):<br />
Auch im Jahr 2008 kam es scheinbar wieder zu<br />
größeren Einfl ügen von Wachtelkönigen in den<br />
HSK. Am 27.06, Nestfund in einer Mähwiese<br />
bei Marienglück westlich Medebach-Medelon<br />
(s. Artikel Irrgeister 2008)! Dies ist der Erstbrutnachweis<br />
im HSK. Brutnachweise sind in ganz<br />
NRW extrem selten. Im Bereich des Brutplatzes<br />
neben dem Nestfund 5 Rufnachweise, meist tags<br />
(Rufnachweise unten nur aufgeführt wenn auch<br />
weitere Rufer verhört wurden).<br />
In 13 Gebiete des HSK kam es zu Nachweisen.<br />
An 8 Plätzen wurde nur 1 x 1 Rufer gehört. Im<br />
NSG Essenthoer Bruch kam es zu 2 Nachweisen<br />
eines Rufers. In 2 Gebieten, Weizenacker nordwestlich<br />
Marsberg-Essentho mit 2 Rufern und<br />
Brache PFT Fläche bei Brilon-Scharfenberg mit
Wanderfalkenjungvogel im bereitgestellten Nistkorb<br />
(Foto: M. Lindner)<br />
2007 2008<br />
Kiebitz (90 %; G. Schöllmann):<br />
Es gab 2007 einen Brutversuch im Stadtgebiet<br />
Schmallenberg. Bis Mitte Mai war ein Paar 2<br />
Wochen auf einem Maisfeld anwesend, das wegen<br />
der Bewirtschaftung dann verlassen wurde.<br />
Kiebitz (Foto: R. Götte)<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
15<br />
max. 3 Rufern, kam es zu 3 Nachweisen. Im Gebiet<br />
mit dem Brutnachweis bei Medebach-Medelon<br />
kam es zu 5 Nachweise mit max. 3 Rufern.<br />
Schwerpunktgebiet war das NSG Nuhnewiesen<br />
bei Hallenberg mit 11 Nachweisen und mindestens<br />
3 Rufern. Auch in den 3 Gebieten mit Mehrfachnachweisen<br />
ohne Brutnachweis können wir<br />
von einem Brutverdacht ausgehen.<br />
Kiebitz (90 %; G. Schöllmann):<br />
Der Kiebitz bleibt auch in 2008 im HSK ausgestorben.<br />
Selbst in den Niederungen von NRW<br />
wird der Kiebitz immer seltener.<br />
Die Brutpaare bringen zwar Jungvögel zum<br />
Schlupf, aufgrund von Nahrungsmangel sterben<br />
die meisten aber schon nach wenigen Tagen.<br />
Durch die gravierenden Einschnitte in ihrem Lebensraum<br />
ist der Kiebitz Landesweit im Bestand<br />
bedroht.<br />
Den Hochsauerlandkreis nutzt der Kiebitz nur<br />
noch als Durchzugsgebiet.<br />
Interessanterweise rasten die Vögel oft auf ehemaligen<br />
Brutplätzen.
16 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007<br />
Flussregenpfeifer (50%; F. Duty):<br />
Es wurden 7 BP mit nur 4 Jungen ermittelt. Weiterhin<br />
wurden im großen Steinbruch Rösenbeck/<br />
Madfeld 3 Reviere angegeben, zu denen aber die<br />
Brutnachweise fehlen.<br />
Das Jahr 2007 war offensichtlich kein erfolgreiches<br />
Brutjahr. 4 Brutplätze gingen verloren<br />
und nur an 2 Brutplätzen war ein Bruterfolg zu<br />
vermelden. Nur 4 Jungvögel konnten gezählt<br />
werden! Möglicherweise wirkte sich der viele<br />
Regen im Frühjahr 2007 negativ aus. Sehr interessant<br />
ist ein Brutplatz, wo möglicherweise<br />
1 Männchen mit 2 Weibchen eine Paarbildung<br />
einging.<br />
Flussregenpfeifer (Foto: R. Götte)<br />
Waldschnepfe (15 %; B. Koch):<br />
Für 2007 liegen folgende Meldungen vor:<br />
- 4,0 mit Balzfl ug im Arnsberger Wald bei<br />
Meschede-Enste am 06.04. (Wilkens)<br />
- mind. 1,0 mit Balzfl ug NSG „Harmorsbruch“<br />
nördl. Meschede am 07.04. (Wilkens)<br />
- 2,0 mit Balzfl ug bei Bestwig-Föckinghausen<br />
am 15.04. (Wilkens)<br />
- 1,0 mit Balzfl ug im Kohlwedertal bei<br />
Meschede-Eversberg am 22.04. (Wilkens)<br />
- 1,1 „sich jagend“ NSG „Niederfelder<br />
Hochheide“ am 28.04. (Legge)<br />
- Ein Nestfund (4 Eier) bei Küstelberg<br />
durch Förster Eikmeyer<br />
2008<br />
Flussregenpfeifer (50%; G. Schöllmann):<br />
Sieht man von den Einzelbeobachtungen ab, gab<br />
es nur 6 Brutpaare in 2008 ohne echten Brutnachweis.<br />
Die ausbleibenden Jungvögel und die schwindende<br />
Anzahl der Brutplätze lassen <strong>für</strong> die Zukunft<br />
Schlimmes be<strong>für</strong>chten.<br />
Der Flußregenpfeifer brütet im Hochsauerlandkreis<br />
ausschließlich in Sekundärbiotopen.<br />
Die bestehenden alten Habitate verkrauten mit<br />
den Jahren immer mehr, so das sie <strong>für</strong> den Flußregenpfeifer<br />
nicht mehr attraktiv sind und somit<br />
die Zahl der Brutpaare abnimmt (z.B. Holzgewerbepark<br />
Fredeburg von 3 BP in 2005 auf 1BP<br />
in 2008).<br />
Neue geeignete Biotope kommen nicht mehr<br />
dazu, wodurch der Flußregenpfeifer keinen Lebensraum<br />
mehr fi ndet. Hinzu kommt noch ein<br />
erhöhter Freizeit- und Nutzungsdruck in den<br />
bestehenden Revieren, woraus sich auch der<br />
ausbleibende Bruterfolg zum Teil mit erklären<br />
lässt.<br />
In der kommenden Brutzeit sollte verstärkter<br />
in Steinbrüchen und auf Industriebrachen nach<br />
dieser interressanten Art Ausschau gehalten<br />
werden.<br />
Waldschnepfe (15 %; B. Koch):<br />
Für 2008 liegen folgende Meldungen vor:<br />
06.04. +<br />
10.04.08 1,0 mit Balzfl ug „Dütlingstal“<br />
bei Marsberg-Essentho (Pohlmeyer)<br />
10.04.09 1,0 mit Balzfl ug südl. Glashütte<br />
zwischen Brilon-Madfeld und Marsberg-Essentho<br />
(Pohlmeyer)<br />
12.04. +<br />
08.05.08 1,0 mit Balzfl ug bei Marsberg-<br />
Bredelar „Lichten Eichen“ (Pohlmeyer)<br />
12.04.08 1,0 mit Balzfl ug „Hellegraben“<br />
zwischen Fürstenberg/PB und Marsberg/Essentho<br />
(Pohlmeyer)<br />
16.04. +<br />
23.04.08 1,0 mit Balzfl ug Marsberg „Auf<br />
dem Bruch“ (Pohlmeyer)<br />
17.04.08 1,0 mit Balzfl ug „Wickenbruch“<br />
zwischen SU/Meinkenbracht und Obersalwei<br />
(Langanki)
2007<br />
Bekassine (Foto: R. Götte)<br />
Bekassine (100 %; W. Schubert):<br />
Die Bekassine ist im Hochsauerlandkreis ausgestorben.<br />
Es liegen keine Brutzeitbeobachtungen<br />
vor. Die späteste Beobachtung wurde am<br />
19.04.07 auf der neuen VNV-Wiese bei Brilon-<br />
Madfeld von Franz-Josef Stein gemacht.<br />
Hohltaube (max. 35 %; F.-J. Stein):<br />
Die Hohltaube kann bei genauerer Untersuchung<br />
in allen Teilen des Hochsauerlandkreises<br />
nachgewiesen werden.<br />
Die Erfassung im Jahr 2007 erbrachte 79-81 Reviere<br />
und damit wieder einen neuen Rekord in<br />
den jetzt 7 Jahren der genaueren Bestandsaufnahme.<br />
Allerdings wurden wieder nur 6 Brutnachweise<br />
bzw. besetzte Höhlen kartiert.<br />
Als Bewohner alter Buchenwälder muss die<br />
Hohltaube auch in den nächsten Jahren intensiv<br />
kontrolliert werden, denn die Beeinträchtigungen<br />
durch den immer stärker werdenden Einschlag<br />
der Rotbuchenbestände nehmen eindeutig zu.<br />
Besonders interessant sind die Nachweise in den<br />
Steinbrüchen des Hochsauerlandkreises. 2007<br />
konnten 17 Reviere in Steinbrüchen ermittelt<br />
werden!<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
17<br />
20.04.08 1,0 mit Balzfl ug NSG „Harmorsbruch“<br />
nördl. Meschede (Wilkens)<br />
26.04.08 1,0 mit Balzfl ug und „puitzen“<br />
über einem Birkenbruch bei<br />
SU/Meinckenbracht/Saalwei (Vollmer)<br />
26.04.08 2,0 mit Balzfl ug nördl. Bestwig-<br />
Föckinghausen (Wilkens)<br />
04.06.08 1 Ex auf einer Windwurffl äche<br />
am südl. Rand des NSG „Neuer Hagen“ / Niedersfeld<br />
Hochheide bei Winterberg-Niedersfeld<br />
aufgescheucht (Schubert)<br />
Bekassine (100 %; W. Schubert):<br />
Die Bekassine ist im Hochsauerlandkreis ausgestorben.<br />
Es liegen keine Brutzeitbeobachtungen<br />
vor.<br />
Hohltaube (max. 35 %; F.-J. Stein):<br />
Die Hohltaubennachweise wurden in 2008 stark<br />
durch die ADEBAR-Kartierung beeinfl usst. Dabei<br />
wurden zwar 30 neue Nachweise erbracht,<br />
gleichzeitig wurden viele bekannte Brutgebiete<br />
aus Zeitgründen nicht kontrolliert. Mit den 45<br />
Nachweisen aus bekannten Revieren wurden<br />
insgesamt 75 Brutzeitbeobachtungen mit revieranzeigenden<br />
Merkmalen gemeldet. Dabei<br />
gab es nur 2 Brutnachweise durch das Verlassen<br />
der Bruthöhle durch einen Altvogel nach Kratzen<br />
am Brutbaum. Außerdem gab es 2008 nur 2<br />
Nachweise aus Steinbrüchen als Brutbiotop. Im<br />
Vorjahr wurden hier noch 17 Exemplare nachgewiesen.<br />
Insgesamt wuchs die Zahl der jemals gemeldeten<br />
Reviere der Hohltaube auf 136. Die Art kann somit<br />
in fast allen größeren Buchenwäldern des<br />
Hochsauerlandkreises mit älteren Baumbeständen<br />
angetroffen werden. Wegen des starken<br />
Einschlags in den Buchenwäldern des Hochsauerlandkreises<br />
wäre ein mit den Förstern abgestimmtes<br />
Kennzeichnungssystem <strong>für</strong> Brutbäume<br />
wünschenswert und notwendig. Dieses soll<br />
bei nächster Gelegenheit abgestimmt werden.<br />
Beispiele <strong>für</strong> den Einschlag von Höhlenbäumen<br />
können von der Ornithologischen Arbeitsge-
18 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007<br />
Turteltaube (20 %; E. Neuß):<br />
HSK-weit wurden 39 Reviere gemeldet. In weiten<br />
Teilen des HSK ist die Art bereits ganz verschwunden.<br />
In den Stadtgebieten Marsberg und<br />
Brilon sowie in der Medebacher Bucht ist sie<br />
noch vereinzelt zu hören.<br />
Kuckuck (Foto: R. Götte)<br />
Kuckuck (60 %; B. Koch):<br />
Insgesamt konnten 47 Exemplare (27 Rufer und<br />
20 Durchzügler) beobachtet werden.<br />
Die im Vergleich zum Jahr 2006 erheblich größere<br />
Anzahl beobachteter Kuckucke ist auf einen<br />
Presseaufruf zurückzuführen. Hierdurch kam es<br />
auch zu Meldungen aus bisher kaum besuchten<br />
Gebieten.<br />
Die Meldungen verteilen sich wie folgt:<br />
Arnsberg: 2 Durchzügler<br />
Sundern: 6 (1 Rufer, 5 Durchzügler)<br />
Meschede: 1 Durchzügler<br />
Eslohe: 2 (1 Rufer, 1 Durchzügler)<br />
Bestwig: 1 Durchzügler<br />
Olsberg: 1 Durchzügler<br />
Brilon: 2 Rufer<br />
Marsberg: 16 (10 Rufer, 6 Durchzügler)<br />
Schmallenberg: 7 (5 Rufer, 2 Durchzügler)<br />
Winterberg: 6 (4 Rufer, 2 Durchzügler)<br />
Medebach: 3 Rufer<br />
Schleiereule (30 %; F. Giller):<br />
Leider gibt es nur 1 Brutzeitbeobachtung von<br />
der westlichen Kresigrenze bei Arnsberg-Vosswinkel.<br />
Später im Jahr gab es ebenfalls im<br />
Arnsberger Raum noch viele Einzelbeobachtungen.<br />
Darüber hinaus wurden frische Gewölle<br />
in Sunder-Stockum, Brilon-Radlinghausen sowie<br />
2008<br />
meinschaft des <strong>Verein</strong>s <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz<br />
im Hochsauerlandkreis <strong>für</strong> Wälder aller<br />
Eigentumsverhältnisse, auch <strong>für</strong> den Staatsforst,<br />
dokumentiert werden.<br />
Turteltaube (20 %; R. Götte):<br />
In 2008 wurden 61 Reviere gemeldet.<br />
Kuckuck (60 %; B. Koch):<br />
Nachdem bereits 2007 über die Lokalpresse zu<br />
Meldungen „rufender Kuckucke“ im HSK aufgefordert<br />
wurde. Aufgrund des guten Erfolges<br />
wurde auch 2008 wieder über die Lokalpresse<br />
zu Meldungen über rufende Kuckucke im Sauerland<br />
aufgerufen. So kamen Datensätze von 47<br />
Beobachtungsorten zusammen. Allerdings wurden<br />
in der Brutperiode 2008 nur insgesamt 23<br />
Beobachtungsorte gemeldet.<br />
Die Meldungen verteilen sich wie folgt:<br />
Arnsberg: 2 (1 Rufer, 1 Durchzügler)<br />
Sundern: 1 Durchzügler<br />
Meschede: 3 (2 Rufer, 1 Durchzügler)<br />
Eslohe: 1 Rufer<br />
Bestwig: 1 Rufer<br />
Olsberg: 1 Durchzügler<br />
Brilon: 1 Rufer<br />
Marsberg: 5 Rufer<br />
Schmallenberg: 2 Durchzügler<br />
Winterberg: 5 (3 Rufer, 2 Durchzügler)<br />
Medebach: 1 Rufer<br />
Schleiereule (30 %; F. Giller):<br />
In 2008 gab es im HSK nur sehr wenige Beobachtungen<br />
von Scheiereulen. Brutnachweise<br />
konnten nicht erbracht werden.
2007<br />
in den Marsberger Dörfern Erlinghausen, Heddinghausen<br />
und Udorf gefunden. Bei den letzten<br />
4 Fundorten handelt es sich um Bauernhöfe, in<br />
denen Schleiereulenkästen aufgehängt wurden.<br />
Da es in den Gebieten Arnsberg-Sundern und<br />
Brilon-Marsberg Beobachtungen und Gewöllefunde<br />
gab, müssen Schleiereulen in den letzten<br />
Jahren dort erfolgreich gebrütet haben.<br />
Raufußkauz (30 %; M. Lindner):<br />
Es gab 2 Brutnachweise und 8 Rufnachweise.<br />
Ein aus einer Höhle schauender Kauz zur Brutzeit<br />
ist als Brutnachweis zu werten.<br />
Rufnachweise:<br />
19.02 2 Ex. rufend auf 3 km am Triftweg Ostseite<br />
Wildwald Voßwinkel (Koch)<br />
21.04 1 Ex. rufend NSG „Neuer Hagen“ bei<br />
Winterberg-Niedersfeld (Legge)<br />
06.05 1 Ex. rufend „Urwald“ im Wildwald Vosswinkel<br />
(Koch)<br />
08.05 1 Ex. rufend bei Bestwig-Föckinghausen<br />
(Wilkens)<br />
18 .06 1 Ex. rufend im Kohlwedertal bei Meschede-Eversberg<br />
(Wilkens)<br />
2 Ex. rufend an verschiedenen Tagen im NSG<br />
„Hunau“ bei Bödefeld (Volkmer)<br />
Steinkauz (100 %, M. Lindner):<br />
Erstmals seit vielen Jahren gelangen bei Arnsberg-Vosswinkel<br />
2 Nachweise. Am 4. Februar<br />
und am 7. September wurde je 1 Ex nachgewiesen.<br />
Am 4. Februar hassten 46 Vögel verschiedener<br />
Arten auf den Steinkauz. Die Nachweise<br />
hängen mit dem Vorkommen direkt hinter der<br />
Kreisgrenze bei Menden-Bargel im MK zusammen.<br />
Sperlingskauz (? %; M. Lindner):<br />
Alle Nachweise aus 2007:<br />
14.04. 1 Ex. rufend an Lichtung Arnsberger<br />
Wald bei Meschede-Enste (Wilkens)<br />
20.04. 1 Ex. rufend an Lichtung Vogelsang bei<br />
Meschede (Wilkens)<br />
26.04. 1 Ex. rufend an Lichtung Vogelsang bei<br />
Meschede (Wilkens)<br />
13.05. 1 Ex. rufend an Windwurffl äche Hennesee<br />
(Wilkens)<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Arnsberg<br />
3 Einzelbeobachtungen und 2 Totfunde.<br />
Marsberg<br />
Ein Totfund im März 2008.<br />
19<br />
Raufußkauz (30 %; M. Lindner):<br />
Es gab 1 Brutnachweis und 4 Gebiete mit Rufnachweisen.<br />
Sowie ein Brutnachweis durch<br />
Todfund eines gerade fl üggen Jungkauzes am<br />
Kehlberg bei Bödefeld. Kein Nachweis in der<br />
Probefl äche Arnsberger Wald.<br />
Rufnachweise:<br />
08.05 1 Ex. rufend im Kohlwedertal bei Meschede-Eversberg<br />
(Wilkens)<br />
10.04 1 Ex. rufend beim Forsthaus Glashütte<br />
westlich Marsberg-Essentho (Pohlmeyer)<br />
1 Ex. rufend an verschiedenen Tagen am Kehlberg<br />
bei Bödefeld, dort auch Todfund<br />
1 gerade fl üggen Jungvogels (Volkmer)<br />
1 Ex. rufend an verschiedenen Tagen im NSG<br />
Hunau bei Bödefeld (Volkmer)<br />
Steinkauz (? %, M. Lindner):<br />
17.02 1 Ex. 2x rufend am Ortrand von Wickede-<br />
Echthausen, SO, an der Kreisgrenze des HSK.<br />
Der Nachweis hängt mit dem Vorkommen direkt<br />
hinter der Kreisgrenze bei Menden-Bargel im<br />
MK zusammen.<br />
Sperlingskauz (? %; M. Lindner):<br />
Ein Brutnachweis mit min. 3 fl üggen im Arnsberger<br />
Wald bei Rüthen-Kneblinghausen, SO.<br />
Im HSK 5 Gebiete mit Nachweisen.<br />
Rufnachweise:<br />
24.02 1 Ex. rufend an Lichtung Arnsberger Wald<br />
bei Meschede-Enste (Wilkens)<br />
23.03 1 Ex. rufend bei Meschede-Enste (Wilkens)<br />
29.03 1 Ex. rufend an Lichtung Kohlwederbach-
20 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007<br />
10.06. 1,1 + 1 fl ügger Jungvogel mit Rötelmaus<br />
Arnsberger Wald/Kreuzeiche (Koch, Neuß)<br />
1 verlassene Bruthöhle in einer Buntspechthöhle<br />
(Schwarzerle) mit vielen Gewöllen und Federn<br />
unter der Höhle im Arnsberger Wald/Stemmwegsiepen<br />
(Koch, Neuß)<br />
Uhu (95 %; M. Lindner):<br />
Es wurden zur Brutzeit 41 besetzte Reviere gefunden.<br />
In den 41 Revieren wurden 32 Revierpaare<br />
mit 26 Bruten nachgewiesen. Die 26 Brutpaare<br />
brachten 40 Junge zum Ausfl iegen. Bei<br />
2 der 3 Brutaufgaben wird eine Störung durch<br />
den Menschen vermutet. Im einen Fall dürften<br />
Spaziergänger mit Hunden und im anderen Fall<br />
Kletterer verantwortlich sein.<br />
Im NSG „Langer Peter“ bei Olsberg-Antfeld<br />
Todfund des Revier-Männchens (Legge). Todesursache<br />
ist unklar; möglicherweise Kollision mit<br />
Stromleitung.<br />
Eisvogel (50 %; E. Neuß):<br />
HSK-weit wurden 18 Brutpaare und 9 Reviere<br />
gemeldet.<br />
Wendehals (80 %; W. Schubert):<br />
Der Wendehals ist im Hochsauerlandkreis ausgestorben.<br />
Es liegen keine Nachweise aus dem<br />
Bearbeitungsgebiet vor.<br />
Grauspecht (30 %; E. Neuß):<br />
HSK-weit wurden 57 Reviere gemeldet.<br />
2008<br />
tal bei Meschede-Eversberg (Wilkens)<br />
30.03 1 Ex. rufend bei Bestwig-Föckinghausen<br />
(Legge)<br />
20.04 1 Ex. rufend NSG Hamorsbruch Bei Meschede<br />
(Wilkens)<br />
24.05 1 Ex. rufend in Buchen nordwestlich<br />
Jagdhaus Tanneck zwischen Olsberg-Antfeld<br />
und Brilon Esshoff (Legge)<br />
Uhu (95 %; M. Lindner):<br />
Es wurden zur Brutzeit 41 besetzte Reviere gefunden.<br />
In den 40 Revieren wurden 35 Revierpaare<br />
(=balzende Paare) mit 27 Bruten nachgewiesen.<br />
Die 27 Brutpaare (=Paare mit Brutnachweis)<br />
brachten 20 Junge zum Ausfl iegen. Mind. 7<br />
Brutpaare gaben wegen Störungen (Kletterer<br />
usw.) die Brut auf. Die Erfassung der Reviere<br />
im Fels, sowohl in <strong>Natur</strong>felsen also auch Steinbrüchen<br />
war praktisch vollständig. Erstmals seit<br />
dem 19. Jahrhundert wurde bei Arnsberg eine<br />
erfolglose Bodenbrut in einer vom Sturm Kyrill<br />
umgeworfenen Fichtenfl äche unter einem Wurzelteller<br />
nachgewiesen. Weitere Bodenbruten im<br />
HSK sind sehr wahrscheinlich. Bei 2 Revierpaaren<br />
und bei 6 Brutpaaren Osten des HSK wurden<br />
keine späteren Kontrollen durchgeführt, deshalb<br />
dürften tatsächlich 8-10 Jungvögel mehr ausgefl<br />
ogen sein als dokumentiert.<br />
Dösender Uhu in der Abendsonne (Foto: R.Götte)<br />
Eisvogel (50 %; R. Götte):<br />
In 2008 wurden 26 - 29 Reviere festgestellt. Davon<br />
gelangen 10 Brutnachweise. Die Verbreitung<br />
verteilt sich über fast alle Flüsse im HSK.<br />
Wendehals (80 %; W. Schubert):<br />
Der Wendehals ist im Hochsauerlandkreis ausgestorben.<br />
Es liegen keine Nachweise aus dem<br />
Bearbeitungsgebiet vor.<br />
Grauspecht (30 %; R. Götte):<br />
2008 konnten 62 Reviere festgestellt werden.
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
2007<br />
Grünspecht (60 %, E. Neuß):<br />
HSK-weit wurden 51 Reviere gemeldet. Verbreitungsschwerpunkt<br />
ist der Westen des HSK.<br />
Schwarzspecht (30 %; S. Kuhl):<br />
Es wurden 2007 69 Reviere ermittelt (2006: 55<br />
Reviere, 2005: 60 Reviere). Bedingt durch die<br />
ADEBAR-Kartierung wurden viele neue Reviere<br />
bekannt; dies gilt besonders <strong>für</strong> die Stadtgebiete<br />
Schmallenberg und Eslohe.<br />
Mittelspecht (30 %; M. Hemmelskamp):<br />
Im Jahre 2007 wurden 40 Reviere des<br />
Kleinspechtes gemeldet. Die Bestandsergebnisse<br />
aus dem Luerwald von bis zu 40 Revieren<br />
aus den Vorjahren fehlen.<br />
Kleinspecht (20 %; W. Wilkens):<br />
Im Jahre 2007 wurden 23 Reviere gemeldet.<br />
Dies waren 10 weniger als im Vorjahr und ist<br />
vermutlich auf die Beobachtungsintensität zurück<br />
zu führen.<br />
Festgestellte Mittelspechtreviere im HSK<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Neuntöter (? %; W. Schubert):<br />
Um zu einer vertretbaren Zahl über die Anzahl<br />
der Neuntöter-Paare im Hochsauerlandkreis zu<br />
kommen, wurden die Häufi gkeitsklassen <strong>für</strong> die<br />
Art im Westfalen-Atlas ausgezählt und addiert.<br />
Dies ergibt eine Minimalzahl (591) und eine<br />
Maximalzahl (1531). Um zu überprüfen, in welchem<br />
Bereich die tatsächliche Zahl liegt, wurde<br />
die Kartierung von GRÄF & TRAPPMANN aus<br />
der Medebacher Bucht mit den Zahlen zu den<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
21<br />
Grünspecht (60 %, R. Götte):<br />
2008 konnten 63 Reviere des Grünspechtes festgestellt<br />
werden.<br />
Schwarzspecht (30 %; S. Kuhl):<br />
Die Revierabgrenzung ist weiterhin das Hauptproblem<br />
bei der Datenauswertung. Das Melden<br />
von Höhlen und Flugrichtungen erleichtert die<br />
Revierabgrenzung ungemein und sollte, wie bereits<br />
von vielen Meldern geschehen, weitergeführt<br />
werden.<br />
Insgesamt wurden 65 Reviere gemeldet.<br />
Mittelspecht (30 %; M. Hemmelskamp):<br />
Die Meldungen vom Mittelspecht sind im Jahr<br />
2008 deutlich zurück gegangen. 21 Reviere<br />
wurden gemeldet. Die Reviere aus dem Bereich<br />
Luerwald fehlten. Da<strong>für</strong> sind zehn neue Reviere<br />
gemeldet worden. Seit 2003 wurde somit 135<br />
Reviere gemeldet.<br />
Kleinspecht (20 %; W. Wilkens):<br />
Im Jahre 2008 wurden 37 Reviere gemeldet. Davon<br />
waren 19 Reviere neue Meldungen.<br />
Neuntöter (? %; W. Schubert):<br />
2007 wurde diese Vogelart erstmalig durch die<br />
OAG bearbeitet. Insgesamt konnten 85 Reviere<br />
nachgewiesen werden. Dies ist nur ein Bruchteil<br />
der im HSK anzunehmenden rund 1000 Reviere.<br />
2008 wurden die Kartierungsanstrengungen der<br />
OAG-Mitarbeiter verstärkt. Gleichzeitig bearbeitete<br />
die Biologische Station mehrere hundert<br />
Hektar in der Medebacher Bucht. Diese Räume<br />
konnten gut mit den Kartierungen aus den Jahren<br />
1999/2000 verglichen werdcn. Es ist kein<br />
Trend einer positiven oder negativen Bestandsentwicklung<br />
erkennbar.<br />
Bei genauerer Betrachtung in einem Teilbereich<br />
bei Oberschledorn beobachten wir jedoch einen<br />
massiven Rückgang der Art. Dieser könnte auf<br />
eine Änderung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung<br />
hindeuten. Werden reine Viehweiden<br />
wegen der Umstellung auf Ganzjahresstallhaltung<br />
in Mähwiesen umgewandelt, verlieren diese<br />
Grünländer an Wert <strong>für</strong> Neuntöter. Zum einen<br />
fehlt die Nahrung, zum anderen ist sie aufgrund
22 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007<br />
Häufi gkeitsklassen aus der Medebacher Bucht<br />
verglichen (326-950). Hieraus ergibt sich, dass<br />
das arithmetische Mittel aus Minimal- und Maximalzahl<br />
(638) der tatsächlichen Zahl (548/521)<br />
sehr nahe kommt. Für den HSK ergibt sich dadurch<br />
eine Anzahl von Brutpaaren des Neuntöters<br />
von rund 1000 (1066) bezogen auf die Jahre<br />
1999/2000.<br />
Neuntöter-Männchen (Foto: R. Götte)<br />
Raubwürger (75 %; F.-J. Stein):<br />
Nach dem relativ schlechtem „Raubwürgerjahr“<br />
2006 mit nur 32 möglichen, wahrscheinlichen<br />
und sicheren Revieren kam es 2007 zu einem<br />
Bestandseinbruch in bisher nicht denkbaren<br />
Ausmaßen. Es wurden nur noch 17 Reviere ermittelt<br />
und es gab nur noch einen einzigen Brutnachweis<br />
mit 2 Jungvögeln im Raum Brilon.<br />
Die Gründe <strong>für</strong> dieses katastrophale Ergebnis<br />
liegen weitgehend im Dunklen. Offensichtlich<br />
2008<br />
des hochaufwachsenden Grases schlecht oder<br />
nicht erreichbar.<br />
Neben dem Vogelschutzgebiet Medebacher<br />
Bucht ist insbesondere das Stadtgebiet von<br />
Marsberg ein zweiter Verbreitungsschwerpunkt<br />
<strong>für</strong> die Art Neuntöter. Insgesamt konnten im<br />
HSK 186-193 Neuntöter-Reviere nachgewiesen<br />
werden. Bei einer angenommen Zahl von rund<br />
1000 Paaren, wären 2008 rund 20% des Gesamtbestandes<br />
erfasst worden.<br />
Raubwürger (75 %; F.-J. Stein):<br />
Nach dem „Katastrophenjahr“ 2007 mit nur<br />
17 möglichen, wahrscheinlichen und sicheren<br />
Revieren kam es in 2008 zu einer (sehr) leichten<br />
Erholung mit 25 nachweisbaren Brutrevieren.<br />
Dabei kam es immerhin zu 5 Brutnachweisen<br />
und 13 festgestellten Jungvögeln.<br />
In diesen schlechten Raubwürgerjahren zeigt sich<br />
die Bedeutung der Medebacher Bucht <strong>für</strong> den<br />
Schutz dieser inzwischen sehr seltenen Vogelart:<br />
Im Raster 1 des Meßtischblattes 4818 konnten<br />
8 Reviere ermittelt werden. Vergleichbare Werte<br />
sind der OAG des VNV nicht bekannt. Im Stadtgebiet<br />
von Medebach wurden insgesamt 13 Reviere<br />
gemeldet. Auch im zweiten Verbreitungsschwerpunkt<br />
der Art im Hochsauerlandkreis, im<br />
Raum Brilon/Marsberg, kam es zu einer leichten<br />
Erholung: 5 Reviere in Brilon und 4 in Marsberg.<br />
Außerdem wurden noch 2 Brutgebiete in<br />
Winterberg und 1 Gebiet im Raum Meschede<br />
gemeldet. Aus allen anderen Städten des Kreises<br />
konnten keine Nachweise erbracht werden.<br />
Es wurden 4 „neue“ Brutgebiete bekannt. Dadurch<br />
erhöht sich die Zahl der insgesamt jemals<br />
gemeldeten Bereiche auf 119. Die OAG<br />
konnte in der Vergangenheit vielfach nachweisen,<br />
wie der Raubwürger im Laufe der Jahre<br />
sein Brutgebiet immer wieder verlagert.<br />
Erfreulich ist der Nachweis der Besiedlung<br />
von 2 Kyrillwindwürfen in Brilon. Durch die<br />
vom Orkan geschaffenen Flächen könnte es in<br />
den nächsten Jahren zu einer Bestandserholung<br />
kommen.
2007<br />
kommt der Raubwürger mit der immer intensiveren<br />
Landnutzung nicht mehr zurecht. Aber<br />
auch in den optimalen Gebieten gibt es nur noch<br />
wenige nachgewiesene Reviere.<br />
Positiv <strong>für</strong> den Raubwürger sind die durch Kyrill<br />
geschaffenen temporären Lebensräume. Für<br />
die nächsten 5 bis 10 Jahre werden eine Menge<br />
von neuen potentiellen Brutgebieten bestehen.<br />
Aber wo sollen bei dem schlechten Bruterfolg<br />
der letzten Jahre die neuen Paare herkommen?<br />
Raubwürger-Winterreviere<br />
(50 %; W. Schubert):<br />
30 Winterreviere (inkl. Einzelbeobachtungen)<br />
wurden im Winterhalbjahr 2006/07 ermittelt.<br />
Insgesamt scheint die Anzahl der Winterreviere<br />
abzunehmen. Wellenartige Schwankungen sind<br />
üblich. Der Winter 2006/07 ist im Rahmen der<br />
Schwankungen anscheinend ein Jahr, das neben<br />
der langfristigen Abnahme noch zusätzlich<br />
in einem Wellental liegt. Die kommenden Jahre<br />
werden zeigen, ob sich die Revierzahl im Winter<br />
wieder nach oben bewegt.<br />
Tannenhäher (? %; G. Schöllmann):<br />
Im ersten Jahr der Erfassung liegen Beobachtungen<br />
/ Brutzeitbeobachtungen <strong>für</strong> 7 Reviere<br />
vor. Die meisten Tannenhäher wurden nur 1 mal<br />
verhört. Ein Brutnachweis blieb aus. In den folgenden<br />
Jahren sollte auch verstärkt ab Mai / Juni<br />
auf Jungvögel bzw. Familienverbände geachtet<br />
werden.<br />
Dohle (80 %; R. Götte):<br />
Die Dohle hat in 2007 ihr Vorkommen im HSK<br />
weiter ausgedehnt. Der festgestellte Gesamtbestand<br />
beläuft sich auf 87 Brutpaaren.<br />
Außer im Stadtgebiet von Schmallenberg und<br />
Meschede sind aus allen Stadtgebieten Dohlenpopulationen<br />
bekannt.<br />
Als Brutplätze konnten auch vermehrt Baumhöhlenbruten<br />
in Waldgebieten nachgewiesen<br />
werden.<br />
Weitere Brutplätze sind schwerpunktmäßig<br />
Kaminbruten, Gebäudebruten in Kirchen und<br />
Kirchtürmen und Bruten in Steinbrüchen.<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
23<br />
Raubwürger-Winterreviere (50 %; W. Schubert):<br />
Nachdem im Winter des Jahres 2006/2007 nur<br />
30 Winterreviere (inkl. Einzelbeobachtungen)<br />
festgestellt werden konnten, erhöhte sich die<br />
Anzahl im Winter 2007/2008 auf 48. Damit liegt<br />
dieser Winter geringfügig über dem Mittel von<br />
44 Revieren (Winter 2001/2002-2007/2008).<br />
Zu berücksichtigen ist immer die Witterung im<br />
Winter. Bei langer und hoher Schneelage weichen<br />
die Raubwürger in <strong>für</strong> sie günstigere Gebiete<br />
aus.<br />
Der Verbreitungsschwerpunkt bleibt der Altkreis<br />
Brilon mit dem Vogelschutzgebiet (Medebach<br />
und Hallenberg) und den Städten Marsberg und<br />
Brilon. Erfreulich ist, dass aus dem Westkreis,<br />
der seit einigen Jahren fast vollständig geräumt<br />
war, wieder einige Winterreviere nachgewiesen<br />
werden konnten.<br />
Raubwürger beim Füttern (Foto: R. Götte)<br />
Tannenhäher (? %; G. Schöllmann):<br />
Der Tannenhäher ist wahrscheinlich erst in der<br />
ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts im Hochsauerlandkreis<br />
eingewandert. Im zweiten Jahr<br />
der Erfassung durch die OAG zeigt sich, das die<br />
Art im gesamten HSK verbreitet ist. Durch seine<br />
heimliche Lebensweise wird er allerdings leicht<br />
übersehen.<br />
10 Reviere, darunter 1 wahrscheinlicher Brutnachweis<br />
sind <strong>für</strong> 2008 gemeldet worden.<br />
4 dieser Reviere wurden schon 2007 gemeldet.<br />
Dohle (80 %; R. Götte):<br />
Die Dohle hat in 2008 ihr Vorkommen im HSK<br />
weiter ausgedehnt.
24 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007<br />
Dohlen im HSK<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Kolkrabe (30 %; B. Koch):<br />
Die Art ist HSK-weit verbreitet.<br />
Kolkrabe (Foto: R. Götte)<br />
Heidelerche (70 %; F. Schnurbus):<br />
Es wurden nur 2 Brutreviere festgestellt, die sich<br />
in der Medebacher Bucht befi nden.<br />
2008<br />
Außer im Stadtgebiet von Schmallenberg und<br />
Meschede sind aus allen Stadtgebieten Dohlenpopulationen<br />
bekannt.<br />
Ein weiterer Nachweis einer Kolonie im Steinbruch<br />
wurde festgestellt.<br />
Der festgestellte Gesamtbestand beläuft sich auf<br />
99 Brutpaare.<br />
Kolkrabe (30 %; B. Koch):<br />
Der Kolkrabe ist über den gesamten HSK verbreitet.<br />
Echte Verbreitungsschwerpunkte lassen<br />
sich nicht erkennen. In Gebieten mit Verbreitungslücken<br />
müssen wir von geringerer Beobachtungstätigkeit<br />
ausgehen.<br />
Für 2008 wurden gemeldet:<br />
11 Brutnachweise<br />
5 Verlobungspaare<br />
27 Bruthinweise<br />
____________________________<br />
43 Brutpaare und Bruthinweise<br />
Hinzu kommen viele Einzel- bzw. Truppbeobachtungen<br />
aus dem gesamten Kreisgebiet;<br />
Maximal wurden im Januar 2008 bei Westheim/<br />
Orphetal 59 Ex in einem Trupp beobachtet<br />
Heidelerche (Medebacher Bucht 70 %, HSK<br />
30%; F. Schnurbus):<br />
Außerhalb der Medebacher Bucht konnten Heidelerchen<br />
erstmals in Weuhnachtsbaumkultuen<br />
gefunden werden.<br />
Der Bestand wurde nicht vollständig erfasst.<br />
Eine Bestandsdynamik kann erst in Zukunft ermittelt<br />
werden, da diese Flächen in diesem Jahr<br />
zum ersten Mal kontrolliert wurden.<br />
Bei den Medebacher Flächen handelt es sich um<br />
extensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen,<br />
bzw. Windwürfe oder Wildäcker. Der Bestand<br />
hat sich in den letzten Jahren etwa halbiert.<br />
Bilanz:<br />
4 sichere Reviere in der Medebacher Bucht/<br />
NRW<br />
16-17 ermittelte Reviere <strong>für</strong> das MTB Olsberg.<br />
(Ein Aufsatz über die Heidelerche im HSK wird in einer<br />
der nächsten Ausgaben des „Charadrius“ erscheinen.)<br />
Heidelerche auf einer Singwarte bei Bestwig-Heringhausen<br />
(Foto: R. Götte)
2007<br />
Uferschwalbe (90 %; B. Koch):<br />
Die Uferschwalbe droht als Brutvogel im Sauerland<br />
zu verschwinden!<br />
Die Kolonien der Ruhr sind im Jahr 2007 fast<br />
erloschen. Durch die Extremhochwässer im<br />
Herbst 2007 haben sich die Brutmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> 2008 allerdings wieder verbessert und <strong>für</strong><br />
Kleinraubtiere sind die Steilwände vom Wasser<br />
aus nicht mehr erreichbar. Der zu erwartende<br />
Freizeitdruck bleibt in seiner Auswirkung abzuwarten.<br />
Die Brutplätze im Überblick:<br />
Kolonie bei Arnsberg-Bachum: max. 5 BP<br />
Arnsberg-Vosswinkel/Kreisgrenze: 0 BP<br />
Arnsberg-Holzen/ Bremke: keine Angabe<br />
Arnsberg-Bruchhausen/ Perstorp: 2 BP<br />
Feldschwirl (20 %; F. Schnurbus):<br />
Wie schon in den letzten Jahren liegen keine<br />
Nachweise auf dem Medebacher Raum vor.<br />
Sonst liegen die Vorkommen zerstreut im Kreisgebiet.<br />
Bilanz:<br />
21 Reviere<br />
Schlagschwirl (? %; H. König):<br />
Auch 2007 gab es keine Nachweise der Art.<br />
Gelbspötter (? %; S. Kuhl):<br />
Das erste Kartierungsjahr durch die OAG erbrachte<br />
13 Reviere verteilt auf die Stadtgebiete<br />
Marsberg, Arnsberg und Sundern.<br />
Gelbspötter auf einer Singwarte (Foto: R. Götte)<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
25<br />
Uferschwalbe (90 %; B. Koch):<br />
2008 konnten an der Kolonie bei Arnsberg-<br />
Bachum 31 Brutpaare festgestellt werden, sowie<br />
3 weitere Paare an der Kolonie Perstorp in<br />
Arnsberg-Bruchhausen. Die weitere Entwicklung<br />
an der Kolonie Arnsberg-Bachum bleibt<br />
abzuwarten.<br />
Feldschwirl (20 %; F. Schnurbus):<br />
Kein singendes Ex. in diesem Jahr im westlichen<br />
Kreisgebiet (mit Ausnahme von Sundern).<br />
Genau wie im Vorjahr kommen die meisten Meldungen<br />
aus dem Nordteil des Altkreises Brilon.<br />
Die Art wird vermutlich, wenn auch von einem<br />
nennenswerten Rückgang betroffen, teilweise<br />
übersehen wird, weil die Lebensräume, die sehr<br />
verstreut liegen, nicht gezielt aufgesucht werden.<br />
Dabei handelt es sich oft um isolierte Altgraswiesen<br />
und -täler oder um Ruderalfl uren oft<br />
im Wald oder am Waldrand. Rückgang der Art<br />
im Medebacher Raum.<br />
Bilanz:<br />
20 Reviere<br />
Schlagschwirl (? %; H. König):<br />
Auch 2008 gab es keine Nachweise der Art.<br />
Gelbspötter (? %; S. Kuhl)<br />
Es wurden 10 Reviere gemeldet, davon allein 8<br />
aus dem Stadtgebiet Marsberg. Der Verbreitungsschwerpunkt<br />
wird derzeit durch die Diemelaue zwischen<br />
Bredelar und Westheim gebildet.
26 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Ringdrossel (80 %; B. Koch):<br />
Es gibt keine Bruthinweise. Nach Bruten der Art<br />
wurde nach erfolglosen Kontrollen in den Vorjahren<br />
nicht mehr gesucht.<br />
Braunkehlchen (98 %; F. Schnurbus):<br />
In 2007 wurden 63 Brutpaare festgestellt. Davon<br />
entfallen auf die Nuhnewiesen 47 Brutpaare,<br />
was einen neuen Höchststand darstellt.<br />
Weitere nennenswerte Vorkommen befi nden<br />
sich nur noch im Pitzfeld bei Medebach und in<br />
den NSG „Neue Born“ und „Springebachtal“.<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Schwarzkehlchen (90 % Medebacher Bucht,<br />
übriger HSK 50 %; F. Schnurbus):<br />
In diesem Jahr wurde erstmals kein Revier des<br />
Schwarzkelchens festgestellt.<br />
Gartenrotschwanz (10 %; E. Neuß):<br />
HSK-weit wurden 16 Reviere gemeldet.<br />
2007 2008<br />
Braunkelchenvorkommen im HSK<br />
Ringdrossel (80 %; B. Koch):<br />
Es gibt keine Bruthinweise. Nach Bruten der Art<br />
wurde nach erfolglosen Kontrollen in den Vorjahren<br />
nicht mehr gesucht.<br />
Braunkehlchen (98 %; F. Schnurbus):<br />
Die Ergebnisse im Pitzfeld und den Nuhnewiesen<br />
waren etwas schlechter als im Vorjahr. Dies<br />
hat vielleicht mit einem Starkregenereignis 2008<br />
zu tun, dem vermutlich einige Bruten zum Opfer<br />
gefallen sind. Ausgeglichen wird dies durch das<br />
erfreuliche Ergebnis an der Wache mit 5 Brutpaaren.<br />
Gesamtergebnis: 61 Brutpaare<br />
Nuhnewiesen<br />
Gesamtvorkommen<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Schwarzkehlchen (90 % Medebacher Bucht,<br />
übriger HSK 50 %; F. Schnurbus):<br />
Aus dem westlichen Bereich des HSK gibt es<br />
nach wie vor keine Meldungen. In der Medebacher<br />
Bucht gab es neben dem Brutnachweis bei<br />
Hallenberg dieses Jahr auch ein paar mehr Sichtungen<br />
als sonst.<br />
Gartenrotschwanz (10 %; R. Götte):<br />
In 2008 konnten 14 Reviere festgestellt werden.<br />
Dabei konnten drei Brutnachweise erbracht werden.
2007<br />
Baumpieper (? %; S. Kuhl)<br />
Es wurden 163 – 167 Reviere ermittelt (2006:<br />
97 – 101 Reviere). Dies ist eindeutig eine<br />
kartierungsbedingte Zunahme (ADEBAR-<br />
Kartierung). Vor allem in den Stadtgebieten<br />
Schmallenberg und Eslohe kam es zu größeren<br />
Datenzuwächsen.<br />
Allgemein betrachtet ist der Baumpieper über<br />
den gesamten HSK verbreitet, mit einer deutlichen<br />
Präferenz <strong>für</strong> Windwürfe, Kahlschläge<br />
und junge Baumkulturen.<br />
Die beiden größten Populationen befanden sich<br />
in 2007 in den NSG „Neuer Hagen“ (30 Reviere)<br />
und „Spreiberg“ (10 Reviere). Alle anderen Gebiete<br />
beinhalteten 1-6 Reviere.<br />
Wiesenpieper (50 % Medebacher Bucht; H. Legge):<br />
Für 2007 wurden insgesamt 90 – 94 Reviere<br />
gemeldet. Teilweise verschwanden Brutplätze;<br />
es wurden aber auch neue Brutgebiete bekannt.<br />
Es gibt bezüglich der Gesamtzahl keine grundlegenden<br />
Änderungen in den gut bearbeiteten<br />
Stadtgebieten Medebach, Hallenberg, Brilon<br />
und Marsberg. Aus vielen Stadtgebieten fehlen<br />
dagegen <strong>für</strong> 2007 Daten.<br />
Besorgniserregend sind die Zahlen aus folgendem<br />
Gebiet: 2007 wurden bei einer genauen<br />
2008<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Gartenrotschwanz-Männchen auf einem Gartenzaun. (Foto: R. Götte)<br />
27<br />
Baumpieper (20-30 %; S. Kuhl)<br />
Es wurden viele Kyrill-Flächen besiedelt, dies<br />
allerdings nur in wenigen Paaren. Oftmals siedeln<br />
nur Einzelpaare. Auch sind teilweise sehr<br />
große Windwürfe unbesiedelt. Ein Grund ist<br />
wohl die Strukturarmut der meisten Windwürfe<br />
(Mangel an Singwarten, etc.).<br />
Vielleicht kommt es durch vermehrten Aufwuchs<br />
in den nächsten Jahren zu Zunahmen.<br />
Ein echter Boom des Baumpiepers ist angesichts<br />
des bundesweiten Negativtrends aber eher unwahrscheinlich.<br />
Bilanz:<br />
128-129 mögliche Bruten<br />
25-27 wahrscheinliche Bruten<br />
2 Brutnachweise<br />
Insgesamt 155 - 158 Reviere.<br />
Wiesenpieper (50 % Medebacher Bucht; H. Legge):<br />
Für 2008 wurden insgesamt 114 Reviere gemeldet.<br />
Laut Schnurbus (mündl.) ist beim Wiesenpieper<br />
in der Medebacher Bucht ein ähnlicher Trend zu<br />
beobachten wie seit einigen Jahren beim Braunkehlchen:<br />
Im optimalen Lebensraum der Nuhnewiesen<br />
bei Hallenberg ist der Bestand stabil<br />
bzw. verbesserte sich sogar. Demgegenüber<br />
zieht sich die Art aus anderen, weniger guten<br />
Lebensräumen dieser Region zurück.
28 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
2007 2008<br />
Erfassung des NSG „Neuer Hagen“ bei Winterberg-Niedersfeld<br />
nur noch 10 Reviere ermittelt;<br />
in den 1980er Jahren gab es dort noch über 30<br />
Reviere.<br />
Wiesenschafstelze (90 %; B. Koch):<br />
Nach wie vor gibt es bislang<br />
nur ein Brutvorkommen im<br />
HSK: Für die Feldfl ur Marsberg-Meerhof<br />
konnten 5 BP bei<br />
einer Kontrolle im Mai ermittelt<br />
werden. Der Gesamtbestand<br />
lag allerdings wohl weit höher,<br />
doch konnten auf Grund von<br />
Zeitmangel im Jahr 2007 keine<br />
weiteren Kontrollen durchgeführt<br />
werden.<br />
Wiesenschafstelze<br />
(Foto: R. Götte)<br />
Karmingimpel (? %; B. Koch)<br />
Aus 2007 gibt es keine Meldungen diese Art betreffend.<br />
Grauammer (100 %; B. Koch):<br />
Seit einschließlich 1998 im HSK ausgestorben.<br />
Zippammer (90 %; F.-J. Stein):<br />
Im Berichtsjahr 2007 konnte das bisherige Topergebnis<br />
von 2006 nicht ganz erreicht werden.<br />
Nach 10 Revieren 2006 konnten 2007 „nur“ 8<br />
nachgewiesen werden. Angesichts dieser Zahl<br />
kann man von einer Stabilisierung des Bestandes<br />
sprechen.<br />
2 Steinbrüche, die 2006 besetzt waren, erbrachten<br />
in 2007 keine Zippammervorkommen. Trotzdem<br />
gab es 6 besiedelte Steinbrüche, da 2 neue<br />
Brüche besiedelt wurden.<br />
Im Steinbruch I, dem Ausgangspunkt der Besiedlung<br />
des HSK, wurden auch im Jahr 2007<br />
die meisten Reviere, nämlich 3, gefunden. In<br />
Erfreulich ist, dass im NSG „Hemmeker Bruch“<br />
östlich Brilon-Madfeld ähnlich wie in den Vorjahren<br />
ca. 15 Wiesenpieper ihr Revier hatten.<br />
Wiesenschafstelze (90 %; B. Koch):<br />
Der Brutbestand der Wiesenschafstelze<br />
hat im HSK weiter<br />
zugenommen.<br />
In der Feldfl ur um Marsberg-<br />
Meerhof /-Essentho konnten<br />
mind. 22 Reviere erfasst werden.<br />
Alle Brutplätze wie auch<br />
in Vorjahren in Raps.<br />
Erstmals brütete auch mindestens<br />
1 Paar (09.06.08 futtertragende<br />
Altvögel) nördl. von Brilon-Madfeld<br />
in Raps.<br />
Ein weiteres „bauendes“ Pärchen,<br />
sowie 1,0 mit Gesang<br />
und Balzfl ug wurden Ende Mai<br />
bei Arnsberg-Voßwinkel bzw.<br />
Arnsberg-Bachum beobachtet.<br />
Diese Reviere befanden sich allerdings<br />
in Sommer- bzw. Wintergerste.<br />
Karmingimpel (? %; B. Koch)<br />
Aus 2008 gibt es keine Meldungen diese Art betreffend.<br />
Grauammer (100 %; B. Koch):<br />
Seit einschließlich 1998 im HSK ausgestorben.<br />
Zippammer (90 %; F.-J. Stein):<br />
Nach einer kleinen Pause in 2007 mit 8 Revieren<br />
konnte 2008 ein neues Rekordergebnis<br />
<strong>für</strong> die Zippammer erbracht werden! 12<br />
Brutreviere in 6 verschiedenen Steinbrüchen<br />
ist der bisherige Höchststand der gezielten<br />
Erfassung der Art im Hochsauerlandkreis.<br />
Ein erstmals untersuchter Steinbruch im Hoppecketal<br />
mit 4 Revieren hatte einen hohen Anteil<br />
an dem erfreulichen Gesamtbild. Hier wurde<br />
auch der einzige Brutnachweis mit einem futtertragenden<br />
Altvogel erbracht. Auch im Steinbruch<br />
I, dem Ausgangspunkt der Verbreitung der<br />
Art im Hochsauerlandkreis, konnten 4 Reviere
2007 2008<br />
den anderen Brüchen wurde nur jeweils 1 Revier<br />
ermittelt.<br />
Brutnachweise gelangen 2007 leider nicht.<br />
Rohrammer (80 %; B. Koch):<br />
15 Brutplätze mit 28-29 BP bzw. singenden<br />
Männchen konnten <strong>für</strong> 2007 ermittelt werden:<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
29<br />
ermittelt werden.<br />
Insgesamt wurden jetzt in 9 Steinbrüchen jemals<br />
Zippammerreviere ermittelt. Zusätzlich wurden<br />
in 2008 noch 8 Steinbrüche im Raum Brilon und<br />
Marsberg und weitere im Ruhrtal bei Nuttlar erfolglos<br />
kontrolliert.<br />
Rohrammer (80 %; B. Koch):<br />
17 Brutplätze mit 29 BP bzw. singenden Männchen<br />
konnten <strong>für</strong> 2008 ermittelt werden.<br />
Brutbestandsentwicklung der Zippammer im Hochsauerlandkreis<br />
Reviere<br />
besiedelte Steinbrüche<br />
Zippammer auf der Spitze einer jungen Fichte im Brutrevier.<br />
(Foto: R. Götte)<br />
Der OAG-Bericht wurde zusammengestellt von Harald Legge und Richard Götte.<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
30 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Wasseramsel mit Futter (Foto: R. Götte)<br />
Hilfe <strong>für</strong> die Wasseramsel<br />
Die Wasseramsel hat als<br />
Vogel der Mittelgebirge einen<br />
Verbreitungsschwerpunkt im Sauerland.<br />
Saubere, schnell fl ießende Bäche und<br />
kleinere Flüsse, in denen sie ihre Nahrung<br />
durch Tauchgänge am Bachgrunde sucht,<br />
fi ndet sie bei uns in großer Zahl. Aber da<br />
sie ihre Nester mit Vorliebe unter Brücken<br />
baut, liegt dort ihr Problem. In früheren<br />
Zeiten fand sie in den Mauerritzen und<br />
hinter T-Trägern Platz <strong>für</strong> den Nestbau.<br />
Bei den modernen Brücken aus Beton-<br />
Fertigteilen oder gar aus Wellblech hat<br />
sie keine Chance! Und keine Behörde<br />
und kein Bauunternehmen denkt an die<br />
Wasseramsel. Darum kann der Bestand<br />
dieser interessanten Singvogelart, die<br />
in der Vergangenheit sehr unter der<br />
Begradigung und dem Ausbau von<br />
Fließgewässern zu leiden hatte, durch<br />
einfache <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen<br />
erheblich gestützt werden.<br />
Ich habe deshalb in den Jahren von 1989 bis 1995<br />
im gesamten Stadtgebiet von Schmallenberg<br />
bis in die entferntesten Randgebiete an allen<br />
Bächen ca. 200 Nistkästen <strong>für</strong> die Wasseramseln<br />
aufgehängt. Im Durchschnitt der letzten 20 Jahre<br />
waren jedes Jahr etwa 85 von zur Zeit noch 145<br />
Kästen von Wasseramseln besetzt. Hinzu kamen<br />
jährlich noch etwa 15 Gebirgsstelzen. 1991<br />
waren alle 9 Kästen im Sorpetal von Rehsiepen<br />
bis Winkhausen besetzt, und 2008 haben dort in<br />
mittlerweile 12 Kästen 9 Wasseramseln und eine<br />
Gebirgsstelze gebrütet. Diese Zahlen machen<br />
deutlich, dass die Population der Art durch<br />
künstliche Nisthilfen erheblich gestützt wird.<br />
Meine Nistkästen sind aus Plastik. Am Anfang<br />
habe ich mir die Frage gestellt, ob Plastik-<br />
Nistkästen wirklich in die <strong>Natur</strong> gehören. Aber<br />
die modernen Brücken sind nun auch nicht<br />
gerade sehr natürlich. Und statt dass die Kanister<br />
im Müll landen, wie es damals vor Einführung<br />
der Gelben Säcke der Fall war, erfüllen sie so<br />
noch einen guten Zweck. Unter den meisten<br />
Brücken sind sie von Straßen und Wegen aus<br />
auch gar nicht zu sehen.<br />
Die Plastikkästen sind bei Wasseramseln sehr<br />
beliebt. Ich habe mir den Spaß gemacht und<br />
unter einigen Brücken zusätzlich zum Kasten<br />
aus Holz einen aus Plastik angebracht. Meistens<br />
war der Plastikkasten besetzt.<br />
Nisthilfe <strong>für</strong> Wasseramseln (Foto: F.-J. Lecke)
Das Anbringen der Plastikkanister ist dank des<br />
neuen Akku-Bohrhammers, den uns die Firma<br />
BOSCH großzügiger Weise gespendet hat,<br />
sehr schnell und problemlos zu schaffen. Man<br />
bekommt diese 10-Liter-Kanister kostenlos<br />
bei Reinigungsfi rmen, die große Gebäude wie<br />
Krankenhäuser und Schulen reinigen, aber auch<br />
bei Metzgereien. Im Gegensatz zu Holzkästen<br />
kann man sie ausnahmslos unter jeder Brücke<br />
befestigen. Wie auf den Fotos zu sehen ist, hängen<br />
meine Kästen auch unter Wellblechbrücken,<br />
zum Beispiel bei Westernbödefeld, und auch<br />
in Rohrdurchlässen, die man häufi g in Wäldern<br />
fi ndet. Damit die Kästen richtig stabil hängen,<br />
verstärke ich den Dachbereich mit einer<br />
Schieferplatte (siehe Fotos), die ich auf den<br />
Abfallhalden bei Bad Fredeburg fi nde.<br />
Plastikkanister halten ewig. Die ersten Kästen,<br />
die ich 1983 aufgehängt habe, sind unverändert<br />
stabil. Man muss allerdings darauf achten, dass<br />
kein direktes Sonnenlicht auf die Kanister fällt,<br />
denn UV-Licht können sie nicht vertragen. Bei<br />
höheren Brücken kann das an den Seitenwänden<br />
eventuell passieren.<br />
Nisthilfe unter einer Betonbrücke (Foto: F.-J. Lecke)<br />
In den Anfangsjahren habe ich Nistkästen auch<br />
in den Dörfern aufgehängt. Davon muss ich aber<br />
abraten, da sie zu leicht Opfer spielender Kinder<br />
werden. Der Abstand der einzelnen Kästen muss<br />
nicht besonders groß sein. In einem Jahr waren<br />
sogar zwei Kästen unter einer Brücke besetzt,<br />
einer aus Plastik und ein gekaufter, wie sie vom<br />
Handel angeboten werden. Wahrscheinlich<br />
handelt es sich dabei um die zweite Brut des<br />
selben Paares. Am unteren Ende des Skigebietes<br />
„Westfalenhang“ zwischen Nordenau und<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
31<br />
Wasseramsel mit Futter (Foto: R. Götte)<br />
Altastenberg hängt ein Nistkasten auf 650 m ü.<br />
NN. Er ist fast jedes Jahr besetzt. Wasseramseln<br />
brüten auch unter Brücken in Nadelwäldern.<br />
Wenn ich bei meinen jährlichen Kontrollen<br />
einen Holzkasten säubern muss, fällt mir immer<br />
wieder der Vorteil des Plastikkastens auf. Mit<br />
einem Griff ist der gesamt Inhalt entfernt. Und<br />
auch unter den alten gemauerten Brücken ist<br />
das Nistmaterial dank der Plastikkanister immer<br />
trocken, was natürlich ein weiterer großer Vorteil<br />
<strong>für</strong> die Brut ist.<br />
Franz Josef Lecke
32 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Wasseramselnest auf einem Holzbrett als Nisthilfe (Foto: R. Götte)<br />
Ein persönliches Wort zur Nistkastenwahl:<br />
Wie Franz-Josef Lecke in seinem Artikel zu Beginn<br />
anführte, hatte er überlegt, ob Plastiknistkästen<br />
in die <strong>Natur</strong> gehören.<br />
Schon in den 80-er Jahren habe ich einen Plastiknistkasten<br />
<strong>für</strong> Meisen oder Stare in einem Baum<br />
hängen sehen, der zuvor mit Herbiziden gefüllt<br />
war. Das hat mich abgeschreckt. Wo fängt das<br />
Machbare an und wo hört es auf?<br />
Meine Meinung zu diesem Thema ist ziemlich<br />
klar. Ich hänge keine Plastikeimer in die <strong>Natur</strong>.<br />
So lange es <strong>für</strong> mich andere Wege gibt, Artenschutz<br />
<strong>für</strong> bestimmte Tierarten durch Nistkästen<br />
zu betreiben, werde ich auf die Plastikvariante<br />
verzichten.<br />
Franz-Josef Leckes Argumente sind schlüssig<br />
und nachvollziehbar. Aber es funktioniert auch<br />
mit einem Holzbrettchen unter einer Brücke.<br />
So habe ich der Wasseramsel an der Hoppecke<br />
geholfen. Nachdem ich im März erkannt hatte,<br />
dass Brutmöglichkeiten fehlten und Holzbrettchen<br />
aus Resten unter Brücken angebracht hatte,<br />
waren schon nach zwei Wochen fertige Nester<br />
vorhanden.<br />
Und ich hatte ein gutes Gefühl.<br />
Richard Götte
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
DER HIRSCHKÄFER (LUCANUS CERVUS)<br />
IM LUER-, ECHTHAUSER UND ARNSBERGER WALD<br />
Einleitung<br />
UND DEREN BEDEUTUNG FÜR NRW<br />
Der Hirschkäfer ist der größte, interessanteste<br />
einheimische Käfer und einer von wenigen<br />
Käferarten, die weiten Teilen der Bevölkerung<br />
bekannt sind. Sein hoher Grad an Bekanntheit<br />
und die respektvollen, an ein Hirschgeweih<br />
erinnernden Kieferzangen der Männchen, haben<br />
allerdings nicht verhindern können, dass der<br />
Hirschkäfer immer seltener geworden ist.<br />
So wird die Art in der Roten Liste der<br />
gefährdeten Tierarten <strong>für</strong> Deutschland in der<br />
Kategorie 2 „stark gefährdet“ geführt (BRECHTEL<br />
& KOSTENBADER 2002).<br />
Auch bezogen auf Europa ist es nicht besser<br />
um den Hirschkäfer bestellt. In der Richtlinie<br />
92/43/EWG der Europäischen Union, auch<br />
Flora-Fauna-Habitat- oder kurz FFH-Richtlinie<br />
genannt, ist der Hirschkäfer im Anhang 2 gelistet.<br />
Dies verpfl ichtet die Mitgliedstaaten, Gebiete<br />
zum Schutz des Hirschkäfer auszuweisen.<br />
Kämpfende Männchen<br />
33<br />
Das Land NRW hat sich dieser Aufgabe in den<br />
letzten Jahren gestellt und hat zunächst Daten<br />
zum Hirschkäfer gesammelt und ausgewertet.<br />
Die Biologische Station im Kreis Wesel e.V. hat<br />
in diesem Zusammenhang in den Jahren 1998,<br />
2003, 2004 und 2005 (KRETSCHMER 1998, 2003)<br />
die Vorkommen vom Hirschkäfer in NRW –<br />
unter anderem im Sauerland – untersucht.<br />
Verbreitung des Hirschkäfers in NRW<br />
Als Ergebnis ist festzustellen, dass der<br />
Hirschkäfer zwar zerstreut aber doch in allen<br />
Großland schaften des Landes zu fi nden ist. Neben<br />
der zunächst positiv anmutenden Verbreitung,<br />
folgt aus den Untersuchungen jedoch auch die<br />
Erkenntnis, dass die Zukunftsaussichten <strong>für</strong><br />
den Hirschkäfer weniger gut sind. So kann der<br />
Erhaltungszustand sowohl der atlantischen, als<br />
auch der kontinentalen Hirsch käferpopulation<br />
nur als ungünstig bis unzureichend bewertet<br />
werden (MUNLV 2009). Die Gründe <strong>für</strong> die<br />
Gefährdung der Bestände sind vielfältig:
34 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Verlust oder Entwertung der ursprünglichen<br />
Lebensräume (alte, lichte Laubwaldbestände<br />
mit hohen Anteil an Alt- und Totholz) durch<br />
Umbau in strukturarme Bestände (z. B.<br />
Nadelwälder), großfl ächige Kahlhiebe, und<br />
Entfernen von starkem Alt- und Totholz.<br />
Verlust von (potenziellen) Brutbäumen/<br />
Brutsubstraten (Wurzelstöcke, Stubben,<br />
anbrüchige Laubbäume) durch Stubbenrodung,<br />
Entnahme von physiologisch<br />
geschwächten oder anderweitig<br />
geschädigten Altbäumen, toten Bäumen<br />
sowie intensive forstwirtschaftiche (d. h.<br />
tiefe) Bodenbearbeitung.<br />
Durchführung von Baumfällungen,<br />
Baumschnitt, baumchirurgischen<br />
Maßnahmen (z. B. Parks, Alleen, Einzelbäume).<br />
Verschlechterung der besiedelten<br />
Lebensräume durch Biozide in Laubmisch-<br />
wäldern und Parkanlagen.<br />
Tierverluste (Larven, Puppen, Imagines)<br />
durch natürliche Fressfeinde (v.a.<br />
Wildschweine) und durch den Straßenverkehr.<br />
Isolation der verbliebenen Populationen<br />
z. B. durch Infrastrukurmaßnahmen (Straßen,<br />
Kanäle, u.a. Baumaßnahmen) und Rodung<br />
alter Wälder.<br />
Vorkommen Luer-, Echthauser und<br />
Arnsberger Wald<br />
Während der Untersuchungen zur Verbreitung<br />
des Hirschkäfers in NRW stellte sich heraus,<br />
dass viele Vorkommen entlang der großen Flüsse<br />
zu fi nden sind. Dies gilt auch <strong>für</strong> die links und<br />
rechts der Ruhr gelegenen Luer-, Echthauser und<br />
Arnsberger Wälder. Erste Hinweise ergab eine<br />
Untersuchung im Jahr 1998, die <strong>für</strong> die Region<br />
4 Nachweise ergab; bis zum Jahr 2004 folgten<br />
weitere Meldungen. Auch in den Meldebögen zu<br />
den FFH- Gebiete „Luerwald und Bieberbach“<br />
und „Arnsberger Wald“ ist der Hirschkäfer als<br />
Anhang II-Art genannt. So beauftragte das Land<br />
NRW im Jahr 2005 die Biologische Station mit<br />
der Untersuchung der örtlichen Populationen.<br />
Dabei wurden insgesamt 18 potentielle<br />
Lebensräume untersucht und mit Hilfe einer<br />
eigens <strong>für</strong> den Hirschkäfer entwickelten FFH-<br />
Bewertungsmatrix untersucht.<br />
Die erhobenen Daten dienten als Grundlage<br />
<strong>für</strong> den FFH-Gesamt-Bericht des Landes NRW<br />
(MUNLV 2007). Dabei wurde der Zustand der<br />
Population und das Verbreitungsgebiet mit „C“<br />
(mittel bis schlecht) und die Lebensraumqualität<br />
mit „B“ (gut) bewertet. Insgesamt ergibt sich<br />
daraus ein „C“.<br />
Obwohl in allen untersuchten sauerländischen<br />
Wäldern gute bis sehr gute Habitate <strong>für</strong><br />
Hirschkäfer vorhanden sind, die sich zudem<br />
durch sehr geringe Beeinträchtigungen<br />
(Bewertung durchweg „A“) auszeichnen, scheint<br />
sich aufgrund der Untersuchungen aus 2005<br />
die Population in einem kritischen Zustand zu<br />
befi nden. So musste die Population in 13 der 18<br />
Teilgebiete mit „D“ (unzureichend bzw. keine<br />
Daten) bewertete werden. Aus dem Arnsberger<br />
Wald gelang zumindest im Jahr 2005, kein<br />
Nachweis. Lediglich in 2 der 12 Teilgebiete des<br />
Arnsberger Waldes wurden vor dem Jahr 2005<br />
Hirschkäfer beobachtet.<br />
Hirschkäfer-Weibchen an einer Saftstelle
Tabelle 1: Bewertung von<br />
Hirschkäferpopulationen in den<br />
FFH-Gebiete „Arnsberger Wald“ und<br />
„Luerwald – Bieberbach“ 2005<br />
(A = hervorragend; B = gut; C = mittel<br />
bis schlecht; D = unzureichend/keine<br />
Daten)<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Gebiet / Teilbereich Bewertung gemäß FFH-Bewertungsbogen<br />
Habitat- Zustand der Beeinträch- Gesamt<br />
qualität Population tigungen<br />
Arnsberger Wald B C A C<br />
Berbketal A D A C<br />
Forsthaus Breitenbruch B C A B<br />
B229 südl. Breitenbruch B D A C<br />
Scharfenberg C D A C<br />
Kastanielkeller B C A B<br />
NZ Schlickmannsweg C D A C<br />
Südl. Papenberg B D A C<br />
Östlich Südrandweg B D A C<br />
Kämpchen A D A C<br />
Nördl. Wilhelmsruh B D A C<br />
Körbecker Mark A D A C<br />
Südl. Neuhaus B D A C<br />
Luerwald und Biberbach B C A B<br />
Potsdammer Platz B D A C<br />
Bertholds Heide B D A C<br />
Pferdekämpe B C A B<br />
Wildwald Vosswinkel A B A B<br />
Lindloh A D A C<br />
Birkey B D A C<br />
Lichter Eichen-Mischwald mit Totholz – ein idealer Hirschkäferlebensraum<br />
35
36 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Hierzu ist allerdings anzumerken, dass die<br />
Hochlagen des Sauerlandes vermutlich frei von<br />
Hirschkäfern sind. Der höchste Nachweis eines<br />
Hirschkäfers liegt im Arnsberger Wald etwa bei<br />
360 m ü NN. Abgesehen von den klimatischen<br />
Bedingungen fehlen in den Hochlagen<br />
auch die <strong>für</strong> den Hirschkäfer erforderlichen<br />
Waldgesellschaften.<br />
In den 6 Teilgebieten im FFH-Gebiet „Luerwald<br />
und Biberbach“ gab es immerhin in einem Gebiet<br />
aktuelle Nachweise.<br />
Konkrete Aussagen zur Populationstärke<br />
scheiterten bis 2005 allerdings auch an der<br />
geringen Anzahl zur Verfügung stehender Untersuchungs<br />
tage. Eine genauere Untersuchung<br />
wurde aus diesem Grund empfohlen.<br />
Seit dem wird in der Region vermehrt auf das<br />
Vorkommen von Hirschkäfern geachtet. Bis<br />
Ende 2008 wurden insgesamt 59 Nachweise mit<br />
85 Individuen registriert, wobei das Jahr 2008<br />
mit 31 Individuen besonders hervorzuheben<br />
ist. Bis auf wenige Ausnahmen verteilen sich<br />
die festgestellten Individuen auf die folgenden<br />
3 Bereiche im Luerwald und im Echthauser<br />
Wald:<br />
Wildwald (47 Individuen)<br />
Schwarzer Weg und Umgebung<br />
(26 Individuen)<br />
Obermannsbusch/Auf dem Berge<br />
(8 Individuen)<br />
Aufkommende <strong>Natur</strong>verjüngung von Fichte sollte beobachtet<br />
und ggf. entfernt werden<br />
Wendet man die nun bekannten<br />
Hirschkäfernachweise auf den FFH-Bewertungsbogen<br />
an, so wäre die Population im Wildwald<br />
mit Hervorragend (A) und die im Bereich der<br />
Schwarzen Weges sowie die am Obermannsbusch<br />
mit Gut (B) zu bewerten. Weite Teile des<br />
Echthauser Waldes sind allerdings nicht als<br />
FFH-Gebiet ausgewiesen.<br />
Anhand der Ergebnisse ist das Vorkommen des<br />
Hirschkäfers im Luerwald und Echthauser Wald<br />
als das wohl größte im Sauerland zu betrachten.<br />
Die Population ist erfreulich groß und stabil,<br />
verteilt sich jedoch auf nur wenige Bereiche.<br />
Die Vorkommen im Arnsberger Wald sind im<br />
direkten Vergleich von geringerer Bedeutung.<br />
Ein Ursache hier<strong>für</strong> liegt vermutlich in der<br />
Höhenlage, zahlreiche Berge liegen mehr als 400<br />
m ü. NN. Das höchste bekannte Vorkommen des<br />
Hirschkäfers im Sauerland liegt be ca. 360 m.<br />
ü. NN.<br />
Alle Gebiete spielen jedoch als<br />
Verbindungsbiotope der einzelnen Vorkommen<br />
entlang der Ruhr eine herausragende Rolle und<br />
erfüllen somit wichtige Aufgaben in Bezug auf<br />
den Biotopverbund. Aufgrund der im Vergleich zu<br />
den anderen Vorkommen im Sauerland insgesamt<br />
günstigeren Voraussetzungen (Mikroklima,<br />
Waldstrukturen) zählt der Wildwald im FFH-<br />
Gebiet „Luerwald und Biberbach“ und der<br />
Echthauser Wald zu den wesentlichen Gebieten<br />
<strong>für</strong> einen langfristigen, hoffentlich erfolgreichen,<br />
Erhalt der Hirschkäferpopulationen in NRW und<br />
speziell im Sauerland.<br />
Die Ausweisung der Gebiete u. a. <strong>für</strong> den Erhalt<br />
der Hirschkäfer in Sinne des Anhangs 2 der<br />
FFH-Richtlinie ist somit richtig und geboten.<br />
Zur langfristigen Sicherung der Population gilt<br />
es die bestehenden, negativ bewerteten Kriterien<br />
zu verbessern. Dabei sollten zwei primäre Ziele<br />
verfolgt werden, um den bestehenden negativen<br />
Trend umzukehren:<br />
Erhalt der vorhandenen lokalen Populationen<br />
Erschließung neuer, geeigneter<br />
Hirschkäferhabitate durch Biotopverbund<br />
(Aufhebung der Isolation)
Vorgeschlagene und umgesetzte<br />
Maßnahmen<br />
Um die gesetzten Ziele erreichen zu können<br />
Bedarf es verschiedener Maßnahmen, die im<br />
wesentlichen auch in den Meldedokumenten <strong>für</strong><br />
die FFH-Gebiete zusammengefasst sind:<br />
Erhalt der vorhandene lokalen Populationen<br />
Erhaltung und Entwicklung der<br />
lebensraumtypischen Eichen- und<br />
Eichen-Mischwälder (u. a. Steileichen-<br />
Hainbuchenwald, LRT 9160)<br />
Förderung und Erhaltung von Altbäumen.<br />
Erhaltung von geeigneten Brutbäumen/<br />
Brutsubstraten<br />
Die Waldbereiche in denen der Hirschkäfer zur<br />
Zeit vorkommt haben bereits eine gute Struktur,<br />
vielfach auch einen hohen Anteil an Totholz.<br />
Stellenweise einwandernde <strong>Natur</strong>verjüngung<br />
von Nadelholz (vor allem Fichte) muss<br />
beobachtet werden und darf nicht zu Lasten der<br />
Eiche gehen. Insbesondere die Beschattung der<br />
Fichte in Mischwäldern wirkt sich negativ aus.<br />
Hirschkäfer bevorzugen warme sonnenexponierte<br />
Lebensräume. Viele Untersuchungen zeigen,<br />
dass sich die Tiere nicht „mitten im (Laub-)Wald“<br />
sondern eher in aufgelockerten Beständen und<br />
Randbereichen aufhalten. Hier sollte der Bestand<br />
aufgelockert und die Eiche gefördert werden.<br />
Der oft praktizierte Femelhieb von Altbäumen<br />
führt zu ausreichend Brutsubstrat, allerdings<br />
wird dieses zum Teil durch die kommende<br />
<strong>Natur</strong>verjüngung beschattet. Dies gilt<br />
insbesondere <strong>für</strong> Buchen. Da ein Buchenstubben<br />
durchaus 15 Jahre als Brutsubstrat dienen kann,<br />
sollte die Verjüngung zumindest in den ersten<br />
Jahren zurückgehalten werden. Dies trifft<br />
besonders auf einige Bereiche im Wildwald zu.<br />
Langfristig sollte der Anteil an starken Totholz<br />
– dort wo noch nicht ausreichend vorhanden –<br />
erhöht werden. Unbedingt ist starkes liegendes<br />
Baumholz als Brutsubstrat im Bestand zu<br />
belassen. Stubben sollten – wie bisher praktiziert<br />
– auch in der Zukunft nicht gerodet werden.<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
37<br />
Erschließung geeigneter Hirschkäferhabitate<br />
Erhaltung und Förderung von alten<br />
Baumgruppen, Baumreihen und<br />
Solitärbäumen, auch in der Feldfl ur.<br />
Anlage von „Brutmeilern"<br />
Exemplarische Lohenutzung<br />
Verhinderung und Rückbau von die<br />
Population isolierenden Strukturen<br />
Hirschkäfer sind nur in geringem Maße mobil,<br />
der Aktionsradius der Tiere liegt i.d.R unter 1 km.<br />
Hinzu kommt, dass die Tiere in ihrem Lebensraum<br />
Brutmeiler im Wildwald<br />
entsprechenden Habitat zu verweilen und nicht<br />
aktiv nach neuen Lebensräumen suchen. Damit<br />
letztere überhaupt erschlossen werden können,<br />
bedarf es mehrerer sogenannter Trittsteinbiotope,<br />
über die Schritt <strong>für</strong> Schritt eine Besiedlung<br />
erfolgen kann. Entlang der Waldränder fi nden<br />
sich oft schmale Laubholzstreifen. Diese sollten<br />
ausgebaut und die Eiche gefördert werden.<br />
Besonders aussichtsreich sind Waldränder<br />
die von der Abendsonne besonnt werden und<br />
die bekannte Hirschkäferpopulationen mit<br />
geeigneten Lebensräumen verbinden. Auch
38 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Männlicher Hirschkäfer<br />
Laubbaumgruppen, Einzelbäume und Alleen<br />
an wenig befahrenen Wegen sind mögliche<br />
Verbindungskorridore. Keineswegs ist der<br />
Hirschkäfer an Wälder gebunden, entsprechend<br />
sollten auf Feldgehölze, Bäume auf Höfen oder<br />
auch Obstwiesen in die Überlegungen <strong>für</strong> einen<br />
Biotopverbund <strong>für</strong> den Hirschkäfer einbezogen<br />
werden.<br />
Dort, wo noch kein geeignetes Brutsubstrat<br />
vorhanden ist, können im Sinne einer<br />
längerfristigen Überbrückungsmaßnahme<br />
Brutmeiler <strong>für</strong> die Entwicklung der Larven<br />
angelegt werden. Im Wildwald sollten 2 – 3<br />
Brutweiler an besonnten, nicht zu feuchten<br />
Stellen neu angelegt werden. Der Vorhandene<br />
Brutmeiler ist mittlerweile zu stark beschattet.<br />
Die Neuanlage erfolgt hier in erster Linie aus<br />
pädagogischen Gründen, um die Besucher <strong>für</strong><br />
die FFH-Art Hirschkäfer zu sensibilisieren. Im<br />
Echthauser Wald sind im Bereich der Schwarzen<br />
Weges und am Obermannsbusch bereits 4 Meiler<br />
angelegt worden – ein vorbildliches Beispiel <strong>für</strong><br />
die Region. Die Meiler unterstützen die lokale<br />
Population und helfen diese zu stabilisieren.<br />
Wichtig ist, dass sie einige Jahre sonnenexponiert<br />
bleiben und nicht zuwachsen. Die Anlage<br />
weiterer Meiler kann ggf. unterstützend auf<br />
die Populationen wirken. Infrage kommen die<br />
Bereiche in den bisher nur wenige Individuen<br />
Nachgewiesen wurden und solche, die im<br />
Bereich der angesprochenen Trittsteinbiotope<br />
liegen.<br />
Im Wildwald bietet sich an alte<br />
Waldnutzungsformen mit dem Hirschkäferschutz<br />
zu verbinden. Die Gewinnung der Lohe führt<br />
durch dass Abschälen der Eichen zu einen<br />
Saftfl uss, sprich zu einem Nahrungsangebot<br />
<strong>für</strong> die adulten Hirschkäfer. Die absterbenden<br />
Bäume hinterlassen eine absterbende Wurzel<br />
und damit Brutsubstrat <strong>für</strong> die Larven und die<br />
aufgrund der regelmäßigen Nutzung bleibt der<br />
Bestand verhältnismäßig offen, wodurch sich<br />
ein günstiges Mikroklima ergibt.<br />
Die Besiedelung neuer Lebensräume aber auch<br />
der Austausch zwischen den Populationen<br />
scheitert oft an Barrieren, die vom Hirschkäfer<br />
nicht überwunden werden. Hierzu gehören nebn<br />
dicht befahrenen Straßen, Kanälen, Siedlungen,<br />
etc. auch größere ohne nennenswerte<br />
Krautschicht.
Bei allen Maßnahmen ist zu beachten, dass der<br />
Hirschkäfer ein 5-7 jährige Entwicklungszeit<br />
hat. Bis sich einen sichtbarer Erfolg zeigt, ist<br />
Geduld wichtig.<br />
Die gesamte Thematik rund um den Hirschkäfer<br />
könnte im Wildwald <strong>für</strong> die Besucher<br />
aufgearbeitet werden. Indirekt könnte auf diese<br />
Weise ebenfalls ein Beitrag zum Schutz der<br />
Hirschkäfer geleistet werden.<br />
Zusammenfassung<br />
Der Hirschkäfer gehört zu den europaweit<br />
bedrohten Tierarten. Er kommt in NRW zwar<br />
noch vereinzelt, seine Erhaltungsprognose wird<br />
jedoch als ungünstig bis unzureichend bewertet.<br />
Die Wälder links und rechts der Ruhr bilden eines<br />
der wichtigsten Hirschkäfergebiete in NRW. Die<br />
FFH-Gebiete „Luerwald und Bieberbach“ inkl.<br />
dem Echthauser Wald sowie der „Arnsberger<br />
Wald“ sind vom Land NRW u. a. zum Schutz<br />
der dortigen Hirschkäferpopulation ausgewiesen<br />
worden. Im Luerwald und Echthauser Wald<br />
fi nden sich die größten Populationen im<br />
Sauerland.<br />
Die Lebensräume sind von guter bis sehr guter<br />
Qualität. 2005 wurde der Zustand der Population,<br />
wie im Landesdurchschnitt, als mittelmäßig<br />
bewertet. Der damaligen Bewertung lagen<br />
allerdings nur wenige Nachweise zugrunde.<br />
Mittlerweile kann aufgrund neuerer Zahlen in<br />
Teilbereichen von einer stabilen Population<br />
ausgegangen werden.<br />
Ein wesentliches Defi zit ist, dass vorhandene<br />
wie potentielle Lebensräume vonein ander<br />
isoliert sind. Mit Hilfe von spezifi schen<br />
Artenschutzmaßnahmen sollte der Zustand der<br />
Population langfristig verbessert werden. Erste<br />
Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, so dass<br />
die Aussichten <strong>für</strong> einen Erhalt der Population<br />
günstig sind.<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Literatur zum Hirschkäfer<br />
39<br />
BRECHTEL, F. & H. KOSTENBADER (Hrsg.)<br />
(2002): Die Pracht- und Hirschkäfer Baden-<br />
Württembergs, Ulmer Verlag.<br />
KLAUSNITZER, B. (1996): Die Hirschkäfer. 2.<br />
Aufl . Neue Brehm-Bücherei, Springer-Verlag.<br />
KRETSCHMER, K. (1998): Die Verbreitung<br />
des Hirschkäfers in NRW - Ergebnisse einer<br />
Umfrage. Endbericht zu einem Werkvertrag mit<br />
der LÖBF NRW.<br />
KRETSCHMER, K. (2003): Hirschkäfer (Lucanus<br />
cervus L. 1758) in Nordrhein-Westfalen -<br />
Ergebnisse einer Umfrage. Endbericht zu einem<br />
Werkvertrag mit der LÖBF NRW.<br />
Mader, Detlef (2009): Populationsdynamik,<br />
Ökologie und Schutz des Hirschkäfers im<br />
Raum Heidelberg und Mannheim. Verlag<br />
Regionalkultur<br />
MUNLV (2007): FFH-Berichtspfl icht 2007<br />
Nordrhein-Westfalen. http://www.naturschutzfachinformationssysteme-nrw.de/ffhberichtspfl<br />
icht_2007/<br />
MUNLV (2009): Infosystem FFH-Arten und<br />
Europäische Vogelarten in Nordrhein-Westfalen.<br />
http://ffh-arten.naturschutz-fachinformationennrw.de/ffh-arten/content/de/index.html.<br />
RINK, M. (2007). Der Hirschkäfer Lucanus cervus<br />
in der Kulturlandschaft: Ausbreitungsverhalten,<br />
Habitatnutzung und Reproduktionsbiologie<br />
im Flusstal. Dissertation, Universität<br />
Koblenz-Landau, Institut <strong>für</strong> Integrierte<br />
<strong>Natur</strong>wissenschaften, Abt. Biologie.<br />
SPRECHER-UEBERSAX W. & H. DURRER (2001):<br />
Verhaltensstudien beim Hirschkäfer mittels<br />
Telemetrie und Videoaufzeichnungen<br />
(Coleoptera, Lucanus cervus L.).<br />
Klaus Kretschmer, Biologische Station im<br />
Kreis Wesel e.V.<br />
Bildautor aller Bilder: Klaus Kretschmer<br />
Karte_01:<br />
(Quelle LANUV NRW 2008, http://ffh-arten.naturschutzfachinformationen-nrw.de)
40 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Honig – ein wertvolles <strong>Natur</strong>produkt und mehr<br />
Wissenswertes über die Bienen, unseren Honig und die Imkerei<br />
Nektar und Honigtau sind die Energielieferanten<br />
des Bienenvolkes. Sie bestehen hauptsächlich aus<br />
Zuckern und Wasser. Leider ist so eine Zuckerlösung<br />
schnell verderblich. Die Bienen müssen<br />
diesen Vorrat an Kohlenhydraten also konservieren,<br />
um ihn sicher über den Winter zu bringen,<br />
ähnlich wie wir Menschen dies mit Gelees und<br />
Marmeladen machen. Genau so setzen die Bienen<br />
Stoffe hinzu und entziehen den Vorräten Wasser.<br />
Dies ist ein aufwendiger Prozess, der mehrere<br />
Tage dauert und viele Arbeitsschritte umfasst.<br />
Am Ende ist Honig entstanden, die Nahrungsreserve<br />
des Bienenvolkes <strong>für</strong> Zeiten mit geringer<br />
oder fehlender Tracht, vor allem <strong>für</strong> den Winter.<br />
Honigbiene besucht Apfelblüte (Foto: R. Götte)<br />
Wie sich der Honig zusammensetzt, hängt von<br />
der eingetragenen Tracht ab. Welche Trachtpfl<br />
anzen wurden besucht? Wurde Nektar oder<br />
Honigtau eingetragen?<br />
Die Eigenschaften eines Honigs werden vor<br />
allem von der Zusammensetzung der Zucker<br />
bestimmt. Blütenhonige enthalten in der Regel<br />
mehr Traubenzucker als Honigtauhonige. Ein<br />
typischer Blütenhonig ist der Rapshonig. Er<br />
kommt ausschließlich in der weißen, cremigen<br />
Form zu den Verbrauchern. Ein Waldhonig enthält<br />
deutlich weniger Traubenzucker. Meist kristallisiert<br />
er spät oder gar nicht aus.<br />
Wer verbindet mit dem Begriff Honig nicht die<br />
goldgelbe Farbe? Schon unsere Vorfahren benannten<br />
ihn danach: Im Althochdeutschen heißt<br />
er honang, der Goldfarbene. Die Farbe des Honigs<br />
ist abhängig von der eingetragenen Tracht.<br />
Generell gilt, dass Honigtau dunklere Honige er-<br />
gibt als Nektar. Ein wesentlicher Teil der Farbe<br />
stammt vom Pollen, den die Bienen mit eintragen.<br />
Wenn Sie von unseren Imkern und dessen Bienen<br />
sprechen, denken Sie sicherlich meistens an<br />
solch einen Honig als leckeren Brotaufstrich,<br />
wovon die Deutschen durchschnittlich 1,3 Kilogramm<br />
pro Jahr verzehren. Die fl eißigen Bienen<br />
vollbringen da<strong>für</strong> rekordverdächtige Leistungen.<br />
Für ein Pfund Honig müssen sie mehrere<br />
Millionen Blüten anfl iegen und dabei eine Strecke<br />
zurücklegen, die dreimal um die ganze Erde<br />
reicht. Das Endprodukt Honig entsteht dadurch,<br />
dass der Pfl anzennektar, den die Sammlerin in<br />
der Blüte aufsaugt und in ihrem Honigmagen<br />
nach Hause transportiert, im Bienenstock von<br />
Biene zu Biene weitergereicht wird. Dabei werden<br />
jedes Mal die Enzyme zugeführt und Wasser<br />
entzogen, bis schließlich die zähfl üssige Leckerei<br />
entsteht, die wir so lieben.<br />
Ein Bienenvolk mit rund 50.000 Arbeiterinnen<br />
produziert in einer Saison 20 bis 25 kg Honig<br />
und trotzdem decken die einheimischen Bienen<br />
nur ca. 20 Prozent des Bedarfs in Deutschland<br />
ab. Der Rest muss importiert werden.<br />
Klaus Stute bei seinen Bienen (Foto: K. Stute)<br />
Wenn man vom Nutzen der Biene <strong>für</strong> den Menschen<br />
hört, denkt man meist nur an Honig. Kaum<br />
einer weiß, dass die Bienen als Bestäuber von<br />
weitaus größerer ökonomischer Bedeutung sind.<br />
Die Honigbiene und verschiedene Hummelarten<br />
sind speziell <strong>für</strong> die Bestäubung von Nutzpfl anzen<br />
wichtig. Schätzungen gehen davon aus, dass<br />
der ökonomische Wert der Bienen, einschließ-
lich der Hummeln, als Bestäuber um den Faktor<br />
10 - 15 höher liegt als der ökonomische Nutzen<br />
der Honigproduktion. Darüber hinaus besitzt die<br />
Vielzahl der Wildbienen – in Mitteleuropa gibt<br />
es ca. 500 Arten – hohe Bedeutung bei der Bestäubung<br />
von Wildpfl anzen.<br />
Von <strong>Natur</strong> aus „blütenstet“, bleiben Honigbienen<br />
immer einer Pfl anzenart während ihrer Blüte<br />
treu, d.h. sie übertragen den richtigen Pollen<br />
auf artgleiche Pfl anzen. Einige unserer Imker<br />
fahren daher gezielt<br />
von Feld zu Feld, um<br />
die Bestäubung bestimmter<br />
Nutzpfl anzen<br />
zu sichern, die<br />
dadurch auch einen<br />
besseren Fruchtansatz<br />
bilden. Dank der<br />
Honigbienen erzielen<br />
Landwirte so bis zu<br />
80 % höhere Erträge<br />
und ernten deutlich<br />
größere Früchte. Ein<br />
großer Nutzen <strong>für</strong> die<br />
heimische Agrarwirtschaft<br />
– und damit<br />
auch <strong>für</strong> die Volkswirtschaft.<br />
Landauf<br />
landab sind Honigbienen<br />
bei Genießern,<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
...und von <strong>Natur</strong> aus wertvoll.<br />
„Echter Deutscher Honig“ ist ein reines <strong>Natur</strong>produkt mit rund 180 verschiedenen Inhaltsstoffen.<br />
Viele von ihnen sind lebensnotwendig und weisen nachweislich gesundheitsfördernde<br />
Eigenschaften auf. So enthält Echter Deutscher Honig u. a. wertvolle Vitamine,<br />
Mineralstoffe, Kohlenhydrate, Enzyme, Aminosäuren, Säuren, Pollen sowie natürliche<br />
Aromastoffe.<br />
Honig ist nicht gleich Honig. Und das ist gut so. Denn gerade die Vielfalt der Sorten<br />
macht das Probieren von Echtem Deutschen Honig immer wieder zu einem Erlebnis.<br />
Das Etikett auf dem Imker-Honigglas gibt Auskunft darüber, welche Köstlichkeit sich in<br />
ihm verbirgt.<br />
Blütenhonig ...<br />
... wird der Honig aus dem Nektar vieler Pfl anzenarten genannt. Farbe, Bukett und Konsistenz<br />
variieren daher merklich und spiegeln die ganze Blütenpracht im Jahresverlauf<br />
wider.<br />
Frühtracht ...<br />
... setzt sich im Wesentlichen aus dem Nektar von Weiden, Obstgehölzen, Ahorn u. a. zusammen.<br />
Ein bekannter Vertreter ist der Rapshonig, der den Gaumen mit seinem milden<br />
Aroma verwöhnt.<br />
Sommertracht ...<br />
... enthält stark wechselnde Anteile an Nektar und Honigtau. Aroma, Geschmack und<br />
Farbton ändern sich von Jahr zu Jahr.<br />
Landwirten, Obstbauern und Mutter <strong>Natur</strong> daher<br />
so beliebt.<br />
Übrigens: Mit jedem 500-g-Glas des heimischen<br />
Honigs werden ca. 75.000.000 Blüten bestäubt!<br />
Honigbienen sind damit nach Rind und Schwein<br />
das drittwichtigste landwirtschaftliche Nutztier.<br />
Die Imkerei als Hobby ist immer abwechslungsreich<br />
und vielfältig. Imkerei ist eine sehr naturverbundene<br />
Tätigkeit. Die Honigbiene ist ein<br />
Nutztier, aber sicher kein Haustier. Auch unter<br />
der imkerlichen Betreuung lebt sie in und von<br />
der <strong>Natur</strong>.<br />
Das Imker-Jahr mit seinen unterschiedlichen<br />
Aufgaben folgt dabei dem Bienen-Jahr und beide<br />
sind natürlich eng an die Jahrzeiten gebunden.<br />
Der Imker oder die Imkerin muss das Umfeld, in<br />
dem die eigenen Bienen leben, kennen. Welche<br />
Tracht blüht zur Zeit? Welchem Wetter müssen<br />
41<br />
Klaus Stute prüft seinen Honig. (Foto: K. Stute)<br />
die Bienen aktuell trotzen? Ist es zu kalt? Oder<br />
zu trocken?<br />
Wollen Sie die Sache selbst in die Hand nehmen<br />
und Ihren eigenen Honig schleudern? Es ist gar<br />
nicht so schwer. Die meisten beginnen als Hobby-Imker<br />
mit zwei bis drei Völkern. Die Statistik<br />
sagt aus, dass über 80% der Bienenvölker bei<br />
Hobby-Imkern stehen. Das heißt auch, dass der<br />
„nur“-Hobby-Imker <strong>für</strong> die Bienenhaltung in<br />
Deutschland eine große Bedeutung hat.<br />
Wie werde ich Hobby-Imker? Kann ich das?<br />
Was brauche ich <strong>für</strong> den Anfang? Welcher Aufwand<br />
ist das und wo kann ich Hilfe fi nden? Diese<br />
Fragen beantworten Ihnen gerne der örtliche<br />
Imkerverein oder die Imker selbst. Besuchen sie<br />
ihn doch einfach mal, oder sprechen sie ihn beim<br />
Kauf eines Honigglases an.<br />
Klaus Stute
42 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Korbfl echten…<br />
…wie zu Großmutters Zeiten<br />
Unter diesem Motto fand vom 3. bis 5. April<br />
2009 ein Wochenendkurs auf dem Horndreher<br />
Hof in Fischbachtal-Niedernhausen nahe Darmstadt<br />
statt. Wir erlernten an diesem Wochenende,<br />
aus Weide Körbe und Käseböden herzustellen.<br />
Alles in allem ein sehr lehrreiches Wochenende,<br />
mit vielen Tipps und Tricks war dieser Kurs ein<br />
voller Erfolg.<br />
Von einem pensioniertem<br />
Zahnarzt und seiner Schwiegertochter<br />
wurde uns dieses<br />
alte Handwerk, welches beide<br />
selbst in Kursen und autodidaktisch<br />
gelernt haben,<br />
näher gebracht. Das Wetter<br />
zeigte sich von seiner schönsten<br />
Seite, so dass wir auf dem<br />
Hof draußen fl echten konnten.<br />
Alles, was wir zum Flechten<br />
brauchten, stand <strong>für</strong> uns bereit: von den ungeschälten<br />
Weidenzweigen Salix americana, welche<br />
zuvor zwei Wochen gewässert wurde, um<br />
sie sehr biegsam zu machen, bis zu den Werkzeugen<br />
– einer Gartenschere, einem Schlageisen<br />
und einem Holzstück zum Niederschlagen der<br />
Weide, einem Hohlpfriem, einem Weidenmesser,<br />
Taschenmesser und Druckzange.<br />
In leicht verständlichen Schritten begannen wir<br />
mit dem Korbboden, weiter mit den Seitenwänden,<br />
über den Henkel zum fertigen Einkaufskorb.<br />
Es war genug Zeit, um an diesem Wochenende<br />
auch noch ein Brotkörbchen und einen Käseboden<br />
herzustellen.<br />
Um nun weiter zu Hause üben zu können, habe<br />
ich mir gleich entsprechendes Weidenmaterial<br />
und Handwerkszeug mitgenommen.<br />
Da im HSK ja nun auch durch den VNV Weiden<br />
geschnitten werden, könnte geprüft werden, in<br />
wie weit diese Weidenruten zum Flechten geeignet<br />
wären. Die einjährigen Triebe sollten ca. 1<br />
m lang und nicht oder nur sehr wenig verzweigt<br />
sein. Die beste Zeit zum Schneiden der Weiden<br />
ist von November bis Januar. Die Zweige werden<br />
dann, am besten unter Büschen, vorgetrocknet,<br />
damit sich der fertige Korb nicht mehr zusam-<br />
men zieht. Gekaufte ungeschälte Weide muss<br />
ca. 14 Tage in einer Wanne eingeweicht werden,<br />
bevor sie verarbeitet wird. Die Weide sollte so<br />
biegsam sein, dass sie sich leicht um den Finger<br />
wickeln lässt, bzw. den Handgelenktest besteht.<br />
Zum Flechten eignen sich folgende Weidenarten:<br />
Salix americana – Amerikaner-<br />
oder auch Universalweide<br />
Salix fragilis – Bruchweide<br />
Salix purpurea – Purpurweide<br />
Salix triandra – Mandelweide<br />
Salix viminalis – Hanfweide<br />
Man kann auch mit Zweigen<br />
aus dem Garten und vom<br />
Wegesrand fl echten. Dazu<br />
eigenen sich Kletter- und<br />
Kriechpfl anzen wie Waldrebe,<br />
Hopfen und Immergrün, Ruten von gestutzten<br />
und auf Stock gesetzten Bäumen wie Linde, Eukalyptus<br />
und verschiedene Weidenarten sowie<br />
Gartenschnitt von Hartriegel, Liguster, Goldregen<br />
etc.<br />
Sollten Sie Interesse an Kursen zum Korbfl echten<br />
haben, können Sie sich an folgende Adresse<br />
wenden:<br />
Horndreher Hof<br />
Linda Arras und Ullrich Krost<br />
Lindenstraße 19<br />
64405 Fischbachtal-Niedernhausen<br />
Telefon: 06166-8580<br />
Fax: 06166-920559<br />
Email: info@horndreher-hof.de<br />
www.horndreher-hof.de<br />
Literatur:<br />
Verdet-Fierz, Bernard und Regula (2004): Anleitung<br />
zum Flechten mit Weiden, Verlag Haupt<br />
Vaughan, Susie (2007): Einfach Korbfl echten<br />
mit Zweigen aus dem Garten und vom Wegesrand,<br />
Verlag ökobuch.<br />
Ulrike Althaus<br />
Foto:<br />
Gefl ochtener Einkaufskorb (Foto: M. Althaus)
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Kopfweiden – wertvolle Zeugen eines alten Handwerks<br />
Das alte Handwerk des Flechtens aus Weidenzweigen war in historischer Zeit in manchen<br />
Gegenden Deutschlands weit verbreitet. Davon zeugen zum Beispiel am Niederrhein die<br />
vielen alten Kopfweiden. Doch auch im Sauerland, vor allem im Raum Marsberg, fi ndet<br />
man noch stellenweise diese alten Zeugen vergangener Zeiten: knorrige, urig anmutende<br />
Weiden mit dickem Stamm und kopfförmigem Astwerk. Sie bereichern heute noch die<br />
Landschaft. Und sie sind ökologisch wertvoll, da Fledermäuse und baumbrütende Vogelarten<br />
wie Gartenrotschwanz und Steinkauz deren Baumhöhlen besiedeln, die sich an den<br />
Schnittstellen ausbilden – ganz abgesehen von den vielen Insektenarten, die sich von den<br />
Weidenblättern ernähren oder im Holz der Bäume leben.<br />
Da die Kopfweiden aber auseinander brechen, wenn sie überaltern, bedürfen sie eines<br />
regelmäßigen Pfl egeschnittes, wenn ihre Zweige nicht mehr genutzt werden. Auch im vergangenen<br />
Winterhalbjahr schnitt daher der VNV über 70 Kopfweiden im Raum Marsberg-<br />
Canstein und bei Leitmar.<br />
Noch viel besser als solch ein Pfl egeschnitt, bei dem zwar das dicke Holz als Brennholz<br />
verwendet werden kann (bei den heutigen Energiepreisen durchaus lohnend), wäre es<br />
natürlich, würden die Produkte der Kopfweide wieder <strong>für</strong> ihren ursprünglichen Zweck<br />
genutzt.<br />
Kopfweidenpfl ege in Marsberg-Leitmar und Giershagen (Fotos: H. Legge)<br />
43
44 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
1.Historie<br />
„Wanderfalke und Uhu an den Bruchhauser Steinen“<br />
Die Stiftung Bruchhauser Steine hat eine neue Broschüre über den Wanderfalken und den<br />
Uhu an den Bruchhauser Steinen veröffentlicht, die von Mitgliedern des VNV<br />
erstellt wurde. An dieser Stelle möchten wir die Arbeit vorstellen:<br />
Da es keine alten ornithologischen Schriften aus<br />
dem Sauerland gibt, ist über das Vorkommen vom<br />
Uhu und Wanderfalke vor dem 19. Jahrhundert<br />
nichts bekannt.<br />
Die ersten Hinweise auf ein mögliches Vorkommen<br />
von Wanderfalke und Uhu liefert Annette von Droste-<br />
Hülshoff. Die wohl bekannteste Schriftstellerin Westfalens<br />
besuchte 1824 die Familie Gaugrebe, die<br />
damaligen Besitzer der Bruchhauser Steine. 1840<br />
wurde ihre literarische Aufarbeitung der Reise im<br />
Buch „Das malerische und romantische Westphalen“<br />
veröffentlicht (SCHÜCKING & FREILIGRATH 1840).<br />
ANNETTE VON DROSTE HÜLSHOFF schreibt<br />
über die Bruchhauser Steine: „Habichte, Falken und<br />
Käuze siedeln in den zerklüften Felsen und steigern<br />
durch ihr Gepfeife oder lautloses Umkreisen der<br />
Zacken den Eindruck des wildpittoresken Bildes.“<br />
Leider war Annette von Droste-Hülshoff nicht naturkundlich<br />
bewandert, so bleibt unklar, ob Turm- oder<br />
Wanderfalken an den Felsen brüteten und ob mit<br />
Käuzen nicht doch Uhus gemeint waren.<br />
2. Vorkommen des Wanderfalken<br />
SUFFRIAN schreibt über das Vorkommen von Wanderfalken<br />
im Sauerland 1846: „...,auch in der Gegend<br />
von Brilon und Bredelaer bemerkt, aber dort<br />
noch nicht brütend gefunden, wiewohl letzteres keineswegs<br />
unwahrscheinlich ist.“<br />
Nur wenig später im Jahr 1849 schreibt LANDAU:<br />
„Wohl hat man ihn in den rauen Bergen um Brilon und<br />
Bredelar auch im Sommer bemerkt.“ Da der Wanderfalke<br />
bei Brilon und Marsberg-Bredelar damals<br />
als Sommervogel (= Brutvogel) vorkam ist sicher davon<br />
auszugehen, dass die Bruchhauser Steine als<br />
Alpha-Brutplatz (= optimal Brutplatz) in Westfalen<br />
schon damals besiedelt waren. DEMANDT schreibt<br />
1959 über die Wanderfalken Südwest-falens: „Um<br />
die Jahrhundertwende war der Wanderfalke (Falco<br />
peregrinus) als Brutvogel in Südwestfalen so gut wie<br />
ausgerottet. Nur an den Bruchhauser Steinen war<br />
hin und wieder noch ein Paar zur Brut geschritten.“<br />
In einem Aktenordner der Bezirksregierung Arnsberg<br />
fi ndet sich ebenfalls der Hinweis, dass die Bruchhauser<br />
Steine um 1900 vom Wanderfalken als Brutplatz<br />
genutzt wurden. Im Jahr 1932 vermerkt REICH-<br />
LING: „Wie mir aus zuverlässiger Quelle berichtet<br />
wird, hatte jahrelang ein Paar seine Horststätte an<br />
den Bruchhauser Steinen.“ In Berichten über naturkundlichen<br />
Reisen zu den Bruchhauser Steinen fi ndet<br />
sich bis in die 50er Jahre mehrfach der Hinweis<br />
auf das Vorkommen des Wanderfalken. So schreibt<br />
KOPPE 1935: „Von den Vögeln erfreuten uns auch<br />
wieder der prächtige Wanderfalk, ...“. Nähere Einzelheiten<br />
wurden nicht übermittelt.<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich<br />
in der St. Franziskus Grundschule Bruchhausen ein<br />
Präparat eines weiblichen Wanderfalken im Jugendkleid<br />
befi ndet. Dieses Präparat befand sich bereits<br />
1948 dort, als ein heutiger Lehrer mit dem Schulbesuch<br />
begann. Da man ab 1934 die neu eingeführten<br />
Schutzgesetze zumindest weitgehend einhielt und in<br />
der direkten Nachkriegszeit bestimmt kein Präparat<br />
anfertigte, muss das Präparat vor 1934 entstanden<br />
sein.<br />
Genauere Daten zum Vorkommen des Wanderfalken<br />
liegen bis 1951 nicht vor. Es ist trotzdem davon<br />
auszugehen, dass die Bruchhauser Steine als Alpha-<br />
Brutplatz Westfalens von 1900 bis 1950 durchgehend<br />
besiedelt waren. DEMANDT & SCHRÖDER schreiben<br />
1969 über die allgemeine Bestandssituation in<br />
Westfalen: „Bis gegen Ende der 1920er Jahre gibt<br />
es nur sehr vereinzelte Brutnachweise. Von diesem<br />
Zeitpunkt an bis etwa 1945 nimmt der Brutbestand<br />
in Ost- und Südwestfalen merklich zu, was auf einen<br />
konsequenten Schutz zurückzuführen ist.“ Von 1951<br />
bis zum zeitweiligen Aussterben 1972 liegen dann<br />
erstmals genauere Daten vom Wanderfalken an den<br />
Bruchhauser Steinen vor<br />
(DEMANDT 1970/71, KÖPKE schriftlich,<br />
PROCHNOW schriftlich, DAUBERT schriftlich). In 21<br />
Jahren von 1951-1969 gab es nur vier erfolgreiche<br />
Bruten. Es wurden nur zehn Jungfalken (1953/3,<br />
57/2, 60/2, 63/1, 64/2) fl ügge.<br />
Die Reproduktionsdaten der anderen acht Brutplätze<br />
im HSK und vier weiteren im restlichen Sauerland<br />
waren noch weit schlechter. Die meisten Brutplätze<br />
wurden bereits gegen Ende der 1950-er Jahre verlassen.<br />
Ab 1967 waren die Bruchhauser Steine der<br />
einzige noch besetzte Brutplatz in ganz NRW.<br />
Im Jahr 1969 kam es zur letzten Brut <strong>für</strong> 21 Jahre.<br />
Die zwei Jungfalken wurden von einem Falkner ausgehorstet.<br />
Von 1970 bis 1972 hielt dann nur noch ein<br />
adulter Einzelvogel den Platz besetzt. Dann waren<br />
auch die Bruchhauser Steine verwaist und der Wanderfalke<br />
damit in NRW ausgestorben.<br />
Im Frühjahr 1977 wurden Wanderfalkenfedern im
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Die Bruchhauser Steine aus Sicht eines Wanderfalken (Foto: R. Götte)<br />
NSG gefunden (WEGNER schriftlich). Diese schienen<br />
aus dem Herbst 1976 zu stammen. Wahrscheinlich<br />
handelte es sich um Federn eines nordischen<br />
Überwinterers, bzw. Durchzüglers.<br />
Es gibt <strong>für</strong> diese katastrophale Entwicklung zwei<br />
Hauptgründe. Der global gesehen Hauptrückgangsgrund<br />
waren die Umweltchemikalien, vor allem das<br />
Insektizid DDT, in der Nahrung des Wanderfalken<br />
(WEGNER et al. 2005). Durch die Anreicherung vor<br />
allem von DDT im Körper der Wanderfalken wurden<br />
weniger Eier gelegt und waren seltener befruchtet.<br />
Ferner starben viele Embryonen im Ei ab und viele<br />
Eier zerbrachen. Diese Phänomene wurden durch<br />
Demandt auch im Sauerland nachgewiesen. Erst in<br />
den 1960-er Jahren konnte aber der Zusammenhang<br />
mit DDT und anderen Umweltchemikalien nachgewiesen<br />
werden. Anfang der 1970-er Jahre wurde<br />
DDT in Nordamerika und Europa (D ab 1974) nach<br />
und nach verboten. Bis dahin war der Wanderfalke<br />
in weiten Teilen Europas und Nordamerikas ausgestorben.<br />
Der zweite wichtige Rückgangsgrund war die Verfolgung<br />
durch Falkenhasser (Taubenzüchter) und<br />
Falkenfreunde (Falkner). Die direkte Verfolgung<br />
scheint, ähnlich wie Ende des 19. Jahrhunderts, an<br />
einigen Brutplätzen sehr massiv gewesen zu sein.<br />
Über die Denkweise der Taubenzüchter gibt ein<br />
Artikel von einem Tauben-Züchter aus Marsberg-<br />
Padberg Auskunft (HOGREBE 1949). HOGREBE<br />
schreibt 1949 unter anderem: „Wie die Verminderung<br />
(der Wanderfalken, Anm. d. Verf.) durchgeführt<br />
wird, ist gleich. Der Zweck heiligt die Mittel. Man<br />
schreibt soviel gegen das Tellereisen. Sicher, es ist<br />
nicht schön, vielleicht sogar etwas hart.“ Obwohl der<br />
45<br />
Wanderfalke unter Schutz stand, wendete Hogrebe<br />
die selben Methoden wie früher während der offi ziellen<br />
Greifvogelverfolgung an und schreibt sogar öffentlich<br />
darüber.<br />
Schon damals gab es von Seiten des <strong>Natur</strong>schutzes,<br />
genauer durch den pensionierten Studienrat Dr. Carl<br />
Demandt aus Lüdenscheid, <strong>für</strong> die damalige Zeit<br />
intensive Schutzbemühungen im Sauerland (WEG-<br />
NER 1998). Wie die Akten der Bezirksregierung in<br />
Arnsberg zeigen, war auch die damalige Bezirksstelle<br />
<strong>für</strong> <strong>Natur</strong>schutz und Landschaftspfl ege beim<br />
Schutz des Wanderfalken an den Bruchhauser<br />
Steinen involviert. Intensiv hat sich auch der <strong>Natur</strong>schutzbeauftragte<br />
des damaligen Kreises Brilon,<br />
Herr Franz Henkel, aus Olsberg um die Falken bemüht.<br />
Seit dem Jahr 1966 wurde der Forstwart Karl<br />
Vogel, welcher bei der Gaugrebschen Rentkammer<br />
arbeitete, mit 200 DM pro Jahr <strong>für</strong> die Bewachung<br />
der Falken an den Steinen vom Landesjagdamt bezahlt.<br />
Bei einem Bruterfolg sollte es eine Prämie von<br />
150 DM geben. Zumindest im Jahr 1966 wurden 200<br />
DM ausgezahlt. Diese bezahlte Bewachungsaktion<br />
wurde scheinbar bis 1969 durchgeführt.<br />
In Deutschland gab es 1976 nur noch 48 Brutpaare<br />
in Süddeutschland, welche bewacht wurden (RO-<br />
CKENBAUCH 1998). Danach stieg die Reproduktion<br />
der Wanderfalken wieder an. Sie verdichteten zuerst<br />
in Süddeutschland ihren Bestand und begannen sich<br />
dann wieder auszubreiten. Dieser Ausbreitungs- und<br />
Wiederbesiedlungsprozess wurde zusätzlich durch<br />
die Auswilderung von gezüchteten Falken beschleunigt<br />
und unterstützt.<br />
Am 7. März 1989 wurde erstmals wieder ein Wanderfalkenpaar<br />
von Mitgliedern des <strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>-
46 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
und Vogelschutz im HSK (VNV) an den Bruchhauser<br />
Steinen nachgewiesen (SCHUBERT & STEIN<br />
1990). Am 8. März 1989 wurde das Umweltministerium<br />
unterrichtet. Noch am selben Tag wurden der<br />
Bornstein und Ravenstein per Erlass zum Klettern<br />
gesperrt. Schon am 14. März 1989 wurden vom Eigentümer<br />
Freiherr von Fürstenberg, den Behörden<br />
und dem VNV alle notwendigen Einzelheiten <strong>für</strong> die<br />
Bewachung, unter anderem eine Funkverbindung<br />
zur Polizei, geklärt. Am 18. März 1989 konnten zwei<br />
VNV-Mitglieder, darunter der Autor, mit der Bewachung<br />
beginnen. Diese schnelle und fruchtbare Zusammenarbeit<br />
zwischen Eigentümer, Behörden und<br />
ehrenamtlichen <strong>Natur</strong>chützern ist im HSK fast einmalig<br />
geblieben.<br />
Neben Kletterern gab es damals noch Probleme mit<br />
Wanderern, welche den Bornstein von der südlichen<br />
Seite auf den damals noch vorhandenen Trampelpfaden<br />
erwandern wollten. Da 1989 nur das Weibchen<br />
adult (geschlechtsreif) war, während der Terzel vorjährig,<br />
also noch nicht geschlechtsreif, kam es nicht<br />
zur Brut. Die Bewachung wurde deshalb am 15. April<br />
1989 abgebrochen. An der Bewachung nahmen, wie<br />
in späteren Jahren, neben VNV-Mitgliedern auch Mitglieder<br />
mehrerer anderer <strong>Natur</strong>schutzvereine teil.<br />
Am 13. Januar 1990 waren vier VNV-Mitglieder an<br />
der Gründung der Arbeitgemeinschaft Wanderfalkenschutz<br />
(AGW)-NRW im NABU-NRW in Bonn beteiligt.<br />
Die AGW-NRW kümmert sich in ganz NRW<br />
um den Wanderfalkenschutz. In der AGW ist ein<br />
VNV-Mitglied (Martin Lindner) Regionalbetreuer <strong>für</strong><br />
das ganze Sauerland. Die Schutzmaßnahmen vor<br />
Ort werden in enger Abstimmung mit der AGW-NRW<br />
durchgeführt.<br />
Wanderfalkenbewachung an den Steinen (Foto: M. Lindner)<br />
Im Jahr 1990 fl ogen erstmals seit 1969 wieder drei<br />
Jungfalken am Bornstein aus (SCHUBERT & STEIN<br />
1992). Die Bewachung durch den VNV dauerte 1990<br />
vom 13.03. bis 10.06. Bis 1999 wurde eine Bewachung,<br />
jeweils ungefähr am 15.03. eines jeden Jahres<br />
bis ungefähr 15.06. durchgeführt. Die beiden Bewacher<br />
aus ganz NRW waren in einem Wohnwagen<br />
untergebracht. Die Organisation der Bewachung lag<br />
beim VNV (Werner Schubert). Diese Organisation<br />
war eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit, zumal<br />
von 1993 bis 1999 noch ein zweiter Wanderfalken-<br />
Brutplatz bei Brilon bewacht wurde. Falls Lücken in<br />
der Bewachung auftraten, mussten diese durch die<br />
VNV-Ziwildienstleistenden ausgefüllt werden. Seit<br />
2000 gibt es keine Dauerbewachung zur Brutzeit<br />
mehr.<br />
Aber nach wie vor werden die Bruchhauser Steine<br />
durch örtliche VNV’ler, insbesondere Claus Finger<br />
und Mitarbeiter der Stiftung Bruchhauser Steine intensiv<br />
kontrolliert. Von 1991 bis 2004 wurden, von<br />
Beringern der AGW-NRW, 20 Jungfalken beringt.<br />
Die 1992 gestiftete Stiftung Bruchhauser Steine<br />
des Freiherrn von Fürstenberg-Gaubrebe und des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen, kurz Stiftung Bruchhauser<br />
Steine genannt, unterstützt, fördert und fi -<br />
nanziert die örtliche Wanderfalken-Wacht.<br />
3. Vorkommen des Uhus<br />
Seit 1995 kommt auch der Uhu wieder im NSG vor.<br />
Beim Uhu ist die historische Datenlage sehr viel eindeutiger,<br />
obwohl die Angaben zu den letzten Bruten<br />
unterschiedlich sind.<br />
Der Uhu hat wechselweise am Bornstein oder am<br />
Ravenstein gebrütet (HENNEMANN 1920, POL-<br />
LKLÄSENER 1952, KOCH 1880/81, FELDMANN<br />
1963).<br />
Noch 1876 wurden die letzten drei Junguhus von<br />
Jungen am Bornstein ausgehorstet und in den Zoo<br />
nach Münster gebracht (HENNEMAN 1920). KOCH<br />
(1880/81) führt ihn sogar noch später als Brutvogel<br />
an den Bruchhauser Steinen auf.<br />
In Deutschland brach der Uhubestand durch massive<br />
Verfolgung auf 50-70 Paare 1930 zusammen (LIND-<br />
NER 2003/04). Durch Schutzmaßnahmen und die<br />
Auswilderungen von gezüchteten Uhus kam es nach<br />
und nach zur Wiederbesiedlung von weiten Teilen<br />
Deutschlands. Der HSK wurde ab 1976 wiederbesiedelt<br />
(ebd.). Von 1995 bis 1997 wurde jeweils nur ein<br />
einzelnes rufendes Uhumännchen im NSG „Bruchhauser<br />
Steine“ festgestellt. Im Jahr 1998 wurde ein<br />
Uhupaar nachgewiesen. 1999 brüteten erstmals seit<br />
1876 wieder Uhus an den Bruchhauser Steinen. Der<br />
Uhu brütete an der Südostecke des Bornsteins, während<br />
der Wanderfalke nur 50-60 m entfernt an der<br />
Nordseite des Bornsteins brütete (LINDNER & FRU-<br />
HEN 2001). Überraschenderweise brachten sowohl<br />
Wanderfalken als auch die Uhus je einen Jungvogel<br />
zum Ausfl iegen. Normalerweise werden Jungfalken<br />
bei so nahe brütenden Uhus von diesen geschlagen<br />
(LINDNER 1998). Es scheint in Deutschland keinen<br />
anderen Fall zu geben, wo nachweislich Jungfalken<br />
unter solchen Bedingungen fl ügge wurden. In den
folgenden Jahren zeigte sich, dass jeweils nur eine<br />
der beiden Arten erfolgreich brütete.<br />
Die Tabelle 1 (s. Seite 12) gibt die Beobachtungsergebnisse<br />
<strong>für</strong> Wanderfalke und Uhu seit der Wiederbesiedlung<br />
1989 im NSG wieder. Im Jahr 2008<br />
gab es vom Uhu 42 besetzte Reviere und vom Wanderfalken<br />
sieben Reviere im HSK. In NRW gab es<br />
2008 115 Wanderfalkenpaare (ARBEITSGEMEIN-<br />
SCHAFT WANDERFALKENSCHUTZ-NRW 2008)<br />
und ca. 200 Uhupaare (Erhebung Uhurunde-NRW).<br />
In Deutschland ist der Bestand des Uhus 2005 auf<br />
ca. 1100 Revierpaare (LANZ & MAMMEN 2005) und<br />
des Wanderfalken auf ca. 1000 Revierpaare (eigene<br />
Schätzung) angewachsen.<br />
Diese Erfolgstorys des <strong>Natur</strong>schutzes kam nur durch<br />
massiven Einsatz von Tausenden <strong>Natur</strong>schützern in<br />
ganz Deutschland zustande.<br />
4. Brutergebnisse von Wanderfalke und Uhu seit<br />
der Wiederbesiedlung<br />
Wanderfalke Uhu<br />
1989 RP<br />
1990 BP+3JV<br />
1991 BP+4JV<br />
1992 BP+2JV<br />
1993 BP+4JV<br />
1994 BP+4JV<br />
1995 BP EV<br />
1996 BP+4JV EV<br />
1997 RP EV<br />
1998 RP RP<br />
1999 BP+1JV BP+1JV<br />
2000 BP+3JV RP<br />
2001 RP BP+1JV<br />
2002 RP EV<br />
2003 BP+3JV EV<br />
2004 BP+1JV RP<br />
2005 BP BP+2JV<br />
2006 BP+1JV RP<br />
2007 BP RP<br />
2008 RP RP<br />
Gesamt 30 JV 4 JV<br />
Tabelle 1:<br />
EV = Einzelvogel, RP = Revierpaar ohne Brutnachweis, BP<br />
= Brutpaar, JV = Anzahl der ausgefl ogenen Jungvögel.<br />
Die Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der jeweiligen<br />
Wiederbesiedlung von Wanderfalke und Uhu.<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
47<br />
Uhu (Foto: NABU / M. Delpho)<br />
Im Jahr der Wiederbesiedlung 1989 kam es nicht<br />
zur Brut, da der Terzel (männliche Falke) noch nicht<br />
geschlechtsreif war. Von 1990 bis 1994 gibt es die<br />
<strong>für</strong> einen Alpha-Brutplatz (= optimal Brutplatz) typischen,<br />
hervorragenden Brutergebnisse. Nach der<br />
1995 erfolgten Wiederbesiedlung der Bruchhauser<br />
Steine durch den Uhu kommt es kaum noch zu erfolgreichen<br />
Bruten. Der Wanderfalke gehört <strong>für</strong> den<br />
adlergroßen Uhu zum normalen Beutespektrum<br />
(LINDNER 1998). Insbesondere die intensiv bettelnden<br />
Jungfalken machen das Uhupaar bei einer so<br />
nahen Brutnachbarschaft unweigerlich auf sich aufmerksam,<br />
zudem können die Jungfalken die Gefahr<br />
natürlich noch nicht einschätzen. Die Jungfalken<br />
sitzen nachts zum Schlafen am Felsrand und werden<br />
vom Uhu beim Vorbeifl iegen einfach „vom Fels<br />
gepfl ückt“. Altfalken hingegen setzten sich an einen<br />
geschützten Platz am Fels, so dass diese selten erbeutet<br />
werden. Nur 2005 wurde bisher ein Altfalken,<br />
das brütende Weibchen, geschlagen. Nur falls der<br />
Uhu nicht brütet, kommt es manchmal noch zu erfolgreichen<br />
Bruten. Dies liegt daran, dass die Uhus<br />
keine engere Bindung zum Brutplatz haben, wenn<br />
sie nicht brüten.<br />
Sowohl Einzeluhu als auch Uhupaare halten sich<br />
dann meist weit entfernt vom Brutplatz an nahrungs-
48 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
reichen Gebietsteilen ihres, in Mittelgebirgen bis zu<br />
128 km², Reviers auf (LEDITZNIG 1999). Im Jahr<br />
2000 wurden die drei ausgefl ogenen Wanderfalken<br />
kurz nach dem Ausfl iegen geschlagen. Die in den<br />
Jahren 2003, 2004 und 2006 ausgefl ogenen Jungfalken<br />
wurden auch selbstständig.<br />
Die eher dürftigen Brutergebnisse des Uhus liegen<br />
an den Bruchhauser Steinen an dem nahrungsmäßig<br />
eher<br />
pessimalen Revier.<br />
Zum Ersten fallen die großen Wälder, insbesondere<br />
die Fichtenwälder, in der Umgebung der Bruchhauser<br />
Steine als Nahrungshabitat aus, da Uhus<br />
im Wald, mit Ausnahme von Windwürfen und Kahlschlägen,<br />
nicht jagen können. Uhus mit überdurchschnittlich<br />
viel Wald im Revier müssen weiter zum<br />
Jagen fl iegen und können deshalb in der Regel nicht<br />
soviel Beute machen (LEDITZNIG 1999, LINDNER<br />
2003/04). Zum Zweiten sind die Offenlandbereiche<br />
im Revier meist deutlich unterhalb der Höhenlage<br />
der Bruchhauser Steine selbst und zudem weiter<br />
entfernt gelegen. So muss dass Uhumännchen, welches<br />
von der Zeit vor der Eiablage bis zum Alter der<br />
Junguhus von 5 Wochen allein jagd, die Beute aus<br />
größerer Entfernung und zudem noch auf die Höhenlage<br />
des Brutplatzes bringen. Dies führt dazu,<br />
dass in vielen Jahren überhaupt nicht gebrütet wird,<br />
da dass Uhu-Weibchen<br />
nicht in Brutkondition kommt. Durch die durch von<br />
Orkantief Kyrill am 18./19. Januar 2007 verursachten<br />
Windwürfe in der Umgebung der Bruchhauser Steine<br />
dürfte sich der Bruterfolg und die Anzahl der ausgefl<br />
ogenen Junguhus in den nächsten Jahren erhöhen.<br />
Dass 2005 zwei Junguhus fl ügge wurden, liegt<br />
an einer Mäusegradation in jenem Jahr. Bei einem<br />
Massenvorkommen von Mäusen stellen diese eine<br />
wichtige Beute des Uhu dar.<br />
5. Vorkommen von Turmfalke und anderen Vogelarten<br />
In der älteren Literatur fi ndet sich kein Hinweis über<br />
das frühere Vorkommen des Turmfalken. Erstmals<br />
wird ein Turmfalkenpaar 1971 nachgewiesen. HEN-<br />
KEL schreibt 1971: „Ein Turmfalkenpaar hat die<br />
Wanderfalken abgelöst.“ Von nun bis 1992 brüteten<br />
ständig Turmfalken an den Steinen. 1975 wurden<br />
erstmals zwei Turmfalkenpaare festgestellt (KÖPKE<br />
schriftlich). Anlässlich der VNV-Brutvogelkartierung<br />
erfasste GEORG FRIES 1985 fünf Brutpaare des<br />
Turmfalken. Als der Autor am 18. März 1989 zu den<br />
beiden ersten Bewachern an den Bruchhauser Steinen<br />
gehörte, konnte er ebenfalls noch fünf balzende<br />
Paare des Turmfalken antreffen, und zwar hielten<br />
sich drei am Bornstein und zwei am Goldstein auf.<br />
Es kam zu heftigen Luftkämpfen mit dem Wanderfalkenterzel,<br />
sobald sich ein Turmfalke an die Nordseite<br />
des Bornstein traute.<br />
Einmal konnte sich ein Turmfalkenterzel nur retten,<br />
indem er trudelnd vor dem Bornstein dem Erdboden<br />
zu stürzte. Er konnte sich aber kurz vor dem Aufprall<br />
wieder abfangen.<br />
Im Jahr 1989 brüteten schließlich nur noch zwei<br />
Turmfalkenpaare (an der Nordseite des Goldstein<br />
und an der Südwestseite des Bornstein). Im Jahr<br />
1990 und 1992 brütete noch ein Paar Turmfalken an<br />
der Südwestseite des Bornstein. Leider wurden die<br />
Brutergebnisse nicht dokumentiert.<br />
Rüttelndes Turmfalkenweibchen (Foto: R. Götte)<br />
Im Jahr 1975 hielt sich ein Paar Dohlen am Bornstein<br />
auf und lieferte sich mit einem Turmfalkenpaar<br />
Luftkämpfe (KÖPKE schriftlich). Die Luftkämpfe deuteten<br />
daraufhin, dass dieses Dohlenpaar am Bornstein<br />
brüten wollte.<br />
Der Name Ravenstein deutet darauf hin, dass früher<br />
auch der Kolkrabe am Ravenstein brütete.<br />
Inzwischen ist er als Brutvogel in angrenzenden<br />
Gaugreben´schen Wäldern wieder nachgewiesen.<br />
Literatur:<br />
ARBEITSGEMEINSCHAFT WANDERFALKENSCHUTZ<br />
NRW (2008): Brutergebnisse des Wanderfalken in Nordrhein-Westfalen<br />
im Jahre 2008. Jber. AGW-NRW: 3-5.<br />
DEMANDT, D. (1959): Die Wanderfalken Südwestfalens.<br />
Sauerländ. <strong>Natur</strong>beobach. 5: 56-75.<br />
DEMANDT, C. (1970/71): Die Tragödie der westfälischen<br />
Wanderfalken. Sauerländ. <strong>Natur</strong>beobach.9: 15-22.<br />
DEMANDT, C. & E. SCHRÖDER (1969): Wanderfalke –<br />
Falco peregrinus. In: PEITZMEIER, J. Avifauna von Westfalen.<br />
Abh. Land. Mus. <strong>Natur</strong>kd. 31: 218-219.<br />
FELDMANN, R. (1963): Der Uhu in Westfalen. Nat. u. Heimat<br />
23: 19-26.<br />
HENKEL, F. (1971): Letzter Wanderfalkenhorst verwaist<br />
– Auf Vergiftung der Landschaft zurückzuführen. Sauerland<br />
4: 71.<br />
HENNEMANN, W. (1920): Über den Uhu und andere Eulen<br />
des Sauerlandes einst und jetzt. Sauerl. Gebirgsbote<br />
28: 31-32.<br />
HOGREBE, P. (1949): Stirbt der Wanderfalke aus? Die
Brieftaube 14: 149-150.<br />
KOCH, R. (1880/81): Die Brutvögel des gebirgigen Teiles<br />
von Westfalen. Jber. Zool. Sekt.9: 30-40.<br />
KOPPE, A. (1935): Autofahrt ins Sauerland. Abh. Westf.<br />
Prov. Mus. f. <strong>Natur</strong>kd. 6: 7.<br />
LANDAU. G. (1849): Beiträge zur Geschichte der Jagd<br />
und der Falknerei in Deutschland. Kassel.<br />
LEDITZNIG, C. (1999): Zur Ökologie einer Uhupopulation<br />
im Südwesten NÖ’s. Diss. Univ. Bodenkultur, Wien. 203<br />
pp.<br />
LINDNER, M. (1998): Der Uhu als bestandslimitierender<br />
Faktor <strong>für</strong> den Wanderfalken im Sauerland. Jber. AGW-<br />
NRW: 11-12.<br />
LINDNER, M: (2003/04): Ein wechselvolles Schicksal des<br />
Königs der Nacht. Irrgeister 20/2+21/1: 50-73.<br />
LINDNER, M: (2006): Die Bruchhauser Steine – auch Riesen<br />
sind Bedroht. Irrgeister 23: 26-28.<br />
LINDNER, M. & M. FRUHEN (2001) Rückblick auf die<br />
Wanderfalkenbruten 1999 bis 2000 im Hochsauerlandkreis.<br />
Irrgeister 18/1: 34-38.<br />
Pollkläsener, J. (1952): Ausgestorbene und seltene Vögel<br />
unserer Heimat. Heimatbl. f. Hohenlimburg 7: 1-4.<br />
OCHS, H. (1886): Der Wanderfalk (Falco peregrinus).<br />
Mschr. Ver. Schutz Vogelwelt 11: 52-55.<br />
SCHUBERT, W. (1990a): Die Bruchhauser Steine – <strong>Natur</strong>schutz<br />
und Klettersport im Konfl ikt. <strong>Natur</strong>- u. Landschafts-<br />
Buchbesprechungen:<br />
Aebischer, Adrian. (2009): Der Rotmilan – Ein<br />
faszinierender Greifvogel. 232 Seiten, 111 Farbfotos.<br />
Haupt Verlag, Bern/Stuttgart/Wien. ISBN<br />
978-3-258-07417-7.<br />
Ein faszinierendes<br />
Buch, dass einem<br />
faszinierenden<br />
Greifvogel gerecht<br />
wird! In<br />
diesem hervorragend<br />
bebilderten<br />
Buch werden alle<br />
Aspekte über den<br />
Rotmilan behandelt.<br />
Im Buch wird<br />
der aktuelle Wissenstand über diese europäische<br />
Art dargelegt. Ferner werden die anderen in Mitteleuropa<br />
regelmäßig vorkommenden Greifvögel<br />
auf je 1 bis 2 Seiten kurz behandelt. Einziger<br />
wirklicher Kritikpunkt ist, dass die Literatur-Zitate<br />
nur teilweise in den Text eingearbeitet wurden,<br />
sondern sich nur in einer Liste im Anhang<br />
fi nden. Dieser einzige Schönheitsfehler wird<br />
aber nur Experten stören.<br />
Martin Lindner<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
49<br />
kunde 26: 1-6.<br />
SCHUBERT, W. (1990b): Wanderfalken-Horstbewachung<br />
1989 im NSG „Bruchhauser Steine“ (Hochsauerlandkreis).<br />
Charadrius 26: 101-106.<br />
SCHUBERT, W. & F.-J. STEIN (1992): Erste Brut des Wanderfalken<br />
(Falco peregrinus) in Westfalen nach 21 Jahren.<br />
Irrgeister 9/1: 9-14.<br />
SCHÜCKING, L. & F. FREILIGRATH (Hrsg.)(1840): Das<br />
malerische und romantische Westphalen. Barmen + Leipzig.<br />
SUFFRIAN, E. (1846): Verzeichnis der innerhalb des Königl.<br />
Preußischen Regierungsbezirks Arnsberg bis jetzt<br />
beobachteten wild lebenden Wirbeltiere. Jber. Ver. <strong>Natur</strong>k.<br />
Herzogtum Nassau 3: 126-169.<br />
REICHLING, H. (1932): Beiträge zur Ornis Westfalens und<br />
des Emslandes. Abh. Westf. Prov. Mus. f. <strong>Natur</strong>kd. 3: 307-<br />
362.<br />
ROCKENBAUCH, D.(1998): Der Wanderfalke in Deutschland<br />
und umliegenden Gebieten. Bd. 1. Ludwigsburg.<br />
WEGNER, P. (1998): Der Wanderfalke als Brutvogel in<br />
Nordrhein-Westfalen. In: D. ROCKENBAUCH (1998): 140-<br />
155.<br />
WEGNER, P., G. KLEINSTÄUBER, F. BAUM & F. SCHIL-<br />
LING (2005) Langzeit-Untersuchung zur Exposition deutscher<br />
Wanderfalken (Falco peregrinus) mit Umweltchemikalien.<br />
J. Orni. 146: 34-54.<br />
Reichholf, Josef H. (2009): Rabenschwarze<br />
Intelligenz. 254 Seiten, 32 Abbildungen. Herbig<br />
Verlag, München. ISBN 978-3-7766-2600-1.<br />
Der Autor schildert seine<br />
langjährigen Erfahrungen<br />
und Forschungen<br />
mit den verschiedenen<br />
Rabenvogelarten. In<br />
diesem Plädoyer <strong>für</strong> die<br />
Rabenvögel vergleicht<br />
der Autor die Jagd auf<br />
Singvögel in Südeuropa<br />
und die Jagd auf Rabenvögel,<br />
übrigens auch<br />
Singvögel, bei uns.<br />
Das Buch ist jedem zu empfehlen, welcher sich<br />
vorurteilsfrei über die Rabenvögel informieren<br />
möchte. Leider habe ich sogar in Kreisen von<br />
VNV-Mitgliedern erlebt, dass der Rückgang<br />
von anderen Singvögeln den Rabenvögeln in<br />
die Schuhe geschoben wurde. Ein Sündenbock,<br />
hier die Rabenvögel, ist leicht <strong>für</strong> komplexe<br />
Probleme gefunden, doch haben diese Vorurteile<br />
selten etwas mit der Realität zu tun.<br />
Martin Lindner
50 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Buchbesprechung:<br />
ARBEITSGEMEINSCHAFT AVIFAUNA HA-<br />
GEN (2009): Die Brutvögel Hagens – 1997<br />
bis 2008. Biologische Station Umweltzentrum<br />
Hagen e.V. (Hrsg.). Hagen. – 306 Seiten, 348<br />
Farbfotos, 82 Karten, 85 Abbildungen, 58 Tabellen.<br />
ISBN 978-3-00-026037-7. Bezug über<br />
den Buchhandel oder die Biologische Station<br />
Umweltzentrum Hagen, nähere Informationen:<br />
www.brutvoegel-hagens.de. Preis: 19,90 €, inkl.<br />
Versand und Verpackung 26,40 €.<br />
Unter der Leitung von Stephan Sallermann und<br />
Andreas Welzel hat die ‚Arbeitsgemeinschaft<br />
Avifauna Hagen’ als Gemeinschaftswerk von<br />
insgesamt 15 Autoren, zahlreichen Kartierern,<br />
Fotografen und sonstigen Mitarbeitern ein modernes<br />
Buch über die Brutvögel des Stadtgebietes<br />
vorgelegt, das Daten bis 2008, also kurz<br />
vor dem Erscheinungsdatum<br />
im Mai 2009, berücksichtigt.<br />
Das Buch geht auf die Initiative<br />
zur Gründung der ‚Arbeitsgemeinschaft<br />
Avifauna Hagen’<br />
im Jahr 1996 zurück. Der Bearbeitungszeitraumüberschneidet<br />
sich damit mit den Kartierungen<br />
<strong>für</strong> ADEBAR und den<br />
Brutvogelatlas NRW, in welche<br />
die Daten ebenfalls einfl ießen.<br />
Das Buch untergliedert sich<br />
in fünf Teile, den ersten bildet<br />
ein Kapitel zur Geschichte der<br />
Vogelkunde und des Vogelschutzes<br />
sowie den Methoden<br />
zur Ermittlung und Darstellung<br />
des Brutvogelbestandes. Ein umfangreiches Kapitel<br />
über Landschaft und Vogelwelt schließt<br />
sich an. Auf über 30 Seiten werden der <strong>Natur</strong>raum,<br />
der landschaftliche Wandel und die Beziehungen<br />
zur Avifauna beschrieben und mit zahlreichen<br />
Fotos und Abbildungen illustriert. Der<br />
Einfl uss des Menschen auf die Avifauna steht<br />
dabei häufi g im Vordergrund.<br />
Den Hauptteil des Buches macht die Darstellung<br />
der insgesamt 106 Brutvogelarten aus.<br />
Jede Art wird auf ein bis vier Seiten mit Angaben<br />
zu Verbreitung und Bestand, Lebensraum,<br />
Jahresrhythmus, weiteren Beobachtungen und<br />
Schutzmaßnahmen ausführlich vorgestellt. Bei<br />
den meisten Arten ist eine Karte mit Antreffhäufi<br />
gkeiten abgedruckt und häufi g sind zusätzlich<br />
Abbildungen, Grafi ken und Diagramme zu Bestandsentwicklung,<br />
Phänologie, Siedlungsdichten<br />
usw. enthalten. Zur Gefährdung wurde neben<br />
den Rote-Liste-Kategorien <strong>für</strong> Deutschland und<br />
NRW eine eigene Einstufung <strong>für</strong> das Hagener<br />
Stadtgebiet vorgenommen. Jedem Artkapitel<br />
ist mindestens ein Artfoto beigefügt, oft jedoch<br />
mehrere und in vielen Fällen weitere Fotos mit<br />
den besiedelten Lebensräumen und solche, die<br />
Aspekte zur Biologie der Arten abbilden. Die<br />
Qualität der Fotos ist in der Regel gut. Es ist positiv<br />
hervorzuheben, dass Bildern aus Hagen der<br />
Vorzug gegeben wurde, die darum die Vögel im<br />
typischen Lebensraum zeigen. Nur ein einziges<br />
Foto zeigt eine andere als die in der Bildunterschrift<br />
genannte Art. Und leider fällt auch das<br />
unscharfe Titelbild etwas schmerzlich ins Auge.<br />
Hinsichtlich der Ermittlung der<br />
Brutbestände, die <strong>für</strong> alle Arten<br />
recht genau angeben sind,<br />
wurden unterschiedliche Methoden<br />
angewendet: Bei den<br />
seltenen und mittelhäufi gen<br />
Arten bilden die Kenntnisse der<br />
Mitarbeiter über die einzelnen<br />
Brutplätze und Brutpaarzahlen<br />
sowie Literaturauswertungen<br />
die Grundlage. Zur Ermittlung<br />
der Bestandsdichte häufi ger<br />
Arten wurden von 2002 bis<br />
2005 großfl ächige Revierkartierungen<br />
in repräsentativen<br />
Lebensräumen vorgenommen.<br />
Punkt-Stopp-Zählungen auf<br />
der Ebene von Messtischblatt-Sechzehnteln<br />
bilden die Basis <strong>für</strong> die Kartendarstellung mit<br />
den Antreffhäufi gkeiten. In den Karten fi nden<br />
sich also Zahlen, die angeben, wie viele Vögel<br />
der Art während einer Begehung an zehn Zählpunkten<br />
durchschnittlich angetroffen wurden.<br />
Das ist etwas schwer verständlich und lesbar.<br />
Der Nachteil dieser Darstellung gegenüber einer<br />
Rasterkarte liegt auch darin, dass sie keine<br />
Rückschlüsse darüber erlaubt, wo die jeweilige<br />
Art brütet oder nur als Durchzügler bzw. Nahrungsgast<br />
auftritt.<br />
Vier Arten mit Brutverdacht werden nach dem
Hauptteil in einem kurzen Kapitel behandelt. Der<br />
letzte Block ist 13 ehemaligen Hagener Brutvogelarten<br />
gewidmet. Ein 19-seitiges Literaturverzeichnis<br />
bildet den Abschluss des Buches.<br />
Es ist ein schönes Buch geworden, dass trotz<br />
kleinerer Kritikpunkte rundheraus empfohlen<br />
werden kann. Das Layout ist sehr ansprechend,<br />
ja geradezu vorbildlich, die Ausstattung mit Fotos,<br />
Grafi ken und Abbildungen reichhaltig und<br />
die Druckqualität hervorragend. Der Preis ist in<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
51<br />
Anbetracht der Ausstattung als günstig zu bezeichnen.<br />
Über das Hagener Stadtgebiet hinaus<br />
ist das Buch <strong>für</strong> all die Personen interessant, die<br />
sich <strong>für</strong> die heimische Brutvogelwelt interessieren.<br />
Mit Bezug auf das Bergische Land und Sauerland<br />
bietet es interessante Vergleichsmöglichkeiten<br />
mit anderen Gebieten in der Region.<br />
Michael Schmitz<br />
Kormorane brauchen Freunde!<br />
Aufruf zur Unterstützung der Aktion der NABU zum „Vogel des Jahres 2010“<br />
Hallo liebe Freunde und Kollegen, liebe „Irrgeister“-Leser,<br />
der Kormoran hat immer noch<br />
nicht genug Freunde!!!!<br />
Wir können nur an alle appellieren, sich als Kormoranfrend<br />
zu outen und die NABU-Kampagne<br />
zu unterstützen! Ist auch ganz einfach, man<br />
muss ja kein Statement schreiben, sondern sich<br />
nur ein Passwort und einen Benutzernamen ausdenken...<br />
Und schon hat man das Gefühl, heute eine gute<br />
Tat getan zu haben. Versucht es mal!<br />
Die 1000 Kormorane draußen auf dem Steinhuder<br />
Meer werden es euch danken! Auch hier,<br />
wie auch andernorts, laufen Anträge zu deren<br />
Abschuss!<br />
(Auch im Hochsauerland laufen solche Anträge.<br />
Wir berichten darüber in unseren Irrgeisternachrichten<br />
zu Verfahrensbeteiligungen auf Seite 70.<br />
Die Redaktion)<br />
Also heute noch<br />
www.kormoranfreunde.de !<br />
PS:<br />
Danke an diejenigen, die schon auf der Liste<br />
stehen! Liebe <strong>Natur</strong>freunde, alljährlich 15.000<br />
getötete Kormorane waren <strong>für</strong> uns - NABU und<br />
LBV - das ausschlaggebende Argument <strong>für</strong> die<br />
Wahl dieser faszinierenden Vogelart zum „Vogel<br />
des Jahres 2010“. Wir waren uns bewusst, dass<br />
die Entscheidung die massive Kritk des Angelsports<br />
und der Fischerei hervorrufen würde.<br />
Wir waren aber auch der Meinung, dass wir als<br />
<strong>Natur</strong>schützer Farbe bekennen und eine klare<br />
Gegenposition zur Vergrämung und Tötung von<br />
Kormoranen beziehen müssen. Wenn wir an dieser<br />
Stelle scheitern, dann öffnen wir der Vergrämung<br />
von Gänsesäger und anderen Fischfressern<br />
Tür und Tor. Es wird uns aber nur gelingen,<br />
der unsinnigen Kormoranverfolgung ein Ende<br />
zu machen, wenn wir möglichst viele Kormoranfreunde<br />
mobilisieren.<br />
Deshalb meine herzliche und eindringliche Bitte<br />
an Sie:<br />
Unterstützen Sie unsere Kampagne gegen die<br />
Kormoranverfolgung und beziehen Sie Position<br />
als Kormoranfreund!<br />
Registrieren Sie sich noch heute mit einem<br />
Statement auf<br />
www.kormoranfreunde.de!<br />
Ihr<br />
Olaf Tschimpke, Präsident des NABU
52 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Ein Fenster <strong>für</strong> die Feldlerche<br />
Eine neue Studie lässt Hoffnung <strong>für</strong> den Schutz<br />
unserer Feldvögel, besonders <strong>für</strong> die Feldlerche,<br />
aufkommen. Sogenannte Feldlerchenfenster<br />
(FF) im Wintergetreide-, Mais- oder Rapsfeld<br />
sollen den Feldvögeln ermöglichen, auch in die<br />
immer dichteren Felder einzudringen und ihre<br />
Nester dort zu bauen.<br />
Seit den 1970er Jahren wurde das Sommergetreide<br />
im Ackerbau immer mehr vom produktiv<br />
überlegenen Wintergetreide abgelöst, das sich<br />
in der Aussaatzeit (schon ab September statt im<br />
Frühjahr) von ersterem unterscheidet und somit<br />
früher im Jahr anwächst und an Höhe und<br />
Dichte zunimmt. Für die Feldvögel, besonders<br />
die Feldlerche, stellt dies ein Problem dar. Während<br />
sie im Sommergetreide noch gute Möglichkeiten<br />
hat einzufl iegen und ihre Nester weit im<br />
Feldlerche Foto: R. Götte<br />
inneren Bereich der Felder zu bauen, um einem<br />
höheren Räuberdruck zu entgehen, ist dies im<br />
Wintergetreide spätestens bei der zweiten Brut<br />
(Juni - Juli) schon nicht mehr möglich. Diese<br />
zweite Brut ist aber gerade wichtig, um den Be-<br />
stand aufrecht zu erhalten. Die Zweitbrut kann<br />
dann meist nur in Traktorspuren oder am Rand<br />
des Feldes stattfi nden, wo allerdings der Räuberdruck<br />
wesentlich höher ist. Durch den vermehrten<br />
Anbau von Wintergetreide – aber auch<br />
allgemein durch die intensive Landwirtschaft<br />
– ging der Feldlerche also ein wichtiges Bruthabitat<br />
verloren bzw. wurde unattraktiv. Die Folge:<br />
Ihre Bestände sanken um ca. 49% in den letzten<br />
Jahrzehnten.<br />
Hoffnung durch neue Erkenntnisse<br />
Auch eine Studie von Dr. Tony Morris von der<br />
„Royal Society for the Protection of Birds“<br />
(RSPB) aus Großbritannien bestätigt dies. Daher<br />
wurde in einer groß angelegten Versuchsreihe<br />
eine Strategie entwickelt, durch die sich die Bestände<br />
der Feldlerche und Vögel<br />
mit ähnlichen Lebensraumansprüchen<br />
erholen könnten. Entscheidend<br />
war es, Bewirtschaftungsformen<br />
zu fi nden, die den<br />
Feldlerchen ein Überleben ermöglichen,<br />
aber gleichzeitig <strong>für</strong><br />
die Bauern ökonomisch tragbar<br />
sind.<br />
Da <strong>für</strong> die Feldlerche lichte Stellen<br />
im Getreide wichtig <strong>für</strong> Nahrungssuche<br />
und Brut sind, hat<br />
man in einem Versuch künstliche<br />
Stellen geschaffen, die weniger<br />
stark bewachsen waren als der<br />
Rest des jeweiligen Feldes. Erreicht<br />
hat man dies ganz einfach<br />
dadurch, dass der Bauer seine<br />
Sämaschine <strong>für</strong> eine ca. vier mal<br />
vier Meter breite Fläche ausgestellt<br />
hat - zweimal pro Hektar<br />
- und dann ganz normal mit der<br />
Saat fortgefahren ist, wobei man den Bauern<br />
den geringen Ernteausfall durch Ausgleichszahlungen<br />
im Rahmen des Vertragsnaturschutzes<br />
ersetzt hat. Die entstanden 16 qm großen „Fenster“<br />
hat man dann beobachtet und die Häufi gkeit<br />
von Feldlerchennestern in der direkten Umgebung<br />
erfasst.
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Ein frisch angelegtes Feldlerchenfenster. (Foto: Biologische -Station Gütersloh-Bielefeld)<br />
Positive Resultate<br />
Die Ergebnisse sind vielverheißend. Zu Beginn<br />
der Brutsaison (April-Mai) war die Dichte der<br />
Feldlerchennester auf Feldern mit Feldlerchenfenstern<br />
(FF) etwa genauso groß wie auf konventionell<br />
bewirtschafteten Feldern. Später in<br />
der Brutsaison (Juni-Juli) allerdings blieb die<br />
Dichte auf Feldern mit FF auf hohem Niveau,<br />
während sie auf den konventionell bewirtschafteten<br />
Feldern deutlich sank. Der Wert auf FF-<br />
Feldern lag ca. 40% höher. Die Ausfl ugrate von<br />
Jungvögeln war ca. 1,5mal höher als auf konventionellen<br />
Flächen.<br />
Außerdem legen die Untersuchungen nahe, dass<br />
FF Vorteile <strong>für</strong> die Nahrungssuche der Feldlerchen<br />
mit sich bringen, da Nahrung leichter gefunden<br />
und aufgenommen werden kann.<br />
Diese Forschungsergebnisse bestätigen die Notwendigkeit<br />
von Strukturvielfalt <strong>für</strong> die Eignung<br />
eines Feldes als Neststandort <strong>für</strong> die Feldlerche.<br />
Maßnahmen zur Strukturverbesserung in Wintergetreidefeldern<br />
können in gewissem Umfang<br />
die Vorteile von Sommergetreide <strong>für</strong> Lerchen<br />
53<br />
in Verbindung mit den ökonomischen Vorteilen<br />
des Wintergetreides verbinden. Auch in Mais-<br />
oder Rapsfeldern würden solche FF einen guten<br />
Zweck erfüllen.<br />
Allerdings wäre zu hinterfragen, ob das Einbringen<br />
der FF überhaupt vernünftig und ohne große<br />
Kosten (Luftbeobachtung) kontrolliert werden<br />
kann, und wie die Ertragsausfälle der Bauern<br />
vergütet werden sollen. Der Deutsche Bauernverband<br />
(DBV) spricht hier von Ausgleichszahlungen<br />
von ca. 5€ pro Hektar.<br />
Der NABU und der DBV wollen mit dem Projekt<br />
„1000 Äcker <strong>für</strong> die Feldlerche“ in den<br />
nächsten Jahren einen Beitrag zur Artenvielfalt<br />
in der Agrarlandschaft leisten und damit die<br />
Feldlerchenfenster <strong>für</strong> die Anwendung im behördlichen<br />
<strong>Natur</strong>schutz prüfen.<br />
Lars Dietrich<br />
Literatur:<br />
AULA-Verlag: Der FALKE Ausgabe 08/2009,<br />
S. 310 – 315<br />
Homepage des NABU Willich, www.nabuwillich.homepage.t-online.de/Feldlerchenfenster.<br />
html
54 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Gute <strong>Natur</strong>schutznachrichten aus dem HSK<br />
Für ein <strong>Natur</strong>schutzmagazin trifft das nicht zu.<br />
Wir als VNV freuen uns natürlich darüber, wenn<br />
wir gute Nachrichten über unsere <strong>Natur</strong> erfahren<br />
– auch wenn in diesen <strong>IRRGEISTER</strong>N wieder<br />
über einige negative Ereignisse und Entwicklungen<br />
im <strong>Natur</strong>schutzbereich berichtet werden<br />
muss. Darum nun in Kurzform gute Nachrichten:<br />
• In diesem Sommer wurden durch den<br />
VNV einige der Äcker besichtigt, die vor etwa<br />
10 Jahren noch in Ackerrandstreifenprogrammen<br />
waren und eine hohe Anzahl an bedrohten<br />
Ackerwildkräutern aufwiesen.<br />
Zuerst die schlechte Nachricht:<br />
Viel der Äcker sind heute in intensive Mähwiesen<br />
umgewandelt und sehr artenarm, viele weitere<br />
Getreideäcker durch die veränderte Landwirtschaft<br />
gefährdet.<br />
Ackerlandschaft in der Medebacher Bucht. (Foto: R. Götte)<br />
Und nun zu der guten Nachricht:<br />
In der Medebacher Bucht konnten einige Äcker<br />
gefunden werden, die trotz fehlender <strong>Natur</strong>schutzprogramme<br />
noch eine hohe Artenvielfalt<br />
aufwiesen. Ein sehr magerer Haferacker<br />
zeichnete sich besonders aus, da er neben dem<br />
Vorkommen des Acker-Hohlzahns (Galeopsis<br />
ladanum), einer vom Aussterben bedrohte Pfl anzenart,<br />
viele weitere sehr seltene Ackerwildkräuter<br />
aufwies. Auch eine Rebhuhnfamilie und der<br />
Raubwürger konnten an dem Acker angetroffen<br />
werden.<br />
Only bad news are good news?<br />
Artenreicher Haferacker (Foto: R. Götte)<br />
Diese Beobachtung gab uns den Anstoß, in den<br />
nächsten Jahren auch die Äcker wieder stärker<br />
in unsere <strong>Natur</strong>schutzaktivitäten einzubeziehen.<br />
• Der Feldenzian (Gentianella campestre),<br />
früher im Ostteil des HSK verbreitet, hat<br />
inzwischen nur noch ein Vorkommen im gesamten<br />
HSK: eine Magergrünlandfl äche im Stadtgebiet<br />
Brilon. Dieses Gebiet im Eigentum der<br />
Nordrhein-Westfalen-Stiftung betreut der VNV<br />
schon seit Jahren. In dieser Zeit konnte sich der<br />
Feldenzian hier immens vermehren. In 2008<br />
wurden sogar 500 Exemplare gezählt! Diese<br />
Ausbreitung ist zweifellos auf <strong>Natur</strong>schutzmaßnahmen<br />
zurückzuführen: Die Herde eines Wanderschäfers<br />
weidet dort regelmäßig. Außerdem<br />
fanden mehrmals Entkusselungsarbeiten und<br />
Gehölzentfernungen durch den VNV statt. Davon<br />
profi tierte neben weiteren auf Magerstandorte<br />
angepassten Arten auch der Feldenzian, der<br />
u. a. zum Auskeimen offenen Boden benötigt.<br />
• Auch auf einer weiteren VNV-Fläche sind<br />
<strong>Natur</strong>schutzerfolge messbar. Unsere Feuchtwiese<br />
im Seufzertal bei Arnsberg wird seit Jahren<br />
extensiv mit Rindern eines <strong>Verein</strong>smitgliedes<br />
bewirtschaftet. Zusätzlich fanden in den letzten<br />
Wintern regelmäßig Gehölzentfernungen statt.<br />
Eine positive Folge: In den vergangenen zehn<br />
Jahren explodierte förmlich die Zahl des Breitblättrigen<br />
Knabenkrautes (Dactylorhiza maja-
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Breitblättriges Knabenkraut im Seufzertal<br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />
lis). Waren es 1999 erst 7 blühende Orchideen<br />
dieser Rote-Liste-Art, waren es in diesem Jahr<br />
schon 143 – siehe Grafi k!<br />
Daneben vermehrte sich dort auch der Gemeine<br />
Ziest (Betonica offi cinale) erfreulich, von anfangs<br />
ca. 50 „Bulten“ auf mehrere 100. Diese<br />
Pfl anze ist im Westen des HSK zwar verbreitet,<br />
aber insgesamt nicht häufi g.<br />
• Der HSK besitzt nun – als einer der ersten<br />
Kreise in NRW – fl ächendeckend rechtskräftige<br />
Landschaftspläne. Die meisten naturschutzwürdigen<br />
Flächen des HSK sind damit rechtlich<br />
als <strong>Natur</strong>schutzgebiet (NSG) gesichert. Dies<br />
bedeutet, dass dort ein Verschlechterungsverbot<br />
besteht (etwa Verbot des Umbruchs von Grünland).<br />
Über diesen Grundschutz hinaus muss<br />
jedoch in Zukunft über Vertragsnaturschutz versucht<br />
werden, die Lebensräume im Sinne der<br />
jeweiligen <strong>Natur</strong>schutzverordnung zu optimieren.<br />
Das Stadtgebiet Marsberg, dessen Reichtum<br />
an wertvollen Lebensräumen sich auch in<br />
seiner großen Anzahl an NSG widerspiegelt, sei<br />
hier beispielhaft genannt: Von den insgesamt 36<br />
NSG entfallen 1.510 ha auf Wälder, 447 ha auf<br />
Halbtrockenrasen und andere Magerstandorte<br />
und 431 ha auf Talsysteme und Feuchtgrünland.<br />
• Im Frühjahr 2009 bemerkte Bernhard<br />
Koch zufällig im NSG „Westheimer Teiche“ bei<br />
Marsberg-Westheim im Gelände Vermessungspfähle<br />
und eine kleine Fläche, auf der der Oberboden<br />
abgeschoben war. Soll hier illegal der<br />
bestehende Radweg ausgebaut werden, fragte er<br />
sich. Daraufhin wurde am nächsten Morgen die<br />
Untere Landschaftsbehörde (ULB) angerufen.<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
55<br />
Die stoppte umgehend die Maßnahme. Tatsächlich<br />
sollte nämlich der Radweg verbreitert und<br />
ausgebaut werden, und zwar im <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />
ohne vorheriges Genehmigungsverfahren.<br />
Dieses ist jedoch vorgeschrieben, um etwaige<br />
negative Auswirkungen auf Tiere und Pfl anzen<br />
zu prüfen. Die Stadt Marsberg als Auftraggeber<br />
der Maßnahme hatte daran nicht gedacht.<br />
• Zwei bemerkenswerte Insektenfeststellungen<br />
gelangen im HSK:<br />
Am 8. April 2009 fl og ein Kolbenwasserkäfer<br />
(Hydrous piceus) im Norden Meschedes gegen<br />
eine Fensterscheibe, lag zuerst auf dem Boden,<br />
erholte sich aber später wieder (Fotobeleg existiert).<br />
Nachdem VNV-Mitglied Dieter Gandras<br />
schon im vergangenen Jahr ein Exemplar in seinem<br />
Gartenteich beobachtete (siehe Irrgeister<br />
2008, Seite 20), ist dies der zweite Nachweis<br />
des deutschlandweit sehr seltenen Wasserkäfers<br />
im HSK.<br />
Kleiner Eisvogel (Limenitis camilla) (Foto: W. Schubert)<br />
In der zweiten Julihälfte 2009 beobachtete ein<br />
VNV-Mitglied im Ruhrtal im Stadtgebiet Meschede<br />
an zwei verschiedenen Stellen je ein<br />
Exemplar des Kleinen Eisvogels (Limenitis<br />
camilla). Dieser eindrucksvolle Tagfalter wird<br />
in der Roten Liste NRW als „stark gefährdet“<br />
(Kategorie 2) geführt. Aus dem HSK ist die Art<br />
– zumindest in jüngerer Zeit – nicht bekannt.<br />
Harald Legge
56 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Das „Beifußblättrige Traubenkraut“ (Ambrosia artemisiifolia)<br />
Das Beifußblättrige Traubenkraut, oder kurz:<br />
die Beifuß-Ambrosie, ist ein Neophyt, der ursprünglich<br />
aus Nordamerika zu uns gekommen<br />
ist und dessen Pollen (kleiner als 20 μm) eine<br />
hoch allergene Wirkung besitzen. Schon wenige<br />
Pollen pro Kubikmeter Luft können schwere<br />
heuschnupfenartige Symptome bis hin zu Asthma<br />
auslösen.<br />
In ihrer Heimat Nordamerika ist diese Pfl anze<br />
beim Menschen deswegen sehr ge<strong>für</strong>chtet und<br />
es werden keine Kosten und Mühen gescheut,<br />
dieser Gesundheitsbedrohung Herr zu werden.<br />
Die Beifuß-Ambrosie stellt aber nicht nur ein<br />
gesundheitliches Problem dar, sondern könnte<br />
auch aus Sicht der Landwirtschaft und des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
zu manchen Problemen<br />
führen. Sie ist z. B.<br />
in Nordamerika ein ge<strong>für</strong>chtetes<br />
„Unkraut“ und verschiedene<br />
Forscher vermuten<br />
negative Auswirkungen<br />
auf das Gleichgewicht natürlicher<br />
Ökosysteme, weil A.<br />
artemisiifolia anscheinend<br />
eine hohe genetische Plastizität<br />
besitzt und eine äußerst<br />
starke Pionierpfl anze ist, die<br />
in ihrer Heimat relativ artenarme<br />
Dominanzbestände<br />
aufbauen kann.<br />
Internationaler Warenverkehr<br />
und die Klimaerwärmung<br />
begünstigen die<br />
Ausbreitung der Beifuß-<br />
Ambrosie, in Süd- und Südosteuropa befi ndet<br />
sie sich zurzeit in massiver Ausbreitung.<br />
Den Weg nach Deutschland hat sie über das Vogelfutter<br />
gefunden. Vogelfutterproduzenten sind<br />
dazu angehalten, ihr Futter regelmäßig und genau<br />
auf Samen von A. artemisiifolia zu untersuchen;<br />
Tests zeigen aber immer wieder, dass diese<br />
Untersuchungen in unzureichendem Umfang<br />
betrieben werden.<br />
Ein invasiver Neophyt<br />
Ambrosia artemisiifolia im HSK<br />
Bislang galt die Gefahr, dass die Beifuß-Ambrosie<br />
sich im HSK ausbreiten könnte, als niedrig,<br />
da sie als sogenannte Kurztagpfl anze durch<br />
frühe Fröste nicht bis zur Fruchtreife gelangen<br />
kann. Allerdings habe sich das in letzter Zeit aus<br />
noch nicht ganz verstandenen Gründen geändert<br />
(Dr. Stefan NAWRATH, Projektgruppe Biodiversität<br />
und Landschaftsökologie mdl.). Experten<br />
können vom heutigen Stand der Forschung nicht<br />
ausschließen, dass eine Verbreitung in den niederen<br />
Lagen des HSK stattfi nden könnte. Größere<br />
Funde dieser Art im HSK sind noch nicht<br />
bekannt.<br />
Die Biostation des HSK startete zum Zwecke der<br />
Ausbreitungserfassung von A. artemisiifolia im<br />
Jahr 2007 einen Aufruf in der<br />
Presse, Funde dieser Pfl anze<br />
zu melden, und konnte sich<br />
damit einen gewissen Überblick<br />
über die Verbreitung<br />
der Beifuß-Ambrosie im<br />
HSK schaffen.<br />
Weiterhin ist es jedoch wichtig,<br />
die Ausbreitung dieser<br />
Art zu überwachen.<br />
Deshalb ist eine möglichst<br />
gute Aufklärung über diese<br />
Pfl anze nötig, damit sie sich<br />
bei uns, sowohl im HSK als<br />
auch auf Bundesebene, nicht<br />
großfl ächig ausbreiten kann<br />
und so neben einem ökologischen<br />
und gesundheitlichen<br />
auch ein wirtschaftlicher, durch steigende<br />
Krankheitskosten bedingter Schaden vermieden<br />
werden kann.<br />
Zu diesem Zwecke sollen in den folgenden Zeilen<br />
ein kurzer Steckbrief der Pfl anze gegeben<br />
und Verwechselungsmöglichkeiten ausgeschlossen<br />
werden.
Aussehen:<br />
Die Beifuß-Ambrosie ist ein bei uns bis zu 1,80<br />
m groß werdender (bleibt jedoch meist kleiner)<br />
Korbblütler mit verzweigtem oder unverzweigtem<br />
und fein behaartem Spross, der bis zu<br />
dreifach gefi ederte Blätter trägt. Zur Blütezeit<br />
erscheinen die unscheinbar grünen männlichen<br />
Blütenköpfe am Ende der Sprossachse bzw. deren<br />
Verzweigungen in traubenförmiger Anordnung<br />
– daher der dt. Name „Traubenkraut“. Die<br />
weiblichen Blütenköpfe befi nden sich am Grund<br />
des männlichen Blütenstandes oder in den Achseln<br />
der oberen Blätter. Die Blütezeit der Beifuß-Ambrosie<br />
liegt bei uns je nach Standortbedingungen<br />
zwischen August und Oktober.<br />
Früchte:<br />
Die etwa 3,5 mm lange und 2,5 mm breite Frucht<br />
(Achäne) besitzt im oberen Bereich eine etwa 2<br />
mm lange, ausgezogene Spitze und beherbergt<br />
einen Samen. Eine normale, zur Samenreife gelangte<br />
Pfl anze trägt pro Jahr ungefähr 3000 bis<br />
4000 dieser Früchte.<br />
Verwechslungsmöglichkeiten:<br />
A. artmisiifolia kann bei uns mit einigen anderen<br />
Arten verwechselt werden. Es ist daher wichtig,<br />
auf die Unterschiede aufmerksam zu machen,<br />
um unnötige Aufregung zu vermeiden. Die folgenden<br />
Arten haben Ähnlichkeit mit der Beifuß-<br />
Ambrosie:<br />
1. Gemeiner Beifuß (Artemisia vulgaris)<br />
Große Ähnlichkeit zur Beifuß-Ambrosie, Spross<br />
nicht behaart!<br />
2. Stauden-Ambrosia (Ambrosia coronopifolia)<br />
Ebenfalls relativ große Ähnlichkeit zur Beifuß-<br />
Ambrosie, allerdings mehrjährig mit horizontal<br />
verlaufenden Wurzeln und Wurzelsprossen.<br />
Deutlich weniger stark gefi ederte Blätter und<br />
kleinere Wuchshöhe.<br />
3. Einjähriger Beifuß (Artemisia annua)<br />
Wuchshöhe bis 1,50m mit zwei- bis dreifach gefi<br />
ederten Blättern. Verströmt einen intensiven,<br />
aromatischen Geruch und hat im Gegensatz zu<br />
A. artemisiifolia gelbe Röhrenblüten.<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
57<br />
Was kann getan werden, um die Verbreitung<br />
von A. artemisiifolia zu verhindern?<br />
■ Ambrosiafreies Vogelfutter verwenden oder<br />
auf die Winterfütterung von Wildvögeln verzichten<br />
■ Futterreste und Käfi gstreu von Hausvögeln<br />
nicht kompostieren (und erst recht nicht widerrechtlich<br />
in der freien Landschaft „entsorgen“)<br />
■ Sonnenblumen zu Produktionszwecken (besonders<br />
als Schnittblumen) nur mit zertifi ziertem<br />
Saatgut einsäen (und nicht mit als Vogelfutter<br />
vorgesehenen Sonnenblumenkernen)<br />
■ Bei der Anlage von Wildäckern oder bei der<br />
Wildfütterung keine Sonnenblumenkerne zu<br />
Futterzwecken verwenden<br />
■ Keine Erde von Flächen verschleppen, auf denen<br />
die Beifuß-Ambrosie vorkommt oder vorkam<br />
(z.B. bei Baumaßnahmen)<br />
Wenn Sie bei einem Ausfl ug in die <strong>Natur</strong> des<br />
Sauerlandes zufällig auf einen Bestand der Beifuß-Ambrosie<br />
stoßen, melden Sie Ihren Fund<br />
bitte der Biostation des HSK (St. Vitus-Schützenstraße<br />
1, 57392 Schmallenberg-Bödefeld;<br />
Tel. 02977/1524) Es können dann Maßnahmen<br />
ergriffen werden, um die Pfl anze an der weiteren<br />
Ausbreitung zu hindern. Sollte sich eine Beifuß-<br />
Ambrosie in Ihren Garten verirren, so sollte sie<br />
mit Wurzeln ausgerissen werden und entsorgt<br />
werden.<br />
Achtung (!): Schon zur Samenreife gelangte<br />
Beifuß-Ambrosien gehören nicht auf den Kompost,<br />
sondern in den Biomüll!<br />
Lars Dietrich<br />
Literatur:<br />
Nachrichtenbl. Deut. Pfl anzenschutzd., 58 (11),<br />
S. 279 – 285, 2006, ISSN 0027-7479<br />
www.ambrosiainfo.de/, Seite der Projektgruppe<br />
Biodiversität und Landschaftsökologie<br />
Christelle OTTO, Beate ALBERTERNST, Frank<br />
KLINGENSTEIN und Stefan NAWRATH<br />
(2008): Verbreitung der Beifußblättrigen Ambrosie<br />
in Deutschland. BfN – Skripten 235
58 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Große Nussjagd in NRW<br />
Wer hat Spuren der Haselmaus gesehen?<br />
In NRW haben die NAJU (<strong>Natur</strong>schutzjungend)<br />
unseres Partners NABU-NRW und die<br />
NRW-Stiftung, mit der auch der VNV seit zwei<br />
Jahrzehnten zusammenarbeitet, eine Nussjagd<br />
oder besser gesagt Haselnussjagd gestartet, um<br />
Haselmäuse nachzuweisen. Der VNV beteiligt<br />
sich daran. Durch die Aktion erhoffen sich die<br />
Initiatoren neue Erkenntnisse über die aktuelle<br />
Verbreitung der heimlichen Art.<br />
Da Haselmäuse selbst wegen ihrer nächtlichen<br />
und versteckten Lebensweise nur sehr schwer<br />
zu fi nden sind, „jagt“ man die Haselmäuse indirekt<br />
über die Fraßspuren an Haselnüssen. Haselmäuse<br />
knabbern ein kleines, fast kreisrundes<br />
Loch in eine Haselnuss und erweitern es durch<br />
Nagen entlang der Kante, so dass die Spuren der<br />
Nagezähne im typischen Fall parallel oder leicht<br />
schräg zum Öffnungsrand verlaufen (s. Abbildung).<br />
Fraßspuren der Haselmaus (Foto: H. Mai)<br />
Fraßspuren anderer Tiere an Haselnüssen:<br />
1. Haselnussbohrer (Rüsselkäferart): Die Nüsse<br />
haben nur ein kleines rundes Loch.<br />
2. Eichhörnchen: Die Nüsse sind zerbrochen<br />
oder halbiert, ähnlich wie nach der Bearbeitung<br />
von Haselnüssen durch einigen Vogelarten.<br />
3. Gelbhals- und Waldmaus: Sie nagen Löcher<br />
mit Zahnspuren senkrecht bzw. quer zum Rand<br />
und hinterlassen außerdem deutliche Abdrücke<br />
Haselmaus nascht Weißdornfrüchte (Foto: D. Bark)<br />
und Spuren der oberen Nagezähne auf der Außenseite<br />
des Randes.<br />
4. Rötelmaus: Hinterlässt ebenfalls quer zum<br />
Öffnungsrand verlaufende Nagespuren; an der<br />
Außenseite des Randes sind keine Spuren durch<br />
die Nagezähne zu erkennen.<br />
Am besten sucht man im Wald, in Feldgehölzen<br />
und Hecken, dort wo Haselnussbüsche wachsen,<br />
den Boden nach bearbeiteten Nüssen ab.<br />
Beschreibung:<br />
Die Haselmaus ist mausgroß, mäuseschwer und<br />
mausfl ink, jedoch anders als der Name vermuten<br />
lässt keine Maus im engeren Sinne. Vielmehr gehört<br />
sie zu der Nagetierfamilie der Schläfer oder<br />
Bilche, von denen im Sauerland noch Siebenschläfer<br />
und Gartenschläfer vorkommen. Das<br />
Fell der Haselmaus ist gelb- bis rötlichbraun mit
einem weißen Fleck an Kehle und Brust. Der<br />
dichtbehaarte, aber nicht buschige Schwanz ist<br />
meist etwas dunkler gefärbt.<br />
Vorkommen im HSK:<br />
Im Buch „Die Säugetiere Westfalens“ (SCHRÖP-<br />
FER et al. 1984) fi nden sich in der Verbreitungskarte<br />
der Haselmaus mehrere ältere Nachweise<br />
auf dem Gebiet des heutigen HSK. Im Oktober<br />
1992 wurde von Bernhard Koch auf der VNV-<br />
Fläche im NSG „Irrgeister“ bei Winterberg-<br />
Hildfeld eine Haselmaus aus dem Winterschlaf<br />
geweckt, als deren Nest durch Druck seines<br />
Gummistiefels auf dem schlammigen Boden neben<br />
dem Nest hoch gedrückt wurde. Auch aus<br />
dem Arnsberger Wald liegen neuere Nachweise<br />
vor, und zwar als Beute vom Raufußkauz. Die<br />
Haselmaus kommt in großen Teilen Mittel- und<br />
Osteuropas vor. Wie schon der Name sagt, lebt<br />
sie gerne in der Nähe von Haselnussbüschen, allerdings<br />
ist sie nicht auf deren Vorkommen angewiesen.<br />
Nest der Haselmaus (Foto: B. Brümmer)<br />
Biologie:<br />
Denn Haselmäuse sind Allesfresser und leben<br />
von Knospen, Blüten, Pollen, Samen, Früchten,<br />
Insekten, Vogeleiern, kleinen wirbellosen<br />
Tieren, Eicheln und Haselnüssen. Sie sind mit<br />
einem Jahr geschlechtsreif. Von Anfang Juni bis<br />
September, selten bis Mitte Oktober, werden<br />
Jungtiere geboren (SCHRÖPFER et al. 1984).<br />
Die Jungen werden ca. 30 Tagen von der Mutter<br />
gesäugt. Mit ca. 40 Tagen erlangen sie ihre<br />
Selbständigkeit und verlassen ihre Mutter. In<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Steckbrief der<br />
Haselmaus (Muscardinus avellanarius)<br />
Größe: mausgroß<br />
Länge: bis 16 cm, 6-8 cm Schwanz<br />
Gewicht: 15-35g<br />
Nachwuchs: 1-2 Würfe pro Jahr im Juni bis<br />
September<br />
Wurfgröße: 2 -6 Jungtiere<br />
Höchstalter: 5 Jahre<br />
59<br />
kugeligen, 6 bis 8,5 cm großen Nestern, die sich<br />
bodennah bis in 20 m Höhe befi nden können,<br />
verbringen sie den Tag. Das Nest besteht aus<br />
Zweigen, Blättern, Gras und Moos. Haselmäuse<br />
halten sich auch gerne in Nistkästen auf. Sie<br />
sind hervorragende Kletterer und bewegen sich<br />
mit großer Sicherheit auch auf dünnsten Zweigen.<br />
Die Reviere sollen einen Umkreis von 150<br />
bis 200 Metern haben Die Haselmäuse halten<br />
je nach Wetterlage einen Winterschlaf von Oktober/November<br />
bis April/Mai in Nestern, die<br />
sich bodennah in Erdhöhlen und Baumstümpfen<br />
befi nden. Während des Winterschlafs werden<br />
häufi ger Haselmäuse von Wildschweinen ausgegraben<br />
und gefressen. Sonst treten noch marderartige<br />
Tiere, Eulen, Greifvögel und der Fuchs<br />
als Fressfeine auf.<br />
Bei herbstlichen Nistkastenkontrollen (bzw.<br />
Reinigungsaktivitäten) ist die Art gut nachzuweisen,<br />
ferner kann sie durch die Untersuchung<br />
von Waldkauz- und Raufußkauzgewöllen nachgewiesen<br />
werden.<br />
Weitere Infos zum Thema unter www.nussjagdnrw.de.<br />
Dort können auch Flyer und Broschüren<br />
bestellt werden. Wer Nachweise der Haselmaus,<br />
auch alte, kennt, melde sie bitte dem VNV oder<br />
direkt der NAJU.<br />
Literatur:<br />
SCHRÖPFER, R. & R. FELDMANN, H. VIER-<br />
HAUS (1984): Die Säugetiere Westfalens. Abh.<br />
Landesmus. <strong>Natur</strong>k. Münster 46. (1).<br />
Informationsmaterial der NABU NRW.<br />
Martin Lindner
60 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Vorbei fl iegende Schellente am Niederrhein (Foto: R. Götte)<br />
VNV-Fahrt zur Weser-Staustufe Schlüsselburg geplant<br />
Im letzten Jahr bot der VNV eine Exkursion<br />
<strong>für</strong> ornithologisch interessierte Mitglieder an.<br />
Wir unternahmen mit knapp 25 Teilnehmern<br />
im Dezember 2008 eine Tagesfahrt an den Niederrhein.<br />
Dort machten wir vormittags eine Tour<br />
mit einem eigens gecharterten Schiff auf dem<br />
Rhein, um von dieser ungewohnten Perspektive<br />
Wasservögel zu beobachten. Den Nachmittag<br />
verbrachten wir auf der Bislicher Insel. Hier waren<br />
in den Wiesen neben ca. 5.000 Gänsen, vor<br />
allem Bleßgänsen, u. a. verschiedene Entenarten<br />
in großer Zahl zu bewundern. Auf Grund des<br />
regen Zuspruchs ist auch <strong>für</strong> den kommenden<br />
Winter wieder eine vogelkundliche Exkursion<br />
als Tagesfahrt geplant.<br />
Wir werden am 10. Januar 2010 in die Gegend<br />
um die Weser-Staustufe Schlüsselburg nahe<br />
Minden fahren. Bedeutsam ist das Gebiet wegen<br />
seiner großen Anzahlen überwinternder Entenarten<br />
sowie Zwerg- und Singschwäne.<br />
Die Ganztagesfahrt steht allen Interessierten<br />
offen, ornithologische Vorkenntnisse sind ausdrücklich<br />
nicht nötig. Wir werden mit Privat-<br />
PKW anreisen und werden an der Weser eine<br />
ganztägige Begleitung durch einen ortskundigen<br />
Ornitologen der dortigen Biostation haben.<br />
Die Kosten betragen pro Person 25,-- Euro.<br />
Interessierte können sich vormerken lassen bei:<br />
Bernhard Koch, Telefon 02377-805525<br />
Vogelbeobachtung auf der Bislicher Insel (Fotos: R. Götte)
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Pflaumen – beachtenswert, doch oft verkannt<br />
Schon vor ca. 2000 Jahren dichtete der Römer<br />
Marcus Valerius Martial: „Nimm Pfl aumen <strong>für</strong><br />
des Alters morsche Last, denn sie pfl egen zu lösen<br />
den hartgespannten Bauch.“<br />
Was landläufi g als Pfl aume bezeichnet wird,<br />
entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch<br />
als äußerst formenreiche und unübersichtliche<br />
Gruppe verschiedener Arten und Artbastarde.<br />
In der Literatur werden dabei widersprüchliche<br />
Auffassungen über Systematik und Taxonomie<br />
vertreten (vgl. KÖRBER-GROHNE 1996,<br />
HARTMANN 2003, KOLOC 1976, LOOS<br />
schriftlich 2008, GÖTTE 2007).<br />
Wir nehmen dies zum Anlass, hier die von uns<br />
bisher im HSK gefundenen Vertreter dieses Formenkreises<br />
in einer „robusten“ Einteilung aus<br />
pomologischer Sicht, also aus Sicht des Obstbaumexperten,<br />
vorzustellen.<br />
Kirschpfl aume, Myrobalane<br />
(Prunus cerasifera)<br />
Die Kirschpfl aume stammt aus dem Kaukasus.<br />
Sie bildet Großbüsche, die oftmals mehrstämmig<br />
sind und keine Ausläufer treiben.<br />
P. cerasifera blüht sehr zeitig (ab Februar). Die<br />
Früchte reifen zwischen Anfang Juli und Ende<br />
September. Sie sind rund und dickschalig, von<br />
meist gelber, manchmal auch rot oder selten<br />
bläulicher Farbe. Die gelbfrüchtigen können mit<br />
Mirabellen verwechselt werden. Allerdings sind<br />
letztere steinlösend und nicht sauer. Die große<br />
Variationsbreite der Früchte ist bedingt durch<br />
generative Vermehrung.<br />
Die Myrobalane fi ndet hauptsächlich als Zierstrauch<br />
und Straßenbegleitgrün sowie als Unterlage<br />
<strong>für</strong> die Veredelung anderer Pfl aumen<br />
Verwendung. Wichtige Sorten sind Nigra<br />
(Blutpfl aume) und Unica. Sehr eindrucksvolle<br />
Exemplare, deren Sorte unklar ist, befi nden<br />
sich im NSG „Wicheler Heide“ bei Arnsberg-<br />
61<br />
Müschede. Im HSK wird diese Art meist als<br />
Kreike bezeichnet. Möglicherweise besteht hier<br />
eine etymologische Verwandtschaft zum fl ämischen<br />
Wort Kriek (Sauerkirsche).<br />
Mirabelle (Prunus x syriaca)<br />
Die Mirabelle ist vermutlich aus Westasien zu<br />
uns gelangt. Es sind typischerweise mittelgroße<br />
Bäume mit breitkugeligen, locker aufgebauten<br />
Kronen und kurzen, dicken Trieben ohne Dornen.<br />
Die Blätter und einjährigen Zweige weisen<br />
eine leichte Behaarung auf.<br />
Die Frucht hat einen Durchmesser von zwei bis<br />
drei Zentimeter, ist kugelig, tief wachsgelb und<br />
oft mit einer rötlichen Punktierung. Das Fruchtfl<br />
eisch ist sehr süß und löst sich leicht vom<br />
Steinkern. Dieser ist rundlich-eiförmig. Traditionell<br />
werden Mirabellen neben der Konservenherstellung<br />
und dem Frischverzehr insbesondere<br />
der Destillation zu Obstbränden zugeführt.<br />
Als wärmeliebende Art gedeiht sie am besten<br />
in geschützten Lagen. Mirabellen sind im HSK<br />
nur punktuell verbreitet. Eine ca. 3-4 m hohe<br />
strauchförmige Varietät wurde von uns ebenfalls<br />
im NSG „Wicheler Heide“ gefunden. Anhand<br />
eingesandter Fruchtproben kam der Pfl aumenexperte<br />
Falk Kröhling aus Bielefeld zu dem Ergebnis,<br />
es handele sich dabei um eine ehemals in<br />
ganz Deutschland verbreitete Sorte, deren Name<br />
allerdings inzwischen in Vergessenheit geraten<br />
sei.<br />
Eine wichtige Sorte ist die großfrüchtige Mirabelle<br />
von Nancy, die in Frankreich schon 1690<br />
bekannt war und um 1850 nach Deutschland<br />
kam. Dagegen sind die kleinfrüchtigen Flotows<br />
Mirabelle und Mirabelle von Metz heute wesentlich<br />
seltener als die vorgenannte Sorte. Ihre<br />
Reifezeit liegt etwa 3 bis 4 Wochen früher, nämlich<br />
Ende Juli bis Anfang August.
62 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Haferschlehe, Krieche, St. Julienpfl aume<br />
(Prunus insititia)<br />
Die Sträucher der Haferschlehe sind bedornt,<br />
allerdings nicht so extrem wie bei der Schlehe.<br />
Ebenso wie bei dieser erfolgt eine starke<br />
vegetative Vermehrung über Ausläufer. Möglicherweise<br />
rührt daher der Name Krieche. Die<br />
Früchte sind denen der Schlehe hinsichtlich Farbe,<br />
Form, Größe und Geschmack ähnlich. Der<br />
Beiname Hafer bezieht sich auf die Reifezeit. In<br />
der Tschechischen Republik wird die Krieche<br />
heute noch angebaut, und <strong>für</strong> die Herstellung<br />
der dortigen Variante des Slivovice-Obstbrandes<br />
genutzt.<br />
Im HSK kommt die Art nur an wenigen Fundorten<br />
vor, unter anderem in Sundern-Altenhellefeld<br />
und Sundern-Stockum.<br />
Zimmers-Frühzwetschge (Foto: J. Langanki)<br />
Zwetsche (Prunus x domestica)<br />
Vermutlich aus Kleinasien stammen die Zwetschen.<br />
Es sind starkwüchsige, aufrecht wachsende<br />
Bäume, die bis zu 80 Jahre alt werden<br />
können. Die Früchte sind in der Regel länglich,<br />
Bitte um Hinweise aus der Region<br />
Leider ist dieses interessante und wohlschmeckende<br />
Obst in der Pomologie bisher stark<br />
vernachlässigt und kaum bearbeitet worden.<br />
Ähnlich wie beim Kernobst ist zu vermuten,<br />
dass in den Gärten und Obstwiesen des HSK<br />
zahlreiche besondere Pfl aumensorten überlebt<br />
haben. Wir bitten daher um Hinweise auf auffällige<br />
Altbäume, deren Früchte vom Erscheinungsbild<br />
der Hauszwetsche (s.o.) abweichen.<br />
Insbesondere nicht blau gefärbte Früchte weisen<br />
auf einen potentiell interessanten Baum<br />
hin.<br />
Hinweise bitte an:<br />
Jörg Langanki, Ginsterweg 17, 59846 Sundern,<br />
Tel. 02933/921119 oder<br />
Axel Blume, Dreihausener Weg 15,<br />
59757 Arnsberg, Tel. 02932/941328<br />
festfl eischig und gut steinlösend. Im Unterschied<br />
zu den anderen Pfl aumengruppen sind<br />
die Fruchtsteine der Zwetschen länglich und<br />
fl ach. Die Farbe der Zwetschenfrüchte ist keineswegs<br />
immer bläulich, sondern kann je nach<br />
Sorte durchaus auch rötlich bis hellorange ausfallen.<br />
Die Hauszwetsche bezeichnet keine einheitliche<br />
Sorte, sondern ist ein Sammelbegriff <strong>für</strong><br />
mehr oder weniger ähnliche Typen. Diese sind<br />
im HSK mit sicher weit über 90% die häufi gsten<br />
Pfl aumen überhaupt. Die Hauszwetsche ist<br />
eine sehr alte Sorte, die schon seit dem 17. Jahrhundert<br />
in Deutschland allgemein verbreitet ist.<br />
Ihre Reifezeit liegt je nach Typ zwischen Anfang<br />
September bis Anfang Oktober. Die Früchte<br />
sind klein bis mittelgroß, länglich-oval und oft<br />
ungleichhälftig. Die Schalenfarbe variiert zwischen<br />
dunkelviolett und dunkelblau; stets ist eine<br />
starke Bereifung vorhanden. Das gelbgrüne bis<br />
goldgelbe Fleisch ist im rohen Zustand fest und<br />
leicht herb, wird jedoch beim Kochen merklich<br />
saurer. Ein weiteres wichtiges Merkmal besteht
in der schlecht abziehbare Haut.<br />
Im HSK kommen punktuell einige weitere<br />
Zwetschensorten vor, die auf Grund ihrer bläulichen<br />
Grundfarbe oberfl ächlich der Hauszwetsche<br />
ähneln: The Czar (Reifezeit Anfang bis<br />
Mitte August, leicht ovale Frucht mit fl acher<br />
Bauchnaht, meist eine rötliche Fruchthälfte),<br />
Bühler Frühzwetsche (Reifezeit Ende Juli bis<br />
Mitte August, eirunde Frucht, hoher Säuregehalt),<br />
Italienische Frühzwetsche (leicht oval<br />
bis eiförmige Frucht, breite und tiefe Bauchnaht,<br />
feine Schalenpunkte), Zimmers Frühzwetsche<br />
(rundlich bis oval eiförmig, gleichmäßige Form,<br />
nur leichte Bauchnaht).<br />
Als Beispiele <strong>für</strong> einen anderen Zwetschentypus<br />
führen wir Anna Späth und Queen Victoria<br />
an. Die sehr großfrüchtige Sorte Queen Victoria<br />
fällt durch ihre außergewöhnliche Farbe auf:<br />
ein helles Orange. Anna Späth hat große bis sehr<br />
große rundovale Früchte mit bräunlich-violetter<br />
Schale.<br />
Reneklode, Edelpfl aume, Rundpfl aume<br />
(Prunus x italica)<br />
Die baumförmigen Renekloden stammen wahrscheinlich<br />
aus Armenien und gelangten um das<br />
15 Jahrhundert über Frankreich nach Deutschland.<br />
Sie wurden in Anlehnung an die Königin<br />
Claudia (franz. Reine Claude) benannt. Die<br />
grünlichen bis violetten Früchte sind mittelgroß<br />
bis groß und rund. Der ovale Stein, der zum Teil<br />
einen kammartigem Mittelwulst trägt, löst sich<br />
nicht immer vom Fleisch.<br />
Die Sorten Graf Althans Reneklode und Große<br />
Grüne Reneklode, die laut einschlägiger Literatur<br />
eine weite Verbreitung auch in den Mittelgebirgen<br />
haben, konnten wir in den Streuobstbeständen<br />
des HSK bislang noch nicht auffi nden.<br />
Wir vermuten daher, dass sie im HSK eher in<br />
Privatgärten angebaut werden. Stattdessen haben<br />
wir aus dieser Gruppe in Sundern-Stockum<br />
eine Rundpfl aume mit gelbgrüner Schale und<br />
gelbem Fruchtfl eisch gefunden, die durch ihren<br />
außergewöhnlichen Zuckergehalt auffällt.<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
63<br />
Bisher unbekannte Pfl aumensorte (Foto: J. Langanki)<br />
Ebenso wie bei der oben genannten Mirabelle<br />
konnte anhand von Fruchtsteinen durch Falk<br />
Kröhling zweifelsfrei geklärt werden, dass es<br />
sich um eine echte Sorte im pomologischen<br />
Sinne handelt. Es war jedoch bislang noch nicht<br />
möglich, einen zutreffenden Sortennamen herauszufi<br />
nden.<br />
Jörg Langanki & Axel Blume<br />
Literatur :<br />
Götte, R. 2007: Flora im östlichen Sauerland.<br />
Hartmann, W. 2003: Farbatlas alte Obstsorten.<br />
Koloc, R. 1976: Wir zeigen Steinobstsorten und<br />
werten deren Eigenschaften.<br />
Körber-Grohne, U. 1996: Pfl aumen, Kirschpfl<br />
aumen, Schlehen.<br />
Buchter-Weisbrodt, H. 1993: Obst – die besten<br />
Sorten <strong>für</strong> den Garten
64 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Apfelsaft-Schaupressen und Apfelsorten-Austellung<br />
in Sundern-Stockum<br />
Am 11. und 12. Oktober 2008 führten Axel Blume<br />
und ich eine Aktion „Rund um den Apfel“<br />
bei Cora´s Cafe in Sundern-Stockum durch.<br />
An dem Wochenende stellten wir unsere kleine<br />
mobile Saftpresse dort auf dem Hof auf. Die<br />
zahlreich erschienenen Interessierten konnten<br />
den frisch aus der Presse kommenden Apfelsaft<br />
direkt probieren. Wer das Obstmahlwerk selber<br />
einmal drehen wollte, konnte das tun. Auch in<br />
Cora´s Cafe wurde der Saft weiterverarbeitet,<br />
und zwar zu leckerem Apfelpunsch. Die Esel,<br />
Ziegen und Schweine auf Betzingers Hof haben<br />
den übrig gebliebenen Apfelpresskuchen sehr<br />
gerne gefressen.<br />
Außerdem war eine umfangreiche Apfelsortenaustellung<br />
zu bewundern. Ungefähr 40 verschiedene<br />
Sorten konnte man sich anschauen.<br />
Darunter waren alte, häufi ge Sorten, aber auch<br />
einige sehr seltene.<br />
Der große Andrang und der Zuspruch der vielen<br />
Gäste haben uns ermuntert, auch in diesem Jahr<br />
die Apfelaktion noch einmal zu wiederholen,<br />
voraussichtlich im Oktober.<br />
Jörg Langanki<br />
Fotos: Irmgard Brückner
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Uhu auf Mittelspannungsleitung umgekommen<br />
RWE sichert Masten nur unzureichend<br />
Am 25. Februar 2008 wurde bei Sundern-Lenscheid<br />
unter einem Abzweigmast einer 10 KV<br />
Mittelspannungsleitung von RWE von Heinz<br />
und Mechthild Immekus der Rest eines auf dem<br />
Mast durch Stromschlag umgekommener Uhu<br />
gefunden, zusammen mit einer Ringeltaube.<br />
Rest eines verunglückten Uhus (Foto: Immekus)<br />
Der Uhu, wie die Untersuchung des Flügels<br />
zeigte ein adultes Männchen, hatte vermutlich<br />
eine Ringeltaube geschlagen und wollte sie auf<br />
dem Abzweigmast fressen. Beim Fressen geriet<br />
er mit beiden Flügeln an je eine Stromleitung und<br />
löste so einen Stromschlag aus. Der Stromschlag<br />
war so heftig, dass ein Flügel abgebrannt wurde.<br />
Der Körper des Uhus wurde von einem Prädator,<br />
vermutlich einem Fuchs weggetragen. Abzweigmasten<br />
sind Masten wo von einer Leitung eine<br />
andere Leitung abzweigt. (Siehe Foto)<br />
Abzweigmast (Foto: M. Lindner)<br />
65<br />
Der Uhu hatte seinen Brutplatz im nur 100 entfernten<br />
Steinbruch, welcher bereits im Kreis<br />
Olpe liegt.<br />
Nach dem Todfund wurde sofort bei der RWE<br />
Westfalen-Weser-Ems Netzservice GmbH, Regionalcenter<br />
Arnsberg, angerufen und um Sicherung<br />
des Todesmastes und zweier gefährlicher<br />
Maststationen in der Umgebung des Todesmastes<br />
gebeten. Bei der Netzservice GmbH handelt<br />
es sich um eine Tochterfi rma der RWE, welche<br />
das Stromnetz der RWE betreibt. Nach dem<br />
Fotos vom Uhufl ügel und Todesmasten, ferner<br />
eine Kartenkopie mit Maststandorten des Todesmasten<br />
und 2 weiterer Masten in der Nähe<br />
des Todesmastes an die Netzservice GmbH gemailt<br />
wurden, antwortete man am 5. März. Unter<br />
anderen schrieb der zuständige Sachbearbeiter:<br />
„Wir werden uns der Sache annehmen und<br />
uns mit Ihnen über die weitere Vorgehensweise<br />
abstimmen.“ Auf einen Ortstermin wartete der<br />
VNV allerdings vergeblich. Am 19. Mai 2008<br />
teilte die Netzservice GmbH dann mit, dass die<br />
Freileitung nach den gültigen Vogelschutzrichtlinien<br />
ertüchtigt wurde. Eine Kontrolle brachte<br />
eine sofortige Ernüchterung. Tatsächlich waren<br />
am Todesmast und weiteren Masten in einem<br />
Umkreis von ca. 1 km, 3 verschiedene Maßnahmen<br />
durchgeführt worden (siehe Foto).<br />
Unzureichend gesicherter Mast (Foto: M. Lindner)<br />
Es war am Todesmast eine Vogelsitzstande, mehrere<br />
Büschelabweiser und 3 Schrumpfschläuche<br />
angebracht worden. Nur die Schrumpfschläuche
66 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
(Kunststoffschläuche, welche durch Hitzeeinwirkung<br />
auf den Durchmesser des Leierseils<br />
geschrumpft werden) sind eine Maßnahme nach<br />
Stand der Technik. Gut ist die Entfernung der<br />
sogenannten Blitzhörner. Die pintigen Büschelabweiser<br />
sind schlicht überfl üssig. Die mini Vogelstangen<br />
von ca. 20 cm Länge und ca. 2 cm<br />
Durchmesser, in Vogelschützerkreisen „Mariahilfstangen“<br />
genannt, sind schlicht ungeeignet.<br />
Ein vergleichsweise riesiger Uhu wird sich niemals<br />
auf eine solche Ministange setzen. Wär das<br />
Foto mit diesen Ministangen nur ein halbes Jahr<br />
vorher entstanden, hätte es Eingang ins Buch<br />
„Stromtod von Vögeln“ gefunden (Haas mdl.).<br />
Die in der ganzen Welt gerne zum Vogelschutz<br />
eingesetzten Vogelsitzstangen sind <strong>für</strong> Großvögel<br />
meist nutzlos, da die Stangen oft, wie in<br />
diesem Fall, schlicht zu dünn sind und so gar<br />
nicht richtig umfasst werden. Sie reichen gerade<br />
<strong>für</strong> Vögel bis Taubengröße aus. Die Großvögel<br />
und auch oft kleinere Vögel setzen sich weiter<br />
auf die breiten Traversen. Das Ärgerliche an den<br />
Maßnahmen bei Sundern-Lenscheid ist, dass das<br />
Geld sinnlos ausgegeben wurde. Bezeichnend<br />
war die Äußerung des Verantwortlichen bei der<br />
Netzservice GmbH Regionalcenter Arnsberg,<br />
er meinte im Telefongespräch sinngemäß: Man<br />
habe alles mögliche gemacht, falls nun noch Vögel<br />
umkommen, haben sie halt Pech gehabt. Tatsache<br />
ist allerdings, dass die Netzservice GmbH,<br />
also RWE, unsachgemäß gearbeitet hat.<br />
Die meisten der sogenannten Tragmasten von<br />
Mittelspannungsmasten im HSK sind Holzmasten,<br />
auf die eine Metalltraverse aufgesetzt wurde<br />
(siehe Foto).<br />
Mittelspannungsmast im HSK (Foto: M. Lindner)<br />
Sofern die 3 aufrecht stehenden Isolatoren min.<br />
1,4 m auseinander liegen, ist die Gefährdung<br />
<strong>für</strong> Vögel als eher gering einzustufen (HAAS &<br />
SCHÜRENBERG 2008).<br />
Zum Schutz der Großvögel wie dem Schwarzstorch<br />
sollte hier aber zumindest der mittlere<br />
Isolator mit einer Abdeckung gesichert werden.<br />
Vor allem Abzweig-, Schaltermasten und Maststationen<br />
sind <strong>für</strong> Vogel im HSK wahre Killermasten.<br />
Im HSK sind vor allem die meisten<br />
Mittelspannungsmasten aus Metall <strong>für</strong> Vögel<br />
gefährlich.<br />
Toter Uhu auf Strommast (Foto: D. Haas)<br />
Das auch Umspannanlagen und Trafostationen<br />
<strong>für</strong> den Stromtod von Vögeln verantwortlich<br />
sein können, zeigen zwei Vorfälle in diesem Jahr<br />
(Limpinsel mdl.). Ein Turmfalke wurde mit starken<br />
Verbrennungen in der Umspannanlage bei<br />
Brilon-Nehden gefunden. Ein weiterer wurde<br />
ebenfalls mit starken Verbrennungen an einem<br />
Trafoturm bei Schmallenberg noch lebend geborgen.<br />
In dem Trafoturm hatten Turmfalken<br />
gebrütet und durch Stromschlag ist vermutlich<br />
die ganze Familie umgekommen. Auch die beiden<br />
noch in die Vogelpfl egestation <strong>für</strong> Greifvögel<br />
und Eulen in Marsberg-Essentho gebrachten<br />
Turmfalken starben kurz nach ihrer Einlieferung.<br />
Die gewaltigen Hochspannungsmasten sind in<br />
Bezug auf den Stromtod nicht ursächlich, da dort<br />
die Abstände zwischen den Leitungen so groß<br />
sind, dass ein Stromschlag nicht vorkommt. An<br />
Hochspannungsleitungen kommen Vögel “nur“<br />
durch Anfl ug an die Leitungen um.
Die Rechtslage in Bezug auf Mittelspannungsleitungen<br />
ist durch § 53 des Bundesnaturschutzgesetzes<br />
eindeutig. Nach § 53 des Bundesnaturschutzgesetzes<br />
müssen bis 2012 alle gefährlichen<br />
Strommasten der Stromversorger nach dem<br />
Stand der Technik entschärft werden. Von den<br />
Endschärfungen wurden nur die Strommasten<br />
der Deutschen Bahn (DB) ausgenommen. Da es<br />
im HSK keine elektrifi zierten Bahntrassen gibt,<br />
tritt dieses Vogelschutzproblem bei uns nicht<br />
auf. Neue Leitungen dürfen nach § 53 natürlich<br />
nur mit vogelsicheren Masten gebaut werden.<br />
In der Eifel entdeckte man 2007 sogar neu errichtete<br />
gefährliche Masten (Brücher mdl.).<br />
RWE erklärte diesen Vorfall später mit einem<br />
Versehen.<br />
Mit der Entschärfung gibt es nun, wie auch im<br />
vorliegenden Fall, in vielen Gebieten Schwierigkeiten.<br />
Die Entschärfung läuft gegenwärtig sehr<br />
schleppend, zudem wird häufi g mit veralteten<br />
und unzulässigen Methoden gearbeitet.<br />
In Bayern sollten zuerst die Gebiete mit Vorkommen<br />
von seltenen Großvogelarten wie Rotmilan,<br />
Uhu, Wanderfalke, Schwarz- und Weißstorch<br />
gesichert werden. Diese Gebiete machen rund<br />
ein Drittel der Landesfl äche aus. Es wurden bis<br />
2006 erst 20 % der Mittelspannungsleitungen<br />
in diesen Prioritätsgebieten mit seltenen Großvögeln<br />
gesichert (WIEDING 2007). So kommen<br />
immer wieder Uhu und andere Großvögel<br />
an ungesicherten oder ungenügend gesicherten<br />
Masten um. Insgesamt geht der <strong>Natur</strong>schutz<br />
von rund 350.000 Masten gefährlicher Bauart in<br />
Deutschland aus (HAAS & SCHÜRENBERG<br />
2008).<br />
In ganz Deutschland werden immer wieder einzelne<br />
durch Stromschlag getötete Vögel gefunden.<br />
Da es in Deutschland keine systematische<br />
Untersuchungen über den Stromtod gibt, sind<br />
Todfunde seltene „Glücktreffer“. Wie im Fall<br />
bei Sundern-Saal werden fast immer nur tote<br />
Vögel an Wegen und Straßen gefunden. Die<br />
meisten Masten stehen aber im freien Feld, wo<br />
niemand vorbeikommt. Die meisten Stromopfer<br />
werden zudem innerhalb von ein bis zwei Tagen<br />
von Füchsen fortgetragen. Wie bisherige Erfahrungen<br />
in NRW zeigen, werden gefährliche<br />
Masten innerhalb eines Jahres nach Meldung<br />
an die Stromversorger durch den <strong>Natur</strong>schutz<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
67<br />
umgerüstet, nur zum Teil nicht wirklich sicher.<br />
Dieses Vorgehen der Stromversorger ist ein<br />
Skandal, da diese inzwischen sehr genau wissen,<br />
welche Masttypen vogelgefährlich sind. Diese<br />
gefährlichen Masttypen lassen sich punktgenau<br />
den Karten der Leitungstrassen entnehmen. Diese<br />
Informationen hüten die Stromversorger in<br />
Deutschland aber meist wie ein Staatsgeheimnis.<br />
Bereits 2005 erstellte der Verband der Strom-<br />
Netzbetreiber eine Broschüre „Vogelschutz an<br />
Mittelspannungsfreileitungen – Maßnahmen zur<br />
technischen Umsetzung nach § 53 Bundesnaturschutzgesetz“,<br />
welche das eindeutige Gesetzt<br />
umdeutete.<br />
Die Netzbetreiber behaupteten einfach, dass<br />
keine fl ächendeckende Sicherung gefährlicher<br />
Masten notwendig sei. In einem Schreiben an<br />
die Netzbetreiber stellte das Bundesumweltministerium<br />
(BMU) aber am 2.4.2007 klar, dass<br />
eine fl ächendeckende Nachrüstpfl icht aller Masten<br />
und technischer Bauteile mit hoher Gefährdung<br />
<strong>für</strong> Vögel gesetzlich vorgeschrieben ist.<br />
Das BMU stellte fest, dass die Regelung auch<br />
in Gebieten ohne Vorkommen von Großvogelarten<br />
gilt. Grundsätzlich dürfen nur noch sichere<br />
Masten neu errichtet werden, dies gilt auch beim<br />
Austausch einzelner Masten an einer Leitung.<br />
Ferner stellte das BMU klar, dass die Masten<br />
vogelsicher konstruiert sein müssen, ohne die<br />
Installation von Schutz- und Ablenkvorrichtungen.<br />
Da inzwischen auf Druck der EU-Kommission<br />
die großen Energieversorger RWE, EON, Vattenfall<br />
und EnBW ernsthaft prüfen, ihre Stromnetze<br />
zu verkaufen, dürfte sich die Entschärfung<br />
von Strommasten in Zukunft wahrscheinlich<br />
noch schwieriger gestalten. Für die Stromnetze<br />
interessieren sich vor allen ausländische Finanzinvestoren.<br />
Diese werden nach dem Kauf Kasse machen<br />
wollen. In Großbritannien kam es nach dem<br />
Aufkauf der britischen Bahngesellschaften zu<br />
vermehrten Unfällen, da man massiv bei den<br />
Ausgaben <strong>für</strong> die Sicherheit sparte. Für den Vogelschutz<br />
geben diese anonymen Finanzinvestoren<br />
erst recht kein Geld aus.
68 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Der Stromtod ist ein weltweites Problem (HAAS<br />
& SCHÜRENBERG 2008). Insbesondere der<br />
Uhu ist besonders vom Stromtod betroffen. Dabei<br />
kommen überwiegend Junguhus um.<br />
In Nordwestdeutschland fanden von 1667 tot<br />
wieder gefundenen Uhus (Daten1965-2008) 436<br />
(26,2 %) an Mittelspannungsmasten und weitere<br />
105 (6,3 %) an Oberleitungen der Bahn den Tod<br />
(BREUER et al. 2009). In Norditalien hat man<br />
z.B. festgestellt, das allein 17 % der Junguhus<br />
in den ersten 3 Monaten nach dem Ausfl iegen<br />
im elterlichen Revier durch Stromtod umkommen<br />
(Sergio et al. 2004). Danach verstrichen<br />
die Junguhus aus den elterlichen Revieren wonach<br />
die ausreichende Erfassung der Daten nicht<br />
mehr möglich war.<br />
In einer der beiden untersuchten Regionen, Abruzzo,<br />
ist der Uhubestand inzwischen zusammengebrochen.<br />
In Norditalien beeinfl usst die<br />
Verteilung der Mittelspannungsmasten die Verteilung<br />
der Uhubrutpaare eindeutig negativ. Neben<br />
Uhu sind Störche und Greifvögel besonders<br />
betroffen. Im HSK wurden schon des öfteren<br />
Schwarzstörche auf Strommasten beobachtet.<br />
Auch diese dürften im HSK vom Stromtod<br />
betroffen sein. In Bayern, genauer in der Fränkischen<br />
Schweiz, wurden z.B. 2006 und 2007<br />
unter derselben Stromtrasse je ein toter Wanderfalke<br />
gefunden (WIEDING 2007).<br />
Die Bundesarbeitgemeinschaft (BAG) Stromtod<br />
der NABU und die Gesellschaft zur Erhaltung<br />
der Eulen (EGE) kümmern sich in Deutschland<br />
intensiv um das Thema Stromtod bei Vögel. Mit<br />
beiden steht der VNV im engen Kontakt.<br />
Da sich im HSK niemand näher mit dem Problem<br />
Stromtod bei Vögel beschäftigt, liegen<br />
kaum Daten dazu vor. Nach Todfunden von<br />
Mäusebussard, Rabenkrähe und Amsel an einem<br />
Masten im Bereich Lederke westlich von Brilon<br />
hat Dieter Gandras, Mitglied im VNV, um 1990<br />
Kontakt zur VEW aufgenommen um diesen<br />
Mittelspannungsmast zu entschärfen (Gandras<br />
mdl.). Die gesamte Leitung in diesem Bereich<br />
wurde daraufhin vogelsicher gemacht. Ferner<br />
wurde ein Mast im Hoppecketal östlich von Brilon-Messinghausen<br />
gesichert. In beiden Gebieten<br />
gab es schon damals Uhuvorkommen, denen<br />
die Sicherungsmaßnahmen vor allem galten.<br />
Nur über die Vogelpfl egestation Essenthoer<br />
Mühle wurden einige weitere Fälle nach Einlieferung<br />
bekannt.<br />
Der VNV hat sich bisher aus Zeitmangel nicht<br />
intensiv um das Problem Stromtod bei Vögel<br />
gekümmert. Zumindest hat der VNV Mitte der<br />
90er Jahre der zuständigen VEW alle Uhubrutplätze<br />
gemeldet und um Entschärfung aller Mittelspannungsmasten<br />
in der Umgebung der Brutplätze<br />
gefordert. Im Jahr 2004 beteiligte sich der<br />
VNV an einer Erhebung zur Lokalisierung von<br />
problematischen Hochspannungsleitungen im<br />
HSK.<br />
Nach unserem Kenntnisstand sind danach im<br />
HSK trotzdem keine größeren Maßnahmen<br />
durch die Energieversorger durchgeführt worden.<br />
Der VNV beschäftigt sich nun genauer mit<br />
dem Thema und wird bei RWE Druck machen.<br />
Der Fall des Uhus bei Sundern-Lenscheid wurde<br />
natürlich mit Fotos der BAG Stromtod gemeldet<br />
und in deren Internet-Diskussionsgruppe<br />
besprochen.<br />
Schwarzstorch auf einem Strommast (Foto: W. Schubert)<br />
Das Problem mit den ungesicherten Masten<br />
scheint inzwischen auch vom Landesumweltminister<br />
Uhlenberg erkannt worden zu sein. In<br />
einem Artikel mit der Überschrift „Gefahr <strong>für</strong><br />
Uhu, Milan und Storch – Umweltminister Uhlenberg:<br />
Zehntausende Strommasten in NRW<br />
nicht ‚vogelsicher‘ “ berichtete die Westfalen-
post am 3. Juli 2008 über die Antwort Uhlenbergs<br />
auf eine Anfrage von Landtagsabgeordneten<br />
der Grünen. Im Artikel steht auch: „Nicht<br />
nur in der Eifel ist der ‚Stromschlag‘ <strong>für</strong> den bedrohten<br />
Uhu die häufi gste Todesursache.“<br />
Uhlenberg erwartet von den Netzbetreibern,<br />
dass bis 2012 alle Masten vogelsicher sind. Laut<br />
Uhlenberg sollen inzwischen fast alle Masten<br />
in den 25 Vogelschutzgebieten gesichert sein.<br />
Ob dies in den Vogelschutzgebieten des HSK-<br />
Medebacher Bucht und Wildwald Vosswinkel-<br />
tatsächlich der Fall ist, müsste der VNV einmal<br />
überprüfen.<br />
Ferner fi ndet sich im Artikel der folgende bemerkenswerte<br />
Absatz: „In einer <strong>Verein</strong>barung<br />
mit dem Energiekonzern RWE hat NRW darüber<br />
hinaus geregelt, dass weitere zehn Prozent<br />
Mittelspannungsleitungen in besonders gefährdeten<br />
Bereichen außerhalb der Vogelschutzgebiete<br />
vorrangig und zeitnah umgerüstet werden.<br />
Dabei handelt es sich um Brutplätze, Aktionsräume<br />
und Rastvorkommen von Schwarz- und<br />
Weißstorch, Rot- und Schwarzmilan und Uhu.“<br />
Wie der vorliegende Fall zeigt, wird in einem<br />
Uhugebiet zwar umgerüstet, aber trotzdem sind<br />
die Masten nicht sicher. Die ULB und die Vogelschutzwarte<br />
des Landes NRW wurde inzwischen<br />
auch über diesen Fall unterrichtet, damit<br />
auch dort bekannt wird, dass nicht wirklich mit<br />
vogelsicheren Methoden bei der Umrüstung gearbeitet<br />
wird. Auch der NABU-Landesverband<br />
wurde genau über diesen Fall informiert. Der<br />
NABU-Landesverband führt zur Zeit Gespräche<br />
mit RWE auf landesebene über das Thema<br />
Stromtod.<br />
Der Vogelschutzwarte wurde auch der Fall eines<br />
Rotmilan-Todfunds unter einer Mittelspannungsleitung<br />
am 26. April 2007 bei „Alte Feld“<br />
südöstlich von Marsberg gemeldet. Die Vogelschutzwarte<br />
NRW ist zur Zeit dabei, den Stand<br />
der Umrüstung gefährlicher Mittelspannungsmasten<br />
und besonders wichtiger Vogellebensräume,<br />
welche noch ungesicherte Leitungen aufweisen,<br />
zu erfassen. Die Vogelschutzwarte wurde<br />
vom VNV gebeten, sich vordringlich um die Sicherung<br />
von Masten im Vogelschutzgebiet Medebacher<br />
Bucht und um das Uhuverdichtungszentrum<br />
des HSK im Bereich der Flüsse Diemel und<br />
Hoppecke durch die RWE zu kümmern.<br />
Der Autor hat beantragt, dass bei der nächsten<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
69<br />
Sitzung des Landschaftsbeirat des HSK die<br />
RWE den Stand der Umrüstungen im HSK darstellt,<br />
insbesondere die Umrüstung in den Vogelschutzgebieten<br />
und in Brutgebieten der Großvogelarten<br />
Uhu, Rotmilan und Schwarzstorch.<br />
Wer sich genau über das Problem informieren<br />
möchte, sollte sich das Buch „Stromtod von Vögeln“<br />
zulegen. Das Buch von den Herausgebern<br />
Haas und Schürenberg <strong>für</strong> 22,80 Euro plus Porto<br />
kann am einfachsten über die Internetseite der<br />
BAG Stromtod www.birdsandpowerlines.org<br />
bestellt werden. Auf der Internetseite fi ndet man<br />
auch genauere Informationen zum Buch.<br />
Falls Sie tote Vögel unter einer Stromleitung<br />
fi nden, informieren Sie bitte den VNV. Sollten<br />
die Vögel noch leben, sollte die Vogelpfl egestation<br />
Essenthoer Mühle informiert werden<br />
(02992/8684).<br />
Martin Lindner<br />
Literatur:<br />
BREUER, W. & S. BRÜCHER, L. DAHLBECK<br />
(2009): Straßentod von Vögeln. <strong>Natur</strong>schutz u.<br />
Landschaftsplanung 41 (2): 41-46.<br />
HAAS, D. & B. SCHÜRENBERG (2004 erschien<br />
2008): Stromtod von Vögel. Ökologie der Vögel Bd.<br />
26.<br />
SERGIO, F., I. MARCHESI, P. PEDRINI, M. FER-<br />
RER & V. PENTERIANI (2004): Electroction alters<br />
the distribtion and density of a top predator, the eagle<br />
owl Bubo bubo. Journal of applied Ecology 41: 836-<br />
845.<br />
WIEDING, O. (2007): Vorsicht Stromschlag! Vogelschutz<br />
3: 16.
70 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Seit der letzten Irrgeisterausgabe brachten sich<br />
Vorstandsmitglieder in vielfältiger Weise mit<br />
Behördenarbeit ein. So zeitaufwändig diese mit<br />
Schreibtischarbeit verbundene Tätigkeit auch ist,<br />
so notwendig ist sie auch. Denn dadurch kann<br />
manchmal im Sinne des <strong>Natur</strong>schutzes Positives<br />
erreicht werden. Und Behörden wissen dadurch,<br />
dass ihnen „einer auf die Finger schaut“.<br />
Landschaftsbeirat<br />
Mit Johannes Schröder stellt der VNV den Vorsitzenden<br />
des Landschaftsbeirates des HSK, in<br />
dem unser <strong>Verein</strong> mit weiteren Mitgliedern vertreten<br />
ist. Beispielhaft an zwei Tagesordnungspunkten<br />
der letzten Sitzung im April 2009 soll<br />
unsere Arbeit dargestellt werden.<br />
• „Geplante Neuführung des Diemelradweges<br />
bei Marsberg-Giershagen“<br />
Der Antrag der Stadt Marsberg, den Diemeltalradweg<br />
im Großbereich der Firma WEPA neu zu<br />
errichten, ist aus <strong>Natur</strong>schutzsicht hoch problematisch.<br />
Denn die vom Antragsteller favorisierte<br />
Trasse würde ...<br />
... einen Talbereich zerschneiden, der bislang<br />
von Wegen und Beunruhigung verschont geblieben<br />
ist;<br />
... mitten durch ein <strong>Natur</strong>schutzgebiet führen,<br />
also durch ein Gebiet, was explizit <strong>für</strong> den<br />
Der Kormoran - Vogel des Jahres 2010<br />
(Foto: R. Götte)<br />
Verfahrensarbeit –<br />
zeitaufwändig, aber notwendig<br />
Schutz der <strong>Natur</strong> eingerichtet würde;<br />
... darüber hinaus §62-Biotope (Auwaldreste)<br />
beeinträchtigen, also wertvolle und damit grundsätzlich<br />
geschützte Lebensräume;<br />
... Ausgleichsfl ächen entwerten, die wegen eines<br />
Eingriffs als Ersatzlebensraum geschaffen wurden.<br />
Betroffen wäre u. a. ein Eisvogelbrutplatz.<br />
Auch auf Grund unserer Argumentation sprach<br />
sich der Beirat einstimmig gegen diese Trassenvariante<br />
aus und be<strong>für</strong>wortete die vom Vorsitzenden<br />
J. Schröder ins Spiel gebrachte Variante.<br />
Diese ist zwar geringfügig länger und würde<br />
eine kleine Steigung beinhalten. Da<strong>für</strong> spricht<br />
aber nicht nur, dass sie nur einen minimalen<br />
Eingriff darstellen würde und deutlich kostengünstiger<br />
wäre. Darüber hinaus würde sie durch<br />
landschaftlich und kulturell (Kluskapelle) reizvolles<br />
Gebiet führen.<br />
• Wieder einmal: „Befreiung bzw. Ausnahmegenehmigung<br />
<strong>für</strong> den Vergrämungsabschuss<br />
von Kormoranen in NSG“, dieses Mal<br />
in den NSG „Unteres Diemeltal“ und „Oberes<br />
Diemeltal“<br />
Die Angler dieser Flussabschnitte beantragen<br />
den Abschuss von 30 Kormoranen, da angeblich<br />
Schwärme von Kormoranen die Fischbestände,<br />
besonders der Äsche, ausmerzen würden. Der<br />
VNV spricht sich klar gegen den Antrag aus.
Denn es werden fragwürdige Behauptungen als<br />
Begründung des Abschusses einer gesetzlich<br />
geschützten Vogelart vorgebracht. Beispielsweise<br />
wurden vom Antragsteller angeblich die<br />
Kormorane im Vorfeld gezählt, wobei eine <strong>für</strong><br />
Vogelexperten fantastische Zahl von 118 – 138<br />
„Stücken“ (Ausdruck im Antrag) ermittelt wurde.<br />
Langjährige monatliche Zählungen im Rahmen<br />
der Internationalen Wasservogelzählung<br />
kommen jedoch auf im Winter meistens ca. 20<br />
Individuen, auf jeden Fall unter 30. Daneben<br />
wird mit den Brutpaarzahlen aus ganz NRW<br />
argumentiert – brütende Kormorane gibt es<br />
im weiten Umfeld jedoch nicht – und mit den<br />
winterlichen Gesamtbeständen unseres Bundeslandes,<br />
die aber nichts über die wenigen Tiere<br />
im östlichen Sauerland aussagen.<br />
Außerdem ist das <strong>Natur</strong>schutzgebiet ein Rückzugsraum<br />
<strong>für</strong> geschützte und gefährdete Arten.<br />
Kormoranschießen würde neben den betroffenen<br />
Vögeln auch die gesamte Tierwelt und die Landschaft<br />
in Mitleidenschaft ziehen, durch Störung<br />
und die Kontaminierung durch Bleischrot. Letztere<br />
stellt an Gewässern ein ernst zu nehmendes<br />
Problem dar, wie Untersuchungen zeigen.<br />
In der abschließenden Abstimmung sprachen<br />
sich alle Beiratsmitglieder der „<strong>Natur</strong>schutzseite“<br />
gegen den Antrag aus, alle Mitglieder der<br />
„<strong>Natur</strong>nutzerseite“ waren da<strong>für</strong>.<br />
Verfahrensbeteiligungen des VNV als<br />
anerkannter <strong>Natur</strong>schutzverband<br />
Zwar ist es aus <strong>Natur</strong>schutzsicht bei vielen Verfahren,<br />
an denen der VNV beteiligt ist, nicht<br />
notwendig, eine umfangreiche schriftliche Stellungnahme<br />
abzugeben. Oft reicht es, „keine Bedenken“<br />
vorzutragen. Trotzdem muss man auch<br />
in diesem Fall einen Antrag durchgearbeitet und<br />
sich evtl. vor Ort kundig gemacht haben.<br />
Andere Verfahren betreffen dagegen Planungen,<br />
deren Umsetzung gravierende Eingriffe in <strong>Natur</strong><br />
und Landschaft bedeuten (würden). Zu diesen<br />
wird dann eine ausführliche Stellungnahme erarbeitet<br />
(Aufzeigen der Auswirkungen, mögliche<br />
Alternativen, Aufl isten konkreter sinnvoller<br />
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, ...) und man<br />
nimmt meistens an Erörterungsterminen teil, auf<br />
denen die Planung vorgestellt und besprochen<br />
wird. Aber gerade in letzter Zeit mehren sich<br />
auch <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong> „gute“ Verfahren, in denen<br />
<strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
71<br />
die Renaturierung von Bach- und Flussabschnitten<br />
Inhalt ist. Dazu zwei Beispiele:<br />
• Erweiterung eines Steinbruchs im Stadtgebiet<br />
Sundern sowie die Errichtung einer Betriebsstraße<br />
zwischen diesem und einem weiteren<br />
Steinbruch<br />
Auf den ersten beiden Scoping-Terminen (=<br />
Termine zur Festlegung des Untersuchungsrahmens<br />
der Umwelt-Verträglichkeits-Studie)<br />
fordern die <strong>Natur</strong>schutzverbände u. a. neben<br />
der standardmäßigen Untersuchung der Flora<br />
und der Vögel auch Untersuchungen zu Fledermäusen,<br />
Reptilien, Amphibien und Laufkäfern.<br />
Denn unter diesen Artengruppen befi nden sich<br />
viele FFH-Arten, die vermutlich im Planungsgebiet<br />
vorkommen. Gesetzlich ist vorgeschrieben,<br />
mögliche Auswirkungen auf alle im betroffenen<br />
Gebiet lebenden FFH-Arten zu untersuchen.<br />
Außerdem weisen sie darauf hin, dass ein wertvoller<br />
Buchenhochwald durch die geplante Maßnahme<br />
vernichtet würde, in dem drei im Anhang<br />
I der EU-Vogelschutzrichtlinie aufgeführte Vogelarten<br />
brüten: Grün-, Grau- und Schwarzspecht.<br />
Der VNV fordert daher schon in diesem<br />
frühen Planungsstadium, diesen Verlust durch<br />
einen 1-zu-1-Flächenausgleich zu kompensieren,<br />
indem eine gleichwertige Buchenwaldfl äche<br />
aus der Nutzung genommen wird.<br />
• „Ökologische Verbesserung der Palme“<br />
in Schmallenberg-Bödefeld<br />
Die geplante Renaturierung wird begrüßt. Folgende<br />
Anregungen werden gegeben:<br />
Es muss im Vorfeld untersucht werden, ob die<br />
Neubürger Japanischer und Sachalinischer Knöterich<br />
im Gebiet vorkommen. Falls dies der Fall<br />
ist, darf kein Bodenaushub an anderer Stelle abgekippt<br />
werden, um die Verbreitung dieser alles<br />
andere überwuchernden Neophyten zu verhindern.<br />
Die Planung, den neuen Lebensraum<br />
<strong>für</strong> die Bevölkerung erlebbar zu machen, wird<br />
grundsätzlich begrüßt. Allerdings fordert der<br />
VNV, die konkrete Planung noch einmal gründlich<br />
zu überarbeiten, um die negativen Auswirkungen<br />
auf das betreffende Bachtal zu verringern.<br />
Harald Legge
72 <strong>IRRGEISTER</strong> 2009<br />
Eickert bei Eslohe-Obersalwey<br />
Eine neue VNV-Fläche<br />
Ein Lebensraum ist dann am besten geschützt,<br />
wenn er im Eigentum eines <strong>Natur</strong>schutzvereins<br />
ist. Nach diesem Prinzip versucht der VNV erfolgreich,<br />
Flächen eigenständig oder über die<br />
NRW-Stiftung zu erwerben und so dauerhaft<br />
<strong>für</strong> die <strong>Natur</strong> zu sichern. Während VNV oder<br />
NRW-Stiftung inzwischen in fast allen Stadtgebieten<br />
des HSK solche Flächen besitzen, auf<br />
denen unser <strong>Verein</strong> schon seit Jahren oder Jahrzehnten<br />
Pfl egemaßnahmen zur ökologischen<br />
Optimierung durchführt bzw. betreut, traf dies<br />
<strong>für</strong> die Gemeinde Eslohe bislang nicht zu. Seit<br />
Herbst 2009 gehört dem VNV aber endlich auch<br />
eine naturschutzwürdige Fläche im Stadtgebiet<br />
Eslohe, und zwar ca. 2 ha „Auf der Eickert“ bei<br />
Obersalwey.<br />
„Auf der Eickert“ bei Obersalwey (Foto: M. Lindner)<br />
Dass das Stadtgebiet Eslohe im VNV bisher<br />
stiefmütterlich behandelt wurde, hat zwei Gründe.<br />
Zum einen hat der VNV in der Gemeinde<br />
Eslohe nur wenige Mitglieder, darunter keine<br />
aktiven, die regelmäßig vor Ort unterwegs sind.<br />
Zum anderen gibt es – verglichen mit anderen<br />
Gebieten des HSK – im Raum Eslohe wenig naturschutzwürdige<br />
Flächen. Vor allem wenig naturschutzwürdige<br />
Flächen, die der regelmäßigen<br />
Bewirtschaftung bzw. Pfl ege bedürfen und wo<br />
deshalb der VNV aktiv werden müsste.<br />
Im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens Eslohe-Salwey<br />
übernahm der VNV nun kostenlos<br />
eine ca. 2 ha große Kompensationsfl äche auf der<br />
Eickert in sein Eigentum.<br />
Das Dezernat 33 „Ländliche Entwicklung, Bodenordnung“<br />
der Bezirksregierung Arnsberg bot<br />
uns im Auftrag der Flurbereinigungs-Teilnehmergemeinschaft<br />
an, künftig <strong>für</strong> diese Kompensationsfl<br />
äche die Verantwortung zu übernehmen,<br />
die im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens<br />
<strong>für</strong> Eingriffe in den <strong>Natur</strong>haushalt ausgewiesen<br />
werden sollte. (Das muss so kompliziert drinstehen,<br />
wollte das Dez.33 so!)<br />
Da der VNV seit vielen Jahren bei Flurbereini-
gungsverfahren mit dem Dezernat 33, bzw. dem<br />
früheren Amt <strong>für</strong> Agrarordnung, zusammenarbeitet,<br />
kam man auf den VNV, als es darum ging,<br />
einen vertrauenswürdigen Partner als Eigentümer<br />
<strong>für</strong> die Kompensationsfl äche zu fi nden.<br />
Es sei daran erinnert, dass die Mehrzahl der<br />
heutigen VNV-Flächen, sowohl heutige Eigentumsfl<br />
ächen des VNV als auch von uns betreute<br />
Flächen der NRW-Stiftung, bei Flurbereinigungsverfahren<br />
durch das Dezernat 33 bzw.<br />
AfAO angekauft wurden.<br />
Die neue VNV-Fläche „Eickert“ befi ndet sich<br />
direkt östlich der Landstraße L 519 zwischen<br />
Obersalwey und Sundern-Meinkenbracht und<br />
wird östlich von einem Waldweg begrenzt. Sie<br />
beginnt nördlich der Kante eines kleinen Steinbruchs,<br />
der als geschützter Landschaftsbestandteil<br />
(LB) ausgewiesen ist und nördlich der Zufahrt<br />
zum Hotel am Vellberg (Hinweisschild)<br />
liegt.<br />
Bei unserer neuen Fläche handelt es sich um<br />
eine abgetriebene Fichtenfl äche am Hang des<br />
Berges Eickert. Sie beherbergt heute verschiedene<br />
Sukzessions-Stadien von Schlagfl urgesellschaften.<br />
Auf der Fläche befi ndet sich auch Gehölzanfl<br />
ug von Birke, Rotem Holunder, Hasel<br />
und Fichte. An einigen Stellen im südlichen Teil<br />
der Fläche sind kleinere Bestände von Besenheide<br />
und Heidelbeere zu fi nden, in einem Bereich<br />
auch großfl ächiger. Andere Teilbereiche sind<br />
mit Brombeere und Himbeere bestanden. An der<br />
Landstraße gibt es drei kleinere Standorte von<br />
Japan-Knöterich, einem Neophyten. In der Südwestecke<br />
der Fläche fi nden sich einige höhere<br />
Laub- und Fichtenbäume.<br />
Nach einem ersten Telefongespräch Mitte Dezember<br />
letzten Jahres bekam der VNV in einem<br />
Brief vom 16. Dezember 2008 erstmals genauere<br />
Unterlagen über die Fläche Eickert. Obwohl<br />
eine kostenlose Übernahme der Fläche angeboten<br />
wurde, wich der VNV von der Volksweisheit<br />
„Einem geschenkten Gaul guckt man nicht ins<br />
Maul.“ ab und entschloss sich, die Fläche genau<br />
zu begutachten. Im Frühjahr 2009 wurde die Fläche<br />
von vier VNV-Mitgliedern unter die Lupe<br />
genommen. Dabei kamen wir zum Schluss, dass<br />
die ürsprünglich vom Dezernat 33 geplante Entwicklung<br />
einer Heide auf Grund der Hängigkeit<br />
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der Fläche nicht möglich ist. Ferner war sofort<br />
klar, dass auch eine Beweidung der Fläche nicht<br />
möglich ist.<br />
Bei der Ortsbegehung wurden wir auf zwei trichterförmige<br />
Löcher aufmerksam. Auf Nachfrage<br />
bei dem Sunderaner Bergbauexperten Hans<br />
Kleiner stellte sich heraus, dass unterhalb der<br />
Fläche ein Stollen beginnt. In Zusammenhang<br />
mit diesem stehen die beiden Trichter, genannt<br />
Pingen; sie stammen von einem Luftschacht und<br />
einem Schacht.<br />
Nach weiteren Telefon- und Mailkontakten kam<br />
es am 17. August zu einem Ortstermin des VNV<br />
mit Frau Iris Geier vom Dezernat 33. Dem VNV<br />
wurde noch einmal die kostenlose Übernahme<br />
der Fläche angeboten, ferner sollten <strong>für</strong> uns kostenlos<br />
die höheren Fichten an der Südwestecke<br />
entfernt werden. Der VNV erklärte sich bereit,<br />
die Bestände mit Heidekraut und Heidelbeere zu<br />
fördern, indem dort einige jüngere Fichten und<br />
Schlagabraum entfernt würden. Im Bereich des<br />
Heidekrauts würden zusätzlich kleinere Rohbodenbereiche<br />
(Heidekraut keimt nur auf Rohboden)<br />
geschaffen. Auf dem Rest der Fläche würde<br />
der VNV den Fichtenanfl ug entfernen und dies<br />
auch zukünftig tun. Der Großteil der Fläche<br />
würde <strong>für</strong> eine natürliche Sukzession zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Die Eickert soll zukünftig als eine Art Niederwald<br />
genutzt werden. Hierbei muss der VNV<br />
aber beachten, dass die Bäume nicht zu nah<br />
bzw. hoch an die Hochspannungsleitung der<br />
RWE heranreichen, welche sich über dem Großteil<br />
der Fläche befi ndet, und die diesbezüglichen<br />
Vorschriften der RWE beachten.<br />
Am 12. September diesen Jahres genehmigten<br />
Vorstand und erweiterter Vorstand schließlich<br />
die Übernahme der Eickert-Fläche ins Eigentum<br />
des VNV. Schon Ende September wurden die<br />
notwendigen Papiere unterzeichnet. In der 39.<br />
Kalenderwoche wurden im Auftrag der Bezirksregierung<br />
noch die höheren Fichten gefällt und<br />
entfernt. Flächenbetreuer der Eickert ist Martin<br />
Lindner.<br />
Martin Lindner & Jörg Langanki
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