Das Fassadenproblem der franzosischen Fruh- und Hochgotik
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den allerdings meist ganz wiilkiirlich gebranelit. Deutsche Ardutekten<br />
<strong>und</strong> Kunsthistoriker nennen Bauten des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
hochgotiseh <strong>und</strong> aile fruheren in Frankreich <strong>und</strong> Deutschland frûhgotisch,<br />
selbst <strong>der</strong> Chor des KÔlner Bornes wird zuweilen zur Friiligotik<br />
gerechnet. Pemgegeniiber luit Dirnio nachgewiesen, daB die<br />
Zeit, die die Franzosen ais 4ie. 6,,Epoche <strong>der</strong> grol3en Kathedraleii"<br />
bezeichnen, die Zeit <strong>der</strong> '1e?fe, die kiassisclie Epoche ist.') Pas,<br />
was man hâuflg Hoehgotik nennt, bildet iii Wahrheit scion die<br />
erste Phase <strong>der</strong> Sptgotik, den ,,doktriniren Stil". 2) Von den volistiindig<br />
zur Ausfflhrung gelaiigten ,,grol3en Kathedralen" zeigt die<br />
von Amiens ohne Zweifei den gotischen Stil in semer Relie. 51e..<br />
ist das Monument, ,,dans lequel cet art a manifesté la plénitude de<br />
son système et de ses ressources, où il s'est le plus rapproché de son<br />
idéal, où les <strong>der</strong>nières solutions décisives ont été trcntvées, celui, où<br />
finit le progrès et après lequel commence l'exagération et la décadence.")<br />
Steht nun die Kathedrale von Chartres <strong>der</strong> von Amiens<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> von Laon nher? Betrachtet man das Detail, so wird<br />
man sagen mUssen: <strong>der</strong> von Laon. Stelit man aber das rein Architektonische<br />
in den Vor<strong>der</strong>grnnd, 50 ist nicht zu bestreiten, daB mit<br />
<strong>der</strong> Kathedrale von Chartres etwas Noues beginnt, daB <strong>der</strong> Fortschritt<br />
von Laon bis Chartres viel grt5lier ist ais von Chartres<br />
liber Reims bis Amiens.<br />
,,Auf die Erfahrungen zweier unerh6rt regsamer Menschenalter<br />
fuBend, war man jetzt des nenen Konstruktionssystems vôilig<br />
Meister; zu je<strong>der</strong> Raumgestaltung, so wie <strong>der</strong> Geist sie for<strong>der</strong>te,<br />
flihite man sich fahig; ebenso war die Formensprache, dnrch<br />
manche Metamorphosen hindurch, mit dem neucu Inhait endlich in<br />
Obereinstimmung gebracht, ein fluissiges ausdrucksvolles, rninmehr<br />
llberall auch von den Laien verstandenes Idiom. Wie hâte da<br />
dus Verlangen ausbieiben kônnen, mit dem als grenzenlospftmdenen<br />
Kônnen frei sich auszuwirken? Durch nichts, iMMt, du<br />
ganz Grof3e <strong>und</strong> gleichmkliig Vollkommee zu4êr'beff? «4) Mit<br />
imlichen Empfindungen geht wohl <strong>der</strong> Meister von Chartres ans<br />
Werk. Er unterzieht gewissermaf3en ailes bisher Erreichte einer<br />
scharfen Kntik <strong>und</strong> wirft mit vollstem Bewuutsein fur die<br />
Tragweite semer Neuerungen ailes, was nur noch ans Tradition<br />
') D. & y. B. II S. 106 f. <strong>und</strong> 125 f.<br />
2) D. & t B. II 8.179f.<br />
3) GEonoas DuRAND, Monographie de l'église Notre-Darne cathédrale d'Amiens.<br />
Amiens <strong>und</strong> Paris 1901, 1. Textband, S. II.<br />
4) D. & y . B. II S. 106 f.