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Das Fassadenproblem der franzosischen Fruh- und Hochgotik

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<strong>Das</strong> <strong>Fassadenproblem</strong><br />

<strong>der</strong> frarizôsischen<br />

FriÎh- <strong>und</strong> <strong>Hochgotik</strong><br />

-p<br />

'Inaugural - Dissertation<br />

zur Erlangung <strong>der</strong> Ddktorwflrde<br />

<strong>der</strong> liohen philôsophischen Fakultât<br />

<strong>der</strong> Kaiser Wilhelms- Universitât ni Strafiburg<br />

-4<br />

vorgelegi von<br />

Hans Kunze.<br />

Document<br />

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I Leipzig<br />

Druck von Oscar Brandstetter<br />

D I I I il lU 11011 Ili I 1H10<br />

0000005776702<br />

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:1<br />

Von <strong>der</strong> philosopliischen FakultM genehmigt am 24. Juli 1909.<br />

• Die Abhandlung erscheint in bedeutend erweiterter Gestalt <strong>und</strong><br />

mit zahireichen Textabbildungen <strong>und</strong> Tafeln unter dciii Tite] <strong>Das</strong><br />

<strong>Fassadenproblem</strong> <strong>der</strong> Gotik bis zum Straøburger Münster" in den<br />

von Johannes Ficker herausgegebenen ,,Studien Liber Christiiche<br />

Denkmâier' Leipzig, Dieterich'scher Verlag (Th. Weicher). Auf diese<br />

Ausgabe beziehen sich die Hunweise auf Abbildungen <strong>und</strong> auf d i e<br />

Seitenzahlen, die über 75 hinausgehen.<br />

p 4<br />

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C<br />

C<br />

I


Meinen Eltern


Abkùrzungen.<br />

y . Bszoi.n = G. y . BEzOL; Die Entstehung uni! Âusbildung <strong>der</strong> gotiseheri<br />

Baukunst in Frankreich. (Zcitschrift fbr Bauwesen, 1891; auch in Separatabdruck<br />

eruehiencu -)<br />

Bull. arch. du comité = Bulletin archéologique du comité des travaux historiques<br />

et scientifiques. Paris.<br />

EuH, mon. Bulletin monumental. Paris et Caen.<br />

Cathédrales de Franco = A. un BAVOOT & A. PanAnT-DÂS0T, Les cathédrales<br />

de France. Paris (olmo Jahreszahl; ungef'âhr zwisclien 1905 <strong>und</strong> 1910 erschienen).<br />

Congrès areh. = Congrès archéologique de Franco. Paris et Caen.<br />

D. & t B. = G. DERTO and G. y. Bnzor», Die kirchliehe Baukirn yt des<br />

Abendiandes. Stuttgart 1884-1901.<br />

GÂILHABAUD = JULES GAILEABAUD, L'architecture du V" au XVUm. siècle<br />

et les arts qui ou dépendent. 4 Blinde Tafelix mit erklârcndcm Tort in 40.<br />

(Zuwoilen sind die Foliotafein, um nicht gebrochen su werden, in einem beson<strong>der</strong>cu<br />

5. Bande in 10 vereinigt.) Paris 1858.<br />

HssÂx Mn ilisix, Die romaninche <strong>und</strong> die gotische Baukunst, Per<br />

Kirchenbau. (Haudbuch <strong>der</strong> Architektur 11, 4, s.) Stuttgart 1902.<br />

XLNG = TRaMAS H. Xnrn, The study-book of mediaeval architecture nui!<br />

art. Landau 1868.<br />

Mon. hist. = A. DE R&unor et A. PERRAULT-DABOT, Archives de la commission<br />

des monuments historiques. Paris ca. 1900. (Über die Grofolionusgabe<br />

siehe S. 17, Anm. 1.)<br />

VaLut» un HONNECOURT = J. B. A. Lassos et A. Daneut, Album de<br />

V. uu H. Paris 1858.<br />

M. VI0LLET-LE-Duc, Dictionnaire raisonné de l'architecture française<br />

du XI- au XVI. siècle. Paris 1858-1868.<br />

"j


Bemerkung.<br />

Zur bequenien Eezeichnung dey einzelnen Punkte in komplizierten Gr<strong>und</strong>rissen<br />

legen wir dnrch die Figur ein Netz von Koordinaton, indeni wir von <strong>der</strong><br />

Vierung ans nack allen vier Richtungen zIilen, wie es beistehende Figur veransehaulicht.<br />

E11<br />

E1<br />

N17 , 1 y11 1 H1 I Vierung 1 81 1 SI, I 8171<br />

w<br />

I i_' I1 Iwi<br />

a t I z<br />

w11<br />

w111<br />

wnr<br />

n1 n s<br />

Die Koordinaten, die ami in don Vierungspfeilern schneiden, ermites koinen<br />

Index, wcil in Ubereinstimmung mit dom ailgemeinen Sprachgebraueh des crste<br />

Pfeilerpaar im Langliause, Chore <strong>und</strong> Querhnuse auf die Koordinato mit dem Index 1<br />

fallen soil. Aile Punkte fassen wir ais Kreuzung zweier Koordinaten auf. Die<br />

J0 eh e betrachten wir ais si?rn zwischen n-ci Koordinaten <strong>und</strong> z!thlen sic<br />

ebenfails von dey Vicrung ans mit don cntsprechenden gro8en Buebstaben, <strong>und</strong><br />

zwar an, daB w1, also z. E. 4m Pfeilerpaar nu,1 <strong>und</strong> 8,v1, sud dus Joch Wy folgt.<br />

s<br />

w2<br />

w3


- VII -<br />

Ein Seftenschiffsjoeh wird ais Deckungsflu%che zweier Streifen aufgefaBt <strong>und</strong> dementspreehend<br />

bezeichnet, also z. B. das ntirdlichste Joch des westlichen Seitenschiffes<br />

im Querbause ais N111W7, das zum Langhausmittelsebiffsjoch Wfr gclilirige<br />

nurdiiche Seitenschiffsjoch ais Y1 TV1y. Wenn nur vom J1anghause o<strong>der</strong><br />

Chore die Rode ist, genllgt nu Bezeichnung eines ganzen Joches die rmischo Zifter.<br />

Die Turmstrebepfeilci bezcicbneu wir naeh folgendem Schema (vgl. S. 3):<br />

Sohiif<br />

Turm I.- -I Turni I —<br />

'n


Die Lôsung <strong>der</strong> Probleme, die die Anpassung <strong>der</strong> Fassade an<br />

(las Langhaus einer gotisehen Kirche stellt, nehmen die gotisehen<br />

Baumeister erst in Angriif, ais <strong>der</strong> nette Stil allen an<strong>der</strong>en Teilen<br />

des GeMudes seinen Steinpel aufgedrtickt hat. Ebenso hat, sieli<br />

die Kunstgeschichte mit den Fassaden sptr mir weilig bctftigt.<br />

Beides ist ganz natflrlich. Denu die Aga1 <strong>der</strong>en Lôsung die<br />

Umwandlung des romanisehen Baustils zum gotisehen herbèifflhren,<br />

stellt nicht <strong>der</strong> Fassadenbau, sic stelit vielmehr <strong>der</strong> die kompliziertesten<br />

Gewôlbeformen erfordemde Ohorumgang mit Kapellen-<br />

%h a1kranz<br />

<strong>und</strong> das mit n zteckmti&g wi<strong>der</strong>lagerten Kreuzgewtilbèn zu<br />

iiberspannende Hochsehiff des basilikalen Aufbaus.') Diese beiden<br />

Aufgaben erzeugen den gotisehen Stil 2) <strong>und</strong> ibre vollkommene<br />

1) Die Ûberw1bung tTapezftirmiger <strong>und</strong> dreicekiger Gr<strong>und</strong>risse (ietztere<br />

beson<strong>der</strong>s in den Ciiren von Notre-Dame iii Châlons, Paris <strong>und</strong> Bourges in frtthgotiseher<br />

<strong>und</strong> 4cm (lot <strong>der</strong> Kathedrale von Le Maris in hochgotiseher Zeit) etc#c/tzog<br />

su groer Freiheit in <strong>der</strong> Gnndrïblung. Sehr baid hatte mail an diesen<br />

kompiizierten Gowlben eine <strong>der</strong>artige Frc'u, daB man aie ohne Notwendigkeit<br />

aueh auf an<strong>der</strong>e Bilame i}bcrtrug. Vgi. ais ein schr friihes Beispici das<br />

Gewôlbe eincs Xapitelsaaies 1m Skizzenbnche des VuLnD DE Ro,ccounr,<br />

Taf. Xit (Ubrigens cin Gewiilbe, des ans <strong>der</strong> Zusammensteliang von Dreicoken,<br />

wie sic sich bai den genaunten Chorumgilngen von seibst ergaben, gebildet jet,<br />

des aber nioht mit densjftitercn Sterngcwdlben n tun bat). Die qen taKapeilen<br />

t iktaatfl.M.4.O' ''<br />

kranz ubenagenac rnpore des Cumganges hor' <strong>und</strong> 4cr Obergaaen des choies<br />

<strong>und</strong> dot Schiffe fdhrtea zut Erfindung des iiueren Strebeapparates. Es it aiso<br />

darchaus riohtig, wcun Dxmo vom gotisohen Stil sagt: ,,VoU <strong>und</strong> ganz ais das,<br />

was er ist, zeigt et skh nurJdpn Basiliken suber Jugend- <strong>und</strong> Glanzzeit,"<br />

D. &. y. B. II S. 7. Die Bmn4ïiindc ØÂjS Bauknnst S. 143 f., zeigen mir, daB<br />

et die beson<strong>der</strong>en Kenncr <strong>und</strong> G4ner '<strong>der</strong> Gotik" nicht veTstanden bat. Joh<br />

gedenke in ciner Arbeit liber ,,Ranmgestaltnng <strong>und</strong> Wlbungskunst am Ober-<br />

rhein in dot Zeit von 1000-1250" 1m laufenden Jahrgang <strong>der</strong> ,,Zeitschrift fUr<br />

Gesehiehte <strong>der</strong> Arehitektur" ansfûbriieher ad diese Streitfragc emnzmgehen.<br />

2) Dessau waren sieb suai die gotmsehen Meister wohi bcwuBt, wie <strong>der</strong><br />

Braueh, ciRe Travée emnfaeh ais voûte ni bezeichnen, beweint. » Cette manière<br />

d'exprimer l'état d'avancement des travaux par le nombre de voûtes élevées (eine<br />

Jaschrift von 1311 auf emein Strcbepfeiier dot Kathethale von Fainagusta auf<br />

Cypenn tut dies) rappelle exactement les mentions similaires inscrites dans<br />

L'ancien labyrinthe de la cathédrale de Reims, et montre une fois de plus l'im-<br />

Kunto, Dis Fassadonproblcm.<br />

1<br />

dl


-2-<br />

Lôsung bringt ibn zur Reife, aile an<strong>der</strong>en Neubildungen sind gewissennaBen<br />

mir NebenProduiter ,,<strong>Das</strong> Aul3ere ist in <strong>der</strong> gotisehen<br />

Phantasie das sek<strong>und</strong>iire es eri'eicht we<strong>der</strong> die logisehe<br />

Konsequenz noch die stimmungsvolle Einheit des Innenbaus."')<br />

Eine deutsche romanisehe Basilika im geb<strong>und</strong>enen System bietet<br />

f tir den Fassadenentwurf keine Schwierigkeiten. Die Gi-<strong>und</strong>riBgestaltung<br />

ist sehr einfach: die Turme haben ein Quadrat von <strong>der</strong><br />

Uri13e eines Seitenschiffsjoches zur Basis, <strong>der</strong> Mittelbziu ein halbes<br />

Mitteischiffsquadrat. Ais -<br />

geb<strong>und</strong>ene Syflem beherrscht aiso auch den<br />

I tflnaW'<br />

Fassadengr<strong>und</strong>nss. f$r Eftf des AÇ!risses litf3t dem Baumeister<br />

J. 4flcdt COCO<br />

grofle Freiheit. Vieifach nimmt die Stockweikeintei1ung <strong>der</strong> unteren<br />

Turmgeschosse keinerii Rit cht auS1ie des Mittelbanes, ja hiiufig<br />

wird eine beson<strong>der</strong>s iÛtige Wiung dadurch ee1t, daB die<br />

Tiirme bis zur MittelschilTshahe iïber)iaupt nicht geglie<strong>der</strong>t <strong>und</strong> mir<br />

das Mittelstllck <strong>der</strong> Fassade <strong>und</strong> die oberen Turxngeschosse mit<br />

Fensterôffnnngen <strong>und</strong>: Dekorationen versehen sind. Die massigen,<br />

festungsturmartigen Unterbauten <strong>der</strong> TiÏme kontrastieren in diesem<br />

Faile sowohi mit dem of t vc Ten&}isch dekorierten Mittelbau<br />

ais auch mit don sehr leicht behandelten freien Ttirmgeschossen:<br />

eiu echt romanisehes Motiv. Durch. den Gr<strong>und</strong>ril3 wie durch den<br />

w.ts4!.<br />

Aufril3, ist shheBhich cine tiuflerst giinstige Verteilim Π<strong>der</strong> Mas<br />

y<br />

bedingt, die don binu iler zweiturmigeu assade vi voiler Geltung<br />

bringt. Demi da die Tllrjne mir haib se breit sind wie <strong>der</strong> Mittelban,<br />

domimert dieser entsclneaen, die 1 i urme srnd . nur seine Tra-<br />

)-<br />

"o<br />

banten. Ans demseiben Grand braucht <strong>der</strong> Mittelbau nicht über<br />

die Mittelschiffshbhe hiSfsÉfftrt vi iverden; denn die Ttirme lassen<br />

sich auf so .. schmaler Basis auch bei màl3iger Hôhenentwicklnng<br />

genugend 4cMank biiden, su daI3 sie nicht durcli übZtâfiige Hôhe<br />

ans <strong>der</strong> Proportion fa-lien. Eine doppeittirmige Fassade des romanischen<br />

Stiis ist aiso ein sehr Mares architektonisches Gebiide,<br />

sie stelit nichts weiter dar, ais den von zwei Tiirmen fiankierten<br />

Quersehnitt des Mittelschiffs, d. h. des Hanptraumes <strong>der</strong> Basilika.<br />

Die franzôsïschen Fassaden <strong>der</strong> vorgotischen Zeit sind selten se<br />

gut proportioniert. Die sch6nste mir (allerdings nur nach Mibildungen)<br />

bekannte Fassade ïst die <strong>der</strong> Kathedrale von Angers.<br />

partance que les architectes gothiques attachaient aux voatcs, élément générateur<br />

de leur style tout entier, ainsi que t'ont très bien compris ceux qui<br />

ont pénétré l'esprit de ce style, et surtout Viollet-le-Duc et Quicherat" C. ENLÂET,<br />

L'art gothique et la Redaissance en Chypre, t. i 5.278. Vgl. L. DBMAISON, La<br />

cathédrale de Reims im3ull. mon. 1902, 8.241,<br />

') D.&v.B.fl 8.163.


-3--<br />

Sie sehiiefit ein einschiffiges Langhaus ab. Deshaib kann das Ver-<br />

J t4&4 6M<br />

haltius des Mitteistuckes zu den Turmen ganz beliebig gewa 44. t<br />

werden. Die Fassaden basilikaler Anlagen haben aile za dicke<br />

Parme, ihre Basis j» )rgiter ais ein Seitensehifi'. Pas Mittelsttick<br />

wird d----- fast efM1ct. Dagegen sind of t auch die unteren<br />

Turmgeschosse von Ôffnungen durchbrochen, dsich in <strong>der</strong>selben<br />

Stoekwerkzahi wie die des Mittestiickes &filbauen. Auch zeigen<br />

sich hier <strong>und</strong> da schon leichte Eckverstrebuugen. Aber im wesentvtflt4<br />

lichen bee1ien doch die unteren £urmgeschosse ans glatten Mauern<br />

mit dêeriln4gen Darchbrechungen.<br />

<strong>Das</strong> ailes muB sich in <strong>der</strong> gotisehen Zeit an<strong>der</strong>n. Es ist<br />

nicht môglich, vor êin Langhaus mit cinem zur sch'At gesteliten<br />

Strebewerk Tiirme ni setzen, <strong>der</strong>en untere Hàlfte ans wenig durchbrochenen<br />

Mauerii besteht; ihre Ecken müssen yielmehr ebenfails<br />

mit kri%ftig ausladenden Verstrebungen 4eren werdn. , Nachdem<br />

man aber diesen Eckstrebepfeilern die Aufgabe ziîtesen bat,<br />

die vorher die massigen Wande <strong>der</strong> unteren Turmgescbosse zu erf<br />

allen hatten, namlich dus Langhaus an seinem Ende za verstreben<br />

<strong>und</strong> die Obergeschosse <strong>der</strong> Tiirme zn tragen, bat es keinen Sinn<br />

mehr, die grol3en MauerfiLichen stehen, zu lassen, iumal da jetzt die<br />

Fassade nicht mehr durci den Kontrast zwischen ungegIie<strong>der</strong>te'''<br />

Tiirmen <strong>und</strong> reichgeglie<strong>der</strong>tem Mitte1bason<strong>der</strong>n durci die vier<br />

weitausladenden Strebepteiler ihr &jÇkge erhklt. Per Bequemiichkeit<br />

halber bezeichnen wir die das Mittelstitck <strong>der</strong> Fassade cmrahmenden<br />

Strebepfeiler stets mit in, die tu13eren an <strong>der</strong> Stiruseite<br />

<strong>der</strong> Fassade liegenden mit n, die nach dem Schiffe zugekehrten<br />

entsprechend mit j <strong>und</strong> r, <strong>und</strong> die, die an den einan<strong>der</strong> abgekehrten<br />

Seiten <strong>der</strong> Tûrme liegen, mit o (s. S. VII) . Eine Darchbrechung<br />

<strong>der</strong> Turmflnde zieht aber weitere Konsequeuzen: die Offnungen<br />

mûssen zu dem Autbau des Langhauses <strong>und</strong> des Fassadenmitteistûckes<br />

in Btig gesetzt werden. Es ergeben sicli also nene<br />

Probleme f tir die Gr<strong>und</strong>rifi- <strong>und</strong> Aufrif3gestaltung. Die Aufgabe<br />

wird noch dadurch erschwert, dag <strong>der</strong> ganze Westbau in den<br />

Innenraum <strong>der</strong> Kirche einbezogen wird. Infoige dessen muB die<br />

eine Ecke <strong>der</strong> Tûrme auf einen Freipfeiler zu steben ko]1uIerl, <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Aufbau des Mitteistiickes muI3 mit dem S m des banghanses<br />

in Ec'2g gebracht werden. Die<br />

<strong>der</strong> Turm-<br />

wande<br />

erfiat eine Verstrehing <strong>der</strong> Tiirme nicht nur an <strong>der</strong><br />

ni WTc*Qar to **/<br />

Fassadenseite <strong>und</strong> den einanuer ab t gekelirten Setten, son<strong>der</strong>u auch<br />

nacli dem Langhause zu <strong>und</strong> an den einan<strong>der</strong> zugekehrten Seiten.<br />

Gegeneinan<strong>der</strong> kann man die Thrme sehr leicht durch starke<br />

1*


-4--<br />

Gurtbflgen mit Ubermauerungep verspannen, so daB sioJi hier ihr<br />

k,t+W £nnr'<br />

SeltensdnuD .aufhebt, dagegen stofit mail bei ihrer Wi<strong>der</strong>lagerung<br />

nach dem Langhause zu auf ganz<br />

Schwierigkeiten. Die<br />

•Q'-c'utwV kt9 Mil.-<br />

Hochschi&2wÔ3e pben naturhch einen geringeren Schub ans ais<br />

die in entsprr4ei Hôhe liegenden, mit den Freigesehossen <strong>der</strong><br />

Turne be1ett Turmgeschosse, <strong>und</strong> die an den Seitenschiffswanden<br />

liegenden Turmecken erhalten im zweiten (ieschoø liberhaupt<br />

keinen Gegenschub. An dem einen Punkte befinden sieh<br />

also die 'hadiichen, einan<strong>der</strong> entgegenwirkenden Kriif te nich1 im<br />

Gieichgewicht, iie heben sich daller nicht auf, <strong>und</strong> <strong>der</strong> einen niufi<br />

diirch cine Verstrebung, die hier wegeù des Gegensehubes <strong>der</strong> Hochschiffswand<br />

etwas sehwAcher ais an dcii an<strong>der</strong>en Ecken sein kann,<br />

entgegengewirkt werden, an an<strong>der</strong>n Punkte Lst eine ebenso ,starke<br />

Verstrebung wieran den vôllig freiliegenden Turmecken<br />

hch. Diese iPi1t in die Seitenschiffswand ein <strong>und</strong> verdeckt S<br />

Seitenschiffsfenster ganz o<strong>der</strong> teilweise, jene kaun i'tberhaupt nicht<br />

bis zain Erdboden heruntergefiihrt, son<strong>der</strong>n mul3 durch die erste<br />

Langhausarkade abgefangen werden. Tin Iiochschiff verdeckt sic<br />

ebenfails ein Fenster. Die Freipfeiier <strong>der</strong> Turne mflsseii wegen<br />

ihrer starkeren BeiasYa dicker gebiidet werden ais die §chiffspfeiler.<br />

<strong>Das</strong> entspricht nicht dem IdeaC denn dieses veWngt ja,<br />

daB die durch den Westbau gebildete Travee in Tnnern iediglieh<br />

ais ein Scbiffsjoeh erschefnt. <strong>Das</strong> System miiBte also ohue jede<br />

Unterbrechung bis an die Fassadenwand fàrtgefiihrt werden. Die<br />

diekeren Turmpfeiler biiden daller eiue sehr stark in die Auget'<br />

spriiigende iinterbrechung des Systems, die so lange noeh ertrâgheh<br />

bieibt, ais man im Mittelsehiif sechsteilige Gewôlbe <strong>und</strong> einen<br />

Weôhsel von stiirkeren <strong>und</strong> schwacheren Stiitzen anwendet. Die<br />

) starkeren Schiffspfeilcr sùd zwar miner noch bedeutend<br />

ais die Turmpfeiler, aber die dureh1, den Stuitzenwechsel erzeugte<br />

Gruppierung <strong>der</strong> Schiffsjoche eHeichrert die Bildung eines an<strong>der</strong>s<br />

gearteten abseltiieflenden Joehes, zS5 da dieses auch nu die<br />

halbe Breite eines Sehiffsdoppeljoehes bat <strong>und</strong> also deshalb sehon<br />

-zu den. übrigen Jochn in einem gewissen Kontraste steht. Sobald<br />

aber das cinfache rechteckige Kreuzgewôlbe in Hochschiff zur Aniig<br />

gït't <strong>und</strong> die unter .sieh vblhg gleichen Stiiten eine<br />

fortiaufende Reihe bilden. verursacht das letzte, diekere Pfeilerpaar<br />

eine èepenàliche Djssonanz.<br />

Zn diesen rein technisehen Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>riBgestaltung.<br />

<strong>der</strong> Turne geselien sich Schwierigkeiten <strong>der</strong> Aufriøkomposition.<br />

Die Gotik Ubernimint vom Romanismus das Rad-<br />

-- -1 •.t


-5-<br />

fenster, die sog. Rose, ais Hauptfenster <strong>der</strong> Fassaje. Wfthrend aber<br />

in, ronianisclien Stil die Rose fUr die Innenwirkung kaum in Be.<br />

traclit konxmt, da sie zur Beleuchtung <strong>der</strong> liber <strong>der</strong> gesehiossenen Ver- ,<br />

halle liegenden Empore dient, beherrschit die gotisehe Rose auch<br />

im Innern die von oben bis unten glatt durchgefuhrte Fassadenwand.<br />

Soli nun die Eassade in ilrem Aufbau mit dem System des<br />

Langhauses in EiIUitk gebracht werden, so rnacht die Rose<br />

Scbwierigkeit. Bu ])archmesser ist durci die Langhâusbreité bestimmt,<br />

<strong>und</strong> durchi ibre Grôl3e wird wie<strong>der</strong>um die Hôhe des Rosengesehosses<br />

j<br />

J festgelegt; das heil3t: dessen Hhe ist nicht abhiingig von <strong>der</strong><br />

vertikalen Ausdehnung enies Baugneaes des Langhauses, son<strong>der</strong>n<br />

von semer horizontalen. Je breiter das Mittelschiff des Langhanses<br />

ist, desto grôl3er ist die Rose <strong>und</strong> d sto hôher ist das Rosengesehofi;<br />

vermin<strong>der</strong>t sich mit zun meudem Vertikahsmus <strong>der</strong> Gotik<br />

N die Brette des Langhauses mi VeIts zu semer ilôhe, so verliert<br />

auch dus Rosengesciofi an GewiciltffJed.e neue, an<strong>der</strong>s proportionierte,<br />

gotisehe Basilika stelit also f tir die Komposition <strong>der</strong><br />

Fassadenstok'ike neue Probleme.<br />

Die zweite Sehwierigkeit <strong>der</strong> Aufril3gestaltung bietet die Proportionierung<br />

<strong>der</strong> Massen. Durch die weit ausladenden StrebepfØler<br />

(beson<strong>der</strong>s die Pfeiler o) wird die Masse <strong>der</strong> Turme betracntnch<br />

vermehrt, so daB ihnen gegeniiber das Mittelstiick an Gewicht ni<br />

verhieren droit. Es giit also, eh' Mittel zu finden, das das<br />

Gleichgewicht wie<strong>der</strong> herzustellen ermôglicht.<br />

Die Fassaden <strong>der</strong> friihgotischen Kirchen.<br />

Betrachten wir mm die historische Entwickhmg <strong>der</strong> gotischen<br />

Fassaden. Behu ,,ersten Monument <strong>der</strong> Gotik", <strong>der</strong> Abteikirché<br />

von St. Denis, sind die neqen Probleme teils noch gar nicht , erkannt,<br />

teùs werden sie umgangen. Die Turmkalle offnet sich bereits<br />

nach dem Sehuif <strong>der</strong> Kirche, die Fassade ernait ihr Geprage (iurch<br />

die vier machtigen 4Strebepfeiler,<br />

die Mauermassen zwischen den<br />

Streben sind stark afiL <strong>Das</strong> ist das Neue. <strong>Das</strong> Problem des<br />

Anschlusses dieses Turmbaues - an das Langhaus wird dagegen noch<br />

uiktiken. <strong>Das</strong> frtihgotische Langhaus besteht ans vier Doppeljochen<br />

von je eillem Mittelschiffsquadrat mit sechsteiligem Kreuzgew5lbjnd<br />

zwei Seitenschiffsquadraten.') <strong>Das</strong> westlichste Doppeljoch<br />

khliel3t aber nicht unmittelbar an die Tarme an, son<strong>der</strong>u an ein<br />

durchgehendes Joch von <strong>der</strong> halben Breite eines Doppeljochs. Dieses<br />

1) Siehe die Relconstruktion des Grnndrisses bei D. &,. B. Taf. 146.<br />

W4c


-6--<br />

JtAj l IAC<br />

vom Umbaa des 13.&Jahrhun<strong>der</strong>ts versehonte Joeli bat lediglich<br />

konstruktive Bet'uj. Es eH II lit an <strong>der</strong> Ostseite <strong>der</strong> Turmhalie<br />

dieselbe Aufgibe, die den Strebepfeilern an den freistehenden Seiten<br />

<strong>der</strong> Tllrme reg t^ Da die Basis <strong>der</strong> Tlirme breiter ist ais cm<br />

Seitenschiff, so fallen die Verstrebungen y neben die Seitensehifsmauern<br />

<strong>und</strong> verdecken diese in dem erstexi Jocli. Durcli die Einnigung<br />

dieses Halbjoehs wird das Einscnnçjden <strong>der</strong> Turmverstrebungen<br />

in das westiichste Doppeljoch ve?Mîeden, dos eigentliche,<br />

erst hinter diesem Strebejoch" beginnende System des Lnghauses<br />

bleibt also frei von je<strong>der</strong> Unregeimas3igkeit. Âlrefaiiigs ist auf<br />

diese Weise das Probiem nicht gelôst, son<strong>der</strong>a nmgangen worden<br />

(s. Fig. 1).<br />

..Wie sich <strong>der</strong> Âufril3 <strong>der</strong> Fassade zum System des Langhauses<br />

verhalkn bat, iit3t sich ohue genane Aufnahmen <strong>der</strong> Kirch nicht<br />

feststelien.') Einen Fehier jedoch hat <strong>der</strong> Meister nicht vmieden.<br />

Da die Tflrine breiter sind ais die Seitenschiffe, <strong>und</strong> ,ihre Masse<br />

durcli die Strebepfeer o erheblich vermehrt wird, erhalten sic cm<br />

zii groBes Ùberg4'wicht über dus Mittelstiick. •:<br />

,,Die ersten, die sich St. Denis schulmaliig a*schiossen, waren<br />

die Kathedraien von Senlis <strong>und</strong> Noyon".) Pas <strong>Fassadenproblem</strong><br />

iôsen beide in durchaus versehiedener Weise. In Senlis bat die<br />

Basis <strong>der</strong> Turme die Unifie eines Beitenschiffsquadrates. Die Verstrebungen<br />

y werdenr durch Wendeltneppen gebildet, die dus ertt,j<br />

Seitenschiffsjoch verdecken. Bei p sind keine Verstrebungen V6r<br />

handen; dafiir ist aber , die çrste Schiffsarkade bedtutend starker<br />

gebaut ais t alle an<strong>der</strong>en. 3) Die Tarme sind sehr gct1hk, <strong>und</strong> das<br />

Mittelstffck dominiert ei n;F ut die Portalanlage sind<br />

aber diese Proportionen hchst Wenn aile drei Portale<br />

den gauzen Raum zwischen den Strebepfeilern el etmen soilen -<br />

<strong>und</strong> das verikt dus gotisehe Prinzip .-, se wird das Mittelportal<br />

nicht nur viel breiter, son<strong>der</strong>a auch entIahi bôher ais die<br />

Seitenportale. 1m Aufbau <strong>der</strong> Tiirme entsprephen die beiden ersten<br />

Geschosse den Seitenschiffen <strong>und</strong> den Emporen, das dritte, von je<br />

zwei Biendarkaden .gebildete dem d ktiit <strong>Das</strong> Mittelstuick<br />

nimmt keine Riicksiciit auf das System des Langhauses; es besteht<br />

ans dem grofien Portai <strong>und</strong> einem Spitzbogenfenster. Hinter dem<br />

dritten Geschol3 des Mitteistiicks (gleich dem vierten <strong>der</strong> Tfiirme)<br />

1) Die âsthetiscbe Wllrdigung <strong>der</strong> Passade siebe bel D. & y . B. I S. 63e.<br />

2) D. & v. E. II S. 58. Aufualirnen von Senlis in Mon. hist. I Paf. 32-34<br />

Und RING ifi 69-74.<br />

) Also sine thn1ic)'e Ltlsung wie in St. Denis.


-7-<br />

lag das Bach des friihgotischen, in s$testgoscher Zeit umgebauten<br />

<strong>und</strong> erhôhten Hochschiffes. Bieses GeEhoBïllet ein horizontales<br />

Ïand, das die drci Telle <strong>der</strong> Fassade oben noch einmal<br />

zusammensehiiefit, clic sich die selbstandioen Turmgeschosse eutwlcRelfl.<br />

In Noyon haben die Tiirme wie<strong>der</strong> wie in St.. 'Denis fast die<br />

Breite des Mittelsehiffes, wohl den Portaien zuliebe. Zwisehen den<br />

Strebepfeilern j' <strong>und</strong> dcii SeitenschiffswL14en bleibt noeh Raum fUr<br />

Wendeltreppen. In den Obergaden einschneiuende Verstrebungen (u)<br />

fehien ganzlieh. Infoige <strong>der</strong> beunahe gleichen Breite haben die<br />

drei Portale auch die gleiche Hôhe'), <strong>und</strong> zwa.sind sic hôher ais<br />

die Seitpschifie. 1m Aufrifi ist also cm Ahsehliil3 <strong>der</strong> Tilrme an<br />

die AMeitMP'%iicht môghch. Bas hnnere <strong>der</strong> Tifrme ôffnet sich bis<br />

zur ilôhe des Hochschiffsgesimses naeh dem Mitteisttick <strong>und</strong> bildet<br />

mitdiesem gewissermaflen ein westiiches Querhaus 2), in das das<br />

•Mitte&sehiff, die Seitenschifi'e <strong>und</strong> die Emporen des Langhauses<br />

niunaen, en auflerordenthch gluekiicher Gedanke, <strong>der</strong> lei<strong>der</strong> mcht<br />

wie<strong>der</strong> aufgenommen wurde. Die untere HaUte des Aufrisses dieses<br />

,,Querhauses" ninunt das Portaigeschol3 ci; die obere eine Reille<br />

von drei Fenstern.') Es ergeben sieh also durchgehendp<br />

wie sic in St. Denis <strong>und</strong> Senlis nieht viitnWeii smnd. Über<br />

den beiden Hauptgeschossen zieht sieb, wie in Senlis, chie dcii<br />

Hoelischiffsgie1 verdeckende Biendgaierie liin. Diese Galerie,<br />

wohl eine um1iIhng des entsprechenden Gesehosses <strong>der</strong> Fassad<br />

von Senlis, bat chie sehr wiehtige Roue zu spielen. Ber Meister<br />

<strong>der</strong> Fassad? von Noyon hatte, wohi du oben &ll <strong>der</strong> Fassade von<br />

St. Denis ghe Miga's <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> Tiirme zur Masse<br />

des Mitteistiickes JiYpNnden. Mit dèr Breite wuchs natiirlicli aueh<br />

die 1161m <strong>der</strong> Tiirme. Sic èr17iAen also in doppelter B1%Z du<br />

Ubergewicht über das Mittelstflck, so daB dieses gewissermal3en<br />

nur noch die Brücke zwisehen den beiden Tiirmen bildet <strong>und</strong> jede<br />

seibstandige o<strong>der</strong> gar domunierende Bedeutm1g verhcrt Diesen<br />

1) Du inittiere Portai ist von eincm Bo.-en iiirwlbt, <strong>der</strong> roda fast cinn<br />

Ralbkreis bildet, die beiden seitlichen zeigen eine sfiLrkere Znspitzung. In<br />

St. Denis haben aile drei Portale noeh des reinen R<strong>und</strong>bogen bel verachiedener<br />

Breitc <strong>und</strong> Ruihe <strong>der</strong> Portais. In Noyon maeht e3 die AtZl&tnng einee Spitzbogens<br />

inuigiicb, die giciehe Seheiteilitihe trotz verscbiedoner Breite <strong>und</strong> gleicher<br />

Kltmpferhtibe zu erreichon.<br />

2) G. UNGW1TTEB, Lehrbuch <strong>der</strong> gotisehen Konstruktionen Leipzig 1859<br />

bis 1864, 5.564.<br />

S) <strong>Das</strong> anittiere wurde spter umgestaltet, aueh die Vorhaile ist nachtrftglieb<br />

angefilgt worden.<br />

7<br />

(1


5. tS<br />

—8-<br />

I<br />

- /<br />

Ar t .,ÇL4f 'TaV&.<br />

Eindruck vermehrt die stark betonte Glie<strong>der</strong>ung durcit die Strebe-<br />

pfeiler. Demi das Auge sieht nebeneinan<strong>der</strong> drei deutlich .von-<br />

Ccj-Stfl<br />

eman<strong>der</strong> getrennte Pelle in ihrer gauzen vertikalen Au«st&tennung:<br />

den linken Turm von <strong>der</strong> Basis bis zum Heim, das Mittelstiîek von<br />

<strong>der</strong> Basis bis zum. ClebS, den reehten Purm von <strong>der</strong> Basis bis<br />

zuin Heim. Die Fassade zerf1lt also in drei voneinan<strong>der</strong> unabhngige<br />

Toile, da infoige <strong>der</strong> Kleinheit des Mittelstilcks einer<br />

zweier Gliedei' unter ein drittes niehts n sp&rist.<br />

Diesen Fehier vermied <strong>der</strong> Meister von Noyon dadurcli, daB er doit<br />

Mittelschiffsgiebel durcir ciii drittes GeselioB in Gestalt einer Blendgalerie<br />

verdeckte <strong>und</strong> so die Masse des Mittelstllcks um die Hôhe<br />

dieses Geschosses vermehrte. Denn ein Mittelscliiffsgiebel erscheint<br />

dont Auge nur ais die Krônung, dss 4,urch_die Galerie gebildete<br />

Rechteck rechnet manaber uiilli?rTfh zum Kôrper des<br />

Mittelstiicks. Die Galerie zieht sicli zwar anSi tim die Tarme<br />

henni, wird aber von den Strebepfeilern inrej q eile zersc}ikJE<br />

Die durchgehenden Horizontallinien habea b&tat'èine sclmn&ere<br />

t4 t* s-4 ct4tv s.<br />

Bildung ais die serncrechten I eiiungsimien, die Strebepfeiier.<br />

Wir komrnen nun zu eineni Ban mit giinzlich an<strong>der</strong>u Baumproportionen,<br />

ais sie die drei bisher - besprochenen Kirclien haben,<br />

zur Kathedrale von Sens.') Sens Iiegt siidèstlich von Paris in <strong>der</strong><br />

Hochehampagne, unwedcr Grenze dieser Landscliaft gegen Bargond.<br />

Vieileicht e&falItt tdie Nachbarschaft <strong>der</strong> burg<strong>und</strong>ischen<br />

Bad4e breiten Baumproportionen, vielleicht ergaben sie sicli<br />

Iediglich ans <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>benutzung alter F<strong>und</strong>amente. 2) Pas Mitte]schiif<br />

bat' eine Achsenwe.ite von 15 in <strong>und</strong> eine Hbhe vol, 25 in.<br />

Lei<strong>der</strong> steht von <strong>der</strong> Fassade des 12. Jahrh. mir noch <strong>der</strong><br />

iibrdliclie Turin. Der sûdiiche stiirzte 1m Jahre 1267 •-ein <strong>und</strong><br />

wurde saint dent Mittelstiick <strong>der</strong> Fassade <strong>und</strong> <strong>der</strong> Siidwsecke des<br />

Schiffes in hochgotischei Forme» wie<strong>der</strong> aufgefuhrt. Unsere Kennt-<br />

-e_s .-t-' C'<br />

tris <strong>der</strong> Baudaten ist 'fiÎcf?hha& tic Kathedraic wurde unter dent<br />

Erzbischof HEnI r4E SANGLIER, (1122 bis 1143) begonnen <strong>und</strong> wurde<br />

mit Ausnahme <strong>der</strong> Fassade 1168 vollendet. 1m AnschluB an den<br />

Neubau des Siidturmes erhielt dits .Foc çkiff hôhere Fenster, <strong>und</strong><br />

die von <strong>der</strong> Hodhwand m zue fi i51b&heiîî ansteigenden Jâ*<br />

<strong>der</strong> sechsteiligen Gewôlbe wurden durcir neue mit w4&cfit<br />

1) Zut Bangesehiclite <strong>der</strong> Kathedrale von Sens vgl. CUARLES P0RÉE; Sons<br />

<strong>und</strong> Les architectes et la construction de la cathédrale de Sens ouf S. 209 if. <strong>und</strong><br />

559 if. fin Congrès arch. 1907. TJnserc Fig. 5 nach dom Gr<strong>und</strong>rifi von LEFÊVRE-<br />

PonÀng hinter S. 210 in Congrès areh. 1907.<br />

2) PoiÉE S. 562.<br />

j


-9--<br />

Seheitel ersetzt. Pas in <strong>der</strong> Achse des Seitçnsehjffes liegende Portai<br />

wurde ebenfalis erst im 13. Jahrh. durclj'arochen.l)<br />

riB <strong>der</strong> alten Fassade iàJ3t uns noeh die Stocicwerkg 1 erung<br />

des Nordtnrmes ahuen. liber dem Portai fo)gt eine Biendgalerie,<br />

daim ein Gesims, das sieh ursprllnglich in gleicher HOhe liber<br />

deni Hanptportal fortsetzte. Dieses Gesims liegt in <strong>der</strong> Hiihe<br />

j des FuBboens des Triforiums. Peu Raum des Triforiums <strong>und</strong><br />

Ç Oberfl is'nimmt an <strong>der</strong> Fassade ciii Fenstergtho'B ein. Die<br />

offene Z*a1erie, die am Langhause ver <strong>der</strong> Enucuerung <strong>der</strong><br />

Fenster <strong>und</strong> <strong>der</strong> dazugehôrigen Gewiilbekappen die Hhendifterenz<br />

zwischen <strong>der</strong> Hochschiffswand <strong>und</strong> dem Gewolbeseheitel ans-<br />

J<br />

giich, setzt sicli am Nordturm in Forrn einei- kieinen Blendgalerie<br />

J<br />

j' fort <strong>und</strong> 1W wohl ursprftnglich auch liber das Mitteistllck <strong>der</strong> Fassade<br />

weiter. Hier am Mittelstlick 11rCn Seitensehiffen 7 ..4C du<br />

Portai, dem Obergaden saint Triforium cm Fenster. Aber wie<br />

sali<br />

dieses Fenster ans? War es ein schlankes Spitzbogenfeuster<br />

zwischen zwei Bienden wie an den Tilrmen? \\Tohi kamu. Die<br />

dreimalige Ai iiding desselben Motivs hâtte gar vu<br />

Îikt. O<strong>der</strong> Mn bréiteres Spitzbogenfenster, wie an dem Neubau<br />

des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts? Es Mtte dann seine Parailelen in Senlis<br />

<strong>und</strong> Noyon gehabt. Aber an diesen beiden Fassaden ist du Feld<br />

schlanker, whred in Sens im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t du Gesims liber<br />

dem Portai werden muBte, damit ein Fenster von<br />

einigermaBen e frâg ichèn Verhititnissen Platz erhieit. Die annahernd<br />

quadratisehe Forin des Feides liber dem Portai legt es<br />

nahe, eine Rose ais llauptfenster <strong>der</strong> Fassade anzunehmen. Vieileicht<br />

war die Bleudgalerie liber dem FenstergesehoB de r 'Pürme<br />

beim Obergang zain Mittelstflek <strong>der</strong> Fassade etwasiifivir s<br />

krbpft, te an <strong>der</strong> Westfassade <strong>der</strong> Kathedrale von Laon. Daim<br />

ware die Rose von einem reinen Quadra a1iM gewesen. Peu<br />

gleichen Fassadenaufrifi, ein den Seitenschiffen entsprechendes UnterbŒescboB,<br />

dariiber eine Rose, finden wir an <strong>der</strong> Kirehe St. Yved in<br />

Braisnè wie<strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Querschnitt etwas schianker ais <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Kathedrale in Sens ist. Da die drei Fassaden in Braisne turmlos<br />

sind, steliten sie kein beson<strong>der</strong>es. )robiem.<br />

Per Gr<strong>und</strong>riB dey Thrme Tih ira Innern den Seitensehifen<br />

in <strong>der</strong> Breite genau an. AuBen pringen die T,lirine liber<br />

.<br />

die li lncht <strong>der</strong> Seiteusclnffswande ni uiîbetrachthcn vor. Am<br />

Nordturin bat daher die nôrdliche, am Siidturm batte die siidiiche<br />

) PonÉu & 223.<br />

,'ne»t..,a


- 10 -<br />

Wand') Sic Stt%rke von 1f2 m. Trotzdem bat man es fûr ntig<br />

gehalten, sic in dérselben Strke ais Strcbepfeiler soweit nach Osten<br />

fortzusetzen, daB das erste Seitenschiffsjoch verdeekt wird. An<br />

den dent Mittelschiif zug'khten Ecken r'aCdie Turme auf Freipfellern.<br />

Diese haben zwar ebenfails eine bedeutende StArke, sind<br />

aber im Vergieich zu den dicken Turmwiindn <strong>und</strong> f lir die Last<br />

<strong>der</strong> oberen, mu' durch kleine Offnuigen 1 41dhterten Turmgeschosse,<br />

immer noch zu schwach. Per FaY&ies Siidturmes bat daffir<br />

denWets iïTert.2)<br />

Wann entstand nun <strong>der</strong> EiÇtwm'( zu dieser Fassade? In Angriif<br />

genommen worden ist sic erst am Ende des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts.3)<br />

Dagegen ist <strong>der</strong> Ohor <strong>der</strong> Kathedrale sicher vor 1143 begonnen<br />

worden. Aber um diese Zeit kaun <strong>der</strong> AufriI3 nocli nicht in allen<br />

fr 4.W.. cA4.r<br />

Teilen so aiisjWhen haben, wie <strong>der</strong> zur Anslathrung gelangte Eau.<br />

f Die offenen Strebebiigen waren damais noch unbekannt. 4) Vielmehr<br />

machen es die im Verhiiltnis zum Sesaintquerselmitt, bedeutende<br />

Hôlie <strong>der</strong> Seitenschiffe <strong>und</strong> die rii'gHôhe <strong>der</strong> Hochschiffsgewôlbewahrscheinlich,<br />

daB <strong>der</strong> erste EG1M1Ï'f nur mit ciller<br />

Wi<strong>der</strong>iageruiig <strong>der</strong> Hochschiffsgewoibe durch Tlbermauerung <strong>der</strong><br />

Seitenschiffsgurte gerechnet bat. An<strong>der</strong>seits iegt die Beobachtung,<br />

1) &i <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>berstellung 1m 13. Jaiirh. sparte maxi sine Nisehe ans.<br />

t) Über die Zeit <strong>der</strong> Erbanung <strong>der</strong> Fasade berichtet <strong>der</strong> gegen des Ende<br />

des 13. Jahrli. sebreibende C)hronist Guorvxio y DE COULON niehts. Er erziihlt<br />

aber vom Erzbisohof 8EVn (Ende des 10. Jahrh.): Tabutani argent.eam et aunant<br />

ante altare S. Stephani construxit, de qua postea otite majoreni ecclesiam facto<br />

est turris mire et famose ,zltitudinis." Poiifl (8. 546 f.) will mater diesem<br />

Terme den eingestUrzten Sùdturm verstanden wiesen, <strong>der</strong> lin 11. Jahrb. dei Kirche<br />

des 10. Jnhrh<strong>und</strong>crts angefilgt worden sei. 'L'ignorance od paraît être te chroniqueur<br />

à ce sujet nous la ferait plutôt attribuer à uns époque assez éloignée de<br />

cette où il écrivait, c'est-à-dire au XIe sitole. Quoiqu'il en soit, la hauteur<br />

excessive de cette tour fut la cause de sa ruine.) Dieser Schld jet etwas gewagt.<br />

Denu fUrs ente iet es zwcifelhaft, oh hier Uberbaupt von cirera Terme<br />

<strong>der</strong> heute noeh stehenden Kathedrale die Rode itt. Auch von einem spiiteren<br />

Einsturz dieses Ternies wird nichtz gesngt. Zweitens fragt es sich, 6h man<br />

noter turne wirklich nui einen Terni verstehen inuB o<strong>der</strong> nielit vielmehr die<br />

ganse Fassade. Drittens braucht <strong>der</strong> am Ende des 13. Jah<strong>und</strong>crts scbreibende<br />

Olironiet niehts von den Baudaten einer Fassade des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts su wissen;<br />

die Gr<strong>und</strong>steinlegung, von <strong>der</strong> ci wenigstens beniehtct, noter welebem Erzbischof<br />

sic stattgefnrnlen bat, <strong>und</strong> die Wcihe <strong>der</strong> dem Kultus dienenden Teile <strong>der</strong> Kirehe<br />

waren wiehtigcrc Ereignisse ais don Beginn o<strong>der</strong> die Vollendung <strong>der</strong> Fassade.<br />

En erw[%lrnt ja auch den Turm von wun<strong>der</strong>barer ifôhe' nDX, mn einen MaBstab<br />

fUr don SVert des Antependinins su geben, eus dessen Enlôs en erbaut wonden ist.<br />

3) FORÉE S. 584.<br />

') D. & t B. 1 S. 428 if.


- 11 -<br />

daB chie solehe unter den Seitensehiffsdachern liegende Verstrebung<br />

noch die Gew6)bekampfer erreichen wfirde, den SchluB nahe, daB<br />

<strong>der</strong> Querschnitt des muera in seinen jetzigen Abmessungen schon<br />

durci den ersten Entwurf festge1egtar. Nur die offenen Strebet<br />

bôgen wren dânn ein spiiterer Zusaft Paraus folgt mit grbøer<br />

Wahrscheinlichkeit, daB. <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Fassade wenigstens in<br />

den Hauptiinien dciii ersten Gesauntplan angehôrt, daB die Fassade<br />

also gleichzeitig o<strong>der</strong> friiher ais die von St. Denis entworfen<br />

worden ist.<br />

Die erste gotisclie Kirche, bei <strong>der</strong>en Ban das Problem, die<br />

F3ssade sowobi im Grandrifi wie ira AufriB dem Langhatse genau<br />

anztlin, wirklich gelôst worden ist, ist die Kollegiatkirche von<br />

Mantes.') Pie trnteren Turmgeschosse haben genan die Piunensionen<br />

eines Seitenschiffsjoches <strong>und</strong> fiihren also die Seitenschiffe bis zur<br />

Fassade fort. Pie Schiffsfenster nehmen in Mantes noch nicht den<br />

ganzen .Raum zwischen zwei Strebepfeilern cm. Daher verdeckt<br />

die Verstrebung i' auf <strong>der</strong> Nordseite das Seitenschiffsfenster niait;<br />

au <strong>der</strong> Sùdseite liegt eine Wendeltreppe vor dem Fenster. Bei u<br />

sud keune Strebepfeiler vor1uan&. pie Freipfeiler <strong>der</strong> Tiirme sind<br />

zwar im Vergleich ni dcii Schiffspfeilern immer noch selir stark.<br />

Da aber das ans vier Doppelj ochen bestehepde ,4nghaus Sthtzenwechsel<br />

<strong>und</strong> sechsteilige Kreuzgewôlbe bat, stôren sie den Rhythrnus<br />

des Systems nicht; denn das oblonge Joch <strong>der</strong> Turmhalle charakterisiert<br />

sich schon durci seine Gr<strong>und</strong>riBj(1t ais ciii besou<strong>der</strong>es,<br />

ni dcii inter sich gleichartigen Abteilungen des banghanses.4contrastierendes<br />

Glied.2) Auch <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> Fassade<br />

ft%Çidht dciii des Langhauses <strong>und</strong> zwar im Mittelschiff wie in<br />

dcii Tarmen, Pas Untergescho3 bat die Hôhe <strong>der</strong> Seitcnschufîe,<br />

das zweite Geschofl liegt in Emporenhôhe, das RosengeschoB entr<br />

spricht dem Obergaden. Pas System besitzt kein Triforium. Per<br />

Raun& zwischen Empore nid Obergaden wird nur durci cinen<br />

fifdbogen geglie<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> die drei Arkaden eues Emporenjoches<br />

zusammenfaBt <strong>und</strong> das liinter <strong>der</strong> Wand liegende transversa1 ,e ,.. -<br />

•<br />

Tonnengewôlbe andeutet. Pem Meister war also f tir die Affi<br />

zung des zweiten <strong>und</strong> dritten Fassadengesehosses ciii ziemhch weiter<br />

• Spiciraum gelassen. Er zieht deshalb auch den griBeren Tel<br />

dieses Raumes ira AufrB <strong>der</strong> Fassade zum zweiten Geschofl, un<br />

diesem niait den Charakter eines Zwischengliedes, son<strong>der</strong>a chies<br />

')<br />

2) Vgl. S. 4.<br />

Mon. hist. I Paf. 16. XING III 89-91.


- 12 -<br />

se1bststndigen, den beiden an<strong>der</strong>u gleichwertigen Gesehosses ni<br />

geben.<br />

Wfr haben gesehen, daB in Senlis die Beschrankung <strong>der</strong> Turmbasis<br />

aul die Breite eines Seitensehiffes einen reeht fiihibaren<br />

tta;n&<br />

GrôBenunterschied <strong>der</strong> drei Portale bingte. Die Folge war <strong>der</strong><br />

!4no7 &.4.w 2<br />

Verzicht. 1uf )ede wagercnt<br />

ee, durcbgehende Teilungshme. Die<br />

Plume s€itssen sich in Jhrem Aufbau den Abseiten an. In Noyon<br />

batte umgeic.enrt .die Anpassnng <strong>der</strong> Seitenportale an das Mittelportai<br />

den r4rauf den AhrcUU <strong>der</strong> Tiirme an den Aufbau<br />

<strong>der</strong> Absqiten zur Folge gehabt. Der Meister von Mantes verbindet<br />

die Vor Fassaden, indem or sich eines au8erordentlich<br />

'& &VIt& kiilinen tels b'nt. Die Strebepfeller in silld mi G-r<strong>und</strong>riB<br />

etwas vefschib bai,, da sie dieker sirid ais die Mittelschiffswaud.,<br />

<strong>der</strong>en Shi'sie abtn haben. Sie werden also soweit wie<br />

môglich ans <strong>der</strong>, Achse <strong>der</strong> Schiffspfeiler gehoten <strong>und</strong> einan<strong>der</strong><br />

genahert, t h. die Tflrme werden auf Kosten des Mitteistilekes<br />

nceitn<br />

verbreitert. Fur denj.ufbau brrngt die-seVef . se Lo hieDun Sr g <strong>der</strong> Strebepfeiler<br />

grol3e Veil?" Ein breiteres Mittelportal hatte cille<br />

grôBere Hôhe erlialten milsseii; die FuBlinie des zweiten Fassadengesehosses<br />

wiire aiso hher ais <strong>der</strong> Emporenfuf3boden n 1iéSitt"<br />

gekomnien. An<strong>der</strong>erseits warell selimalere Seitenportale niedriger<br />

geworden, die kahie Mauerffitche liber ihnen wftre aiso gewachsen,<br />

zumai bei grôBere; HUte des ersten Gesehosses, wie sic<br />

ein grôfleres Mitteiportal i$IiCmrtte . Derselbe<br />

sich in dritteii Geschof3 wiedr1ioit. Bei grôBereni AtstL&' <strong>der</strong><br />

Strebepfeiler ge, hatte <strong>der</strong> Durchmesser <strong>der</strong> Rose <strong>und</strong> mit ihm die<br />

vertikale Ausdehnung des dritten Gesehosses zugenoifimen. Die<br />

• t- l4<br />

Kosten <strong>der</strong> VergrôBerung hatte wie<strong>der</strong>uin das zwelttzu tragen;<br />

denn das Hôheriegen des dritten Gesehosses ware mit Sehwicrigkeiten<br />

verb<strong>und</strong>en, da <strong>der</strong> Scheitel <strong>der</strong> Rosé mcht liber den lochschiffsgewôlben<br />

liege , sou. Den Unterschied zwischen einem Fassadenaufrifi<br />

ohne Ver e'fi'i <strong>der</strong> Strebepfeiler in <strong>und</strong> einein mit<br />

Versehiebung <strong>der</strong>selben machen die Figuren 2 a unçl. 2» anschaulich.<br />

Durch die Verschiebung <strong>der</strong> Strebepfeiler in gelingt es also dent<br />

Meister, die drei Portale zueinan<strong>der</strong> in ein assenes Gr6l3enverbaltiiis<br />

zu setzen <strong>und</strong> zugleich die Ihe des ersten <strong>und</strong> dritten<br />

Geschosses soweit zuM'MEi'n, daB [tir ein <strong>der</strong> Empore des banghanses<br />

entspreehendes GeschoB Baum bleibt.') -<br />

1) Fig. G a zcigt in sohematiseher Feria dcii Aufrifi <strong>der</strong> Fassade von Mantes,<br />

wie or sicli bai normaler Lage <strong>der</strong> Strebepfeiler in ergeben htte. Fig. 66 stellt<br />

die Polgen <strong>der</strong> Versehiebung <strong>der</strong> Strebcpfciler dar. Zum Vergleich sud- in 6e


- 13 -<br />

Pas vierte Gesehofi kommt f tir uns nicht in Betraeht; es gehiirt<br />

einer spateren Bauperiode <strong>und</strong> ehiem an<strong>der</strong>eu Meister an.<br />

Bas System <strong>der</strong> Kollegiatiurche von Mantes war voroilalicn gewesen<br />

fur die»treLDame in Paris'), das vierte FassadengeschoB<br />

ist eine N'&\iatmiSg desse1bnautes <strong>der</strong> Panser Kathedralef<br />

<strong>und</strong> zwar eine hchst 4 1os'Çchahmung. Die ganze<br />

Fassade ersçhint durch dieses Geschol3 gleiclisam mit Gewait in<br />

die Hohe gezerrt. In Paris ist dieses Baugnea wie in Noyon flsolut<br />

notwendig, hier wirft es die ganze Fassade ans <strong>der</strong> Proportion<br />

2).<br />

,,Die Fassade von. OEa u Paris, begonnen uni<br />

stird in Frankreich herkômmlicherweise ais ,K3nigin 4cr gotisehen<br />

Fassaden' gepniesen, Wir kônnen sobald das Wort gotisch bea€fiwird<br />

diesem flt'icht ztisiien. Bas 4moe Gefiihi<br />

erkennt in ihr Eigenschaften wie<strong>der</strong>, zu <strong>der</strong>en 1ia ung ts durch<br />

die Antike <strong>und</strong> Rissance erzogen ist - Ruhe <strong>der</strong> MassenwirkTing<br />

<strong>und</strong> en;nal-3 <strong>der</strong> planimetnischen Verhaltnisse - Eigenschaften,<br />

die ais Erzeugnis des gotisehen Formensystems 50 wenig<br />

gelten kunnen, daB sic durch dessen konsequente Fortentwickiung<br />

vielmehr ausgeschiossen wurden. So ist demi, die Wahrheit zu<br />

sagen, die Fassade <strong>der</strong> Notre-Dame in <strong>der</strong> ailgemeinen Intention<br />

viel weniger gotisch. ais, es jene von St. Denis schon gewesen war.<br />

t tW. cc4 l_f t 2''MP t -<br />

hie verIeiht <strong>der</strong> :ci en Lagerung. des Aufbaues eluen N ach-<br />

(2 td. 1h...<br />

«mcli, <strong>der</strong> es gauz begre<br />

flft iflich macht, daB eriahrungsgemaf3 ebendasseibe<br />

mo<strong>der</strong>ne Gefhhl die Nichtvollendung <strong>der</strong> Tiirme, obgleich<br />

ihre Krônung durch sehr hoch <strong>und</strong> schlank zu. denkende Heime<br />

fl.ir*. £ç . tw hSYÇ.._.-<br />

zweifeilos zuin Fine gehgrt bat, unbefangenerweise garnicht ais<br />

sthetischen Mfutjel lndet"<br />

Die Fassade von Notre-Dame bedeiitet also, entwickiungs- i<br />

geschichtlieh betrachtet, einen RUckçJjjtt. Da sic aber, f tir sich<br />

betrachtet, ehi Werk allten Ranges ist, miissen wir uns die<br />

Frage voniegen: vie ist dieser Riickfall zu erkli%ren? Wahrend<br />

nid 6 ci die Fassaden von Noyon ecU Paris skizzier. Die Proportionen des Mittelsehiffes,<br />

du j a, die ll6he <strong>und</strong> Breite des Fassadcumittelstfiekes bestimint, sind<br />

in allen Uni Kirchen anniihernd gleich, in Noyon ist du Mittelsehiif etwa2<br />

niedriger.<br />

1) D. & t B. Il S. 66.<br />

2) DaB die beiden oberen Gesehosse fruhestens erst ira Jahrzehnt des<br />

13. Jahrhun<strong>der</strong>ts sur Ausfiihrung gekominen sind, bewcist aufler <strong>der</strong> Gestaitiing<br />

des 4. Gesehosses dis Maliwerk <strong>der</strong> Rose. Es Lthnelt dem <strong>der</strong> westliehen Rose<br />

in Laon, die ebenfalis erst dieser Zcit angeh6rt.<br />

2) D. & y . B 11 97f.


L<br />

- 14 -<br />

das Langhaus cine Weiterbiidung- desseiben Bautdiles in Mantes<br />

ist, geht die Fassade auf das Vorbild von Noyon zurflek. <strong>Das</strong><br />

ftinfschiffige Laighaus zwingt dazu. Es verlangt bedeutend<br />

dickere Parme ais die Kirclie, in Mantes, well ein Purm zwei<br />

Seitensehiffe zu verdecken kat. Peu Gr<strong>und</strong>rif3 <strong>der</strong> Torme bildet<br />

daher ciii Quadrat, dessen Seite <strong>der</strong> Breite zweier Seitensehiffe<br />

gieichkommt. Die Strebepfeiier r dienen zugleich dem erstcu<br />

Seitenschifsjoch ais Aul3enwand. Pie Turmfreipfeiler sind sehr<br />

dick. Trotzdem ist ihr Achsenabstand vom ersten Schifl'spfeiler<br />

<strong>der</strong>selbe wie in allen ikbrigen Schi.ffsjochen. Infolgedessen kat die<br />

erste Arkade chie geringere licite Weite ais die an<strong>der</strong>en, <strong>und</strong> die<br />

Empore des ersten Joches kat nur zwei Offnirngep, an St&le <strong>der</strong><br />

drei in den an<strong>der</strong>en Jochen.') Die Strebepfeiler 'eP10 wenig<br />

ans, dafi sic we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Empore iioch un Obergaden eine Offnung<br />

verdecken 2). Die Strebepfeiler t» liegen normaler Weise in<br />

<strong>der</strong> Achse <strong>der</strong> Schiffspfeiier. Die westiïche Hi]fte des Mitteistiickes<br />

wird von einer Empore eiijÈiniien, die sich in lialber<br />

H6he <strong>der</strong> Schiffsemporen auf einem flachen Bogen von einern Turm<br />

zum an<strong>der</strong>en bunuberspannt <strong>und</strong> die Verbun1ung zwischen dcii<br />

zweiten Geschossen <strong>der</strong> Tiirme hersteilt. 1m ersten Joche <strong>der</strong><br />

Schiffsemporen f iihren flache Treppen zum zweiten Purmgeschofl<br />

hinauf 3). Per Gedanke des Meisters von Noyon, ein westhches<br />

Querhans anzulegen, ist aiso nicht wie<strong>der</strong> aufgenommen worden.<br />

Fa die Portale de» ganzen Baum zwischen den Strebepfeilern<br />

emnnehmen, sind sic so gro6, dafi sie bber den Fnf3boden <strong>der</strong> Empore<br />

hinansragen. Anc%rers.eits ist <strong>der</strong> Rosendurchmesser <strong>und</strong> da,<br />

mitdie vertikale Ae'!nÇ des Rosengeschosses so, grofi, dafi<br />

dieses Gescholi unter dcxi ctiifti ger Emporen 1ftI1t. Fine<br />

Korrektnr durch die Vifrsatretdg <strong>der</strong> Strebepfeiler t» ivie in<br />

Mantes war natllrlich nicht rng1ich; .devin eine Verkleinerung des<br />

Mittelstflcks mul3te in Paris jC4mden werden, weil<br />

die Parme noch dicker <strong>und</strong> die Seitenportale grôfler ais das Mi±tel<br />

portai geworden wren. <strong>Das</strong> mittiere (Jeschofl von Mantes cbrnmpft<br />

also zu eunemr Zwischengesehol3 zusammen. . Von diesemorizontaik"'e.t.,<br />

•'a_.é<br />

gliede abgesehên, ist die Stockwerkeinteilung nugetalir dieselbe<br />

• . .u4?-&2tt.À<br />

wie in Noyon 4). Damit dem Besehaner die 'dieNichtubereinstunmung<br />

1) LASSUB et VI0ILET-LE-Duc, Monographie de Notre-Dame de Paris, Taf. 48<br />

•<strong>und</strong> 49, 19 <strong>und</strong> 20, 56 <strong>und</strong> 57.<br />

2) LÂssus et VIOLLET-LE-DUC Taf. 50 <strong>und</strong> 51, 52 <strong>und</strong> 53, 51<br />

3) LÂssus et VI0LIST-IJ-Duo Tal. 54, 56 <strong>und</strong> 57;<br />

4) Wie sehon in Aura. 1 auf S. 12 erwl%bnt, sied die Mittelsehiffsproportionen<br />

in Paris dieselben wie in Noyon <strong>und</strong> Mantes.


- 15 -<br />

Ca.Ct.ۂa.,,c t,<br />

des Fassadenaufbaucs mit dciii System des Schiffes nicht zum Bewul3tsein<br />

kommt, haben die Nord- <strong>und</strong> Stidseite <strong>der</strong> Tûnnie keune<br />

Glie<strong>der</strong>ung durch Horizontale erhnaien. Ihre Mitte nimmt eu<br />

dicker Treppenturm cm. Den Giebel des Hochschiffdaches verdeekt<br />

eine auch um die Tiirme herumianfende offene Galerie, die dieselbe<br />

Aufgabe wie die Blendgalenie in Noyon zu erffillen hat. Aber sic<br />

erfuhit ilire Aufgabe vollkommener. In Noyon wird sie durci die<br />

Strcbepfeiler in drei Teile zersehuitten. In Paris liiuft sic nia die<br />

Strebepfeuler herum <strong>und</strong> fal13t so noch einmal, bevor sicli die Tùrme<br />

vil1ig freimachen, die drei nebeneunan<strong>der</strong> stehenden Teile <strong>der</strong><br />

Fassade zusaminen. Weiter unten hat schon dem Zwischengescho6,<br />

<strong>der</strong> sogenannten Kônigsgalenic, dieseibe Âufgabe obgelegen.') Sic<br />

ist ebenfails nia die Strebepfeilcr herumgekrôptt 2). Dieser ,,Horizontalismus"<br />

<strong>der</strong> Panser Fassade hat aiso den Zweck, den Beschauer<br />

zu zwingen, die Tiirme <strong>und</strong> das Mittelschiff nicht nebencinan<strong>der</strong>,<br />

jedes Glied fil r sieh, in semer ganzen Hôhenentwicklung,<br />

ins Auge zu fassen, son<strong>der</strong>a die beiden Gesehosse samt dcii beiden<br />

w'4 Se.ptr<br />

Galenen in ihrem Aufbaa ubereinan<strong>der</strong> ni betrachten. Die Folge<br />

davon ist, daB man nicht den ganzen IKôrper <strong>der</strong> TRrme mit <strong>der</strong><br />

Masse des Mittelsehiifs vergleicht, son<strong>der</strong>n daB man alles inter <strong>der</strong><br />

obersten Galerie Liegndais eue einheitjihe Masse auffafit, die<br />

5.4 L'M#4,,t,.<br />

flan naturhch das entsctueaene Ubergewient aber die Tunuie en-<br />

1) Ober dam n6rdlichen, ctsvas kicineren Soiteuportale erhebt sich cia Wimperg.<br />

Nattïriieh wolite <strong>der</strong> Meister, <strong>der</strong> dieses Portai ausgefiibrt bat, snob über liber<br />

don beiden an<strong>der</strong>en Portalen cmos Wiinporg aubriilgen. Elne <strong>der</strong>artige Ûberhulmng<br />

des Mittelportales, auch wean es etwas klciner zu denken wre ais des<br />

sur Ansfùhrung rlanjtc, batte fur die Kunigsgalerie koinen Plats gelasses. Es<br />

sind also zwei Ehkrre su unterscheiden. Auf welche Vorbii<strong>der</strong> sic zuruckzufuhren<br />

sind, werden wir spator (S. 90 <strong>und</strong> 8.98) sehen. Vor diesen beiden<br />

Entwurfen bestand du ente Fassadenprojekt, dm dom Gesamtplan <strong>der</strong> Xatbcdraie<br />

ans dom Jahre ilBO angeldirt bat. Es wird noch mebr ais die ausgefilhrte<br />

Passade <strong>der</strong> Passade <strong>der</strong> Xathedrale von Noyon Mhnlieh gewescn sein. Die ira<br />

12. Jahnhun<strong>der</strong>t gearbeiteten Skuipturen des slidlichen 4Seitenportais, dey Porte<br />

Sainte-Anne, <strong>und</strong> die von Vioawr-LB-Duc gef<strong>und</strong>enen Bt iiîcî.bnweisen, daB<br />

rima oins Passade nach diesem Projckte begonnen bat. (VgI. W. Vôaa, Die Anfilage<br />

des nionumentalen Stiles im Mittelalter, Strai3burg 1894, S. 153 if.)<br />

2) Da cia soiches ilorizontaiband in Noyon an <strong>der</strong> entaprechenden Stelle<br />

fout <strong>und</strong> die Strcbepfeicr ohue Unterbrcchung bis zum llochschiifsgesims aufsteigen,<br />

miissen rie auch die groBe Blendgalerie durehsehneiden. Daim psiilsen<br />

entwe<strong>der</strong> die Vertikalen o<strong>der</strong> die Horizontales betont wcrden. Eine plôt2iehe,<br />

untcn nicht vorbereitete Durcbschneidung <strong>der</strong> Vertikalen in <strong>der</strong> llhe des lochschiifsdaches,<br />

wie rie in Mante (infolge des Abweichens vom ursprdnglichen<br />

Entwurfe) eintnitt, wirkt c}fiak1os.


langt, da man diese ais Tûrme erst von dem Punkte an betrachtet<br />

an dem sic selbstandig werden1).<br />

Se erkIrt sich also die auf den ersten Blick merkwiirdig<br />

erseheinende Tatsaèhe, daB die Gotik, die im Innen- <strong>und</strong> A ?enbau<br />

<strong>der</strong> Schiffe die vertilcalen Glie<strong>der</strong> auf s strkste<br />

einigen Fassaden die Horizontalen sp kriiftig hervorhebt, mie es<br />

selbst <strong>der</strong> ronianisehe Stil nie getan hatte.. Aber es sind eben<br />

doch nur cinige Fassaden, die die dazu gegeben<br />

haben, von den Horizontalismus <strong>der</strong> gotisehen Fassaden Frankreiehs"<br />

zu sprechen. Uberblickt man die Gesamtheit dci' aol<br />

unsere Zeit gekommenen frbli- <strong>und</strong> hochgptischen Fassaden in<br />

Frankreieh, so ergibt sich, daB ein giitfiiedener Yertikaiisinus<br />

wie in <strong>der</strong> Itaumgestaltung sô auch in <strong>der</strong> Fassadenkomposition<br />

das Ideal <strong>der</strong> franzôsischen G-otiker ist, ciii Ideai, das man sehon<br />

in St. Denis erstrebt hat. Die <strong>Hochgotik</strong> wird, zumal in einigen<br />

viel zu wenig bekanuten o<strong>der</strong> nicht genflgend, gewfirdigten Quersphiffsfassadeii<br />

, Beispiele fur einen ausgesiroéhenen Vertikalismus<br />

hefern. Alieroings ware es einem Kuiistier <strong>der</strong> klassischen Ait<br />

unmii9lich gewesen, eine Fassade wie die des Kiilner Domes zu<br />

eteift, nui ans Liche zum gotisehenP,ryzip. Die franzôsisehen<br />

Gotiker F '1ctii vielmehr oline - auf den Vertikalismus<br />

in <strong>der</strong> Fassade, sobald die TOrm se dick wurden, daB<br />

sie das Mitteistuck zu erdrucken dro i n w en. nian kann aise folgendes<br />

- Gesetz aufsteilen: Die gotisehen Fassaden in Frankreich zeigen<br />

einen entschiedeneu Vertikalismus, wenn dis.Tiirme eine so kleine<br />

Basis <strong>und</strong> dementsprechend eine so gint'llôhe haben, daB<br />

sie sich dem Mitteistuck unterordnen, daB sie es aise nur flankieren.<br />

Die frapzusischen Gotiker tragen aber kein Bedenken,<br />

einen je nach BaÎ mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> stark betonten Horizontalismus<br />

un Aufbau <strong>der</strong> Fassaden<br />

sob) ohne diesen<br />

Horizontaiismus die Tflrme das MittelstUck ruken wllrden.<br />

1m ersten Falle ist die Fassade nichts weiter ais <strong>der</strong> mit ardutektonischem<br />

Detail ausgestattete <strong>und</strong> an seinen Ecken mit leicliten<br />

Tiïrmen gekrônte Querschnitt <strong>der</strong> hinter ihr liegenden Schif e, aise<br />

chie wirkliche Fassade zu dem dazu gehôrigen Eau; im zweiten<br />

1) Die von VI0LtET-LE-Duc in seinen Entretiens sur l'architecture (Atlas<br />

TaL.14).versuchte. Rekonstruktion <strong>der</strong> Tnrmbekrbnungen ist huchet unwahrgcheinlich.<br />

Otirch dan zwischen die quadratisehen Tiirme <strong>und</strong> die Helme cmgenchaltete<br />

Oktogoa erhniten die Tiirme cine dorartige Huhe, daB aie die feinen<br />

Proportionen <strong>der</strong> Passade wie<strong>der</strong> vernicliten. Siehe D. & y . B. 11 8, 106 Arne.<br />

<strong>und</strong> HÂSAK S. 196. Bei HASAX auch cine Abbildung <strong>der</strong> itckonstruktion von<br />

VIOLLET-LE-D uc.


2<br />

z<br />

- 17 -<br />

Falle ist sie Si mehr o<strong>der</strong> weniger se1bstndiges, mit dem Aufban<br />

<strong>der</strong> Sehiffe in keinem o<strong>der</strong> doch mir iockerem Zusammenhange<br />

stehendes Schaustttck.<br />

Seinen Hhepunkt en'eicht <strong>der</strong> friihgotische F&ssadenbau in<br />

Laon. Die Kathedrale von Laon') bat aul3er <strong>der</strong> turmiosen<br />

Fassade des platt geschlossenen Chores drei fast g1eichmJ3ig behandelte<br />

doppeltllrmige Fassaden an den beiden Enden des Quer<br />

sehiffes <strong>und</strong> dem westlichen Ende des Langhauses. Da die Ostseite<br />

des Querhauses <strong>und</strong> die ersten Joche des Chores den ititesten<br />

Téil <strong>der</strong> Kathedrale bilden - dey ursprftnglich mit einem Haibr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Umgang schlieBende Ohor wurde nach 1200 ver1ngert—,<br />

sind auch die Qaerhansfassaden klter ais die Westfassade. Diese<br />

steht kiinstlerisch bei weitem am hôchsten. Thr Meister bat sich<br />

die beim Eau <strong>der</strong> Quersehiffsfassaden gesaminelt.en Erfahrungen zu<br />

Nutze gemacht <strong>und</strong> mancjiçrlei Verbesserungen vorgeuoinmen.<br />

Aile drei Fassaden à1le ffen sich in ihrem Aufbau dem <strong>der</strong><br />

Schiile an. Bas Rosengesehol3 nimmt den Raum von Obergaden<br />

<strong>und</strong> Triforium ein, das mittiere GeschoB entspricht <strong>der</strong> Empore -<br />

an <strong>der</strong> Westfassade wird es allerdings zain Teil von dcii Portaibedachungen<br />

Uberschnitten; das Portalgesehofi bat genau die<br />

Hôhe <strong>der</strong> Seitensehiffe, Die Querschiffsfassaden geben aiso durch<br />

ihre Stockwerkeinteilung ein getreues Bild des Aufbaues <strong>der</strong><br />

&hiffe; in <strong>der</strong> Hôlie, des Bochschiffsdaches kr6nt eine Galerie die<br />

Fassaden. UetefXlimmt d ttM <strong>der</strong> Schiffe auf die t1Én-.. e.#&Ddfltnw<br />

Fassaden Rücksicht , '%nd zwar bei <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong> Hochschiffsgewfflbe.<br />

Seit <strong>der</strong> Einfiihrung <strong>der</strong> Kreuzrippen, des Spitzbogens<br />

<strong>und</strong> des âufleren Strebewerkes batte mail keinen Gr<strong>und</strong><br />

mehr,_ d4 Gewôlbe mit Stich in konstruieren. De die Rippen<br />

b ç.t.ti? t.nt, .4..- C<br />

suegen iifoIge <strong>der</strong> Anwenaung spitzbogiger itappen anch ohne<br />

Stkh SP genug auf, <strong>und</strong> es empfahl sich, den gesamten Gewôlbe-<br />

4fbt auf die Verstrebungen zu konzenrieren, uni die schwachen<br />

Sehildmauern womôglich flnzlich zu ent2i. Die Gotik konstruierte<br />

danim auch sehr bald 5 ausschliel3hch GewOlbe mit wagerechtera<br />

S5dI2îet Uni<br />

la?u^f'fjÎiUeg"t"rtist es, daB die Hochachiifs-<br />

1) Mon. hist. I Taf. 47-49. Kriw ITT 33-42. Dié genanosten Âufnahmen<br />

in <strong>der</strong> Groøfolio-Ausgabe <strong>der</strong> Mon. hist. von 1855-72, im 1. Band ,4rcbitecture<br />

antique et religieuse". Diese Ausgabe bat keine Seiteuzahien. Dot Lu<br />

den einzelnen Dcnkmii]cn gehiirige Text ifl jedesmal fur sich paginiert. PUr<br />

die Kathedrale von Laon bat ibn BoEswwLwiwn, <strong>der</strong> eS 1853 die Wie<strong>der</strong>herste[Iungsarbeiten<br />

au dieser Kirche geleitet bat, gesohrkbeu. Wir zitiereniha<br />

fin folgeuden mit; BOESWULWALD.<br />

2<br />

1< n n z e, <strong>Das</strong> Faaadonprob1em.


gewMbe <strong>der</strong> ICathedrale von Laon eine Ausnahme maclien. Die<br />

in <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong> Litgsachse des Lang- <strong>und</strong> Querhauses laufen-<br />

4 t aL t<br />

den Kappenscheitel bilden zwar fast vSlIig wagerechte iinien,<br />

aber von dcii Schildwànden steigen die Kappen ziemlich t1i zum<br />

Schluflsteun <strong>der</strong> seclisteiligen KreuzgewiIbe binant Dementspreehend<br />

liegt <strong>der</strong> Scheitel <strong>der</strong> Gurtbgen hiher ais <strong>der</strong> <strong>der</strong> Schi1dbgen.<br />

Per Gn<strong>und</strong> hierfur kann moines Erahtens iiur <strong>der</strong> sein, daB die<br />

(3ewôlbescheitel des Hochschiffs die llhe des Roseiischeitels erreichen<br />

solien. Ein hôherer Obergaden hutte zwar zu demselben<br />

Ziel geffthrt, aber ev hfttte vielleicht die Proportionen des Systems<br />

gestôrt. Per starke Stich <strong>der</strong> Gewôlbe dagegen bot cm<br />

Mittel, den Hôhenunterschied auszugieichen, sodafi dem Meister<br />

freier Spielraum fUr die Gestaltung des Schiffsystems <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Fassade blieb.<br />

Piese Konstfaktioii <strong>der</strong> Hochschiffsgewôlbe iegt dcii Schiul3<br />

nahe, dal3 die Kathedrale von Laon in <strong>der</strong> Gestalt in <strong>der</strong> wir sic<br />

noch heute sehen, mit Ausnahnue des langen, plattgeschiossenen<br />

Chores <strong>und</strong> <strong>der</strong> Anbauten des 14. Jahrhui<strong>der</strong>ts ein Werk aus<br />

eunem Gu13 ist, trotz euner Bauzeit von 75 Jahren. JJenn da<br />

scion <strong>der</strong> Meister <strong>der</strong> noch vorhandenen loche des aiten Chores<br />

die besciriebene Gewôlbeform aje'it&t bat, so wird er aach die<br />

Fassaden un wesentlichen so geplaiit haben, wie sie spitter ausgefflhrt<br />

worden sind. Wir haben hier das erste Beispiel dafûr, daB<br />

<strong>der</strong> Fassadenaufrifi den Quersclmitt des Mitteischiffs beeiiifluf3t.<br />

Wir werden sehen, daB die Kathedrale von Laon in diesem<br />

Ptmkte vorbiidlich warde fitr die beiden foigenden hochgotischen<br />

Kathedralen, die von Chartres <strong>und</strong> Remis, wie si.e auch die ente<br />

war, die ciii dreischiftiges Querbaus mit doppelturmigen Fssden<br />

1erhieit, <strong>der</strong>en vier Titrme mit dem Vierungstnrm eine sehr wirltûngs-<br />

? voile Grappe bildea Piese <strong>der</strong> franzisischen Baukunst fremde, vom<br />

nie<strong>der</strong>rheunischen Ronianismus lîbernommene Turmgruppierung blieb<br />

nieht ohnc EinfluB auf die Gestaitung <strong>der</strong> Fassaden. Sie nuitigte<br />

zu einer verschiedenen Behandiung <strong>der</strong> Querhaus- <strong>und</strong> Langhausiassaden,<br />

wenn man cille Eunt6nigkeit, wie sic eine dreimalige<br />

eus 1iii{ïig desseiben Fassadenentwurfs mit sich gebracht hittte,<br />

viil61iîen wollte. Pie kiunsçlerische Wirkung <strong>der</strong> Westfassade<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Querc1nffsfassadedljjh'e'i jîet a7uTerUi ganz versehiedenen<br />

Beaingungen. Pie Westfassade bat den Abschluf3 des Langliauses<br />

zu bilden nid ist von Westen ans betrachtet, ein Stiick fUr sich.<br />

Es komint also bei ihr vor ailem auf da$ Verbaltnis <strong>der</strong> Pdrme<br />

zum Mittelsttick an. Ganz an<strong>der</strong>s hegt die Sache bei den Quer-<br />

e<br />

18


- 19 -<br />

schiffsfassaden'). Ilire Tiirme bilden mit 4cm Zentralturm eiue<br />

Gruppe, sie iiilissen also aueh zu ihm in Beziehung gesetzt werden.<br />

Lei<strong>der</strong> besteht bei keiner <strong>der</strong> gotisehen Kathedralen <strong>der</strong> Vierungsturm<br />

nocli in semer ursprftnglichen Gestalt. Deshalb kôrnien wir<br />

mis kein ansehauliches Bild von <strong>der</strong> Turmgruppe machen. Ebenso<br />

wissen wir nicht melir, wie sich <strong>der</strong> erste Meister von Laon das<br />

Griil3enverïialtnis <strong>der</strong> Westtûrme zu den Querschiffsttirmen gedaclit<br />

hat. Ber kleinere Maflstab <strong>der</strong> West- (<strong>und</strong> Sftd-)Fassadentilrme<br />

kann namlich, wie wir sehen werden, auch in technischen Bedenken<br />

sei.nen Gr<strong>und</strong> haben. Auflerdem batte es <strong>der</strong> Meister <strong>der</strong><br />

Westtiirme mit emnemGebaude voit an<strong>der</strong>er Langenausdehnung<br />

zu tan, als <strong>der</strong> erste Meister, <strong>der</strong> mir einen kurzen Ohor aufgefahrt<br />

batte. Ware dieser Chor erhalten gebliebeii, so batte <strong>der</strong><br />

Vierunsturin mit semeR vier Tin béinahe depAschlu3 des<br />

gauzen Gebaudes jm Osten gebildet. Fin dent rrésigen Vierungsturm<br />

die Wage haltendes Gegengewicht in Gestalt mg1ichst grofler<br />

Westtiirme wiire also am Ende des Langhauses sehr wohl môglich,<br />

wenn auch nicht Nach <strong>der</strong> Erbanung des<br />

neuen Langchores hatte sich aber die Sachiage gean<strong>der</strong>t. Jetzt<br />

bildete <strong>der</strong> Vierungsturm fast genau die Mitte des auBergewhnlich<br />

laugèn Gebaudes. Die Mitte war alsb beson<strong>der</strong>s zu 1MZeitànd<br />

da Westende dem Ostende môglichst uftsprechend zu gestaltei.<br />

Daller waren die Westthrme schon ans asthetiscben Rllcksichten -<br />

von den techniscben gauz abgeseben - in kleinerem Maf3stabe<br />

auszufuhren als die Querschiffstfirme. Einen entsprechenden Ah-<br />

1) Man ergtnze. sieh an <strong>der</strong> nrd1iehen Quersehiffsfassado den fchIenen<br />

Ostturm <strong>und</strong> die Turmbeliue. <strong>Das</strong> Mittel2tUck verliert doua mclix an Gewicht,<br />

ais es eine gute Proportionierung erlaubt.<br />

2) Die Tormgruppierung von Laon wurde in Prankrcich an dcii Itathedralen<br />

von Chartres <strong>und</strong> Reluis wie<strong>der</strong>bolt. Von dont GrdBenverMltnis <strong>der</strong> einzeinen<br />

Tlirme an diesen boiden Bauten wird s$ter die Rode sein. In Deutschland<br />

folgton die Meister von Magdeburg <strong>und</strong> Limburg a. d. L. dim i3eispiel von<br />

Laon. In Magdeburg kaun <strong>der</strong> erste Meister, <strong>der</strong> zweif elles cinen Vierungsturm <strong>und</strong><br />

doppelturmige Qucrschifisfassaden beabsiehtigtc. nicht bis zut Fuuidamentiernflg<br />

<strong>der</strong> Wosttiirme. List <strong>der</strong> Meister, <strong>der</strong> die Seitenschiffe breiter anagefûlirt bat,<br />

ais sic urspriunglich geplant waren, beganu mit dom Ban des Nordturmes <strong>der</strong><br />

Wcstfassade. Wir kônnen uns also kein Bild mehr von donc GrôBenverhfltnis<br />

<strong>der</strong> tistiiehen Turmgruppe zu dcxi Westtbrmen des ersten Entwurfes machen.<br />

In Limburg dominieren die Westtûrme entschieden, weun sic aueh von dent<br />

steilen (librigens erst 1774 an die Stelle cimes stumpfeten gesetzten) Heime des<br />

Vierungsturmes Uberrngt werdcn. Allerdungs var (lem gotisehon Meister keune<br />

Preiheit mehr gelasscn. Ex war gezwungcfl seitien i3aii eunem bis auf dan Char<br />

scion bestehenden romanisehen ErdgesehoB anfzuptropfcn.


- 20 -<br />

scUafi ii» Osten vermifit man Ubrigens sehr. Sein Fehien macht<br />

sich beson<strong>der</strong>s deshalb so unangenehm bemerkbar, veil die Lage<br />

<strong>der</strong> Kathedrale einen Gesamtiiberblick liber die ntirdliche Ltngsseite<br />

gestattet').<br />

Die Querschiiffsfassaden gehbren dem letzten Viertel des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

an. Die Adage dreier Portale bot Schwierigkeiten. Die<br />

Seiteuportale hitten zwar in den ersten Turmgeschosscii gut Platz<br />

gehabt, aber das Mittelportal wre entwe<strong>der</strong> vi groB geworden<br />

o<strong>der</strong> hktte den Ranm zwisehen dcii Strebepfeilenn niclit ausgeflillt.<br />

Per Meister yerziehtete daher auf die libliche Portalanlage <strong>und</strong><br />

versah die unteren Turmgeschosse mit Fenstern <strong>und</strong> das Mittelschiif<br />

mit zwei Portalen. Pie Tth'me siS bedeutend breiter ais<br />

die Seitensehiffe. Die Verstrebungen r verdecken dus erste Seitenschiffsjoch.<br />

Pie Turmpfeiler siS zwar dicker ais ein Schiffspfeiler,<br />

aber doch fur die schweren Tiirme viel vi schwach. Wie man<br />

noch heute sehen kaun, sind sie nach dem Schiffe vi ausgewichen<br />

<strong>und</strong> haben das erste Querschiffsjoch zusamrnengedrlickt, so daB die<br />

Schiffspfeiler <strong>und</strong> TriforiumsÊiulchen schief stehen. Schon am Ende<br />

des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts war man gezwungen die unteren Turmgeschosse<br />

auf allen Seiten zu schlie3en <strong>und</strong> sogar im ersten Joch die Empore<br />

<strong>und</strong> das Triforium mit Mauerwerk auszufffllen, mn ciii Wi<strong>der</strong>lager<br />

f tir die Ttirme zu schaffenY) Die Siidfassade ist <strong>der</strong> Nordfassade<br />

sehr iihnlicli gewesen. Nur die Punie sind, vielleicht schon<br />

1) Auch fur die Jnnenwirkung bedeutet die Verliingerung des Chores <strong>und</strong><br />

sein glnttef AbschluB keinen Gewiun ( y. Br.Z0LD, S. 172).<br />

2) Es trat hier also scion ungefiihr ein Jahrhun<strong>der</strong>t nach <strong>der</strong> Vollendung<br />

des Bancs dieselbe Katastrophe ois wie in Straburg -ver einigen Jaliren. Wir<br />

geben daher die Ausfiibrungcn EOESWILLWALDS (S. 5) wie<strong>der</strong>: «En effet il n'est pas<br />

douteux que peu d'années après la construction des clochers ouest lu transept,<br />

ta surcharge, produite par la uré2évation des deux étages, provoqua des ruptures<br />

et des écrasements dans tes maçonneries et, en particulier, dans les piliers trop<br />

faiblement établis au XIIe siècle, et formant la base de ces surélévations. Vers<br />

la fin du XrlIe siècle, les désordres sur-venus dans ces constructions étaient<br />

arrivés au point que, pour prévenir une ruine immédiate, on dut 4 la hale<br />

maçonner les baies du triforium entièrement déversé de la première traite du<br />

transept, celtes de la grande galerie, et boucher les baies des deux clochers. 0*<br />

reprit ensuite 4 neuf, jusqu'à la hauteur des grandes vôiltes, les piliers d'angle<br />

du transept, complètement ruinés. • lin Querschiff steben die Triforiensijuichen<br />

noeli mimer schief. <strong>Das</strong> sur Verstrebung <strong>der</strong> Quersehiffsttlrnie in die Arkaden des<br />

Triforiums <strong>und</strong> dot Empote eingefiigte Mauerwerk war in, Jahre 1908 noch nicht<br />

beseitigt. Da g man im Mitt&alter Pfeiler, wie hier in Laon ira<br />

auszuwechseln<br />

imstande war, zeigen z. E. die ira<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t ausgewechselten<br />

Pfeiler des wesUiehen Joehe des stidiichen Seiteasehiifes ira<br />

des Notre-<br />

Dame-Kirche n Paris. Vgl. Viou.n-r.s-Duc, Diet. V S. 382 if.


- 21 -<br />

in <strong>der</strong> richtigen Erkenntnis, daB sie fUr die schwachen Freipfeiler<br />

zu sehwer wurden, bei gleichei' Hôhe von <strong>der</strong> Buis an schiauker<br />

gebildet trotzdeiu traten dieselben UngliicksMlle ein wie an <strong>der</strong><br />

Nordiassade. Sie zogen auch die groi3e Rose in Mitleidensehaft,<br />

so daB sie un 1300 durch ciii bis fast zu dcii Portalen herabreichendes<br />

Spitzbogenfenster ersetzt werden mu3te. 1) Ber Meister,<br />

<strong>der</strong> nach 1200 die Freigeschosse <strong>der</strong> TUrme ausgefiïhrt bat, scheint<br />

schon die Mângel <strong>der</strong> Konstruktion erkannt zu haben <strong>und</strong> bat<br />

wohl deshalb nui' die Tiirme an dci' Westseite des Quersehiffes<br />

vollstitndig ausgebaut 2) Eine zu starke Belastung <strong>der</strong> unteren (hschosse<br />

dci' iistlichen Tiirme wiire noch gefiihrlicher gewesen; denn<br />

sic sind bis zur H6he des Hochschiffsgesimses auf drei Seiten durchbrochen,<br />

da an ihrer Ostseite polygonale Nebeuchre liegen.<br />

Beim Eau <strong>der</strong> Westfassade war man vorsichtiger. Die Fretpfeiler<br />

<strong>der</strong> Tùrme wurden strker gebildet. Sic erhiciten genau<br />

denselben Querschnitt vie die Vierungspfeiler. 3) Die Tiirme haben<br />

denselben (?r<strong>und</strong>ril3 wie die Sffdtùrme, sind aber humer noch breiter<br />

ais ein Seitenschiff. Die Strebepfeiler n verdecken du erste Seiten-<br />

i) An <strong>der</strong> Nordfassado ist ein hbnliohes Fenster in Angriif genommcu<br />

worden. Man kam aber zum GIUek nur dazu, die wcstliclie Laibung auszufLîhren.<br />

Die in don Anfttngen stecken gebliebene Arbeit bietet ein interessantes Beispici<br />

fUr die Art <strong>und</strong> Weise, in dot mail seiche Umbauten vornahm. Siehe die Abbildung<br />

in don Mon. hist.<br />

2) 'En même temps que l'on procédait â l'agrandissement du choeur, ou<br />

élevait la façade principale avec ses deux clochers couronnées de flaches en<br />

pierre, et l'on poursuivait l'achèvement des quatre clochers du transept; arrêtés,<br />

vers la fin du 111e siècle, à la hauteur de la corniche de la nef. Cette <strong>der</strong>nière<br />

opération fut d'abord menée de front pour les quatre clochers; mais arrivé 4<br />

la base des deux <strong>der</strong>niers étages, soit que les fonds vinssent à manquer, soit<br />

plutôt dans la crainte de provoquer des accidents (crainte fondée du reste), en<br />

élevant à ta fois sur les piles d'angle des transepts la ku rcharge considérable des<br />

deux <strong>der</strong>niers étages de clochers, on prit le parti de n'achever qu'un clocher à<br />

la fais. Celui nord-ouest fut terminé le premier, et l'on retrouve dans cette<br />

oeuvre des dispositions identiques à celtes des clochers de la façade principale.<br />

L'achèvement du clocher sud-ouest est postérieur de plusieurs années. Son avant<strong>der</strong>nier<br />

étage, modifié en plan, est lourd, et l'ensemble n'a plus les propOflion1i<br />

du clocher nord'ouest. Les clochers est ne furent pas continuée-' (BozswrLt-<br />

W4LD, 5. 4 fl.<br />

Die Bamberger Westttlrme sehlieflen siclt am engsten an don Siidwestturm<br />

des Quersehiffes in Laon an- Pas bekannto Turmmodell im n6r(Uichen Seitensehiffe<br />

su Bamberg gibt in semer oberen lTiilfte diesen Turm, in miner unteren<br />

die au<strong>der</strong>en Tdrme von Laon wie<strong>der</strong>. Siehe Orro Auauann, Dot Dom su Bamberg,<br />

Mfinchen 1898, Tai. 5 nid 38.<br />

3) Nur in dot GroMolio-Ansgabe <strong>der</strong> Mon. hist. in genilgen<strong>der</strong> GrBe dargestelit.<br />

n


- 22 -<br />

schiffsjoch. Per Aufban <strong>der</strong> Fassade schuie8t sich, wie schon bemerlu,<br />

im Innera dem System <strong>der</strong> Schiffe genan an, die Empore<br />

wird wie an don Qaerschiffsenden auch an <strong>der</strong> Westwand herumgefiïhrt.<br />

1m Âul3ercn freiiich sind die Geschosse nicht so scharf<br />

voneinan<strong>der</strong> gesehieden vie an don Querschiffsfassaden. Pie Dacher<br />

<strong>der</strong> Portalvorha.fleu, beson<strong>der</strong>s am groflen Mittelportai, schneiden<br />

in das zweite Geschol3 ein <strong>und</strong> verdecken teiiweise die Emporenfeûster,<br />

so daB das zweite GeschoB f tir die Aul3enwirkung nicht<br />

ais ein den beiden an<strong>der</strong>u gleichwertiges in Betracht kommt. Per<br />

Meister <strong>der</strong> Westfassade wollte offenbar nicht, vïe sein Vorflnger,<br />

auf die monumentale Anlage dreier Portale verzichten. Aber sofort<br />

steilten sich die an <strong>der</strong> Nord- <strong>und</strong> Smidfassade gliicklich vermiedenen<br />

Schwierigkeiten cm. Es gait, die drei Portale zueinan<strong>der</strong><br />

in dus riciitige GrôBenverhitltnis zu setzen, obgleich ihre Breite<br />

!durch die Stellung <strong>der</strong> vier Strebepfeiler festgelegt war; Da die<br />

Turne ziemlich schlank sind, war das Breitenverhtltnis <strong>der</strong> drei<br />

Vertikalabschnitte <strong>der</strong> Fassade fur die Portalanlage nicht gUnstig.<br />

AuBerdem wtire ein Mittelportal, das den ganzen RaS zwischen<br />

don Strebepfeilern voil àusgenutzt lutte, so loch geworden, daB es<br />

miter <strong>der</strong> Empore keinen Piatz gehabt hutte. Per Meister <strong>der</strong><br />

Fassade von Mantes war dieser Schwierigkeiten durcI eine geringe<br />

Verschiebung <strong>der</strong> Strebepfeiler ni Herr geworden. Freilich batte<br />

er dadurch die Tbrme in ihrer ganzen Hôlie auf Kosten des ilittelstiickes<br />

verbreitert. Pas aber muBte in Laon gerade vermieden<br />

werden, um die ohnedies schon schweren Tiirme, die ja in wesentlichen<br />

den Querschiffstiirmen entsprechend gestaltet werden muliten,<br />

nicht noch sciiwerer werden zu lassen <strong>und</strong> mn don Purchmesser<br />

<strong>der</strong> Rose nicht w verringern, da chie kleinere, die Oberkante des<br />

Ern3orengeschosses tangierende Rose don Gewtibescheitel nicht etreicht<br />

hutte. Per Querschnitt des Ilochschiffes war ja, wie schon<br />

die Tjntersuciiung <strong>der</strong> Querschiffsfassaden ergab, auf eine Rose von<br />

<strong>der</strong> GriBe <strong>der</strong> Querhaùsrosen berechnet. Ber Meister <strong>der</strong> Westfassade<br />

nahm daher w eineni noch ktihneren Mittel, ais es in<br />

Mantes angewandt worden war, seine ztMii'tt. Er verschob nicht,<br />

wie es dort geschehen war, die gauzen Strebepfeiler w, ans dot<br />

Achse <strong>der</strong> Hochschiffswiinde, son<strong>der</strong>u nur ihr unteres Ende bis znr<br />

Kumpferhôhe <strong>der</strong> Portailaibungen. Tin dom oberen Teil <strong>der</strong> Strebepfeiler<br />

eine Basis zu geben, errichtete or vor don drei Portalen<br />

Vorhailen nid iiberwôlbte sic mit schweren TonnengewMben. Biese<br />

Vorhallen erffihlen chien doppelten Zweck: chinai dienen die dem<br />

Mitteiportai zugekebrten Gowôlberiicken den Strebepfeilern ni ais


- 23 -<br />

Anflager, sodann verdecken sie, da sie sehr weit ans <strong>der</strong> Fapsadenflache<br />

heraustreten, fUr das Auge des Besehaners den 1iMc' <strong>der</strong><br />

Strebepfeiler w in r Vertikaalen. lieute wirken die Vorhallen,<br />

s i,.s. Lvvcis.&<br />

beson<strong>der</strong>sipr Schragansicht, rncht sehr gunstig.) lire glatten,<br />

xfliglle<strong>der</strong>ten <strong>und</strong> sich weit in die flef e erstreckenden Wiinde<br />

<strong>und</strong> Tonnengewôlbe machen_einen tunnelartigen Eindruck. Ursprffnglich<br />

waren die Ping'wiinde von kleinen Doppelarkadeu<br />

durchbrochen, <strong>und</strong> infolgedessen waren die Yorhallen fast sa leicht<br />

<strong>und</strong> elegant te die von Chartres gewesen. Am Ende des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

trat aber an dey Westfassade dieselbe Katastrophe te<br />

an den Querschifsfassaden ein. Die Freipteiler <strong>der</strong> Tûrme ohwoN<br />

strker ais die <strong>der</strong> schwereren Quersclnffstllrme, <strong>und</strong> die Verstrebimgen<br />

/.L erwiesen sich ais zu schwach, <strong>und</strong> die Tiirme begannen<br />

die erste Arkade des Langhauses zusaminenzupressen. Die<br />

Tursturze <strong>und</strong> Bogenteicer <strong>der</strong> Seiteuportale barsten unter dem<br />

Druck <strong>der</strong> mit den Strebepfeilern ni belasteten Toniiengewôlbe.2)<br />

') Dabei jet die Fassade lei<strong>der</strong> nur in <strong>der</strong> im aligemeinen ja redit giinstig<br />

wirkendcn Sohriiganscht, von des rue Châtelaine ans, vollstAndig ni lihersehen.<br />

Siche TafeL<br />

2) «Par suite de l'emploi de matériaux de médiocre qualité, du peu d'ex-,<br />

pértence que l'on avait de ta résistance des diverses natures de pierres, et de la<br />

lite avec laquelle les constructions avaient été élevées, Ice linteaux des baies<br />

transversales des trois porches, qui, sur mie portée de plus de 2 mètres, n'avaient<br />

que 23 centimètres de hauteur, s'étaient vers la fin du XlIe siècle, rompus sous<br />

la charge des berceaux des porches qu'ils soutenaient et sous la pression produite<br />

par le tassement des maçonneries des clochers, dont les contreforts s'appuyaient,<br />

du côté de hi façade, en porte à faux sur l'extrémité de ces couvertes<br />

(à faux in konstruktiveni Sinne; ans tien oben angefiihrten ilsthetischcn Gruuden<br />

lieB siob aber dieses technisebe Wagnis nicht vermeiden). La rupture de ces<br />

linteaux provoqua un écartement dans les maçonneries des berceaux et les passages<br />

ménagés à la hauteur des galeries à travers les contreforts. Ceux-ci,<br />

n'étant plus reliés par la base, se déchirèrent à leur tour sous les poussées<br />

de la grande voûte et des arcs-doubleaux des clochers, lesquels se déformèrent et<br />

et menacèrent ruine.<br />

Ces tassements avaient réagi sur l'ensemble de la façade et provoqué la<br />

brisure des tympans des porches. Afin d'arrêter ce mouvement on se pressa dt<br />

fermer les baies transversales avec de la maçonnerie en pierre de taille et de<br />

soutenir les tympans des porches au moyen d'arcs surbaissés, à claveaux sculptés.<br />

On pensa ainsi avoir assuré la stabilité de l'édifice .......<br />

Dans les travaux de consolidation et de conservation faits à la façade<br />

principale à la fin du XIEe ou au commencement du XIV' siècle, on n'avait<br />

pas pris les précautions voulues, pour rétablir l'équilibre entre les diverses parties<br />

de cette façade. On avait malheureusement négligé de relier les maçonneries des<br />

bouchements des baies avec les assises des montants des ouvertures. Il résulta<br />

de là un mouvement de dislocatiçii insensible mais continu qui, se poursuivant


- 24 -<br />

Man sali sich daher gezwungen, die Durchbrechungen <strong>der</strong> Vorhallenwiinde<br />

zuznmauern.') Der Meister <strong>der</strong> Westfassade war also<br />

dans ces constructions pendant plusieurs siècles, détacha, malgré des réparations<br />

partielles, les clochers de la façade centrale, et produisit les déversements et des<br />

dégradations telles qu'à la fin du <strong>der</strong>nier siècle il n'existait plus que lune des<br />

lUches de la façade, laquelle dut être déposée 4 son tour au commencement du<br />

siècle présent. (Pas Fehieri <strong>der</strong> Turmbelme gercicht allerdings hier mie in Paris<br />

<strong>der</strong> Fassade nu zum Vort.eil. Die hiehste Anerkenuung verdient es, daB sicli<br />

BoEsw1tLwAra trotz <strong>der</strong> ihm sur Verfiigung stchendea reichen Mittel die Bescbrnkung<br />

auferlegt bat, die Turmhelme, fUr <strong>der</strong>en Konstraktioa er einen Auhait<br />

in chier Skizzc des Vini&an DE HONNECQURT. Taf. XVIII, gehabt hutte, nicbt<br />

wie<strong>der</strong> aufzubauen.) En 1858, les clochers se trouvaient détachés de plus<br />

de vingt centimètres de la façade centrale; la maçonnerie de leurs contreforts<br />

était déchirée de la base au faite; la grande rose s'était affaissée de quatrevingt<br />

centimètres, les piliers intérieurs étaient broyés, les arcs et voûtes déformés,<br />

tes escaliers rompus sur toute la hauteur de l'édifice, tes contreforts extrêmes<br />

affaissés sur un sol sans fondations. La situation du monument était telle<br />

qu'une ruine totale était imminente." BozswuLwALD, S. 5 f.<br />

I) Lei<strong>der</strong> bat BOESWILLWÂLD, des die Rathedraic in sonst se musterghltiger<br />

Weisc restauriert bat, diese Ôffnungen nicht wie<strong>der</strong>hergestelit. Und due wiire<br />

doeh moiti mit Biffe von eisernen Tritgern nwglich gewesen. Wie bedeutend<br />

sonat ailein die technisehe Leistung- <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung ist, zeigt folgen<strong>der</strong><br />

Bondit: -Grâce à la sollicitude du gouvernement, la restauration de ce monl4ment,<br />

poursuivie depuis 1853, a permis de relever la cathédrale de Laon de ses<br />

ruines, et de rendre à la façade, non-seulement son ancienne physionomie, mais<br />

encore une durée de plusieurs siècles.<br />

La situation de la cathédrale de Laon est aujourd'hui, 1872 (BoEswtzL-<br />

WALD bat die Arbeitcn noeh bis 1897 geleitet), la suivante:<br />

La façade principale, ses trois porches avec leur statuaire et leur sculpture<br />

(sauf le tympan du fond), et les deux clochers sont entièrement rétablis.<br />

A. l'intérieur on e reconstruit les gros piliers qui portent 1cv clochers depuis<br />

le sous-sol jusqu'à hauteur du dessus de la galerie, restauré le surplus des<br />

piliers, rétabli les arcs et murs de ces clochers, et étrésilloné ceux-ci au moyen<br />

d'un grand arc surbaissé formant la limite de la tribune des orgues.<br />

On e remplacé ensuite les colonnes broyées et déversées des premières travées<br />

de la nef, repris les faisceaux de piliers dégradés, et refait à neuf les<br />

voûtes des bas-côtés de la galerie et des quatre premières travées de la grande<br />

nef. Les autres voûtes ont été réparées et nettoyées, le dallage de ces travées<br />

refait à neuf.<br />

 l'extérieur, les fenêtres en pierre usée des galeries et de la nef ont et,<br />

remises en état; les arcs-boutants, mal, établis, déversés, et trop faibles pour résister<br />

à la poussée de la voûte, ont été remplacés par des arcs-boutants plus<br />

forts, dont les têtes sont disposées aux points réels de la poussée. Cette opération<br />

permit de supprimer les énormes tirants en fer qui, depuis six cents ans,<br />

traversaient la nef.<br />

On pose en ce moment les <strong>der</strong>niers arcs-boutants de la nef, travail qui<br />

sera suivi du rétablissement de la chas-pente et de la couverture.» BoEswzLL-<br />

WALD, S. 6f.


- 25 -<br />

ebenso wie seine Vorgiinger ein schlechter Ingenieur, sein tech<br />

nisches Kônnen stand nicht im Einklang mit seinem kiinstierisehen<br />

Wolien. Kilnstlerisch aber spraeh or das Schluj3wort f tir die Fassadengestaltung<br />

<strong>der</strong> friîhgotischen Epoche. ,,Der Vergleich mit<br />

<strong>der</strong> Panser Fassade wird das beson<strong>der</strong>e Wesen don von Laon am<br />

selinelisten verstndIich machen. In Paris liegen die Mauerfiachen<br />

in nahezu <strong>der</strong>selben senkrechten Ebene, <strong>und</strong> ans dieser treten die<br />

Strebepfeiler mit miil3igem Relief hervor. In Laon hingegen ist<br />

<strong>der</strong> Riiekspnmg von GechoB zu Gesehof3 sehr bedeutend (vgL das<br />

Profil auf Tafel 416 in D. & y. B.)" Et wird zain griBten Teil<br />

bedingt dursjie tiefen Portalvorhallen, Deren Giebel <strong>und</strong> Pinakel<br />

kt'&en in malerisch freier Weise in das erste Fenstergesehol3<br />

ein <strong>und</strong> stempein es dadurch zu einem bloflen Mezzaningesehof3;<br />

" alles hôchst origineli gedacht <strong>und</strong> 1iehst wirkungsvoll in den<br />

krftigen Gegensiitzen von Licht <strong>und</strong> Schatten, von Einzelheiten<br />

Wir haben in dieser <strong>und</strong> don vorhcrgehenden Anmerkungen BOESWILLWALD<br />

ans drei Griinden se ausfiihrlich zn Worte kommen lause. Eintnal, iveil Boxe-<br />

WILLWALI) hier, soweit es skh darum handeite, don Tfirmen wie<strong>der</strong> cire feste<br />

Basic su geben, sine lilinliche Aufgabe zu ldsen batte, WiO sic jetzt du StraBburger<br />

Mflnster stelit. Sedann, uni chien Begriif zu gobon von <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> grûndiichen itestanrierung <strong>der</strong> Xatbedralc <strong>und</strong> <strong>der</strong> vorbildiiehen Art, in<br />

<strong>der</strong> die Arbeiten durehgefiihrt worden sind. Freilieli aile, die sieh net an <strong>der</strong><br />

Roinantik altersgrauen Gesteins begeistern kiinnen, werden sieb angesiclits <strong>der</strong><br />

vielen nouen Steine entsetzen. Aber es haudelte sioh nicht <strong>der</strong>me, eine Ruine<br />

su restaurieren, son<strong>der</strong>a cin noob honte dom ursprungliehcn Zweek dienendes<br />

Gebiude ver vIligem Untergnnge su bewahren. Pas wurde erreieht durci chie<br />

techniselic Leistung ersteu Ranges. Trots des groBen tlmfanges dieser Arbeit<br />

.ist sic loeh keino ,,Restaurierung" im ilbien Sinne des Wortes, son<strong>der</strong>a noir eino<br />

reconsolidation, wie die Eranzosen zuwoilen fur ircstaurration ragea. Orittens<br />

lieferu die AusfUhrnngen BOESWILLWALDS chien wiebtigen Beitrag zu <strong>der</strong> Frege:<br />

Wie stand es mit dot Statik <strong>der</strong> Bauwerke 1m Mittelalter? Konute insu z. B.<br />

die Lut chies Turmes theorotiseh berechnon, <strong>und</strong> wuBte man, te viol ein<br />

Pfeiler von bestimmtem Querschnitt <strong>und</strong> nus bestimmtem Stein su tragen vermochte?<br />

Die Gesehiehte <strong>der</strong> Xathedrale von Laon, <strong>der</strong> Einsturz des SÏdturmes<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Sens, die Katastrophe des Clorez dot Kathedrale<br />

von Beauvais geben in. E. emne deutiichere Antwort ais die von UmAX<br />

(8.220) herangezogenen Quellon, die so lange 01mo Wert bleiben, bis es wenigstens<br />

gelingt, ale verstlindhch su uibersetzen. Wu ist noter onus <strong>und</strong> pondus<br />

<strong>der</strong> Oewblbe sa verstehcn? llmsmic itbersetzt (S. 221) ,,Gewicht" <strong>und</strong> Last".<br />

Ist etwa 1)ruek <strong>und</strong> Seinb gemeint? DaB ein Gewilibe Druck <strong>und</strong> Schub nusflite,<br />

wuBto insu natiiriioli; datura gab malt ibm ja Pfeiler <strong>und</strong> Widoxlager.<br />

Aber don gUnstigaten Angriffspunkt fur du Wi<strong>der</strong>lager ermittelte man erst nach<br />

ingercr Praxis. Zut Zeit, ais man die Kathedrale von Laon entwarf, war et<br />

noch nielit bekannt. Vgl. demi vorletzten Abschnitt <strong>der</strong> oben zitierten AilshrUngen<br />

BOEESWTLLWÀLDS.


- 26 -<br />

and Masse. Es folgen im Hauptgeschol3, wie<strong>der</strong> in brité, durch<br />

Oberwblbung des Raumes zwischen den StrebepfeiJern entstehende<br />

Nisclien eingeschJossen;. die grof3en Lichtbffnungen. Die Rose<br />

wirkt noch beheriichen<strong>der</strong>, noch zentralisieren<strong>der</strong> ais in Paris, <strong>und</strong><br />

indem sie sich mit ihrem Scheitel liber die' Seitenfenster hinaus<br />

erhebt, motiviert sic die Brechung <strong>der</strong> SchluBgalerie in eine hôhere,<br />

mittiere <strong>und</strong> zwei nie<strong>der</strong>e seitliehe Stufen, womit dasselbe, nur un-<br />

gleich vollkommener, erreicii ist, was dem Meister <strong>der</strong> Fassade<br />

(4.. aM'4t.4 ..,<br />

von St. Denis vorgeschwebt batte; rechtzeitige Vorbereitimg auf<br />

das Freiwerden <strong>der</strong> Plume, leicht pyramidales Ansteigen <strong>der</strong> Gruppe<br />

gegen die Mitte, hindeutend auf den steigenden Rhythmus fin<br />

Querschnitt <strong>der</strong> hinter ihr liegenden Schiffsrà.ume." An <strong>der</strong> nôrdlichen<br />

Querschiffsfassade liegen aile drei Abschnitte dieser Galerie<br />

liber dem Rosenseheitel, sie ist aise ais ungebrochene Horizontale<br />

durchgefiihrt. Eine Brechung erschien hierfibeden wagerechten<br />

Glie<strong>der</strong>n unmotiviert; an <strong>der</strong> Westfassade «fferbolt die Galerie<br />

das Auf <strong>und</strong> Ah <strong>der</strong> Vorhallengiebel. Die Fenster des dritten<br />

Turmgeschosses <strong>der</strong> Nordfassade reichen nur bis zur Rôhe des<br />

llochschiffsgesimses, so daf3 zwischen ihnen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Galerie eine<br />

leere FMche blejbt. An <strong>der</strong> SUdfassade vermied man dieses kahie<br />

Mauerstiuck dadurch, dafi man die Galerie mir auf das Mittelstûck<br />

setzte <strong>und</strong> die seibsuindigen Turmgesehosse schon in <strong>der</strong> Hôhe des<br />

Hoehschiffsgesimses beginnen Jiel3. Uni mit den 8114tllrmen<br />

bis zur Hôhe <strong>der</strong> Nordttirme hinaufzukommen, inul3te man -<br />

ihren Anfbau an<strong>der</strong>s gestalten <strong>und</strong> schob deshaib unter ihr letztes<br />

Hauptgeschoi3 ein ZwischengesclioB. Ber Meister <strong>der</strong> Westfassade<br />

fand die volikommenste Lôsung. Er licE zur Ausgleichung <strong>der</strong><br />

}Iôhendifferenz zwischen Rosensc]jejtel <strong>und</strong> Turmfensterscheitel die<br />

horizontale Galerie auf- <strong>und</strong> absteigen <strong>und</strong> erzielte damit die bereits<br />

gesehil<strong>der</strong>ten Wirkungen. Zugleich - gewann er dadurch einen guten<br />

Anschluj3 <strong>der</strong> Plume an dus Hochsehjf. Da die Galerie an den<br />

Ptirmen tiefer liegt ais ain Mittelstluck, ist <strong>der</strong> Hôhenunterschied<br />

zwischen dem Hochschiff <strong>und</strong> dem dritten Trm.mgeschoB nur unbedeutend,<br />

<strong>und</strong> dieser geringe Hahenunterschied erzeugt hier eine<br />

gewisse Lebendigkeit, er jetoxit das Anfwitrtsstreben <strong>der</strong> Piirme.<br />

Pas Hochschiffsgesims k%tît aise gewissermal3en auf zwei Stufen<br />

zuin Rosenschejtel empor: vom Hochschiff zum dritten Turmgeschol3,<br />

von hier zut groBen Rose. Au! diese Weisc wird ein vorztigilcher<br />

AnschluB <strong>der</strong> Tiirme <strong>und</strong> <strong>der</strong> ganzen Fassade an das Langhaus<br />

— trotz einer Difterenz von ca. 21/2 in dem Hochschiffsgesimse<br />

<strong>und</strong> dem Rosenseheitel - <strong>und</strong> eine starke rhythmische<br />

u<br />

4


- 27 -<br />

Bewegung erzielt. ,,Mag die Parer1 sade in <strong>der</strong> Sehônheit <strong>der</strong><br />

geometrischen Proportionen ui1egen sein, die von Laon ist organiseher;<br />

sic ist aueh, durch die stârkere Brechung dci' Masse;<br />

spezifiseher gotisch. Von <strong>der</strong> wohltemperierten Elegauz dci' lilassischen<br />

Gotik wei3 sie aber noch nichts; <strong>der</strong> sic erdaehte, war,<br />

wenn man will, ein noch mit einem Restchen von Barbarentum<br />

behaftetcs Genie, aber ein Genie gauz <strong>und</strong> gar, voli Urspriinglichkeit<br />

<strong>und</strong> freudiger Ktilmheit, sicher cin besserer Interpret <strong>der</strong> vita<br />

t activa ais <strong>der</strong> vita contemplativa".')<br />

t yir sind am Ende <strong>der</strong> friihgotischen Zeit angelangt. In ihrer<br />

'lusftihrung gehiiren die Fassaden von Senlis, Paris, Mantes <strong>und</strong> die<br />

Westfassade von Laon schon in die Zeit <strong>der</strong> Rochgotïk. Fasse» wir kurz<br />

zusammen, was die bedeutendsten Meister <strong>der</strong> Frhhzeit zur Fbç<strong>der</strong>ung<br />

des Problems geleistet haben. In Mantes war dci' beste A'ch1uB <strong>der</strong><br />

Turme an dus Langhaus im Gr<strong>und</strong>ri 13 erreicht worden. Die Turmbasis<br />

bat die Grôl3e eines Seitenscliiffsjoches. Zjur Verbesserung <strong>der</strong> Proportionen<br />

batte sich dsNeister <strong>der</strong> V'(tÎîMf<strong>der</strong> Strebepfeiier ni<br />

bedient. In Laon pat sich dci' AnfriB dci' Fassaden am voil-<br />

I kommensten dem Anfbau dci' Schiffe an, ja, schon <strong>der</strong> erste Meister.<br />

( <strong>der</strong> Kathedrale batte beim Entwurf des Mittelschiffsquerschnittes<br />

lin Quer- <strong>und</strong> Langhause auf de» Anschlul3 <strong>der</strong> Fassaden Rileksicht<br />

genominen. Per Meister dci' Westfassade erfand in dcii Vorhalle»<br />

ein Mittel, das das GrôBenverhaltnis <strong>der</strong> drei Portale zueinan<strong>der</strong><br />

unabMLngig von den Proportionen <strong>der</strong> Horizontal- <strong>und</strong><br />

Vertikalabschnitte <strong>der</strong> Passade zu gestalten ennbglicht. Die Panser<br />

Westfassade bot mit ihren beiden stark betonten Gaierien ciii Beispiel,<br />

wie man auch bei dem ungiinstigsten Grô2enverMltnis <strong>der</strong><br />

Tirme zum Mitte1stek durch Überhbhung des Mittelstiicks <strong>und</strong><br />

durch Zusammenfassen <strong>der</strong> drei senkrechten Fassadenabschnitte<br />

mittels honizontaler Bân<strong>der</strong> das Gieichgewicht wie<strong>der</strong>hcrstellen<br />

konnte. Nicht erreicht halte mat, ohiie die in dus erste Seitenschiffsjoch<br />

einschneidenden Verstrebungen y <strong>und</strong> ohne Verstarkung<br />

<strong>der</strong> Turmfreipfeiler auszukommen. Per <strong>Hochgotik</strong> blieb also vor<br />

) ailem ein technisches Problem zu Ibsen.<br />

Die Fassaden <strong>der</strong> hochgotischen Kirchen.<br />

Die <strong>Hochgotik</strong> beginnt mit dem Neuban <strong>der</strong> Kathedrale von<br />

Chartres lin Jahre 1194. Die Begriffe FrUh- '<strong>und</strong> Hoeltgotik wer-<br />

')D. & s'. B. 11 S. 99.<br />

U<br />

t


- 28 -<br />

den allerdings meist ganz wiilkiirlich gebranelit. Deutsche Ardutekten<br />

<strong>und</strong> Kunsthistoriker nennen Bauten des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

hochgotiseh <strong>und</strong> aile fruheren in Frankreich <strong>und</strong> Deutschland frûhgotisch,<br />

selbst <strong>der</strong> Chor des KÔlner Bornes wird zuweilen zur Friiligotik<br />

gerechnet. Pemgegeniiber luit Dirnio nachgewiesen, daB die<br />

Zeit, die die Franzosen ais 4ie. 6,,Epoche <strong>der</strong> grol3en Kathedraleii"<br />

bezeichnen, die Zeit <strong>der</strong> '1e?fe, die kiassisclie Epoche ist.') Pas,<br />

was man hâuflg Hoehgotik nennt, bildet iii Wahrheit scion die<br />

erste Phase <strong>der</strong> Sptgotik, den ,,doktriniren Stil". 2) Von den volistiindig<br />

zur Ausfflhrung gelaiigten ,,grol3en Kathedralen" zeigt die<br />

von Amiens ohne Zweifei den gotischen Stil in semer Relie. 51e..<br />

ist das Monument, ,,dans lequel cet art a manifesté la plénitude de<br />

son système et de ses ressources, où il s'est le plus rapproché de son<br />

idéal, où les <strong>der</strong>nières solutions décisives ont été trcntvées, celui, où<br />

finit le progrès et après lequel commence l'exagération et la décadence.")<br />

Steht nun die Kathedrale von Chartres <strong>der</strong> von Amiens<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> von Laon nher? Betrachtet man das Detail, so wird<br />

man sagen mUssen: <strong>der</strong> von Laon. Stelit man aber das rein Architektonische<br />

in den Vor<strong>der</strong>grnnd, 50 ist nicht zu bestreiten, daB mit<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Chartres etwas Noues beginnt, daB <strong>der</strong> Fortschritt<br />

von Laon bis Chartres viel grt5lier ist ais von Chartres<br />

liber Reims bis Amiens.<br />

,,Auf die Erfahrungen zweier unerh6rt regsamer Menschenalter<br />

fuBend, war man jetzt des nenen Konstruktionssystems vôilig<br />

Meister; zu je<strong>der</strong> Raumgestaltung, so wie <strong>der</strong> Geist sie for<strong>der</strong>te,<br />

flihite man sich fahig; ebenso war die Formensprache, dnrch<br />

manche Metamorphosen hindurch, mit dem neucu Inhait endlich in<br />

Obereinstimmung gebracht, ein fluissiges ausdrucksvolles, rninmehr<br />

llberall auch von den Laien verstandenes Idiom. Wie hâte da<br />

dus Verlangen ausbieiben kônnen, mit dem als grenzenlospftmdenen<br />

Kônnen frei sich auszuwirken? Durch nichts, iMMt, du<br />

ganz Grof3e <strong>und</strong> gleichmkliig Vollkommee zu4êr'beff? «4) Mit<br />

imlichen Empfindungen geht wohl <strong>der</strong> Meister von Chartres ans<br />

Werk. Er unterzieht gewissermaf3en ailes bisher Erreichte einer<br />

scharfen Kntik <strong>und</strong> wirft mit vollstem Bewuutsein fur die<br />

Tragweite semer Neuerungen ailes, was nur noch ans Tradition<br />

') D. & y. B. II S. 106 f. <strong>und</strong> 125 f.<br />

2) D. & t B. II 8.179f.<br />

3) GEonoas DuRAND, Monographie de l'église Notre-Darne cathédrale d'Amiens.<br />

Amiens <strong>und</strong> Paris 1901, 1. Textband, S. II.<br />

4) D. & y . B. II S. 106 f.


- 29 -<br />

mitgeschleppt worden ist <strong>und</strong> demi Stande <strong>der</strong>. Eutwickluug, beson<strong>der</strong>s<br />

auf konstraktivem Gebiete, nieht mehr entspricht, ritcksichtsios<br />

beiseite, er bildet mit grol3em Geschick die entwicklungsffthigen<br />

Elemente ans <strong>der</strong> vorangehenden Epoche welter<br />

<strong>und</strong> nimmt die Verbesserurig ailes dessen, was an den friiheren<br />

Bauten die âsthetisrhe Kritik ht1<strong>der</strong>t, mit gliickiieher Rand<br />

in Angriif. Die Emporen wurden, da sic ans konstruktiven Grün-<br />

(leu , nicht mehr erfor<strong>der</strong>lich sind'), ausgeschaltet <strong>und</strong> die sechsteiligen<br />

Gewôlbe, die dem voin Romanismus ererbten geb<strong>und</strong>enen<br />

System" zuliebe 2) beibehalten worden waren, werden anfgegeben.<br />

In Chartres ist da.s nene System 1m Prinzip fertig, es erl.eidet<br />

cine wesentliche An<strong>der</strong>ung erst mit <strong>der</strong> Durchbrechung <strong>der</strong> Auflenmauer<br />

des Triforiums." 3) Per Auflenbau, <strong>der</strong> bisher zu kurz<br />

gekommen war, erMhrt in allen Teilen eine erbebliche Fôrde-<br />

1) Die Emporen hatten in gotiseher Zeit nui embu konstruktiven Zweck.<br />

Sic wnrden sofort aufgegeben, as dot ituBere Strcbenpparat sa weit ausgcbildet<br />

war, daB or die Pnnktion <strong>der</strong> Emporon libornehmdn konute. Bt.ten sic ciner<br />

groflen Zahi von Mensohen Platz gewithren sollen, sa Nitte man z. B. lu Reims<br />

niclit auf sic verzichtet, trotz des Vorbildes von Chartros. Deun gerade die<br />

Krônungskathedrale <strong>der</strong> frauz6sischen Knige muBte dock cisc grolle Mcnschcnmenge<br />

aufnehmeu kunen. Alierdings gab es schon vor Chartres gotisehe Kirchen<br />

ohno Einporcn, wie die X.athedrale von Sens <strong>und</strong> St. Yved in Braisue.<br />

Aber disse Kirchen zeigen cin an<strong>der</strong>es Raumgefiihi. Iii NordfTankreich dagegen<br />

lautete loi groBen Bouton du Problem: Wie lassen sieh Steingewulbe mit<br />

Hoehrânmigkeit verbinden?" (D. & y . B. n S. 408.)<br />

2) Sic hatten nur nocE eiuen Sinn in Verbindung mit Stûtzenweohsel<br />

(St. Denis (fl, Senlis, Noyon, liantes); hier wie<strong>der</strong>bolt <strong>der</strong> Rhythmus <strong>der</strong> Decke<br />

den Rhythmus <strong>der</strong> Sttitzen. Bine nrnsnterbrochene Folge von R<strong>und</strong>pfcilern muBte<br />

sehr baId zut einfachen Travec mit obongcm Kreuzgewdlbe fluliren; die Belbehaltung<br />

<strong>der</strong> sechsteiligen Gew&be (Laon, Paris, Bourges) ist ciao Jnkousequcnz,<br />

die riur ans <strong>der</strong> OcwWinung an diese GewMbeform su erklnren ist.<br />

) y . BnZOLD, S. 188. Bas Verdienst, die Bedeutung des Meisters <strong>der</strong> Kathedraie<br />

von Chartres zuerst. erkaunt 'u haben, gebiihrt dom Architckten I'isaz<br />

MERTENs. Vgi. seine kufsiitze Paris baugeschieht1ieh im Mittelalter" 1m 8. <strong>und</strong><br />

12. Jahrgange <strong>der</strong> von Lwju Fnsrxa herausgegebenen Ailgemeinon Bauzeitung<br />

(Wien 1843 sud 1847), beson<strong>der</strong>s S. 76f. ira Jahrgang. Lei<strong>der</strong> sorgte <strong>der</strong><br />

'Chauvinismes hiiben wie drUben dafiir, daB MERTENS mit semeR Forsehungen<br />

weuig Ancrkennung fond. In Frankreich Bah rnaLn eicht gein, daB ein Dentscier<br />

n sa wichtigen Ergebaissen in dci Erfors1ung <strong>der</strong> franzUsischen Kunst<br />

gekommen wa; <strong>und</strong> in Deutschland halte man an dom Nachwcis, daB die ,,altdeutsche"<br />

Karst in Frankrciph enYn mL, keine Fronde. Nacidem MBRTENS<br />

1897 verbittert <strong>und</strong> 1m Elend gostorben war, kat neucrd.ings die KinigIiehe<br />

Akademie des Bauwesens in Berlin HASAX mit <strong>der</strong> Herausgabe <strong>der</strong> ,,Zeittafeln<br />

<strong>der</strong> Deukm1er mitteiniterlicher Bauknnst von FRANZ MSnTBNS" beauftragt. Sic<br />

tnd 1910 in Berlin erschienen.


u<br />

— 30 —<br />

F rang. So wird das Strebesystem, in frïihgotiseher Zeit eine robe<br />

Hhfskonstruktion, hier zu einer Kunstform'); <strong>der</strong> Chor mit Unigang<br />

<strong>und</strong> Kapellenkranz, dessen Wirkung die Friihgoti) im Unterschiede<br />

volaromaDisehen Stil Wcstfrankreichs ig'lÎthir die<br />

Innenansicht fruchtbar gemacht bat, ist iii<strong>der</strong> Auflenansicht <strong>der</strong><br />

sehônste aller gotisehen Ohôre 2). Die L 'sunrdes Fassaden- <strong>und</strong><br />

Purmproblems ist im Gr<strong>und</strong>rifl <strong>und</strong> Aufrif3 die konsequenteste, die<br />

skh iiberhaupt denken 11U3t, ami bleibt f tir die ntiehsten hochgotisehen<br />

Bauten maf3gebend, wenn sie auch von keinem in <strong>der</strong><br />

Konsequenz erreicht wird'). Dié unteren Turmgeschosse bilden je<br />

cm Seitenschiffsjoch, das sich dnrch nichts von dcii an<strong>der</strong>en untersc1ieidet):<br />

Die Turmfreipfeiler sind nicht starker ais, die tibrigen<br />

Sehifspfeiier, so daB das System von je<strong>der</strong> Dissonanz freibleibt.<br />

Sclbst die Strcbepfeiler o sind nicht stitrker <strong>und</strong> laden nicht<br />

weiter ails ais die Strebepfciier des Langhauses, ja, <strong>der</strong>en<br />

auflergewblrnliche Stitrkc erklitrt sich daraus, daB <strong>der</strong> Meister<br />

auch im Aul3enbau eine absohite G1'eichheit aller Strebepfciler erstrebte.<br />

Dies batte weitèr zur Folge, daB die Seitenschiffe des<br />

Lang- <strong>und</strong> Querhauses bu Gegensatze zu denen des Ohores nur<br />

einfaehe, sehmale Fenster erhalten konnten '). Die Turmverstrebungen<br />

j.t fehien flnzlich, sodaB kein Hoehschifsfenster verdeckt wird.<br />

fDie Strebepfei.Ier y sind mir in i{ochschiffsh'Ôhe vorhanden <strong>und</strong><br />

Jladen (ebeuso wie die Strebepfeiler in, n <strong>und</strong> o 1m 2. Gescho3) so wenig<br />

ails, daB sic nicht liber die Seitenschiffsfenster zu stehen koinmen<br />

Da keiner <strong>der</strong> Tiirme zur Ausflthrung gelangt ist, kannen wir uns<br />

keine Vorstellung von <strong>der</strong> Last <strong>der</strong> oberen Turmgeschosse machen.<br />

Es ist 'also nicht môglich, die Mehrbelastung <strong>der</strong> Turmfreipfeiler<br />

D. & v. B. II S. 145 f.<br />

2) D. & y. B. II S. 119f.<br />

3) Auch in <strong>der</strong> Fassadengestaltung crwcist sich also die Xathedrale von<br />

Chartres ais die ,,hocbgotische Mutterkathedrale" (D. & y . B. II S. 124).<br />

') Monographie de la cathédrale de Chartres, publiée par les soins du<br />

ministre de l'instruction publique Paris 1867 (bearbeitet Voil DIDILON, LAssus et<br />

Duvsi), Taf. 1 (die ersten Tafein sind faiseb paginiert).<br />

3) Der f'iinfschuffige Chor verlangt freilich ein leicliteres Strebesystem.<br />

Denn die Strebepfeilcr, die auf dcii Freipfeilern zwischea dem uu6eren <strong>und</strong><br />

inneren Seitenscliifi stchen, diirfen nicht ztj sohwer sein. Ein go kolossales Strebesystem,<br />

wie du des Lang- <strong>und</strong> Querhauscs wlîrde auch in <strong>der</strong> Verdoppelimg<br />

MBlieh wirken, zunial da die tiu8eren Strebepfeiler sich nieht bis zu dcrselben<br />

ll6he wie an ciner dreisohiffigen Sillage entwickeln hi5nnen. Ans demselben<br />

Gronde genilgt freiheh chie geringere Stitrke; denn die inneren Strebepfeiler<br />

finden ein Wi<strong>der</strong>lager in dcii iuuflereu Stxobebigen, <strong>und</strong> disse wirken am an<strong>der</strong>en<br />

Ende auf diien kiirzeren Hebelarm ais die Strebebgen an Lang- urnl Querhanse.


- 31 -<br />

1m Vergleich zu den an<strong>der</strong>en Schifspfeilern <strong>und</strong> die Strke<br />

des Seitensehubes, den die Tiirme im Hochschiff auf den<br />

ersten Gurtbogen <strong>und</strong> die Sehi1dbgen des zweiten Joches ausliben,<br />

zu berechnen. Wir wissen auch nicht, oh die Berechnungen<br />

des Meisters von Chartres richtig waren o<strong>der</strong> ob die Âusfilhrung<br />

seines Entwurfes âhnliche Unglllcksfitlle wie in Laon zur Folge<br />

gehabt hutte. Jedenfalis mflssen wir annehmen, daB er das Gewicht<br />

<strong>der</strong> Tuirme auf das kui3erste Minimum beschrunkt hatte. Wir<br />

werden nicht fehigehen, wenn wir sic uns den Querschiffstiirmen<br />

<strong>der</strong> Reimser Kathedrale fthnlich deuken. Diese existieren zwar<br />

auch nicht mehr - sic siS 1m Jahre 1481 einer Feuersbrunst<br />

zum Opfer gefallen -, aber die am westlichen Turm <strong>der</strong> Siidqûerschiffsfassade<br />

noch vorhandenen AnsuLtze lassen erkennen, daB es<br />

sicli tin cite au0erordentlich - leichte Konstruktion, wie man sic<br />

heute in Eisen o<strong>der</strong> Stahi ausfiihren wiirde, gehandeit bat. Soweit<br />

die technisehe Seite des Fassaden- <strong>und</strong> Turmproblems.<br />

Über dcii urspriinglich geplanten Aufbau <strong>der</strong> Fassaden etwas<br />

sagen ni wolien, erscheint auf den ersten Blick unmôglich. Denn<br />

keune <strong>der</strong> drei Fassaden existiert so, wie sic <strong>der</strong> erste Meister geplant<br />

bat. Die Querschiffsfassaden sind spItter umgebaut worden,<br />

die Westfassade ist iiberhaupt nicht zur Ausftihnrng gekommen;<br />

mat bat sich schliefilich daniit begniigt, die alten Westtiirme, se<br />

gut es gung, in den Neubau hineinzuziehen <strong>und</strong> das Mittelstiick un<br />

die grol3c Rose zu erh6hen'). Protzdem ist es môglich, den Auf-<br />

1) Die drei westlichen Joche des Langhauscs haben cine geringere Bruits<br />

ais die tibrigen, ein Zeichen, daB mail sich erst ira letzten Augenblick sur Belbehaltung<br />

<strong>der</strong> alten Westfassade entscbloB. De y Aehsenabstand ist nicht in<br />

jedem <strong>der</strong> drel Joehc <strong>der</strong> gleiche, son<strong>der</strong>a er nimint von Oct nacli West ab, wobi<br />

mit }tflcksieht auf die Resen de y Hochschiffsfenster. WAren diese in den drci<br />

wcstlichcn Jechen gieich, sa whrde die Tangente, die mail beim Betrachten dey<br />

Rochschiffewand unwillkiirlich von Fnpunkt zu FuOpunkt <strong>der</strong> einzelnen Rosen<br />

zieht, einen pliitzliehen Knick nacli oben machen, wâhrend aie sa — bei ailmh1icber<br />

Verringerung des Achsenabstandes <strong>und</strong> des Rosendnrehmesscrs - in<br />

aine leicht gekrlimmte, nach den aufstrebenden Tiirmen ansteigende Kurve über.<br />

geht. DaB de y ente Meister <strong>der</strong> hochgotischen Kathedrale mit dem Âbbrneh<br />

<strong>der</strong>alten Tlirme rechnete, ist - Über jeden Zweifel erhaben. Er butte sich, te<br />

wir sehen werden, die volikommenste Llsung des <strong>Fassadenproblem</strong>s fUr die Westsuite<br />

aufgespart. Es ist anch vôllig <strong>und</strong>enkbar, daB sin Meister, de y wie or<br />

suif die vollendete Harmonie aller Teile seines gewaltigen Werkes ausging, sich<br />

mit einer Passade hittte begnugen sollen, die we<strong>der</strong> ira AufriB noch fin Gr<strong>und</strong>riB<br />

zu den Abmessungen des in alleu Einzeilrieiten f cia berechneten Neubaus<br />

paBt <strong>und</strong>, fUr Mcli betraehtet, cprésente va défaut d'harmonie ' (LEFÈVRE-PÔNnus).<br />

Man hutte sich Bicher entsehlossen, die mïchtigen, noch nicht cia .Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

alten TUrme abzubrechen, te man es sptiter in Reims getan bat, wenn


- 32 -<br />

riL3 <strong>der</strong> drei Fassaden zu rekonstruieren. Da <strong>der</strong> Meister die<br />

Tanne im (r<strong>und</strong>ril3 <strong>und</strong> Aufrif3 don Sehiffen genan a.ngepaf3t hat,<br />

se liegt die Annahme nahe, daB nach seinem Entwurfe auoh <strong>der</strong><br />

Aufbau <strong>der</strong> Fassadeumitteistiicke dem <strong>der</strong> Mittelschiffe genau entsprechen<br />

soute. Beson<strong>der</strong>s f dr die Iiinenwirkung war ja ein harmoniseher<br />

AnschluB <strong>der</strong> Fassadenwand an das System <strong>der</strong> Sehiffe<br />

von gr13ter Bedeutung. Wir mtissen uns also das Triforium an<br />

allen drei Fassaden hernmgefuhrt denken. Daim entsprchen die<br />

man nieht durci Geidmangel - die Obergesebosse <strong>der</strong> secha neuen TUrme <strong>und</strong><br />

dot Vierungsturm wnrden itberhaupt nieht in Angriif genommen - <strong>und</strong> dureh<br />

dcii Wunsoh, dan Gebijude môglichst baid vôiiig mater Pach su bringen, sur<br />

Beibehaltung 4cr alten Fassade gentltigt gewesen wre. Zut Geschichto <strong>der</strong><br />

Westfassade vgi. E. JJEPÊVRE-PONTALIS, Les façades successives de la cathédrale de<br />

Chartres au XI- et au XII- siècle, im Congrès arcli. 1900, 67° session, 5.256-307<br />

<strong>und</strong> Les fondations des façades de la cathédrale de Chartres in EuH, mon.<br />

1901, t. LXV, S. 263-258. Nach dciii Brande von 1184, jedenlails ver 1160, se<br />

fiihrt LEFÈVEE-PONTALI5 ans, waren die drei Portale samt den Fenstern liber<br />

ihuen çoltendct. Aber aie standen ëstlich <strong>der</strong> Ostwand <strong>der</strong> Turne <strong>und</strong> bildeten<br />

die Fassade eiDer Vorhalle mit darùber liegen<strong>der</strong> Empore. Dan Bet <strong>der</strong><br />

F<strong>und</strong>amentmauer gab den trtdie Fassade abzubrechen <strong>und</strong> aie in <strong>der</strong> Flucht<br />

<strong>der</strong>W'estwnnd <strong>der</strong> TUrne wiedcr aufzubauen, wobei es nicht choc cinige Gowaits&itÊèten<br />

<strong>und</strong> die Erneucrung <strong>der</strong> bcschkdigten Stiieke abgung. LurÈviix-<br />

PONTaIS ftihrt S. 291-802 verschiedene Griinde dafur an, dail diese Versetzung<br />

<strong>der</strong> Fassde noci vor 1194 vorgenominen sein muB. Dabei tint or eunen nioht<br />

•a '-qrr.»,4- .. ..<br />

unwiebngen uberselie,ji. .Uber den beidea scitlichen Fenstorn haben sich namlich<br />

die Reste des EsttistZVii Al erhalten, dey frliher den Giebel dot Fassadô<br />

trng. Sein Scheitel bat <strong>der</strong> grofien Rose Plats machen inlissen. Bâtte man die<br />

Fassade oraL su <strong>der</strong> Zeit I%t, ais scion <strong>der</strong> Querschnitt <strong>der</strong> no-ion KathedraIe<br />

<strong>und</strong> dementaprechend die Erhhung <strong>der</strong> alten Passade 11m ein Itosenfenster<br />

festgclegt wu, 80 hiLtte mail nicht chien Entlastungsbogen wie<strong>der</strong> su banen<br />

begonnen, von dom man wuSte, dafl mail ibn nicit wurde sehuieBen k6nnen. Ja,<br />

man hUtte des ganse aweite Geschoâ nicht in semer ursprUnghchen Hôhe wie<strong>der</strong><br />

aufgebaut. Denn fUr die Rose bheb kaum nocli Plats. Ihr Scheitel liegt bedentend<br />

hUher ah; <strong>der</strong> Rochsehilîsgewdlbe, Vom Chorliaupte ans ist oie<br />

gerade noch vo1ftiLndig su sehen, hein Blick ans <strong>der</strong> Ustlichen Chorkapelle<br />

treten schon Ûberschnedungon durch die Gurtbiigcn des Hochnehiifs ein. Pas<br />

hUtte sich ïÇm vmin lnssenLwenn , un;,beim Wie<strong>der</strong>aufbauen <strong>der</strong> Fassade<br />

un sweiten Gesehofl einige rsén&en weggelassen hUtte. I)ann wfirde<br />

anci <strong>der</strong> Xnick in <strong>der</strong> Mittelachse, dot dadurch entateht, daB die Achac dot<br />

Denon Kat.hedrale mit <strong>der</strong> dot alten niche genou zusammenfUlit, nicht so in die<br />

Augen springen, weil dann nietit dan Absch1ugesims des zweiten Genohosses sugleieh<br />

don Scheitelpunkt des mittieron Pensters <strong>und</strong> den Fm3punkt dot ans dot<br />

Âchse geschobenen Rose tangieren wlirde. Nimmt nias aIse mit LEFÈVItE-PON-<br />

TALIS eine Versetznng <strong>der</strong>Pcrtalo saint don Fonstena vor 1194 an, 50 werden<br />

damit die yoaPnmo (D. & y. B. Il S. 96) gegen die Versetzung don Portale orhobenen<br />

Eihwki4e Mnraiiig. - 1507-1512 hante Jnx DE BEAUCE don nrdlichen<br />

Turin ans; j


- 33 -<br />

Port.algeschosse den Seitensehifen, das mittiere Oued wtire an defi


L<br />

- 34 -<br />

ieren wir uns abS die nicht zur Ausfiihrung gelangte Westfassade,<br />

80 ergibt sich folgendes: Da dits Mittelsehiif des Langhauses<br />

ca; 22/ m breiter ist ais das des Querhaases (Achsenabstand ca. m<br />

<strong>und</strong> i32/ m), so witchst auch <strong>der</strong> Rosendurchmesser um m.<br />

Die Hôhenlage <strong>der</strong> sildiichen <strong>und</strong> <strong>der</strong> &irdlichen Rose differiert<br />

erkwUrdigerweise um M. Je nachdcm wir die Scheiteihôhe<br />

<strong>der</strong> sadiichen o<strong>der</strong> nôrdJ.ichen Rose ais ma3gebend annehmen, f11t<br />

<strong>der</strong> Fuøpunkt <strong>der</strong> wèstlichen etwas miter o<strong>der</strong> liber die Oberkante<br />

<strong>der</strong> Sohibankschrâ.ge <strong>der</strong> Hôchschiffsfenster, jedenfails aber noch<br />

über die Oberkante des Triforiums, d. h. also: an <strong>der</strong> Westfassade<br />

wlirde sich <strong>der</strong> Aufbau des Mitteistilekes dem<br />

System des Schiffes genau ah'ien'). Uber den Gr<strong>und</strong>,<br />

weshalb diese giinstigste Lisung f tir die Westfassade aufgespart<br />

bleiben soute, kônnen wir mir Vermutungen aufstellen. Es ist ja<br />

hôehst auffJ1ig, daB das Querhaus, das wie das Langhaus dreischiffig<br />

gestaltet ist, in ailen drei Sehiffen bedeutend schmaler ist,<br />

zmnal da hierdureh f tir den Vïenmgsturm, <strong>der</strong> zweifeilos geplant<br />

war, dii reehteckiger Gr<strong>und</strong>ril3 bedingt wird. Per Grand kann<br />

cia zwiefacher gewesen sein. Da sich die drei Fassaden 1m Gr<strong>und</strong>riB<br />

wie im Aufrifi den Schiffen genau anpassen soilten, so Iilttten<br />

sich bei gleichen Lang- <strong>und</strong> Querhausmaøen drei gleiche<br />

Fassaden <strong>und</strong> sechs gleiche Tikrine ergeben. Iii Laon war es<br />

môglich gewesen, die Gleichfôrmigkeit <strong>der</strong> drei Fassaden durch<br />

Variierung des Purmgr<strong>und</strong>risses zu umgelien; in Chartres war<br />

durch die Seitenschuffsbreite die GrtsBe des Gr<strong>und</strong>riflquadrates <strong>der</strong><br />

Tiirme festgelegt. Man muBte also dessen GrôBe yeitn<strong>der</strong>n, <strong>und</strong><br />

das konnte mir dadurch gesehehen, daB man den Seitenschiffeu<br />

des Langhauses eine an<strong>der</strong>e Breite ais denen des Querhauses gab.<br />

Per Meister von Chartres wolite seine Kathedraie, die lihnlich wie<br />

die von Laon durch ihre Lage die ganze Stadt beherrscht, aut3er<br />

mit einem mitchtigen Vierungsturm mit acht Tiirmen schmticken.<br />

Er batte offenbar• in Laon die Herstelhrng des 'Gleichgewichtes<br />

durcît ein Turnipaar am Ostende des langen Ohores vermifit.<br />

Protz <strong>der</strong> verMltnismâfiig geringen Ltnge deà Chores in Chartres<br />

ordnete er liber dent ôstlichen Joche <strong>der</strong> âuBeren Seitenschiffe des<br />

fiunfschiffigen Langchores ein Paar Tiirme an. Es Mtte sich also<br />

bei chier Ausfiihrung des ursprunglichen Planes folgende Turm-<br />

1) Genau; denu ein Spielraum von 2fs m bat bei cinem Durchmeser von<br />

es. 13 m nichts zu bedeuten. Er koniite durcli don Winkel <strong>und</strong> die Tiefe <strong>der</strong><br />

Rosenlaibung, fUr <strong>der</strong>en Gestaltung ebenfails keino alizu engen Grenzen gezogen<br />

waren, unsehiLdlieh gernncht werden.


- 35 -<br />

gruppierung ergeben: zwei grof3e Tûrme an <strong>der</strong> Westfassade (allerr Cl?JVta$<br />

dings mit sehmiilerer Basis ais die jetzigen), in <strong>der</strong> Mitte die<br />

Gruppe <strong>der</strong> vier schlankeren Querhaustiirme <strong>und</strong> des Vierungsturmes,<br />

am Ubergange zur Chornrndung wie<strong>der</strong>um zwei Tiirme von<br />

etwas kieineren Ma0en ais die <strong>der</strong> Querhausfassaden.<br />

Einen an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong> fur den Unterschied in den Breitenmal3en<br />

des Lang- <strong>und</strong> Querhauses kann man in den versehiedenen<br />

perspektivischen Bedingungen sehen, denen die lnnenansicht <strong>der</strong><br />

West- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Querschiffsfassaden unteriiegt. Warend die Hochschifsfenster<br />

auf den Arkaden des Triforiums, aiso auf semer<br />

Innenwand aufsitzen, sitzen die Fassadenrosen auf <strong>der</strong> Aul3enwand<br />

des Triforiums, da dieses an <strong>der</strong> Fassade nicht mach aul3en vorspringen<br />

kaun. Die Abdeckung des Triforiums springt aiso nach<br />

innen vor <strong>und</strong> schneidet f tir das Auge des untenstehenden Besehaners<br />

eiu Stuck des Obergadens weg, <strong>und</strong> zwar an den Querschiffsfassaden<br />

mehr ais an <strong>der</strong> Westfassade, da <strong>der</strong> Beschauer im<br />

Querbause hôchstens bis zur gegenuiberliegenden Passade zuriicktreten<br />

kanu, flhrend die Wirkung <strong>der</strong> Westfassade f tir don Bhck<br />

vom Chore ans berechnet ist. An den Querhausfassaden <strong>der</strong> nach 1231<br />

erneuerten Abteikirche von St. Denis <strong>und</strong> den uni 1257 umgebauten<br />

Querhausfassaden von Notre-Dame in Paris ist die Perspektive bei<br />

<strong>der</strong> Anordnung <strong>der</strong> Rosen nicht berticksichtigt woyden. Die Oberkante<br />

<strong>der</strong> Aul3enwand des Triforiums biidet hier die Tangente <strong>der</strong><br />

Rose, sodaB ici<strong>der</strong> fur die Innenansicht ein Stiick <strong>der</strong> sonst so<br />

schôn komponierten Rose abgeschnitten wird. DaB dies schon von<br />

den Zeitgenossen ais ein Ùbelstand empf<strong>und</strong>en wurde, wird uns<br />

<strong>der</strong> erste ]#ntwurf zur StraBburger Muinsterfassade zeigen. Bei<br />

<strong>der</strong> B^ÈréËCune <strong>der</strong> Kathedrale von Reims werden wir auf die<br />

Grtinde fr die versehiedene Gestaltung des Lang- <strong>und</strong> Querhauses<br />

zurti ckk o mm en.<br />

Wenu <strong>der</strong> Meister von Chartres, wie es uns wahrscheiniich<br />

ist, schou beim Entwurfe des Gr<strong>und</strong>risses dei Kathedrale auf<br />

die Fassadengestaltung Riicksieht genommen bat, so M es fur den<br />

Auf ri B von vornherein viel wahrscheinlicher. Schon <strong>der</strong> erste<br />

Meister von Laon hatte es ja getan. Dehio bat in seinen ,,Untersuchungen<br />

liber das gleichseitige Dreieck ais Nom gotiseher Bauproportionen"<br />

nachgewiesen, daB die Hauptpunkte des Querschnittes y<br />

<strong>der</strong> hochgotischen Kathedralen durch ein System von gleichseitigen<br />

Dreiecken festgelegt sind. In Chartres betragt die ilôhe <strong>der</strong><br />

MitteischiffsUmpfer 2F, die <strong>der</strong> Seitenschiffskiimpfer 2F'. (Wlichte<br />

Weite des Mittelsehifis, w ihr e HJfte; die daraus gebildeten Drel-<br />

3*


- 36 -<br />

ecke D <strong>und</strong> d; <strong>der</strong>en Perpendickel F <strong>und</strong> p, die analogen Juifsiconstruktionen<br />

dei , Seitensohiffe W, D', P', usw. Dehio, S. 11.)<br />

Dagegen: ,,Der ùinerhalb des Gewolbes liegende Abschnitt steht<br />

we<strong>der</strong>. zu P noeh ni p in einem rationellen VerMltnis." Ber<br />

Gr<strong>und</strong> diirfte darin zu suchen sein, daB <strong>der</strong> Meister mit dem<br />

Hochschiffsgewôlbescheitel nicht liber den Scheitel <strong>der</strong> Fassadenrose<br />

hinausgehen wollte. Aui3erdem muBte ein stark ,,unterspitzer"<br />

Spitzbogen 1) flir die Hochschiffsgurte schon ans dem GruMe gewh1t<br />

werden, damit die an die Fassadenwande anschlie3enden<br />

Gewlbe liber <strong>der</strong> Rose einen haibr<strong>und</strong>en Schildbogen ohne allzu<br />

starke Steizung erhalten konnten.<br />

Fur die Portalanlage waren die Proportionen <strong>der</strong> Fassaden<br />

h&hst ungiinstig. Ein Mittelportal, dits den ganzen Rauin zwischen<br />

dcii mittieren Strebepfeilern t» ausgefiillt hutte, hutte in gar<br />

keinem Verhkltnis ni den Seitenportalen gestanden <strong>und</strong> htte unter<br />

dem Triforium keunen Platz gehabt. Es blieben daher auf beiden<br />

Seiten des Mittelportales schmale Mauerfiuchen stehen. Spater<br />

haif man sicli te in Laon: es wurde ehie dreif ache Vorhalle vor don<br />

Portalen angeordiiet freiich nicht in @erselben, technisch bedenklichen<br />

Weise. Vielmehr kamen die Trennungswnde <strong>der</strong> drei Vorhallen<br />

genau vor die Strebepfeiler t» zu stehen, <strong>und</strong> die Breite <strong>der</strong> Iviittelhalle<br />

wurde durcir die Einschaltung von zwei schmalen Zwischenarkaden<br />

reduziert, die den dahunter liegenden Manerfiuchen eutsprechen<br />

2). Biese Vorhallen sind das einzige Bauglied, das eine<br />

durchgehende Horizontale bildet; aul3er ihnen wirkt nichts dem<br />

entschiedenen Vertikalismus <strong>der</strong> Fassaden, <strong>der</strong> durcir die<br />

ausgefiihrten Tiirme natiirlich noch viel sUrker betont worden<br />

wure, entgegen. Die kleine Galerie über <strong>der</strong> Rose vermelirt mir<br />

dits Gewicht des Mitteistuickes, sic urnklammert aber nicht die<br />

Tuirme <strong>und</strong> ilire Strebepfeiler 3). Die Tiirine sind nichts weiter<br />

1) Zut Unterseheidung <strong>der</strong> Arten des Spitzbogens soulagea wir folgende<br />

Bezeichnung ver: ,normal', wenn <strong>der</strong> Bogen sin gleicliseitiges Drcieck Mmschreibt,<br />

,unterspitz', wenn or niedriger aie ein soiches ist, ,iiberspitz', wenn or hher ist."<br />

(D. & y. B. II S. Si Aura.)<br />

2) E. LM?ÉS-RE-PONTAUS lâlit aie gegen 1240 begonnen sein. Vgl. Les architectes<br />

et la construction des cathédrales de Chartres in don Mémoires de la<br />

société nationale des antiquaires de Franco, 1905, t. LXIV S. 112; auch in Separatabdruck<br />

erschienen. Wir werden allerdings etwaa wciter hinaufgehen mUssen, Un<br />

<strong>der</strong> Stil <strong>der</strong> Sknlpturen in don Vorhallen nicht erlaubt, sic zeitlich alizuwoit von<br />

don Skulptnreu in don Portallaibungen abznriicken. Die Portale aber sind bald<br />

nach 1210 begonnen worden. Vgl. S. 40, Aron. 2.<br />

3) Siche Fig. t


- 37 -<br />

ais die B krônung des ,iinl3ersten Seitenschiffsjoches. Sie ordnen<br />

sich <strong>der</strong> Siwand des Mittelsehiffes unledingt unter.<br />

Gegen die hier vorgetragene Theorie liber die vom ersten<br />

Meister geplante Westfassade <strong>und</strong> ihr Gril3enverhMtnis n dcii<br />

Querhausfassaden kônnte mati dreierlei eunwenden. Erstens, die<br />

Kathedrale sei 1m Westen begonnen worden <strong>und</strong> <strong>der</strong> erste Meister<br />

habe von Anfang an damit gérechnet, die alte Fassa4e beizubehalten.<br />

Zweitens, die geringeren Breitenmafle des Querhauses seien ans <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>benutzung <strong>der</strong> alten Substrnktionen zu erklaren, <strong>und</strong> drittens,<br />

die Seitenschiffsjoche des Langhanses seien nicht quadratisch,<br />

son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Querachse gestreckt, die Parme hatten daher am<br />

Westende des Langhauses niclit wie am Querhause eine quadratisehe,<br />

sonaern eine rechteckige Basis erhalten. Peu ereten Einwand<br />

mufite man wirklich erheben, wenn LEFÈVRE-PONTALIS') mit<br />

<strong>der</strong> Annahine Recht •htttte, daB das Strebewerk des Ohores einen<br />

jiingeren Stil zeige ais dits des Langhauses. Die auf dan Pfeilern<br />

des doppelten Chorumganges stehenden Zwischenstrebepfeiler mit<br />

ihrem kreuzfôrmigen G-r<strong>und</strong>ri8 scheunen in <strong>der</strong> Pat f tir ein spates<br />

Patum zu sprechen. Sic kehren in dieser Gestalt erst am Chore<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Troyes wie<strong>der</strong>. Aber sie waren scion an<br />

einem fruheren Ban vorbanden, <strong>und</strong> zwar an Notre-Dame zu Paris.<br />

Die groflen Strebebôgen, die jetzt den Schub <strong>der</strong> llochschiffsgewôlbe<br />

<strong>der</strong> Panser Kathedrale uninittelbar auf die ttuBeren Strebepfeuler<br />

tibertragen, gehôren erst dem im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t ausgeftihrten 11mbau<br />

des Hochschiffes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Eniporen an. Sie sind an die Stelle<br />

von je zwei kleilleren Strebebiigen getreten, die auf einem Zwischenstrebepfeiler<br />

ruhten, <strong>und</strong> dieser batte bereits einen kreuzfôrmigen<br />

Gr<strong>und</strong>riB, wie die itekonstruktion von VI0LLn-LE-Duc) zeigt. An<br />

<strong>der</strong> Richtigkeit dieser Rekonstruktion ist nicht zu zweifeln; dénn<br />

die Strebepfeiler kônnen gar keinen an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>rifi gehabt haben,<br />

weil sie auf einer krenzfôrmigem Basis stehen, die dureh die von<br />

den grol3en Ernporenfenstern lîbriggelassenen Reste <strong>der</strong> Schildwand<br />

<strong>und</strong> die tuflere <strong>und</strong> innere Wandvorlage gebildet wird.') Infolge<br />

dieser Gestalt <strong>der</strong> Zwischenstrebepfeiler kônnen aucli die urspriinglichen<br />

Strebebôgen scion in Paris niclit breiter gewesen sein ais<br />

am Chore in Chartres. <strong>Das</strong> Strebewerk gibt also keinen Anhaitspunkt<br />

fUr die Datierung des Ohores. - Mehr Berechtigung scheint<br />

1) Les architectes et la construction des cathédrales do Chartres S. 102 <strong>der</strong><br />

Mémoijes de la société . . . 1905.<br />

2) Diot. II S. 289.<br />

2) Monographie de Notre-Daine do Paris, Tuf. 43, 50 <strong>und</strong> 51.


- 38 -<br />

<strong>der</strong> zweite Einwand zu haben, daB sieli die geringere Breite des<br />

Querhauses aus <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>benutzung <strong>der</strong> alten Substruktioneu erkire.1)<br />

Zweifellos haben diese Substruktionen, die im Querhause<br />

schmiiier sind, den AnlaB dazu gegeben, da g Mittelschiff des nenen<br />

Qiierhauses ebenf ails sehmitier anzulegen. Aber sie wren nur <strong>der</strong><br />

willlcommene AnlaB, nicht mehr. Wir miil3ten sonst annehinen,<br />

&t13 auf den Entwnrf <strong>der</strong> niiclisten groBen Kathedrale, <strong>der</strong> Reimser,<br />

zufiillig auch ein friiherer Ban mit schmiilerem Querhausmitteiscliiff<br />

eingewirkt habe, whrend sich zeigen wird, du dort dasselbe Fassadenprobiem<br />

wie in Chartres zu Ibsen war, <strong>und</strong> daB deshaib du;<br />

Mittelschiff des Querhauses schmaler ais dos des Langhauses angeiegt<br />

wurde. Aul3erdem wiïrden die alten Substruktionen nur die<br />

geringere Breite des Mitteiscliifes, nieht aber <strong>der</strong> Seitensehiffe des<br />

Querhauses erkiaren. Denn bei den Seitenschiffswanden kant die<br />

Beibehaltung <strong>der</strong> alten F<strong>und</strong>amente kaum in Betracht; du kostspieligste<br />

war hier die F<strong>und</strong>arnentierung <strong>der</strong> Strebepfeiler, die in<br />

jedem Fail neu auszufiihren war. Und ans <strong>der</strong> geringeren Breite<br />

des Querhausmittelschiffes folgt keineswegs mit Notwendigkeit aueh<br />

eine geringere Breite <strong>der</strong> Seitenschiffe, wie uns ebenf ails die Reimser<br />

Kathedrale zeigen wird. Ja, wir mflssen im Gegenteil die Frage<br />

aufwerfen Warum sind die Seitensehiffe mi Querhause nicht breiter<br />

ais 1m Langhause? Dann Mtte skh doeh eine breitere Basis f (ir<br />

die Querhaustïirme <strong>und</strong> damit ein tïbergewicht <strong>der</strong> um die Vierung<br />

geingerten Turmgruppe Uber die Westtffrme wie in Laon ergeben.<br />

Fine Antwort auf diese Frage erhalten wir bel <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>iegung<br />

des dritten Einwandes, dal3 die neuen Westtflrine wegen <strong>der</strong> oblongen<br />

Gestalt <strong>der</strong> Seitensehifl'sjoche des Langhauses keine quadratisehe<br />

Basis erhalten hiitten. Die Querhaustîirme haben eine quadratisehe<br />

Basis, \flhrend die Seitensehiffsjoehe des Langhauses<br />

oblong sind. Warum? Nach dent Plane des ersten Meisters soilten<br />

die Querhausfassaden sieher nui' ein Mlittelsehiffsportal erhalten, wie<br />

au den vorhergehen(len <strong>und</strong> folgenden groBen Kirchen mit dreischiffigem<br />

Querhause, den Kathedralen von Laon, Amiens <strong>und</strong><br />

Beauvais <strong>und</strong> den Abteikirehen St. Denis bel Paris ami St. Nicaise<br />

in Reims. An <strong>der</strong> Reimser Kathedrale hotte sogar <strong>der</strong> erste Meister<br />

titierhaupt kein Querhausportal vorgesehen. Den EntsehluB, du<br />

Querhaus von Chartres auf je<strong>der</strong> Seite mit drei Portalen anszustatten,<br />

faBte man erst, ais man dcii Plan einer neuen Westfassade<br />

hatte falién lassen. Nelimen wir also an, daB die Que"-<br />

1) Monographie de la cathédrale de Chartres, Taf. 3.


- 39 -<br />

haustffrme ursprhnglieh aach nach <strong>der</strong> Fassadeuseite im ErdgeschoB<br />

ciii Fenster erhaltcn soilten, so wiirden die Strebepfeiier n <strong>und</strong> ni<br />

genau sa weit wie die Strebepfei1ei o ausladen. Ais man sieli danu<br />

211F Aniage <strong>der</strong> Seitenportale entschloB, konnte man ihre Laibungeri<br />

nicht mehr in <strong>der</strong> Mauer unterbringen, son<strong>der</strong>a mu8te sic zwischen<br />

die Strebepfeiler m <strong>und</strong> n verlegen. An <strong>der</strong> vôn uns angenommenen<br />

Westfassade aber hatten die Strebepfeiler ni <strong>und</strong> n ebenso<br />

weit ausiaden kônnen te die Strebepfeiier o, <strong>und</strong> die Portailaibungen<br />

hitten trotzdem Platz gebabt. Denn die westliciistèn<br />

Seitensehiffsjoche httten ja im Westen eine strkere Wand erhaitên<br />

infissen ais im Norden <strong>und</strong> Stiden, wenn die Buis quadratisch<br />

werdcn soute. Wir werden also umgekehrt folgeru ktSnnen: Wdll<br />

die westiichsten Seitenschiffsjoche des Langhauses den Portaiiaibungen<br />

Piatz lassen mu8ten, muf3ten sie <strong>und</strong> damit aile tibrigen<br />

Joche in <strong>der</strong> Nord-Suid-Richtung gestreckt werden; du ist1ichste<br />

Joch des Langhauses bestiirnnt aber die Breite <strong>der</strong> Querliausseitenschiffe,<br />

<strong>und</strong> darum inuøten diese schmMer ais die Seitenschiffe des<br />

Laughauses <strong>und</strong> die Querhaustiirme schlanker ais die Westtiirme<br />

werden. Die Achsenweite <strong>der</strong> drei Joche <strong>der</strong> Querliausarme nimmt<br />

allmhhch nacli dcii Fassaden ab, <strong>und</strong> die Querhaustflrme stehen<br />

daher ebenfalis auf einer quadratischen Basis. Waren die Seitenschiffsportaie<br />

lin urspriingllchen Plane vorgeseben gewesen, sa hatte<br />

nichts niiher geiegen, ais die Jochweite in noch strkerem Grade<br />

abnehmen zu lassen, damit auch die Portallaibungen nocli muerhaib<br />

<strong>der</strong> iiul3ersten loche Mtteu Platz finden kônnen, mn so mehr,<br />

ais auch fUr die mittieren Joche <strong>der</strong> Querhausarme eiiie geringere<br />

Achsenweite erwilnscht gewesen wre, weil dadurch die âufleren<br />

Seitenschiffe des Chares schinâler geworden wiren <strong>und</strong> infolgedessen<br />

besser au den Kapelienkranz angeschiossen hiitten. 1) Die<br />

Richtigkeit unserer Beobachtungen wird aux besten auf die Weise<br />

au prflfen sein, daB wir uns Uberlegen, wie <strong>der</strong> Gesarntentwurf <strong>der</strong><br />

Kathedrale ausgesehen haben wurde, wenn du Querhaus wie in<br />

') 1M <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>ri8 des Chorbauptes durci die alte Krypta gegeben war,<br />

muBte <strong>der</strong> Meister die WiLude <strong>der</strong> Seitensehiffe des Laiigehoren nacli Westen<br />

divergieren lassen, 11m embu Ausehiufi des Langchores an dus Chorbaupt <strong>und</strong><br />

dus Querhaus Uberbaupt mg1ich zu machon. (VgL ais Gegenbeispiel dus Querhaus<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Arnicas, S. 95) Disse Unregelrni%Bigkeit ist nur auf<br />

den Aufnahmeu von LASSUS, OAIIMABAUD <strong>und</strong> RING 211 erkennen. Per Gr<strong>und</strong>riS<br />

in den Cathédrales de Franco <strong>und</strong> bel V. L. D.. Pict. ll 5.312, 1t die Seitenwande<br />

des Langchores parallel inufon. Infolgedessen sind die inittieren Querhausjoehe<br />

zu schmal. RING gibt dan siidliehste loch des Querbauses an breit<br />

wie<strong>der</strong>. .


- 40 -<br />

Laon diekere Tiirme erhalten htte ais das Laiighaus. Die Seitenschiffe<br />

liittten in diàem Falle 1m Querhause breiter ais im banghauÈe<br />

angelegt werden mllssen. Es hâtten sich also ira Langhause<br />

in- dci' Ost -West - Richtung gestreckte Seitenschiffsjoche ergeben,<br />

<strong>und</strong> diese Streckung wre gerade am westlichsten Joche durch<br />

die Portallaibungen noch gesteigert worden, so daB die Westtiirme<br />

cine stark oblonge Basis erhalten httten. Ans dieser Beobaehtnng<br />

folgt, daB <strong>der</strong> Meister von Chartres auf das Ubergewicht <strong>der</strong> un die<br />

Vierung gelagerten Turmgruppe verzichten mul3te. Gleichsam um<br />

diesen nicht zu vermeidenden Fehier zu korrigieren, bot er den<br />

Westtiirmen ein Gegerigewicht in Gestalt <strong>der</strong> beiden Turne am<br />

Beginn des Ohorhauptes. Die Turmpaare im Westeii <strong>und</strong> Osten<br />

soilten die Turmgruppe au <strong>der</strong> Vierung in die Mitte nehmen <strong>und</strong><br />

ihr das Ubergewicht, das 51e durch die Verringerung des Vôlumeiis<br />

<strong>der</strong> Querhaustiirme 'in verlieren drohte, durcli die Betonung <strong>der</strong><br />

zentralen Ste]lung wie<strong>der</strong>geben. Ans diesem Gr<strong>und</strong>e • soute die<br />

1{athedrale von Chartres auBer dem Viertrngsturm acht Tiirme erhalten,<br />

wihrend aile an<strong>der</strong>u vieltiirmigen Kirehen <strong>der</strong> Gotilc nur<br />

auf sechs Fassadentonne angelegt sind.<br />

Es bleibt uns schliel3lich noch flbrig, unsere Hypothese mit<br />

den Daten <strong>der</strong> Baugeschichte in Einklang 'in bringen. 1194 brannte<br />

die karolingische Kathedrale bis auf die Westfassade ab. Spatestens<br />

1224 war <strong>der</strong> Neuban vollendet; denn GUILLAUME LE BRETON<br />

sagt in semer zwischen 1218 <strong>und</strong> 1224 gedichteten .Philippide, daB<br />

die vollstitn dig gewiilbte Kirche gegen Feuersgefahr gesicliert sei.')<br />

Ein ira Jahre 1214 o<strong>der</strong> 1215 gestorbener Kmtmmerer setzte eine<br />

Somme fur einen Pfeiler ans;') also war um diese Zeit <strong>der</strong> Bau<br />

an einem Ende noch niclit über die F<strong>und</strong>amente hinaus gediehen.<br />

Kônig Philipp August spendete 1210 zweihun<strong>der</strong>t Livres <strong>und</strong> spâter<br />

f lir das Nordportal einen jihr1ichen Beitrag. 2) <strong>Das</strong> sind aile uns<br />

1) Les architectes et la construction des cathédrales de Chartres S. 103 f.<br />

<strong>der</strong> Mémoires de la société . . . 1905. In drei Jahrzehnten ist aise <strong>der</strong> gonze<br />

riesige Bau, mit Ausnahme <strong>der</strong> Portaivorballen vollendet worden. Die Schnelligieit<br />

dieser Baufilhrung ist 1m Mittelalter nirgends aucli fur anniihcrnd<br />

erreicht worden.<br />

2) BvvrEsu schrcibt in semer Monographie de la cathédrale de Chartres,<br />

2. Aufi. 1887, Bd. I S. 119 von Fhuipp August: 'En 1210, l'illustre vainqueur de<br />

Bouvines, vint à Chartres, passa avec une humble dévotion sous la sainte Châsse<br />

(devote et humiliter transitum faciens) et offrit deux cents livres (30000 francs)<br />

pour la construction de l'4lis&; ainsi s'exprime une pièce officielle du tempe.<br />

(Anm. 1: Cartulaire de Notre-Dame de Chartres, tome II, pag. 59.) (Je prince<br />

généreux fit d'autres dons dans la suite et fournit, chaque année, la somme né-


- 41 -<br />

bekannten Daten. Fur die Frage, oh <strong>der</strong> Bau im Westen o<strong>der</strong><br />

Osten begonnen worden sei, sind wir daller ledighclr auf des, wa.s<br />

uns das Gebânde selbst sagt, angewiesen. Die StrebesystSite des<br />

Ohores <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schiffe verhalten sich, wie wir gesehen haben, in<br />

dieser Frage neutrai. Die Versehiedenheit zwischen beiden ist fatsiichiicli<br />

nur dureh die Annahme ni erklilren, daB <strong>der</strong> Meister die<br />

Strebepfeiler an den Schiffen mit Riicksicht auf die Turmstrebepfeiler<br />

stitrker bildete ais am Ohore.') Dagegen beweist das Triforium<br />

unwi<strong>der</strong>legiich, daB die Kathedrale das Werk zweier Meister<br />

ist Es ist im Ohore <strong>und</strong> Querhause f iinf-, im Langliause vierteffig.<br />

2) Aber welche Form ist die ltere? Ist etwa das banghaus<br />

das Werk des ersten, das Querhaus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ghor das Werk<br />

des zweiten Meisters? Bas ist unmôglieh; denn keinesfalls kaun<br />

die liathedrale mit dem Langhause begonnen worden sein. Man<br />

htte sonst die Strecke zwisehen <strong>der</strong> alten Westfassade <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Vierung in. sieben gleiche Telle geteilt <strong>und</strong> hfttte nicht mit drei<br />

schmiileren, nicht einmal miter skli gieichen Jochen begonnen<br />

(vgl. S. 31 Anm. 1). O<strong>der</strong> hat etwa <strong>der</strong> erste Meister das Querhaus<br />

mit einem fffnfteiligen Triforium erbaut, <strong>der</strong> zweite das Langhaus<br />

mit einem vierteiligen, <strong>und</strong> vielleicht ein dritter Meister den<br />

Ghor wie<strong>der</strong> mit einem fiinfteiligen? <strong>Das</strong> ist mehr ais unwahrscheinlich;<br />

daher bkibt nur die Reihenfolge Chor, Querhaus, Langhans.<br />

Zn demselben Ergebnis gelangen wir, wenn wir die Entwicklung<br />

des Triforiums betrachten. In <strong>der</strong> frffhgotischen Zeit<br />

war des Triforium in den einzeinen Schulen versehieden behandeit<br />

worden. In St. Denis (p ), Senlis <strong>und</strong> Mantes batte man auf ein<br />

ZwischeiTglied zwischen Empore <strong>und</strong> Obergaden verzichtet, in Paris<br />

cessaire pour te travail annuel du porche septentrional; il /avorisa toujours<br />

cette sainte église de Chartres, dit le Eécrolo9e, il t'entoura d'un amour privilégié<br />

dont il ne cessa de lui donner des marques singulières ,. (Anm. 2: Cartulaire<br />

de Notre-Dame de Cbartres, tome 111, pag. 138.)» Boire 'l'ode Philipp<br />

Angusts (1223) muR also schon n,ehrero Jahre an dem nrdtichen Portai gohaut<br />

worilen sein.<br />

1) Vgl. S. 30 Arne. .5.<br />

2) Per Rorizontaisehnitt auf Toi. 2 <strong>der</strong> Monographie gibt dao Triforium in<br />

adien Teilen des Bans richtig wie<strong>der</strong>. (Pas Joch dstlieh <strong>der</strong> Vicrung bat zwar<br />

auch nie vierteiliges Triforium, aber die liebte Jochweite ist hier wogen 'ter<br />

griiBeren Strke 'ter Vierungspfciler geringer ais 1m tibrigen Jiangchor). Per<br />

Lttngssehnitt dagegen sehematisicrt <strong>und</strong> gibt im Chore nacli Analogie des Langhanses<br />

ein vierteiliges Triforiuin an. Danach ist 'tas von D. & y. B. 11 8. 131,<br />

am Anfang des. klcingedrnckten Absehnittes, aber Chartres Ausgefitbrte zu<br />

korrigieren.


- 42 -<br />

waren Radfenster vor dem Dachrautu <strong>der</strong> - mpore angeordnet worden.<br />

1m dreiteiligen Aufbau <strong>der</strong> Kathedrale von Sens hat das Triforium<br />

fast den Charakter einer Empore. 1m Sùdtransept <strong>der</strong> Kathedrale<br />

von Soissons, in Laon <strong>und</strong> Noyon batte man es ais ein von tien<br />

drei an<strong>der</strong>en Gescliossen vcliig unab1ingiges Horizontalband behandeit.<br />

Die Schule <strong>der</strong> Champagne, St. Remi in Reims, Notre-<br />

Dame in Châlons, Orbais, hotte das Triforiummit den Hochschiffsfenstern<br />

zusammengezogen <strong>und</strong> also ein Mittelding zwischen dem<br />

dreitei]igen Aufbau (Seitensehiffe, Empore, Hochschiff) anti dein vierteiligen<br />

(Seitenscinife, Empore, Triforium, llochschifi) geschaffen.<br />

1m hochgotischen dreiteiligen System erhielt naturgemtW das Triforium<br />

chien stiirkeren Accent ais ii» vierteiligen frilhigotischen.<br />

,,Es war zur Herstelhmg des Dreikianges, zur Vermittlimg zwischen<br />

Erdgeschol3 <strong>und</strong> ObergeschoB formai notwendig. In <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ung<br />

seines Aufrisses hat es einerseits die Giie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Fenster vorzubereiten,<br />

an<strong>der</strong>erseits darf es ein gewisses eigenes Existenzrecht<br />

nicht aufgeben. Die teine Empfinduug f tir diese Doppeinatur ist<br />

ein Kennzeichen <strong>der</strong> klassischen Sehule."') Am stârksten wurde<br />

die Selbstkndigkeit de Triforiums <strong>und</strong> <strong>der</strong> Dreikiang des Aufbaus<br />

in den -drei ersten hochgotischen Kathedralen betont, in Chartres,<br />

Soissons <strong>und</strong> Reims. <strong>Das</strong> Triforium bildet hier ein horizontales<br />

Baud, das ans aneinan<strong>der</strong>gereihten, nicht zu Gruppen zusanimengefaften<br />

Arkaden besteht anti unter tien Seitenschiilsfenstern befindet<br />

sich keine den Dreikiang beeintràehtigende Blendarkatnr.2)<br />

Auf <strong>der</strong> zweiteiï Stufe, in den Kathedralen von Amiens <strong>und</strong> Châlons,<br />

wurden die Arkadeii des Triforiums gruppi&t <strong>und</strong> so zu tien Hochsclnffsfenstern<br />

in Beziehung gesetzt. Schliefilich trat beim Umban<br />

von St. Denis an die Stelle des dreiteiligen Aufbaues ein zweimal-<br />

1) D.&v.B. 118.131.<br />

') Diese Arkatur fehit aucli in don Seitensehiffon <strong>der</strong> Kathedrale von Metz<br />

Aber W. SCHMITz. Dobautneister <strong>und</strong> Konsorvator <strong>der</strong> historisohen Denk-malor<br />

in Lothringeai, trauc offeubar sieh mehr Geschmaok z" a1 dom ersten Meister<br />

<strong>der</strong> Rathedrale taud ,,belebt" daher jetzt die Wand durch kleine Nisohen. Liberhaupt<br />

maO es sich 4a chrwilrdige Geb<strong>und</strong>e seit dem Meistcr Tornow" (vgl.<br />

S. 102) gefallen lasser, daB Eau mit ilim eiiien gauz irnverantwortlichon Mutwilien<br />

treibt. Se bat z. B. <strong>der</strong> Chor an dem nengotiselien Hoohaltar noch niclit<br />

genug ,,Sohmnck", or mue uoch durci Ohorsohranken ,,verschtinert" werdeu, damit<br />

mail ja nicht mûr den herriieben Blick vom tlmgang mg Langliaus genieBen<br />

han,,. (Ici k-ouate im Oktober 1911 nooh don altcn Zustand mit <strong>der</strong> ,,Verbesserung"<br />

vergleichcn: Ziri Rechten hinter dom Hochaltar muete ici mich mit einem<br />

Blick dureh cin huifiggitter begniigen, ZUT Liniçen bot sici meindn Augen noeli<br />

die ganz'e Schuinheit. des Langhauses dur, ungetriibt dureb Reètaitratorenaberwitz.)


- 43 -<br />

zweiteiliger: in dcii Seitensehiffen die Fenster <strong>und</strong> tinter ihncn chie<br />

Blendarkatur, lin Hochschif die Oberfenster uni ciii mit ihncu zuammengezogenes<br />

Triforium mit vergiaster Rtkckwand. In Reims<br />

kûndigt sich schon <strong>der</strong> Ubergaiig von <strong>der</strong> ersteu mir zweiten Stufe<br />

durch die etwas starkere Bildung des mittieren Saulehens des vierteiligen<br />

Triforiums an. 0-ehen wir also die Stufenleiter <strong>der</strong> Entwicklung<br />

riickwi%rts, so ergibt sich folgcn<strong>der</strong> Weg: St. Denis,<br />

Chaloiis, Amiens, Reims, Soissons, Chartres. Iii Reims ist das Triforium<br />

vierteilig mit sUirkercr Mittclsaulc, in Soissons <strong>und</strong> lin<br />

Langhause von Chartres vicrteilig ohne Betonung <strong>der</strong> mittieren<br />

Saule, lin Chor <strong>und</strong> Querhause von Chartres ist es fflnfteilig <strong>und</strong><br />

kontrastiert also auf s stiirkste mit dcii zweiteiigcn llochschiffsfcnstern.')<br />

Pas fhnfteiigc Triforium wird daller auf den ersten<br />

Meister zuruckgehen, <strong>und</strong> wir werdcn deshalb den Char <strong>und</strong> dits<br />

Querhaus ais sein Werk betrachtcn miissen. Dann aber ergibt sieb<br />

folgende Baugeschicltte: <strong>der</strong> crste Mcister bat dcii Chor <strong>und</strong> das<br />

Querhaus mit Ausnahme <strong>der</strong> Fassaden erbaut <strong>und</strong> die vier ôstlichen<br />

Joche des Langhauses, <strong>der</strong>en Achsenweite noch keine Rffcksicht<br />

auf dcii AnschluB an die alte Fassade ninimt, mindestens<br />

f<strong>und</strong>amentiert, viellcicht sogar bis zu den Seitenschiffsgcwôlben ausgefithrt.<br />

Per zweitc bat auf diese Seitenschiffsjoche du vierteiligc<br />

Triforium <strong>und</strong> das Hochschiff gesetzt <strong>und</strong> die drci westhchcn Langhausjoehe<br />

von Gr<strong>und</strong> ans crba.ut; demi die plôtzliche Abnahme <strong>der</strong><br />

Tochweite zeigt, daB man crst von hier ab die Beibehaltung <strong>der</strong><br />

altcn Fassade ins Auge gefa8t bat. Piese drci Joche kônnen erst<br />

nach 1214 odcr 1.215 in Angriif genonimen worden sein, da uni diese<br />

Zeit <strong>der</strong> erwahnte K.ammerer seine Stiftung f (w einen Pfeilcr unachte.<br />

Ungefàhr un dieselbe Zeit o<strong>der</strong> etwas friiher, vielleicht scion wahrend<br />

o<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Ausfilhrung des Hochschiffes in den vier istlichen<br />

Joclien wird <strong>der</strong> zwcite Meister die Querhausportale begonnen<br />

habcn. Ihre altesten Skulpturcn weisen auf die Zeit von<br />

1210 bis 1220, <strong>und</strong> ni ihrem Bau bat Philipp August erst nach<br />

1210 eincii jithnllchcn Bcitrag ansgesctzt. Spâtesteus 1224 war<br />

die Kathedraic su, wie wir sic jetzt sehen, mit Ausnahnie <strong>der</strong> beiden<br />

1) Ein fûnf-, mi Turmjocli siebenteiliges Triforium bat nuit da Langhaus<br />

<strong>der</strong> Nikolausiirche in Blois. das nuit sonst aufliillig mit <strong>der</strong> Kathed.rale von<br />

Chartres tiboreinstimmt. VgI. Mon. hist. III. Taf. 24 <strong>und</strong> 25. In Reims jet dus<br />

Triforium im westlichston Tache des Chores <strong>und</strong> lin stlichsteu. des Langhauses<br />

auch funfteilig. Es jet hier aber durit die grBere Breite dieser Joche motiviert.<br />

Deon in den noch breiteren Turinjoehen - 1m Querhause <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Westfassad.e<br />

- ist es sogar secheteilig <strong>und</strong> bat ciao stittkore Mittelsitule.<br />

u<br />

1


- 44 -<br />

oberen Gesehosse des Nordtnrmes, <strong>der</strong> Vorhailen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Glasgemiilde,<br />

vollendet.<br />

Die Behandlung <strong>der</strong> Kathedrale von Soissons, die <strong>der</strong> von Chartres<br />

zeitlieh folgt, versehieben mir auf einen spateren Abschnitt,<br />

<strong>und</strong> gehen zum nàchsten Ban mit drei zweitlirmigen Fassaden liber,<br />

- - zur Kathedrale von Retins. Ihr Aufril3 <strong>und</strong> G-r<strong>und</strong>ril3 geben dieselben<br />

Fragen auf, die wir in Chartres na lôsen hatten. Jedoeh<br />

.empflehlt es sic)1 hier, znerst die ailgenieine Baugesehiclite') <strong>und</strong><br />

dann du <strong>Fassadenproblem</strong> na behandein.<br />

Die Kathedrale <strong>der</strong> karolingisehen Erzbischbfe EBBO <strong>und</strong><br />

HIIKMAB wurde gegen Ende des 10. Jahrhun<strong>der</strong>ts unter Erzbischof<br />

ADALBERO mn zwei Joche verlangert; 1m Jahre 1152 fiigte Erzbisehof<br />

SnIsoN noch drei Joche <strong>und</strong> zwej Fassadenturme an. Über<br />

die Lage dieser IKathedrale sind wir auf Vermutungen angewiesen.<br />

Weil auf <strong>der</strong> Portalschwelie ihrer Vorgangerin, an <strong>der</strong> Stelle, die<br />

von <strong>der</strong> D'avec V (s. Fig. 9)2) <strong>der</strong> gotischen Kathedrale eingenommen<br />

wird, Biscliof NICAsIUs den Martyrertod durch die Vandaien erlitten<br />

haben sou,') nimmt DEMAISON an,4) daB EBBO die Westfassade seines<br />

Neubaus an <strong>der</strong>selben, durch du Martyrium geheiligten Steile errichtet<br />

<strong>und</strong> den Chor nach Osten vorgesehoben bat. Jedenf ails<br />

miissen ADALBERO <strong>und</strong> Sntsow fur ihre Erweiterungsbauten mmdestens<br />

den Raum, den ungeflihr die Joche VI—VIE des heutigen<br />

Baues einnehmcn. zur Verfffgung gehabt haben. Denn 1880 fand<br />

man an den F<strong>und</strong>arnenten (les Nordturmes <strong>der</strong> jetzigen Westfassade<br />

5) die Substruktjonen <strong>der</strong> haibkreisfôrmigen Apsis emner Ka-<br />

1) Wir legen unseren AusfUhrungen folgcndc Untersuchungen von Louis<br />

DnlÀIsox, Archivar in Reims, zugr<strong>und</strong>e: Les architectes de la cathédrale de<br />

Reirne. Bull. arcli. du comité 1894 p. 3-40. - Nouveaux renseignements sur<br />

les architectes de la cathédrale de Reims. Bull. arch. du comité 1898 p. 40-48. -<br />

Communication de M. Demaison sur l'histoire de la construction de le, cathédrale<br />

de Reims. Bail. arch, du comité 1901 p. LIX—LXI. - La cathédrale carolingienne<br />

de Reims et ses transformations au XIle siècle. Bu!!. arcli. du comité 1907 p. 41-57.<br />

- 1m Bull. mon. 1902 t. LXVI p. 3-59: La cathédrale de Reims. Son histoire, les<br />

dates de sa construction. - Bine wiehtige Erganzubg lieferto ANTEYME SAInfluL:<br />

La cathédrale de Reims anlille siècle. Bali. mon. 1906 t. LXX p. 288-828.<br />

2) Wir zahien stets von <strong>der</strong> Vierung ans. Vgl. S. VI.<br />

• 3) s11h. areh. du comité 1907 p. 46.<br />

4) Bull. arcli. du comité 1907 p. 56.<br />

5) Bei dey Untersuohung <strong>der</strong> F<strong>und</strong>amente beging man die Unvorsichtigiceit,<br />

sic wàbrend des Winters bios iiegen zu lumen. Dus eingcdrungene Wasser gofier<br />

<strong>und</strong> sprengte das Maucrwerk. Die Folge war, daB die Passade einen breiten<br />

Rifi erhicit, dey von <strong>der</strong> Knigsga1erie bis zum westlichsten Langhausjoch reichte.<br />

S. Bull. mon. 1881 t. XLVII p. 691.


- 45 -<br />

pelle, die auf Grand <strong>der</strong> stilkritisehen Untersuehung des MosaikfuBbodens<br />

<strong>und</strong> eines Kapiteils in die Zeit kurz vor 1200 zu setzen<br />

ist') <strong>und</strong> darum erst iiach <strong>der</strong> Verlangerung <strong>der</strong> Kathedrale erbaut<br />

worden sein kalm. Die Tarme SÂMSONS, <strong>der</strong> S Fre<strong>und</strong> des Abtes<br />

SuGn <strong>und</strong> ein Zeuge <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>steinlegung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Weihe dey<br />

Abteikirche voit Denis war, werden t uns grol3 <strong>und</strong> prachtig<br />

zu denken haben, vielleicht denen âhnlich, die 1m LaMe des<br />

12. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Chartres <strong>der</strong> karolïngischen Kathedrale angefiigt<br />

wurden. 2) Aber trotz dieses neuen Sehmuckes wurde die<br />

Reimser Kathedrale ailmithiieli von ihren Schwesterbauten in<br />

Thérouanne,') Arras,') Soissons, Laon, Senlis <strong>und</strong> Noyon, den 5Mfra.ganbistihnern<br />

des Erzbistums Reims,') ilberfiligelt. Da zerstôrte<br />

sie im Jahre 1210 eine Feuersbrunst, <strong>und</strong> sehon 1m folgenden<br />

Jalire wurde <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>stein zu einem Neubau gelegt. A1TRYME<br />

SAIn-PAVL inbchte annehmen,dal3 <strong>der</strong> Erzbisehof AIBÉnIc DE HnxBEM<br />

mit eigeiier Hand des Feuer angelegt habe, am mit einem Sehiage<br />

aile Sehwierigkeiteu aus dent Wege zu raumen, die sieh sonst einem<br />

) On y a reconnu les ruines de la chapelle St. .Nicolas de l'Hôtel-Dieu,<br />

btuù vers 1200 environ, peu d'années avant le commencement des travawx de<br />

reconstruction de la cathédrale. (Dsnason, Euh. arch. du comité 1907 p. 57.)<br />

1m Euh. mon. 1902 t. LXVI p. 52 batte DEMMSON die Kapelle auf 1170-80<br />

dat.iert.<br />

2) Mati trug also oie Jahrzehnt - vieileicht aneli erst drei bis vier Jahrzehute<br />

(vgl. 8.71) - spitter kein Bedenhen cinen Neubau zu entwerfen, dessert<br />

Avsftihniri nur n41ich war nacli dciii Abbrnch niclit nur <strong>der</strong> cia balbes Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

altou Tiirme, sondcrn aucli ciner soeben erst vollendeten Kapelle. Ebensowenig<br />

aber wie mail es in Reims tat, wird <strong>der</strong> orste Meister <strong>der</strong> gotiseben<br />

Kathedrale in Chartres dainit gerechnet babon, die Westtlir,ue des 12. Jahrh.<br />

beizubehalten.<br />

S) 1m Jahre 15.53, wiihrend des Krieges mit Heinrich II., tnachte Kart V.<br />

die Stadt Thérouanne samt <strong>der</strong> Kathedrate dom Erdboden gleieh. Die Skulpturen<br />

des ilanptportals wurden spitter naoh St. 0,ner gesehafft (C. ENLART,<br />

Eanuel d'Archéologie, t. I, p. 80, n. 1), naclidem hier 1.559 tinter Philipp II. bei<br />

<strong>der</strong> kirchiichen Neucinteilung <strong>der</strong> spanisclien Nie<strong>der</strong>iande ein Bistum errichtet<br />

worden war. (1566 wurde ails dem auf franz6sisehem Boden gelegenen Gebiet<br />

des ehemahigen Bistums Thérouanne dus Bistum BoulogDe gschaffen.)<br />

4) 1m Jahre 1797 abgetragen (C. E2aAET, Manuel t. I p. 485 u. 3), A. DE<br />

BAUDOT behauptet in don cOathédrales 4e France», P. 22, dus Bistum Anas sei<br />

erat wiihrend <strong>der</strong> Itevolution erriehtet worden. Es hat, in Wahrheit soit 4cm<br />

friihen Mittelalter bestanden <strong>und</strong> ist auch nicht zeitweise aufgehobcn gewesen.<br />

VgI. (Jailia christiana, t. III, P. 319-453.<br />

5) Die librigen Suffraganbisttimer folgten mit Neubauten: Amiens 1220,<br />

Beauvais 1225, Châlons-sur-Marne ca. 1230. la Cambrai begniigte 'flan siS 1227<br />

mit einem ucuen Cher(du gauze Gebitude withrend dèr Revolution abgebrochen),<br />

ebenso, doch erst oie voiles Jahrhnn<strong>der</strong>t spitter, in Tournai.


- 46 -<br />

mit dcii Bauten semer Suffraganbisch ôfe wetteifennden Netiban eutgegengestelit<br />

Mitten.') Wir lassen diese ITypothese auf sicb ber<br />

ruhen <strong>und</strong> halten uns an die Uherlieferung. Ain 6. Mai 1211 legte<br />

AIJDÉRIC DE HUMBERT den Gr<strong>und</strong>stein zur neuen Kathedrale, <strong>und</strong><br />

am 7. September 1241, wahrend einer Sedisvakanz des erzbischôflichen<br />

Stuhies, nahm du Domkapitel vom neuen Ohore feierlich<br />

Besitz. ,,Hoc anno, in vigitia Nativi.ta tic Beae Marie Virginis, intravit<br />

capitulum Retnense chorum suurn novum," so berichtet die<br />

im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t geschriebene Ohronïk <strong>der</strong> Abtei St. Nicaise in<br />

Reims,2) <strong>und</strong> cille Bestktigung dieser Nachricht geben die Glasgenuulde<br />

des Hohen Ohores. Auf <strong>der</strong> rechteii Haif te des ôstlichsten<br />

Fensters befindet sicli tinter einem Crucifixus das BiId des Enbischofs<br />

Ihwrn DE BRÂISNB - Ainicus nennt ihn die Beisehrjft -,<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ht1fte, unter eunem Bilde <strong>der</strong> Heiligen Jungfrau<br />

ais <strong>der</strong> Patronun des Erzstifts, ist die Reimser Kirche durch cine<br />

gotische Fassade angedeutet. Die Fenster zur IRechten <strong>und</strong> zur<br />

Linken enthalten die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Biscliofe <strong>der</strong> Kirchenprovinz Reims<br />

samt ihren Kathedralen. Der Sinn dieser Bil<strong>der</strong>reilie ist kiar:<br />

HENRI DE BliAIsiçit, <strong>der</strong> seit 1227 auf dciii erzbischdfiichen Stuhie<br />

sal3, batte gehofft, unter Assistenz semer Suffragane die Weihe des<br />

Chores vollziehen zu ktSnnen, <strong>und</strong> die G]asgemalde soilten dcii feierlichen<br />

Mit <strong>der</strong> Nachweit iiberliefern. Da ereilte am 6. Juli 1240<br />

<strong>der</strong> Tod den Erzbischof, <strong>und</strong> du Domkapitel unu&e ohne ihn in<br />

dcii nenen Ohor einziehen.<br />

Diese beiden Daten, 1211 <strong>und</strong> 1241, sind die eunzigen, die dcii<br />

Beginn <strong>und</strong> die Voilendung chies bestimmten Bauteiles festlegen.<br />

Die Datierung aller an<strong>der</strong>en Teile <strong>der</strong> Kathedrale wiire alleun durch<br />

die Stilkritik môglich, wenn nicht Dn&AIsoN durch seine archivalischen<br />

Forsehungen über die Meister <strong>der</strong> Kathedrale iuul3erst wertvoiles<br />

Material fur eine Gesclnehte dieser Bauteile geliefert hâtte.<br />

Wir geben die Ergebuisse dieser Forschungen in Kiirze wie<strong>der</strong>.<br />

Um 1300 war in den Mosaikfufiboden des Mittelschiffs, 1m dritten<br />

<strong>und</strong> vierten Joehe ôstlich <strong>der</strong> Westfassade. ein Labyrinth cmgelassen<br />

wordeii, dessen Versch]ungungen die Bul3fertigen, unter<br />

Gebeten auf den Enjeu nutachend, zu folgen hatten. Ais sich aber<br />

im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t Mtil3iggiunger die Zeit damit vertrieben, zu Fu13<br />

das Labyrinth zu durchwan<strong>der</strong>n, beschloB das Domkapitel, diesem<br />

die Andacht den Domherrn stôrenden Unfug durch Beseitigung des<br />

') Bull. mon. 1906 t. Lxx p. 291-297.<br />

2) Monumenta Germaijiac, Scriptores t. XIII p. 8.57.


- 47 -<br />

Labyrinths ein Ende ni machen. Gllicklicherweise besitzen svir<br />

eine Zeichnung ans dem 16. Jahrh<strong>und</strong>rt, die die Anlage des Labyrinths<br />

<strong>und</strong> die in semer Mitte <strong>und</strong> an seinen Ecken dargesteilten<br />

Figuren wie<strong>der</strong>gibt. Peu Text, <strong>der</strong> inter diesen Figuren stand,<br />

bat <strong>der</strong> Kiinsiler lei<strong>der</strong> nicht tiberiiefert. Aber ein Kanoniker ans<br />

<strong>der</strong> ersten llifte des 17. Jahrinrn<strong>der</strong>ts, 000QUAULT, bat ibn, so welt<br />

er damais noch zu entziffern war, aufgezeichnet, <strong>und</strong> die 1778 noch<br />

lesbaren Bruchstueke wurden 1779 in den Affiches rémoises" publiziert.<br />

Padurch haben wir die Wglichkeit, die Aufzeichnungen des<br />

Kanonikers ans dciii 17. Jahrhun<strong>der</strong>t zu kontroflieren. 1m folgenden<br />

sind beide Ûberlieferungen 1) nebeneinan<strong>der</strong>gestellt<br />

Cocquautt<br />

Autant y en a aux quatre coingts<br />

d'iceluy dédale, où sont représentations<br />

et escriture: premier en celuy qui est<br />

près de la chaiere du prédicateur en<br />

ta dicte église, qui est en entrant à<br />

main gauche, est l'image d'un maistre<br />

Jehan Le Loup qui fut ,naistre des<br />

ouvrages d'ioefle église L'espace de seize<br />

ans et commencea tes portaux d'icelle.<br />

En l'autre, du ,nesme costé, est<br />

l'image d'un Gaucher de Reims qui<br />

fut ,naistre des ouvrages l'espace de<br />

huict ans, qui ouvra aux vossj.res et<br />

port aulx.<br />

En l'autre, qui est d'autre costé,<br />

vis à vis et opposite de ceste cy, est<br />

l'image d'un Berntzrd de Soisson<br />

qui fit ci,wq voûtes et ouvra à Po,<br />

maistre de ses ouvrages l'espace de<br />

trente-cinq ans.<br />

En la <strong>der</strong>nière, qui est à l'opposite<br />

de la dicte chaiere du prédicateur, est<br />

l'image d'un ,Jehand'Orbais, ,naistre<br />

des dits ouvrages, qui eneommeneea la<br />

coiffe de l'église.<br />

Affiches rémoises:<br />

(Sic gehen von chier an<strong>der</strong>n Ecke des Labyrinthe<br />

nus <strong>und</strong> bringen die Meister in au<strong>der</strong>or<br />

iteihenfolge ais Cocqusuit. Hier eit,d die Insehrltten<br />

<strong>der</strong> 1,essern Obersiehtlichkeit halber in<br />

<strong>der</strong> Ordnui'g von Coequsuit aufgefiihrt. Die etngekiammerten<br />

Wons si.d naeh Coequau!t ergtnzt.)<br />

Autour de ta quatrième à main<br />

gauche par haut: ....(Jean Loups)<br />

qui fut maître de l'èglise de céans seize<br />

ans et encotnmença . . . . (te portail).<br />

Autour de la seconde àmain gauche<br />

(Gaucher de Reims) qui fut<br />

maître de l'église de céans sept [offenbar<br />

VII statt VIII geeseu] ans et ouvra<br />

a vosures . . . dor . . . [wohl fakch.gelesener<br />

iteat von portaulx].<br />

On lit autour de la première figure,<br />

à main droite en entrant: Cette image<br />

est en remembrance de maître Ber -<br />

nard de Soissons qui fut maître de<br />

r église de céans . . . . fit cinq voutes.<br />

Autour de la troisième à main droite<br />

par haut. . . . . Cette image est en<br />

,nembrance de maître Jean d'Orbais<br />

qui fut maître de l'église de céans .<br />

Nur von dit Meistern ist uns also die Pauer ibrer fltigkeit<br />

liberliefert, von keinem ein absolutes Patum, <strong>und</strong> über ihre Reihenfolge<br />

ist auch nichts gesagt. Aber Jean d'Orbais encommencea la<br />

coiffe de l'église", so heiBt es, <strong>und</strong> da unter coiffe das Chorbaupt<br />

zu verstehen <strong>und</strong> die Kirche mit dem Ohore begonnen worde.n ist,<br />

1) Bull . arcli. du comité 1894, p. 15-20.


- 48 -<br />

so ist 6F <strong>der</strong> erstc Meister <strong>der</strong> Kathedrale, <strong>der</strong> den ? 1a11 fût den<br />

ganzen Bau cntworfen bat.') Besttigt wird diese Oberlieferung<br />

durch die Tatsache, daB <strong>der</strong> Olior <strong>der</strong> Klosterkirche von Orbais<br />

abhitngig von St. Remi ist <strong>und</strong> in einigen Punkten den Ohor <strong>der</strong><br />

Kathedrale von Reims beeinfluBt bat (s. S. 71). Der letzte <strong>der</strong> vier<br />

.Meister ist BERNARD DE SorssoNs. Er arbeitete am ,,O", d. h. an<br />

<strong>der</strong> - grol3en Rose <strong>der</strong> Westfassade, <strong>und</strong> filhrte filuf voûtes, d. h.<br />

Praveen ans (8. 1, Anm. 2). 1m Jahre 1287 lebte er noch; DEMAISON<br />

bat seinS Namen in ciner Steuerliste <strong>der</strong> Pfarrei von St. Denis<br />

gef<strong>und</strong>eu. 2) Von den beiden hbrigbleibenden ist Jiisz LE Loup<br />

<strong>der</strong> â1tere, demi er begann die Portale", whrend von GAUCHER<br />

DE REIMS nur berichtet wird, daB er an ilinen arbeitete. Es ergibt<br />

sich also die hier scliematisch dargesteilte Reihenfolge:<br />

JEAN LE Loup J ._._<br />

Jai D'OIu3AIs<br />

GAUC DE REIMS J -- J DE SOIsSONs J<br />

Die Verteilung <strong>der</strong> Figuren auf die vier Ecken des Labyrinths<br />

folgte 4cm liturgisohen Branche, am Ohorende <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Epistelseite<br />

zu beginnen. Die Inschrif t unter <strong>der</strong> Figur in <strong>der</strong> Miitte des<br />

Labyrinths bat schon 000QUAULT nicht inehr lesen knnen. Hat<br />

I) 1642 fend CQcQujul,T an <strong>der</strong> Siidseite des Chores, zwischen zwei Stiebepfeilern,<br />

ciii Grabmal mit <strong>der</strong> Aufschrif t: Ycy gist maistre Adents qui fut maistre<br />

de l'œ,tvre. 000QUAULT us <strong>der</strong> Ânsicht, (IaB dieser Meister an dom von JEAN<br />

n'ORnAIS begonnenen Chose weitergebaut habe. Aber daim mlï&e es im Labyrinth<br />

seinen Platz zwischen JE AN<br />

<strong>und</strong> JEAN LE Lotir erhalten haben.<br />

Soute es aber nur, go kurze Zeit tAtig gewesen sein, dao mail ibn niclit den<br />

an<strong>der</strong>n Meisten gleichstellon wolite, go wre es unbcgreiflieh, waruni man ibn<br />

au se hervorragen<strong>der</strong> Stalle bestatt.et hat. DEMAISON lst die Schwierigkeit durch<br />

die Aunahmc, 000QUAUUT liabe ADANS stat-t JENANS geiesen. ,,Le jambage du J,<br />

joint au reste d'un E capital, a pu fort bien être pris pour un À; et la boucle<br />

d'un H majuscule gothique se confond plus aisément encore avec la panse d'un D."<br />

Bull. arcli. du comité 1898 p. 46. 000QUAULT batte daim dan Grab des JEAN<br />

n'ORnAIS gefUnden.<br />

2) ,,Maistres .Bernars de .IQ'ostre-Dammc." (Cahier de l'assise de la taille<br />

1287, paraisse Saint Denis, Archives communales de .Reims, Sacre des rois, liasse I<br />

n. 2.) Meister BEENEARD batte 5 sous Eu don Krnungsfeierlichkeiten PIIILIPPS<br />

DES SCHÔNEN zu zahien. Bail. arch. du comité 1898 p. 47.


- 49 —<br />

die Figur einen fûniten Ârchitekten dargestelit, etwa ROBERT<br />

DE Coter, <strong>der</strong> lange Zeit ais <strong>der</strong> Meister <strong>der</strong> Kathedrale gegolteh<br />

bat? Man bat es behauptet, aber dann MUte ein Meister dèn<br />

Ehrenplatz erhalten, <strong>der</strong> 1311 gestorberi ist') <strong>und</strong> nur eiii Werk<br />

.vollendet bat, dessen Plan in alleu Einzelheiten Iitngst feststand<br />

<strong>und</strong> auch scion in alleu wesentlichen Teilen ausgefiihrt war. 1m<br />

Labyrinth <strong>der</strong> Kathedrale von Amiens war neben den drei ersten<br />

Architekten <strong>der</strong> Urtin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kathedrale, Bisehof EvRARD DE Fouur.o<br />

bgebildet. 2) Also wird die Mittelfigur des Reimser Labyrinths den<br />

Erzbischof ALBÉRIC DE HUMBERT dargestellt haben. Die Zeichnung<br />

des Labyrinths ans dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t lkBt auch noch den UmriB<br />

einer Figur erkennen, die an<strong>der</strong>s ais die Figuren in den vier<br />

Ecken gekleidet war. Es sind deutlich lange weite Gewân<strong>der</strong>, wohl<br />

die Klei<strong>der</strong> eines Geistilehen, zu sehen.<br />

Die Reihenfolge <strong>der</strong> Meister ist aise bestitnmt, doch ist lei<strong>der</strong><br />

die Paner <strong>der</strong> Tittigkeit des ersten Meisters nicht tiberliefert. Aber<br />

wir wissen wenigstens, daB BERNARD DE SoissoNs 1287 nocli lebte<br />

<strong>und</strong> 1311 schon seit einiger Zeit tot war, da in diesem Jahre schon<br />

ROBERT DE Couer starb. Trotzdem bleibt uns fur die Fixierung<br />

des Datums seines Todes ein immer noch ziemlich weiter Spielraum.<br />

Wir inUssen damit rechnen, daB ihm ROBERT DE (Jouer o<strong>der</strong><br />

ein an<strong>der</strong>er Meister, von dein uns nichts tiberliefert ist, scion 1288<br />

gefoigt sein kaon; an<strong>der</strong>erseits ist es aber auch miigiich, daB er<br />

erst wenige Jahre vor 1311 gestorben ist, denn wir haben keine<br />

Nachricht, daB ROBERT DE Coucx lange Zeit Meister gewesen sei<br />

o<strong>der</strong> wichtige Teile des Baues ausgefuhrt habe. Sein Ruhm ist<br />

sehr jungen Datums <strong>und</strong> erklart sich allein daraus, daB man seit<br />

dem 18. Jahrhun<strong>der</strong>t die Inschriften des Labyrinths kaum nocli<br />

lesen konnte, wfthrend sein Grabstein bis zur Revolution im Kreuzgange<br />

<strong>der</strong> Abtei St. Denis vor aller Augen stand. Nachdem <strong>der</strong><br />

0-rabstein verschw<strong>und</strong>en war, wuchs sogar sein Ruhm; denn man<br />

vergafl sein Todesdatum <strong>und</strong> lieB un bald zum ersteu Meister <strong>der</strong><br />

Kathedrale aufriicken.<br />

1) lm Kreuzgange de y wlhrend dey Revohition abgebrochenen Abtei St. Denis<br />

befand sich sein Grabstein mit <strong>der</strong> Aufschrift: Oy gist Robert de Coucy, maiatr.e<br />

de Nostre Dame et de Saint Nicaise, qui treapassa tan MOCCXL (Roazar<br />

D5 Cotjcy war also wie Bsnnn» DE SOISSONS bei St. Denis eingepfarrt.)<br />

2) Pull. arcli. du comité 1894 p. 23; 1886 p.366-72. Abb. des Labyrinthe<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Amiens bei OntAND, Monographie, Textband I, Fig. 127 <strong>und</strong> 180..<br />

Die mitteiste Steinplatte mit don 4 Figuren befindet sich lin Museum von Amiens.<br />

Vgl. DUBAND r S. 23, 460 <strong>und</strong> 465.<br />

K u ut e, Des Fasssdenproljlem.


- 50 -<br />

DEMÂIS0N sueht den Spieiî'aum fur .Meister BnuA1rns Todes,<br />

4atum .durch die Datierung des Labyrinths n verringern.') Er<br />

glaubt es ungeMhr uni ansetzen n diirfen, da das Labyrinth<br />

in Amiens, wie die Inschrift sagt, ans dem Jalire 1288 stammt.<br />

Dadurch flre dreierlei gewonnen. Pas Jahr 1290 wâxe <strong>der</strong> terminus<br />

tinte .quem erstens f tir BERNAItDS Tod <strong>und</strong> zweitens fflr die<br />

yoliendung <strong>der</strong> westliehsten Langhausjoche, da das Labyrinth, das<br />

den Fu8boden <strong>der</strong> Joche VII <strong>und</strong> Vifi bildete, nur nach <strong>der</strong>en<br />

Einwôlbung angelegt worden sein kaon. Drittens stiinde fest, daB<br />

le fllnf von BERNAED gebauten, in Text des Labyrinths nicht<br />

niiher bezeichneten Joche die fiinf westlichsten wâren. Aber es<br />

ist nicht einzusehen, warum das Reimser Labyrinth nicht ebensogut<br />

ein paar Jahrzehnte jiinger sein kônnte, ja ein Vergieich mit<br />

dem von Amiens macht dies sogar h4chst wahrscheinlich. 2) Es<br />

kommt hinzu, daB die Joche VI—X niclit von BE1tIL&nD erbaut<br />

worden sein k6nnen. Demi zwischen den Jochen VI <strong>und</strong> VII zeigt<br />

.sich eine von oben bis naten dnrchgehende Naht, die das Langhans<br />

in zwei technisch <strong>und</strong> stffistisch verschiedene Teile scheidet. 3) Da<br />

-also die fihIf Joche II—VI znsammengehôren <strong>und</strong> da von keinem<br />

•<strong>der</strong> drei ersten Meister berichtet wird, dal3 er einen Teil des Langhanses<br />

gebaut habe, so miissen wir in diesen f ftnf Jochen das Werk<br />

BERNAJm5 sehen, es sei demi, da g <strong>der</strong> Gegenbeweis ni f tihren wÊire.<br />

DnrnsoN versucht, wie gesagt, diesen Beweis fars erste durci die<br />

Datierung des Labyrhiths zu hefern <strong>und</strong> glanbt die stilistischen<br />

<strong>und</strong> technischen Verschiedenheiten in Joch VI <strong>und</strong> in den Jochen VII<br />

bis X durci den Zuzng neuer Steinmetzen erklÈtren zu kônnen.<br />

Aber zugegeben, dur Meister Mtte hier seinen Lenten sowohi in<br />

<strong>der</strong> Wahl dés dekorativen Détails ais auch in <strong>der</strong> Ausfihrung des<br />

Verbandes <strong>der</strong> Dienste mit <strong>der</strong> Wand frele Hand geiassen, so witre<br />

doch Se Teilung in die beidn Bauabschnitte Jocli VI <strong>und</strong> Joch VII<br />

bis X mehr ais unwahrscheinlich. Man hat wohl bei grof3en Kirchen<br />

das Langhans in zwei o<strong>der</strong> drei Abschnitten erbant, aber niemais<br />

Joch fur Joch von FnBboden bis zum Gewôlbe ausgefuihrt. Pas<br />

ware zu schwierig <strong>und</strong> n kostspielig geworden, weil an <strong>der</strong> freiliegenden<br />

Seite eines jeden neuen Joches provisorische Verstrebungen<br />

hatten angebracht werden miissen; <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gewinn hatte in keinem<br />

Verhaltnis zu den Schwierigkeiten gestanden, da <strong>der</strong> jedesinai gewonnene<br />

Ramn fflr den Gottesdienst kaum in Betracht kommen<br />

1) Bull. or ch. du comité 1894 p. 23.<br />

2) Aiuna SAmT-PAa, Euh, mon. 1906, t.LXX p. 821.<br />

3) Awpnnx, S&iwv-P&n.. Bull. mon. 1906, t LXX p. 318.


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- 51 -<br />

konnte. Aber DEMAI50N glaubt noch einen an<strong>der</strong>eii Beweis fur die<br />

Ansfuhrung <strong>der</strong> f iinf westlichen Joche durch BERNARD gef<strong>und</strong>en n<br />

haben; Elle Urk<strong>und</strong>e ans dem Jahre 1299 soil dartun, da6 mail<br />

um diese Zeit schon die Freigeschosse <strong>der</strong> Tfirme begonnen habe,<br />

<strong>und</strong> daB man also mit den Jochen VII—x bereits fertig gewesen<br />

sei. DaB die in arabischen (I) Ziffern an dem TurmgeschoB neben<br />

<strong>der</strong> Rose <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Konigsgalerie angebrachten ,,Daten" wertios<br />

sind, weist DnwsoN Uberzeugend nach. 1) Oh aber ans <strong>der</strong> Ur<br />

kurde von 1299 <strong>der</strong> SehluB zu ziehen ist, daB in diesem Jahre<br />

die Tiirme begonnen worden sind, ist niehr ais fraglich. In jener<br />

Urk<strong>und</strong>e 2) erlaubt <strong>der</strong> Erzbischof auf dem Hofe seines Paiastes;<br />

d. h. im Siiden <strong>der</strong> Kathedrale, einen Werkplatz abzustecken a<br />

cono pilerii turris anterioris ecclesie .Remensis usque ad conum pilerii<br />

ostii quod respicit rotelktm S. Nichasui (eine jetzt zngemauene<br />

Morte in <strong>der</strong> Siidwand des Joches V, vor <strong>der</strong> ein Denkmal des<br />

Nikasius lag), ut ibidem exerceantur et fiant opera et alia opportuna<br />

fabrice ecclesie meinorate".<br />

DEMAI5ON ist <strong>der</strong> Ansicht, daB auf diesem Werkpiatze dié<br />

Steine fur den sMiichen Purm <strong>der</strong> Westfassade hergerichtet werde<br />

soliten. Aber brauchte man denn fur die Tffrme einen neuen Werkplatz?<br />

Wir mùssen doch annehmen, daB vor <strong>der</strong> Fassade schon<br />

einer angeiegt worden war, ais man die Portale begann, <strong>und</strong> daB<br />

er auch vont Meister BERNARD bei <strong>der</strong> Ausfllhrung <strong>der</strong> Roàe benutzt<br />

worden war. Dieser Werkplatz hutte atich 'die giinstigste Lage'<br />

fùr die Arbeiten an <strong>der</strong> Tiirmen gehabt. Nun wiire es ja denkbar,<br />

daB flan mit Riicksicht auf el ne lange Bauzeit <strong>der</strong> Tffrme den<br />

Platz ver den Hauptportalen hktte freimachen wollen. Die Werkstiicke<br />

Jar die Tiirme hatten sich freilich aucli nôrdlich <strong>und</strong> sudlicli<br />

<strong>der</strong> westlichsten Joche herstellen lassen. Doch won hier einen<br />

neuen_WerkWatz abstecken? Gerade hier miif3te ja schon Meister<br />

BEBNAaD chien angelegt haben, wenn or wirkhch die Joche VI—x<br />

erbaut hutte. Wir miissen deshalb mit ANTRY311 SAINT-PAUL annehmen,<br />

daB <strong>der</strong> Werkplatz fûr die Joche VI—x angelegt worden<br />

ist, <strong>und</strong> daB diese von ROEBERT DE Couci erbaut worden sind.<br />

Derselbe Meister wird die groBe Rose vollendet 3) <strong>und</strong> die<br />

Turmgeschosse neben ihr begonnen haben. In stetiger, wenn auch<br />

') Euh. mon. 1902, t. LXVI p. 27-30 et 36.<br />

2) DnIAIsoN, Enil. mon. 1902 t. LXVI p. 30. ANTRYME SAEC-PAIJL, Bull.<br />

mon. 1906, t. LXX p. 322.<br />

3) Bernard de Soissons . . . . ouvra à Vo" hiefi es 1m Labyrinth. Er bat<br />

also die Rose nicht vollsti%ndig ausgefuhrt.<br />

4*<br />

u


- 52 -<br />

Iangsamer Baufuhuing werden die Kônigsgalerie, die Balustrade<br />

des lloehschiffs <strong>und</strong> die Freigesehosse <strong>der</strong> Tflrme ausgefiihrt worden<br />

sein.') Die Helme sind nie vollendet worden; in <strong>der</strong> zweiten HIfte<br />

des 14. Jalu'hun<strong>der</strong>ts werdeii die Arbeiten zum Abschlul3 gelangt<br />

ein.2)<br />

Wir wenden uns jetzt ciner an<strong>der</strong>en Gattung von Urk<strong>und</strong>en<br />

n, <strong>der</strong>en Wert fUr die Baugeschichte merkwardigerweise litngst<br />

nicht geniigend gewiirdigt ist, de» Skizzen des VILLARD DE H0NNE-<br />

1) Die Balustrade iat, wie die au dcii Westtikrmen erhaltenen Ansiitze<br />

zeigen (GAILSIABAUD J), bah! nach 1800 in des Forme» <strong>der</strong> Knigsgalerie ansgefiihrt<br />

worden. Eci dom Brande <strong>der</strong> Dheher im Jah"e 1481 ging oie zugr<strong>und</strong>e.<br />

Zwischen 1506 <strong>und</strong> 1515 wurde sic in beinahe denselben Forme» erneuert; nur<br />

ibre, vielleicht damais eut hinzugefiigte» Fialen zeigea den Stil <strong>der</strong> spatesten<br />

Gotik. (Photographie PaOMPXTTE. Reims, Place du Parvis 28. Catalogue des<br />

photographies de la cathédrale, Nr. 181) In don siebzigcr Jahron des 19. Salirhun<strong>der</strong>ts<br />

ist sic dureh ein ganz abseheuliehes, VOS MILLET begonnenes <strong>und</strong> von<br />

EupRIda-ROBERT vollendetes Machwerk ersetzt worden, des sich dem Stil <strong>der</strong><br />

Schiffe bosser anpassen soilte. Pas batte freilich die alte Balustrade niclit getan.<br />

IDaffir hatte aie aber oui die Formensprache <strong>der</strong> obercn Turmgeschosse vorbereitet<br />

<strong>und</strong> 80 im Vomi» mit <strong>der</strong> K6nigsgaierie die ci» Jalirhun<strong>der</strong>t anseinan<strong>der</strong>iiegenden<br />

Bantoue veau Querhause bis su de» Westttirmen zusammengefat. Die<br />

Neusehbpfung tut we<strong>der</strong> dan cille noeh des an<strong>der</strong>e. Bi» Meister des 13. Jalirhun<strong>der</strong>ts<br />

wiirde an ihi nicht don Stil semer Zeit wie<strong>der</strong>erkennen, son<strong>der</strong>» wahrschoinlicb<br />

beim Anblick dieser neuen ,,Bekrnung" des majcstMischen Bans davonlaufen.<br />

Vgl. Awrnnrz Snisr-PAa, Le cas de la cathédrale de Reims, But!, mon.<br />

1881, t. XLVII, p. 689-699: Timec ,Danaos et dons ferentes. ,,C'est chacune de<br />

nos cathédrales qui, empruntant le sens du vers de Virgile, pourrait s'écrier<br />

aujonrdhtci: je crains l'Etat, surtout quand il me comble de ses dons."<br />

2) Du MaBwerk in dom Wimperg liber dem groBen Fenster des oberaten<br />

Oesohosses des Nordturmes, ci» mit zwei Fischblasen geftiliter ICreis, seheint fur<br />

aime selir spdte Zeit su apreohen. Aber wir finden es in Amiens an dom Strebepfeiler<br />

wie<strong>der</strong>, dot 11m 1375 sur Verstilrkung des Nordoststrebepfeilers des n6rdlichen<br />

Turmen <strong>der</strong> Kathedrale erriebtet wurde. S. Duzszn, Monographie Tai. III<br />

mu! Teithand I S. 482f. Zeitiicli weiter zurUck fuhrt uns dan 3la6werk an <strong>der</strong><br />

entspreohenden Stefle des Sùdturmes. Ans de» beiden unteren Spitzen des Wimperges<br />

wachsen zwei fisehblaseniilinliclie Gebilde hervor, dormi KUpfo liber demi<br />

Seheitel des Fensters zusammenstoSen. <strong>Das</strong>selbe Motiv ist sehon angewandt<br />

worden am Siidtnrm des StraBburger MUnsters, <strong>und</strong> zwar an <strong>der</strong> Balustrade <strong>der</strong><br />

Westseite des zweiten Gesehosses, <strong>und</strong> in déni Wimperg liber dom westlicheu<br />

Doppeifenster des Turmes <strong>der</strong> Marienkirehe in Reutlingen (Monographie Taf. 5).<br />

In Stra6burg ist die Voilendung des zweiten Tarmgeschosses nieht genau su<br />

datieren; des dritte wurde an beiden Tiirmen 1365 abgeschlossen. in Rentiingen<br />

war ma» 1343 mit dom Tonne fertig (Monographie 5.18), aise wird die Mafiwerkform<br />

in StraBburg etwas frliher <strong>und</strong> in Reims wie<strong>der</strong>um stock frliher ais in<br />

Straburg anzusetzen sein. Der Reimscr Slidturm wird daller im zweiten, <strong>der</strong><br />

Nordturm im dritten Viertel des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts ausgefiihrt worden sein.


- .53 -<br />

COURT (Taf. XIX <strong>und</strong> LTX—LXIII). Es sind Skizzen, keine genanen<br />

Aufnahmen. Daher giit es zunitchst, an den kontroffierbar.en<br />

Stiicken den Grad ihrer Genauigkeit zu erniittein. Die Skizzen<br />

<strong>der</strong> Ohorkapellen sind, abgeselien von <strong>der</strong> Zeichnung des liinen<strong>und</strong><br />

Aul3ensockels, genan; die jetzt vorhandene Krônung durch eine<br />

Balustrade wird ursprhnglich nïcht beabsichtigt gewesen sein. Die<br />

Horizontalschnitte durch Pfeiler, Fensterpfosten <strong>und</strong> -laibungen siiid<br />

ebenfalis genau. Beson<strong>der</strong>s interessant ist <strong>der</strong> Schnitt durch einen<br />

kantonierten Riindpfeiler. Er 11U3t den Verband <strong>der</strong> Dienste mit<br />

dem Kern bei Vermeidung sichtbarer StoBfugen erkennen. Dieser<br />

Verband ist im Chor <strong>und</strong> Quersehiif angewandt worden (s. Fig. 9.1)<br />

Dagegen zeigt die Skizze vom System des Langhauses sehr bedeutende<br />

Âbweichungen. Der Sockel <strong>der</strong> Seitenschiffswand <strong>und</strong> die<br />

Pfeilersockel sind in demselben Sinne veru<strong>der</strong>t wie die Sockel <strong>der</strong><br />

Ohorkapellen. Die Seitenschifswaud ist unterhalb <strong>der</strong> Fenster durch<br />

eine Bendarkatur geglie<strong>der</strong>t Gibt hier VLTJLÂRD DE HONNEC0UET<br />

den ersten Entwurf wie<strong>der</strong>? KeinestaUs. Denu schoh das Querhaus<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Langchor haben keine Arkatur tinter den Seitensclnffsfenstern,<br />

nur die Chorkapellen sind damit geschmflckt. 2) Den<br />

initteisten Pfosten des vierteiligen Triforiums, <strong>der</strong> in Wirklichkeit<br />

nur ganz wenig stArker ist ais die beiden an<strong>der</strong>en, zeichnet VILLARD<br />

bedeutend stitrker. Wie sind diese Abweichungen zu erklàren?<br />

\\Tfr haben zu <strong>der</strong> Skizze <strong>der</strong> Fassadenrose von Chartres bemerkt<br />

(S. 33, Anm. 1), daB VIIJLARD trotz semer ausdrficklichen Beischrift<br />

ista est fenestra in te;nplo Sce Marie (Jarnoti hier Veran<strong>der</strong>ungen<br />

im Sinne <strong>der</strong> Weiterentwicklung des Stiles vorgenommen liat. Basselbe<br />

wird er bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gabe des Reimser Langhaussystems<br />

getan haben. Denn wie wir. oben (S. 42) gesehen haben, wurde<br />

allmâhlich <strong>der</strong> dreiteilige Aufbau durch einen zweimalzweiteiigen<br />

1) Dergelbe Verband war schon bei den Pfeilern <strong>der</strong> Kathedrale von Chartres<br />

angewandt worden. VILLÀRD DE HowncouRT bat 1km nef demselben Blatte (XXIX)<br />

dargestolit, das clic Skizze de y Rose von Chartres enthftlt, ailerdings ohne anr<br />

zugeben, wohcr eT sein Beispiel fUr den ,,Vcrbaad mit unsichtbaren Stoøfngen"<br />

bat. LAssos <strong>und</strong> DAEGEL glaubten (S. 126) in dieser Skizze den Querschnitt eines<br />

Reimser Pfeiicrs selon n mussen, Aber dey Soekel beweist, daB es sioh, worani<br />

sebon die Zusammensteliung mit <strong>der</strong> Rose hindeutet, 11m sinon Pfeiler vo<br />

Chartres handeit. Vgl. KING III Taf. 57 (= VILLAED XXIX) mit RING III Taf. 81<br />

(= Vmnnc» LXII).<br />

2) Die Kapellen sind offenbar ais klcine, in sicii abgesehlossene Ritome godadht.<br />

Man darf daher ans ihrer Konstruktion keine Sehliisse oui den Ubrigen<br />

Ban ziehen. In Noyon bestdht iibrigens daseibe Verhuiltnis zwisehen Cherlsape)len<br />

<strong>und</strong> Langehor. -


- 54 -<br />

abgelôst. Zur Zeit, ais VaLAnD sein Skizzenbueh Slegte, batte<br />

sicli dieser Umschwimg bereits volizogen. - Es bleibt noeh die<br />

Skizze des ()hofstrebewerkes ilbrig. Hier sind die Abweiehungen<br />

am bedeutendsten, <strong>und</strong> es luge daher nahe, sie ebenso zu erkluren,<br />

wie in <strong>der</strong> Skizze •des Langliaussystems. Aber es lâfit sich bewcisen,<br />

dat) VILLARD hier dcii ursprflngliehen Plan bewahrt bat.<br />

Per utuflere Strebepfeiler nam]ich, dessen Schlankheit allerdings<br />

wohl ilbertrieben sein diirfte, ist genau so geglie<strong>der</strong>t wie die Pinakel<br />

neben dem Ostgiebel <strong>und</strong> neben dem mittieren Wimperg <strong>der</strong> West-.<br />

fassade <strong>der</strong> Kathedrale von Laon, <strong>und</strong> diese Pinakel gehren Bauteilen<br />

an, die in die Zeit zwisehen 1210 <strong>und</strong> sputestens 1230 fallen.<br />

Wir sind ferner in <strong>der</strong> Lage, die Genauigkeit <strong>der</strong> Skizze des Ohorstrebewerks<br />

durch die Skizzen des Langhausjoches <strong>und</strong> <strong>der</strong> Chorkapellen<br />

ni kontrollieren. Naeh <strong>der</strong> Skizze des Langhausjoches<br />

soilten in dcxi Zwickeln zwischen dcii llochschiffsfenstern des Langhanses<br />

liber dem Angriffspunkte <strong>der</strong> oberen Strebebgen Engel angebraclit<br />

werden, die mit ihren ausgebrciteten Fliigein die Zwickel<br />

geflUit hutte». Dieselben Engel stehen jetzt - <strong>und</strong> damit stimmt<br />

die Skizze von Vxnnnrn ûberS - in den Zwickeln zwisehen den<br />

Fenstern <strong>der</strong> Chorkapellen miter einem Baldachin. liber dem oberen<br />

Strebebogen des Chores gibt VUJLÂRD ebenf ails einen Baldachin an.<br />

Jetzt sitzen aber in den Zwickeln des Hoeliehores <strong>und</strong> -schiffes<br />

Atianten, die das Dachgesims tragen. Urspriinglich also soute<br />

<strong>der</strong>en Platz liberail von Engeln eingenommen werden; denn unter<br />

den von VaL4&nu am Hochehor gezeichneten Baldachin konnte<br />

natûtiieli kein Atlas gesetzt werdeii. Ais dann aber, wie wir<br />

sehen werden, JnR LE Loup das Motiv <strong>der</strong> mit Freifiguren geschmiîckten<br />

Pinakel von den Fassaden auch auf das Strebewerk<br />

flbertrug, stelite er die Engel in die Pinakel <strong>und</strong> setzte an den<br />

ihnen von JEAN D'OnBAIs zugewiesenen Platz Atlante», um die<br />

Wie<strong>der</strong>holung desselben Motivs zu vermeiden.') Wir werden also<br />

umgekehrt de» Schiufi ziehen dirfen, dat) Jni. n'ORBAIs, <strong>der</strong> die<br />

Zwickel durch Engelfiguren fiillen wollte, das Strebewerk ohne<br />

figiirlichen Schmuck geplant bat. Daraus folgt weiter, daB die<br />

Skizze des Chorstrebewerks tatsutchlich sein Projekt wie<strong>der</strong>gibt.<br />

Demi die Skizzen des Langhausjoches <strong>und</strong> des Chorstrebewerks erganzen<br />

sich anis vollkommenste. Angènommen, VIJJTAARD hutte auf<br />

<strong>der</strong> Langhausslsze willkllrlich Atlanten durci Engel, wie ci sie<br />

1) Es kan hinzu, dad die von JEAN LE Loue huher angeordueten StrebebUgen<br />

fur die Engelsfiguren keinen ausreichenden Platz lieBen. Vg]. S. 62.


- 55 -<br />

an den horkapel1en sah, ersetzt, so hittte er docli kaum daran<br />

gedaclit, bel <strong>der</strong> Skizzierung des Chorstrebewerks einen Baidachin<br />

fUr die Engelsfigur einzuzeichnen, wenn niclit wirklich <strong>der</strong> Originalbaurif3<br />

hier chien Ba1dachin angegeben hatte. DaB VaLARD das<br />

eine Mal tut den Engel <strong>und</strong> das an<strong>der</strong>e Mal nur den Baldachin<br />

zeichnet, ist leicht zu erklaren. Am Langhausjoch litBt er den<br />

Baldachiri weg, well er das Gesims nicht melir mitzeichnet, an dem<br />

<strong>der</strong> Baldachin angebracht werden soute; dagegen war die Engelsfigiu<br />

mit den ausgebreiteten Fliigein sehr wichtig, weil es darauf<br />

ankam, ihre glflckliche Einpassung in die Zwickel zu zeigen. Auf<br />

dér Skizze des Chorstrebewerks ist das Gesims <strong>und</strong> infolgedessen<br />

auch <strong>der</strong> Baidachin mitgezeichnet, die Profilansicht des Engels aber<br />

aIs unwichtig weggeiassen worden.<br />

Doch tut zu dem Bau selbst. Es empfiehlt sich hier einmal<br />

vom Aufbau statt vom Gr<strong>und</strong>rifi auszugehen. Chor <strong>und</strong> Querschiff,<br />

bilden den ira 1241 geweihten Teil <strong>der</strong> Kathedrale. Mat begarni<br />

mit dem Bau des Qnerhauses. Die Heime <strong>der</strong> Pinakel vor<br />

den Strebepfeilern <strong>der</strong> Tiirme sind, wie auf <strong>der</strong> Skizze des Chorstrebewerkes<br />

von VILLABD, noch nicht geschlitzt. <strong>Das</strong> unter ihnen<br />

in Hbhe des Triforiums liegende Stiick des Strebepfeilers ist ungeglie<strong>der</strong>t.<br />

1m ErdgeschoB môgen Chor <strong>und</strong> Querschiff gleichzeitig<br />

in Angriff genommen worden sein, dann fuhrte mat zuerst das<br />

Querhaus samt dem zweiten Geschot3 <strong>der</strong> Tûrme in die Hhe. Diese<br />

Telle sind das Werk des JEAN D'OBBAIS. JEAN LE Loup haute<br />

dcii Hochchor mit einem neuentworfenen Strebewerk. Wie wir obeii<br />

gesehen habeii, bat <strong>der</strong> Erzbischof HENRI DE Bnnsrin (1227-40)<br />

in den Glasgemkiden des Hohen Cliores den Weiheakt <strong>der</strong> Nachwelt<br />

ffberiiefern Nvollen. Er wird kaum unmittelbar nach semer<br />

Thronbesteigung, sondenn erst, ais • <strong>der</strong> Bat sich <strong>der</strong> Vollendung<br />

nitherte, dén Befehi zur Anfertigung dieser Fenster gegeben haben.<br />

Also erlauben uns aucli die Giasgemitlde den Hohen Cher in . das<br />

ietzte Jahrzehnt vor 1240, vielleicht sogar in die Jahre 1235-40<br />

zu setzen. Die Strebepfeiler miissen ver <strong>der</strong> Einwôlbung errichtet<br />

worden sein, <strong>und</strong> zwar vom Dachgesims <strong>der</strong> Kapellen an nach dem<br />

neuen Entwurf. Da dieser dem zweiten Meister ziizuschreiben ist,<br />

werden wir den Meisterwechsel spittestens in die Zeit um 1235<br />

verlegen miissen. An<strong>der</strong>erseits kônnen wir, wie sich spitter (S. 90)<br />

zeigen wird, auch nicht über 1231 hinanfgehen. Haiten wir also<br />

einmai am Jahre 1235 fest, se ergibt sich foigende Chronologie:<br />

JEAN D'OJIBAIS . . . . (ca. 24 Jabre) 1211-1235<br />

JEAN LE Loup . . (16 ,, ) 1235-1251


- 56 -<br />

GAUCHER DE Raxxs . ( 8 Jahre) 1251-1259<br />

BERNARD DE SoIssONs . (35 ) 1259-1294')<br />

Warum aber fùhrte JEAN LE Loup das Strebewerk des Chores<br />

nicht naeh dem ursprflnglicheii Entwurf ans, <strong>der</strong> ja eine konstruktiv<br />

viel richtigere Lôsung vorschrieb? .Nach diesem Entwurf soilten<br />

die aul3eren Strebebôgen die inneren Strebepfeiler an den Anfailspnnkten<br />

<strong>der</strong> inneren Strebebôgen stfltzen, whrend sic jetzt bedeutend<br />

hôher angreif en <strong>und</strong> nacli anl3en den Schub auf einen<br />

iângeren Hebelarm Ubertragen. 2) Aber es kam dem zweiten Meister<br />

gerade darauf an, diesen Hebelarm, d. h. den knf3eren Strebepfeiler,<br />

u verlibigern, nielit ans konstruktiven, sou<strong>der</strong>n ans tstlietischen<br />

Gr<strong>und</strong>en. Er wolite die âufleren Chorstrebepfeiler in ihren llhenmaBen<br />

mit den Ubrigen Strebepfeilern in Ubereinstimmung bringen.<br />

<strong>Das</strong> Gesims, das an <strong>der</strong> Querhausfassade das RosengeschoB Voil<br />

dem Triforium trennt wurde nui das ganze Ohorstrebewerk herumgefiihrt,<br />

<strong>und</strong> die Pinakel erhieiten dieselben Malle wie an den Qnerhaflsfassaden.<br />

Es ist wohi kaun zn bezweifehi, daB JEAN LE Loua<br />

dieses Gesims <strong>und</strong> auch die Pinakel in <strong>der</strong>selben HÔhe aueh um<br />

die librigen Telle des Baues h erumftihren wolite. Verfolgen wir<br />

aiso das 0-esims weiter bis zur Westfassade. Es iiegt dort heute<br />

tiefer ais an den Querhausfassaden, n{Lmiich genau in <strong>der</strong> H61ie <strong>der</strong><br />

Oberkante des Triforiums. 11m die Wichtigkeit dieser Hôhendifereuz<br />

zu erkennen, muissen wir uns die versehiedene Hôhenlage<br />

<strong>der</strong> Grenzlinie zwischen Triforium <strong>und</strong> Hochwerk lin Jnneren <strong>und</strong><br />

Àuf3ereu <strong>der</strong> einzeinen Bautelle kiarmachen. Es sind folgende<br />

Hôhenlagen, von untel nach oben gezfthlt, zn unterseheiden:<br />

Hôheniage I: Deckplatte des Triforiums (innen ais Gesims)<br />

a) anflen <strong>und</strong> innen unter den Hoehsehiffsfenstern 1m Lang-<br />

. hans, Chor <strong>und</strong> Querhaus,<br />

1) Anuynt SAINT-PAn. nebte, allerdings olme sich zu binden, auf Gruud<br />

dot S.51 erwhnten tlrk<strong>und</strong>c 1298 ale Todesjahr BERNARDS annehmen. Bali.<br />

mon. 1906, t.LXX p. 300. Aber joue Urk<strong>und</strong>e gibt, vorausgesetzt, dafl ihroDeutung<br />

dureb SAIIIT-PAUL unbedingt richtig jet, nur dieu terminus ante qiem <strong>und</strong><br />

crlaubt uns daher weiter hinaufzugeheu.<br />

2) Da die inneren uni! ittiBeren Bgeu den innerdn Strebepfeiler an verschiedenen<br />

Punkton troffen, mute dieser massiv ausgefllhrt wcrden, dorait or<br />

ciner Purehbiegnng Wi<strong>der</strong>stand Icisten kaon. Nach dom ersten Piano soute or<br />

miter <strong>und</strong> über den gemeinsamen Angriffspunkten <strong>der</strong> inneîcn <strong>und</strong> iiuQcren BVgeu<br />

durcbbrochcn werdou. Die Annahme von LASSUS uni! DAItOEL (Album S. 217),<br />

da.0 die inneren Strebepfeiler in ihrcr heotigen Gestalt erst naoh dom Brande<br />

von 1481 ausgoffihrt worden selon, entbohrt <strong>der</strong> Begrllndung.


- 57 -<br />

b) anf3en <strong>und</strong> innen an <strong>der</strong> Westfassade <strong>und</strong> an aflen Seiten<br />

<strong>der</strong> Westtùrme, s. Fig. 13.<br />

Hôhenlage II: Hochsehiffsfensterbank abziiglich <strong>der</strong> Selntge<br />

a) auflen an den Querhausfassaden <strong>und</strong> -tiirmen <strong>und</strong> am<br />

Chorstrebewerk, s. Fig. 13,<br />

b) innen an <strong>der</strong> Fassadenwand des Querhauses (das Gesims<br />

über dem Triforium ist beim Tberga.ng von <strong>der</strong> Hochschiffswand<br />

zur Fassadenwand von <strong>der</strong> Bôhenlage J in die<br />

Hôhenlage II hinaufgekrôpft), s. Fig. 14.<br />

Hôhenlage III: Gesims miter den Pinakeln <strong>der</strong> Langhausstrebepfeiler<br />

(<strong>der</strong> Funktion naeh dem Gesims Ha an Chor <strong>und</strong><br />

Querhans entsprechend), s. Fig. 15.<br />

Denken wir uns miter <strong>der</strong> Rose <strong>der</strong> Westfassade an <strong>der</strong> Auflenseite<br />

das Gesims von <strong>der</strong> Hùhe J in die Robe II verlegt, so wflrde<br />

es den Fuflpunkt <strong>der</strong> Rose genan tangieren. Ans dieser Beobaehtung<br />

sind zwei Fogerungen zu ziehen, eine fur die Meisterfrage<br />

<strong>und</strong> eine fur den Gesamtentwurf des JEAN n'ORnAIs. Erstens ist<br />

es ni%mjieli kiar, dafi de y Meister, <strong>der</strong> sich die Miihe gemacht bat,<br />

das Gesims Ha selbst unter ungiinstigen konstruktiven Bedingungen<br />

uni das Cborstrebewerk herumzufbhren, es nicht an <strong>der</strong> Westfassade<br />

tiefer gelegt haben kami; demi hier bitte es ohue Schwierigkeit<br />

irriter <strong>der</strong> Rose Platz gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> htte die Einftigung des<br />

kahien <strong>und</strong> nnorganisch wirkenden Mauerstreifens iiberfiussig geinacht.<br />

An einer Kopie <strong>der</strong> Reimser Westfassade, an St. Jean des<br />

Vignes in Soissons (s. Fig. 20) tangiert auch tatsch1ieh des eutsprechende<br />

Gesims die Rose. Also ist es erst GAuonnt DE REIMS<br />

o<strong>der</strong> BERNARD gewesen, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Westfassade das Gesims II in<br />

die Lage I herabgedruckt bat, offenbar in <strong>der</strong> Absicht, das Tunngeschoa<br />

neben <strong>der</strong> Rose schlanker bilden za ktinnen. Ans demselben<br />

Gr<strong>und</strong>e wurde spter dieses Gescho13 etwas liber die ilÔhe<br />

des Hochsehiffsgesimses binaufgefiihrt. Vergleichen wh' mit dieser<br />

Beobaehtung den Text des Labyrinths. Jean Le Loup ... coinmen<br />

cea les portaux." DEMAIS0N will miter diesen Portalen die<br />

beiden an <strong>der</strong> n'Ôrdlichen Querhausfassade verstanden wissen. Dagegen<br />

bemerkt ANTHYME SAINT-PAUL mit Redit, daB man 11m 1300<br />

von den Portalen nur lin Sinne <strong>der</strong> Portale par excellence, <strong>der</strong><br />

Westportale, sprechen konnte. Diese waren es, die JEAN LE Loup<br />

begann. Gaucher de Reims . . . ouvra aux vossures et portaux",<br />

d. h. <strong>der</strong> dritte Meister vollendete die Porta1gewinde <strong>und</strong> arbeitete<br />

schon an den Bogenlaibungen, die mit dem Ausdruek vossures ge-


- 58 -<br />

meint sein mhssen. Pas Fassadentriforium ist daitm auch naeh<br />

<strong>der</strong> Uberlieferung des Labyriuths miiïdestens schon eu' Werk des<br />

dritten Meisters.<br />

Die zweite, wïchtigere Folgerung betrifft den ersten Gesamtentwurf<br />

fur die Kathedrale. Es ist natùrlich kein Zuf ail, daB du<br />

Gesims in Hôhe II gerade so iiegt, daB es die Rose <strong>der</strong> Westfassade<br />

tangieren ivurde. JEAN xb'OBAIs batte hier dieselbe Absicht<br />

wie nach unserer Hypothese <strong>der</strong> erste Meister <strong>der</strong> Kathedrale<br />

von Chartres: er wolite die drei Fassaden verschieden ausfuhren<br />

<strong>und</strong> die ide&ste Lusung fur den westlichen AbschluB vorbehalten.<br />

1m Inneru wurde auch spiLter noch die Westrose nach dem ursprUnghchen<br />

Entwurfe ausgefûhrt. Der Ansehiufi <strong>der</strong> Fassadenwand<br />

ist <strong>der</strong> denkbar volikommenste. - Pas Gesims liber dent Triforium<br />

(Hôhe I) ist in <strong>der</strong>seiben Hahe mn die Westwand herunigefiihrt,<br />

daruber folgt S Mauerstreifen, <strong>der</strong> dent senkreehten Stiick<br />

<strong>der</strong> Fensterbank entsprieht,') <strong>und</strong> die Stelie <strong>der</strong> FensterbanksehriLge<br />

ninimt die Roseniaibung elu. Nur die Purchbrechung <strong>der</strong> unteren<br />

Zwickel la.g nicht im ursprflnglicliem Plane, wie ein Vergleich mit<br />

den Querschiffsrosen zeigt. Der Aufbau <strong>der</strong> Fassade in Reims ist<br />

also geuau <strong>der</strong>seibe wie in Chartres: du erste Geschof3 entspricht<br />

den Seitenschiffen, daim folgt du Triforium, den Schlut3 bildet die<br />

Rose, o<strong>der</strong> vieimehr, da ihr Seheiteipunkt infolge <strong>der</strong> schlankeren<br />

Quersehnittsproportionen den Gewôlbeseheitel nioht erreichen wbrde,<br />

eiri Spitzbogenfenster, in du eine Rose eingesetzt ist, <strong>der</strong>en Purchmesser<br />

gieich <strong>der</strong> Breite des Spitzbogenfenst ers ist <strong>und</strong> <strong>der</strong>en wagerechte<br />

Achse in <strong>der</strong> Kampferhôhe des Spitzbogens Iiegt. Die Rose<br />

sitzt hier aiso ais Ma6werk in einem Spitzbogenfenster. Durci,<br />

diese Umwandhtng des Fassadenfensters in einen Spitzbogen mit<br />

Maflwerkfflllmig koimte JEni n'ORBAIs den AufriB <strong>der</strong> Fassaden<br />

dem Systein <strong>der</strong> Schiffe noch volikommener anpassen ais <strong>der</strong> Meister<br />

von Chartres. in Chartres waren die Fenster des gesamten Obergadens<br />

mit Ausnahme <strong>der</strong> Chorr<strong>und</strong>ung dadurch den Fassadenrosen<br />

angepaBt worden, da6 sis ais ans Zwilhingsfenstern <strong>und</strong> Rosen be- -<br />

stehende Gruppenfenster gebiidet worden waren. An <strong>der</strong> Chorr<strong>und</strong>ung<br />

muBte man aber wegen <strong>der</strong> geriligell Breite <strong>der</strong> SchildwiLnde<br />

au!' diese Fensterbiidung verziciiten, da die Zwillingsfenster<br />

zu schiank <strong>und</strong> die ibsen 211 klein geworden wren. Dieses Miii-<br />

I) ijieser fehit in Chartres un Iloehscijiff <strong>und</strong> wiirde aise auch au <strong>der</strong> Fassade<br />

gefehit haben Auf unserer Rekonstruktion (Fig 7) tangiert daher die<br />

Rose unmittelhar das Gesims liber dem Triforium.


- 59 -<br />

verhiiltuis witre beim Vergleioh <strong>der</strong> Chorfenster mit den Ubrigen<br />

Fensteru noch mehr in die Augen gesprungen. Aul3erdem Mtte<br />

sich beiin Zusammenstol3 <strong>der</strong> Ohorr<strong>und</strong>ung mit dem Laugchor <strong>der</strong>selbe<br />

tYbelstand ergeben, den man spter, ais man gezwungen war<br />

ain Weststande des Langhauses die Achsenabstnde zu verringern,<br />

mir dureh einen ailmiilihehen Ubergang zu immer sclim1eren Jochen<br />

abzuschwachen gewufit bat (vgl. S. 31, Anm. 1). Dem Beimser<br />

Meister aber ermgIichte das Mat3werk in allen Fenstern mit SechspLssen<br />

von anniihernd <strong>der</strong>selben GrLil3e auszukonimern') In die<br />

1) DaO die Echaudiung <strong>der</strong> Rosa ais MaIwerk aines Spitzbogenfensters<br />

zuin ersten Male an demselbea Bau vorkomnit, dessen Chorkapel]en dan frilbeste<br />

MaBwerk aufweisen, gibt su deuken. Wir mlissen uns awel Tatsathen vor Augea<br />

haiten. Einmai, sobald du Ma6werk erf<strong>und</strong>en worden war, war ein gotiseher<br />

Bau ohne dieses noue Moment kaum nooli âeukbar. Es ist, ais hutte man etwas<br />

lange Gesuchtes endlich gef<strong>und</strong>en. An<strong>der</strong>erseits miissen wir uns, wean wir rileksebauend<br />

die Ent-wicklung des gotisehen Baustiles uberbiiekon, wun<strong>der</strong>n, da6 dan<br />

Mawerk nicht schon fyliher erf<strong>und</strong>en worden ist. Die Zwiilings- <strong>und</strong> Drillingsfenster<br />

mit Okulus ira <strong>der</strong> Schild-, Blond- o<strong>der</strong> Entiastungsbgen, eiue<br />

Fenstergrnppiening, die wabread <strong>der</strong> ganzen friiligotisehen Zeit beiiebt war,<br />

drnjten ja f6rmiich zuT Maawerkbiidaug. Wie kain es also, dail gerade JEAN<br />

D'OnBns, dey soast keine Neigiiag sur Massenverringerung <strong>und</strong> sur Anwendung<br />

leiehter Formen zeigt, dm MaQwerk erfinden mute? Es kami kein Zweifel hestehen,<br />

d&G gerade or sieb Roch mit <strong>der</strong> liberlieferton Fensterform begniigt<br />

hutte - ira dey Fassadenmittelstticke tut or es auch - wenn eT<br />

nicht nu einer Stelle seines Bancs sur Erfindung einer ueuen Fensterform gezwungeu<br />

gewesen wiire. Diese Stefle war dan oberste Folioter dot Passade. Per<br />

Okulus cmos Zwillings- o<strong>der</strong> die mittiere Ôffaung cilles Driilingsfensters schiehen<br />

sich infolge ihrer geringen Droite in den die Fcnstergrnppe zusammensehiieBeaden<br />

Spitzbogea fast bis su dessen Seheitelpunkt hiaein, no dafi die Reste des<br />

Zwickeis, die zwisehen dom Okulus <strong>und</strong> dom Zwiiiingsfenster Ubrig bieiben, kauzn<br />

Roch ais Flache empf<strong>und</strong>en werden. Per Zwickel liber den Fassadenrosen ist<br />

aber so groB, dag er unmdgiich ais Wandfihiehe liber dom Jt<strong>und</strong>fenster stehen<br />

bieibeu konnte. Die SVand wurde daller bis auf den lctztea Rest beseitigt <strong>und</strong><br />

dureb Gias ersetzt. Dieses zuerst beim Entwurfe de y Fassaden geftrndeoe Prinzip<br />

tlbertrng JEAN n'Ortnns auf die an<strong>der</strong>en Fenster. Dorait tel et den entscheidendon<br />

Schritt: er verdraagte die Fenstergruppe dureh dits Einheitsfenstet. Peuu<br />

<strong>der</strong> weseutiiche linterschied zwischen bedon bestelit dnrin, daB bel <strong>der</strong> Fenstergrappe<br />

die wenn aneb noeh so kieinen Zwiekel, die sieh zwischeu den Spitsbugen<br />

<strong>und</strong> Kreisen ergeben, geselilossen bleibea, wulbreud sic beim Binheitsfeaster<br />

durehbrochen sind. In Laon ami Chantes bestehen die Boson aus Stemplatten,<br />

ans denen wiedcr kicine Kreise ausgesgt sind, ein ira an die<br />

Antike erinueru<strong>der</strong> Fensterverschiufl. Lste man aber die Flache liber <strong>der</strong> Rose<br />

anf, no mute man anoli die kiciuste Fihohe innerbaib <strong>der</strong>seiben aufitisen, sonst<br />

batte dey durchsichtige Zwiokel fin Oegensatz su <strong>der</strong> teiiweise uudurehsichtigen<br />

Steinpiatte ais Loch gewirkt. Fur die Fassadenrosen griif dollar <strong>der</strong> Meister auj<br />

dan romanisehe Radfenster zurilek. Die ,.Pâsse" <strong>der</strong> Ubrigen Fenster erweisen


- 60 -<br />

schmalen Fenster des Chorhanptes setzte er einen Sechspa3, <strong>der</strong><br />

die gesamte Brelle <strong>der</strong> Fenster einnimmt, in die ùbrigen, breiteren<br />

Fenster einen weiter in das Bogenfeld hineingeschobenen Sechspal3.<br />

JEu D'ORBAIS erweist sieh also in du' Lôsung des <strong>Fassadenproblem</strong>s<br />

ais einen Schuiler des Meisters von Chartres. Obwohl er<br />

ans <strong>der</strong> Champagne stammte, <strong>und</strong> obwohl er die Lokaltradition<br />

(s. S. 82) nieht verleugnen kaon, sind seine Konstruktionen so robust<br />

wie in Chartres. Eine Untersuchung des Strebewerkes macht seine<br />

Abhangigkeit von Chartres noch deutiicher. Vergleichen wir den<br />

Querschnitt des Chores <strong>und</strong> des Langhauses, so fâlit sofort auf,<br />

daB die obere Halfte des Strebepfeilers am Chor an<strong>der</strong>s ais am<br />

Langhause auf <strong>der</strong> unteren ffiulfte aufsitzt (s. Fig. 14). Am Chor<br />

liegt die nach innen gekehrte Seite des knl3eren Strebepfeiiers in<br />

einer Ebene mit <strong>der</strong> Waiidvorlage im Innern des Chôruniganges,<br />

am Langhause mit <strong>der</strong> Innenflitche <strong>der</strong> Seitenschiffswand. Die<br />

Konstruktion ai» Chot' ist dieselbe wie in Chartres, ja es ist, eutwicklungsgeschichtlich<br />

betraclitet, noch dieselbe Konstruktion wie<br />

an den Kirchen mit vierteiligem Àufbau. Dort ergibt es sich von<br />

seibst, daB die Wandvorlage <strong>der</strong> Empore auf die des Erdgeschosses<br />

zu stehen kommt. Nach Ausschaltung <strong>der</strong> Gewulbe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schildwande<br />

aer .Empore behieit die obere Hflfte des Strebepfeilers denselben<br />

Platz, den vorher Strebepfeiler <strong>und</strong> Wandvorlage <strong>der</strong> Empore<br />

zusammeu eingenommen hatten. Es ist selbstversffindliéh, daB<br />

die beiden ersten Reimser Meister auch fur dos Langhaus die aite<br />

Konstruktionsart gewiihit Mtten. Schieben wir daher einmal die<br />

obere Iiiilfte <strong>der</strong> Langhausstrebepfeiler bis in die Fluchflinie dci'<br />

Wandvorlagen in den Seitenschiffen! Daim wilrden sich diè Strebebgen<br />

verkieinern, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Anfâllspunkt <strong>der</strong> unteren wilrde am<br />

sich aber ais Abklimmlinge <strong>der</strong> Rosen von Chartres. In dcix Chorkspellen <strong>und</strong><br />

an <strong>der</strong> R<strong>und</strong>ung des Roehehores ifl sqgar die Anordnung <strong>der</strong> Fcnstergruppen<br />

von Chartres beibehalten: Zwilllingsfenster <strong>und</strong> ein die gonze Breite <strong>der</strong> Schildwand<br />

einuehmen<strong>der</strong> SeehspaQ, dariiher aber kein run<strong>der</strong> Schuldbogen, son<strong>der</strong>n ciii<br />

spitzer, <strong>der</strong> Zwickel zwisehen Seolispafi <strong>und</strong> Sehildbogen geffnet. Die Foige<br />

war, dafi auoh die Zwickel innerhalb des Seohspasses <strong>und</strong> awisehen ihrn <strong>und</strong> den -<br />

beiden kleinen SpitzbLigen geffnet werden muten, sa da8 nue noob Trennungast'àbe<br />

flbrig blieben. Diesem ,,Ma8werk" entspricht unten due eineni Mittel<strong>und</strong><br />

zwei Wandpfastcn gebildete ,,Stabwerk', dessen Stelle noch in Chartres ein<br />

schiabtenweise aufgcmauerter Pfosten, also ein schmales Stitck Wand, cmgdnominen<br />

batte. In den breiteren Fonstera <strong>der</strong> Sehiffe tritt eine Verschiebung<br />

des Verhititnisses von Stab- <strong>und</strong> MaBwcrk eu. Da eux die ganze Fensterbreite<br />

eunnebmen<strong>der</strong> SechspaB den beiden spitzbogigeu Offnungen tinter ibm su wenig<br />

Plats gelassen hutte, erbicit or ungefhhr die Ordile, die man einem Okulus liber<br />

einem Zwillingsfenster gegeben hittte.


- 61 -<br />

Strebepfeiler hinaufriicken. Per Strebebogen, <strong>der</strong>, vidlleicht noch<br />

von JEAN LE Loup, von Joch I nach dom Strebepfeiler y <strong>der</strong> westlichen<br />

Querhaustiirme liiniibergespanut ist, bat seinen FuBpunkt in<br />

Hhe II. Er ist stark gestelzt. Bei den folgenden Strebebôgen ware<br />

die Steizung nicht notwendig gewesen, weil <strong>der</strong> Abstand <strong>der</strong>folgenden<br />

Strebepfeiier von <strong>der</strong> Hoclischiffswand etwas grôl3er geworden<br />

wâre. Per Turmstrebepfeiler t' steht nkmlich scion zur Hiilfte auf<br />

dem Seitenschiffsgurtbogen.') Also auch von mer ans kominen wir<br />

zu <strong>der</strong> Erkenntnis, daB JEAN LE Loup dus Gesims in Hhe II mn<br />

den gauzen Ban in <strong>der</strong>selben Ebene hutte herumfiihren kônnen.<br />

Dann hutte auch die Einteilung des eigentlichen Strebepfeilers mit<br />

dem davorgelegten Pinakel ilbereingestimmt., wiihrend BERNARD den<br />

grliBeren Strebebogen weiter herunterfUhren (noch un t e r Hôhe<br />

<strong>und</strong> den Pinakel 80 weit hochziehen muBte, daB er noch den Rticken<br />

des oberen Strebebogens deckt. So ergab sich far don Fuflpunkt<br />

des Pinakels die Hhe III. Pie Strebebgen des Jssw LE Loup<br />

wkren etwas steil geworden, <strong>und</strong> das mag <strong>der</strong> 0-r<strong>und</strong> gewesen sein,<br />

weshalb BERNARD die Strebepfeier vom Hochschiff abrffckte. Er<br />

erhielt daduith ffir den Bogen eine konstruktiv gimnstigere <strong>und</strong><br />

usthetisch gefulligere Kurve. Fr dus Strebesystem des ersten<br />

Meisters hutte sich ebenf ails eine giln'stigere Kurve ergeben. Penn<br />

die Langhausskizze des VILLÂRD iaBt erkennen, daB JEAN D'ORBAIS<br />

die Angriffspunkte <strong>der</strong> Strebebgen am Hochschiff tiefer legen wolite.<br />

Es ist freilicli nicht mtiglich, auf Gr<strong>und</strong> Ciller Skizze die Angriifsptrnktc<br />

genau zu fixieren. Pa13 sic aber tiefer ais heute liegen<br />

soilten, beweist unwi<strong>der</strong>leglich die Existeuz <strong>der</strong> Engel in den<br />

Fensterzwickeln. Pas mir Ausfiihrung gelangte Strebesystem 1Bt<br />

filr Engel, die so grofl sind, daB sic don Zwickel einigerniaflen<br />

ftfllen - <strong>und</strong> dus soliten sic mer so gut wie an den Chorkapellen -<br />

keinen Platz. Die Engel sind mir dann mglich, WCnn <strong>der</strong> Riicken<br />

des oberen Strebebogens nicht aber den FuBpunkt <strong>der</strong> Archivolte,<br />

die den Fensterbogen einrahmt, hinausgeht. Ziehen wir nun wie<strong>der</strong><br />

die Skizze des Ohorstiebewerks, die uns schon einmal zur Kontrolle<br />

<strong>der</strong> Langhansskizze gedient bat, zum Vergleich heran, so scheint<br />

hier zwar auf don ersten Blick <strong>der</strong> obere Strebebogen so hoch<br />

wie <strong>der</strong> ausgefiihrte anzugreifen. Bei genauerer Betrachtung er-<br />

2) Doshalb muten in Remis aile Seitensebiffsgurtbgen ungewubnlich broie<br />

ausgefiihrt werden; ,,sehon in Chartres war 0mo geringere Stiirke fur zulassig<br />

gehalten, ebenso in Amiens usw." (D. & y. B. II 8.133 Aiim. 1). Per Gr<strong>und</strong> ist<br />

drain zu suchen, dafi in keiner andoren Kirehe die Gurtbtigen in irgendeitiem<br />

Joche <strong>der</strong> Seitenschulfe durch Strebepfeiler beiastet is-erden.


- 62 -<br />

gibt sich aber, daB VJIJLÂRD die gaiize Fensterlaibung, soweit sic<br />

senkreeht ist, zu hoch gezogen bat. Zwisehen den Fensterkapitellen<br />

<strong>und</strong> dein Gesims bleibt kein Platz fur einen Fensterbogen. Ein<br />

soleher Fehier konnte bei einer Skizzierung des Querschnitts leicht<br />

vorkommen, withrend er bei ciner Skizze en face ausgeschlossen ist.<br />

1m Verhitltnis zur Fensterlaibung greift <strong>der</strong> obere Strebebogen naeh<br />

<strong>der</strong> Ohorskizze die Wand an <strong>der</strong>selben Stelle an wie nach <strong>der</strong><br />

Langhausskizze; das Kapiteil des Siu1e1iens <strong>der</strong> auBeren Wandvoilage<br />

noter dem oberen Strebebogen sitzt etwas tinter dem<br />

Ktmpferpunkte des Fensters, dei , Rucken des Bogens liber diesem<br />

Punkte etiva am FuB <strong>der</strong> Rahmenareln yolte. Per untere Strebebogen<br />

greift am Kâmpfer <strong>der</strong> Gewôlbe an, Pas heiBt aber nichts<br />

n<strong>der</strong>es aIs, dag nach dem erstcn Plan die beiden Strebebôgen genan<br />

an denselben Stelien angreifen soilten vie die entspreclienden<br />

in Chartres. Der dritte Strebebogen, <strong>der</strong> in Chartres an Gesims<br />

angreift, ist in Reims weggelassen. In Chartres Iiegt die Deckplatte<br />

des Gewôlbekapiteits <strong>und</strong> des KapiteiTs <strong>der</strong> Wandsiu1e miter den<br />

unteren Strebebogen genau in gleicher ilôhe, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ruicken des<br />

oberen Bogens trifft den Fuflpunkt <strong>der</strong> Fensterarchivolte. Lassen<br />

wir also den unteren Strebebogen in <strong>der</strong> Kampferhihe des Gewôlbes<br />

angreifen, so wtirde er, wenn die Kurve eine âhnliche<br />

Krliminung erhielte wie in Chartres, den in die ursprûnglieh geplante<br />

Stellung geschobenen Strebepfeiler in Hôhe II treffen. Auch<br />

die Rekontruktion des urspruinglichen Strebewerks flihrt aiso zu<br />

dem SchluB, daB JEAN ilOBBAIs das Gesims tinter <strong>der</strong> Rose cm<br />

den ganzen Aul3enbau mit Ausnahme des flinfschiffigen Chores,<br />

dessen Strebewerk ja auch in Chartres von dem <strong>der</strong> Schiffe abweicht.<br />

in Hôhe II herumflihren wollte. Auch JEAN LE Loup hielt<br />

diese Hôhe des Gesimses fest, riickte aber die Angriffspunkte bei<strong>der</strong><br />

Strebebôgen hôher. Es ist mbglich, daB ihn dazu lediglich <strong>der</strong><br />

Wunsch veranlaBt bat, die Pinakel an den Strebepfeilern <strong>der</strong> Fassade<br />

auf das Strebesystem des ganzen Gebiudes zu libertragen.<br />

Aber anch in konstruktiverj Bedenken kami <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> zu suchen<br />

sein. Die Stelle eines Bogens, die vor allem <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>lagerung<br />

bedarf, ist nicht <strong>der</strong> Kmpfer, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Punkt, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Hôhe<br />

des ersten Drittels des Bogenschenkels liegt. Zur Zeit des JEAN<br />

LE Loup war das den gotischen Meistern bekannt, ivie ein ais<br />

Palimpsest erhaltener RiB beweist, von dem spater (S. 85) noch<br />

ausfiihrlich die Rede sein wird.<br />

Unsere These, daB JEAN D'OEBAIS das Strebewerk von Chartres<br />

kopieren wollte, erMit schliefllich eine weitere Sttitze durch eine


- 63 -<br />

steinerne Urknude, die uns ein Bildhauer hinter]assen bat. Es ist<br />

das Muttergottesbild im Tympanon des kieinen Portais ait<br />

nôrdiichen Querhansfassade (s. Fig. 10). Die Jungfrau sitzt hier<br />

unter einem ]deeblattfôrmigen Baldachin, <strong>der</strong> dam Querschnitt ciller<br />

gotisehen Basilika assimiliert ist. Filr uns ist das wichtigste am<br />

Bilde das Strebewerk. Es besteht ans dcii beiden groBdn, durch<br />

radial gestelite Arkaden verb<strong>und</strong>enea Strebebôgen <strong>der</strong> Kathedrale<br />

von Chartres. Daraus folgt erstens, daB iii Reins die Kathedrale<br />

von Chartres genan bekaniit gewesen ist, <strong>und</strong> zweitens, daB jenes<br />

Relief nieht sehon un 1180 ,1) son<strong>der</strong>n erst nach 1194 entstauden<br />

sein kann. Ber Stil <strong>der</strong> Figur erlaubt uns sogar, bis in die Zeit<br />

naeh 1211 hernnterzugehen <strong>und</strong> in ihr ein Werk zu sehen, das fUr<br />

die neue Kathedrale ausgefiïhrt worden ist. Dann aber ist die<br />

1) 1m 40. Jahrgange <strong>der</strong> Gazette des Beaux-Arts, 1904, S. 177-199, bat<br />

Lomsx Pn.L1oi einen Aufsats liber ,,<strong>Das</strong> romanisehe Portai <strong>der</strong> Eathedralc von<br />

Reims" veidffentlieht, in deni aie nachweist, dad die r<strong>und</strong>bogigc Archivolte cml<br />

die beiden skulpierten Pfeiler die Reste eines Wandgrabes ans de y alten Kathedraie<br />

sied, wie es in âhulicher Gestalt mit noch erhaltener Tumba in <strong>der</strong> Kathedraie<br />

von Rouen au salien ist. Die beiden Engel liber <strong>der</strong> Archivolte fitilten die<br />

Zwicket des eLiemals reehteckigen Wandfeldes <strong>und</strong> cm noch ebenfails erhaltenes<br />

Gesims sehioB es oben ah. Die Gesimsstiieke, die den JCmpfer <strong>der</strong> rnndbogigen<br />

Archivolte mit dore <strong>der</strong> spitzbogigen verbinden, <strong>und</strong> die Kapitelle dieser spitzbogigen<br />

Archivolte sind bel de y Versetzung <strong>der</strong> Fragmente nachgenrbeitet worden.<br />

Aber wie steht es mit dom Madonnenbilde? Lonnz PILLI0N niinmt es aneh fur<br />

dan Grabmal in Anspruch <strong>und</strong> weist auf sin jetzt verschw<strong>und</strong>enes, in einer Zciebnung<br />

Uberliefertes Grabinai in Saint-Père in Chartres hin, in dessen Bogenfeld<br />

ciao Madonna - librigans cime Baldachin - sitzt. Aber dieses Grabmal ht<br />

liber 100 Jahre jûnger. An dem mm 12. Jahrhun<strong>der</strong>t errichteten Gratinai in<br />

Rouen fehit die Madonna, ebenso noch an dom Wandgrabe des Bischofs Gérard<br />

de Cauchy, dan bald naeh 1267 in dey Kathedrale von Amiens im westlichsten<br />

Joeh des n6rdhehen Chorumgauges crrichtet wurde. (S. die Abbildnng bel<br />

C. GUELIrT; Die Baukunst Frankreichs, Taf. 104 <strong>und</strong> bai E. DuRsrr, Monographie,<br />

Textband ii, S. 531. Dey Beweis, daB sic in Reims zum Grabmai gehrt<br />

hitte, knnte aise nur diirch die Stilkritik geffthrt wcrden. LomsE PILLION<br />

glaubt 11m gefiihrt au haben; Ineines Eraohtens mit Unreeht. DaB die Engel in<br />

den Zwickeln, die Figuren in den Archivolten <strong>und</strong> die Geistiichen an de,, Pfeilern<br />

stilistisch <strong>und</strong> kompositioneli zusammengehreu, jet zweifellos. Die Madonna<br />

jedoeh zeigt sinon entwiekelteren Stil auch ais die von L. P. auf S. 195 abgebildeten<br />

Figuren. Entsclieidend ist aber, wu man bisher vollstiindig überseben<br />

bat, daB n'a Baidaehin du Strebewerk von Chartres nacbgebildet ist. Es<br />

bliebe f reilich noeh au erwiigen, oh sin ithuliehes Strebewerk nicht sehon an<br />

cinem friiheren, untergegangdnen Eau angewandt worden sein kônate. Aber<br />

du ist mehr ais unwahrscheinlich, da aie, se ,,unvergleiehlieh wuehtiges" Strebewerk<br />

nur an einem se groflen <strong>und</strong> kraftvollen Bau wie <strong>der</strong> Kathedrale von<br />

Chartres denkbar ist. Aiso bleibt auf jeden Pal] dan Jahr 1194 de y iLuBerste<br />

terminas post qanni.


- 64 -<br />

Frage aufzuwerfen: was sou die Sancta Maria Reinensjs in dem<br />

Modeil dey Kathedrale von Chartres? Uni Zeit mui3tcn ja<br />

die Plane <strong>und</strong> du Modeil far die Reimser Katiiedrale ansgefuhrt<br />

<strong>und</strong> den Bildhauern bekannt gewesen sein. Warum setzte man du<br />

Muttcrgottesbild nieht in chie kleine Reimser Kathedrale? Es<br />

bleibt mir <strong>der</strong> Schiufi iibrig: dieses Relief schiiellt sich an du<br />

Projekt des JEAN D 1OEBAI5 ffir die Kathedrale von Reins an. Aber<br />

spricht nicht die Skizze von VILLARD, die das Strebewerk des<br />

Ohores wie<strong>der</strong>gibt, dagegen? Keinéswegs. Dent far den Chor kami<br />

JEAN D'OBSMs ans dem Gr<strong>und</strong>e die Verbindung <strong>der</strong> Strebelnsgeu<br />

durch radial gesteilte Arkaden haben unterlassen wollen, weil sic<br />

entwe<strong>der</strong> nur f*r die inneren o<strong>der</strong> mir fur die âufleren Strebebôgen<br />

rn6glich gewesen ware. Die Arkadensâaflchcn zwischen den kufieren<br />

Strebebugen knnen nicht nach deinselben Mittelpunkte zusammenlaufen<br />

wie die Skulchen zwischen den aul3eren Strebebôgen, da die<br />

Strebebgen nicht konzentrisch sind <strong>und</strong> <strong>der</strong> innere Strebepfdiler<br />

die Reihe <strong>der</strong> Arkadensaulchen ais Sekante roh durchschnejden<br />

wiirde.Aus diesem Gr<strong>und</strong>e batte auch <strong>der</strong> Meister von Chartres<br />

mir den oberen <strong>der</strong> beiden inneren Chorstrebebisgen durch cinen<br />

ilufleren Strebebogen aufgefangeu. Wolite man aber beide innere<br />

Bgen bis zum aufleren Strebepfeiler fortfahren, so durfte man<br />

we<strong>der</strong> die inneren noch die aul3eren Bôgen durch eine radial gesteilte<br />

Aricatur yerbjuden. - Naclidem wir auch durch die Untersuchung<br />

des Strebewerks den Anteil <strong>der</strong> einzelnen Meister an Ban<br />

bestimmt <strong>und</strong> die Abliangigkeit des JEAN D'OlUiAIs vom Meister<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Chartres bewieseii haben, gehen wir dazu über,<br />

die ursprùnglich geplanten Fassaden <strong>und</strong> Parme <strong>und</strong> ihre Einwirkmig<br />

auf den Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> AufrB des ersten Gesamtentwurfs zu betrachten.<br />

<strong>Das</strong> Querhaus dci' Jteimser Kathedrale bat breitere Seitensehifi'e<br />

ais das Langliaus. Die Foige ist chie kleiue Unregelmâl3igkeit<br />

in Langhause, nâmlich die grôflere Breite des ôstlichen Joches.<br />

Far die grôllere Breite <strong>der</strong> Querhausscitenschiffe kann kaum S<br />

an<strong>der</strong>er Gr<strong>und</strong> bestimmend gewesen sein ais die Absiclit, den Querhausturmen<br />

eine breitere Basis zu geben. <strong>Das</strong> legt dcii Geda.nken<br />

nalie, daB die Westtiirme nach dem ersten Plane ein Seitenschiffsjoch<br />

des Langliauses ais Basis erhalten soliten; demi wenn schon<br />

urspriînglich die Westttirme so weit über die Seitenschiffswjjnde<br />

hatten ausladen soue; wie es jetzt <strong>der</strong> Fail ist, so hatte sich ji<br />

cite Variation fui Aufril) <strong>der</strong> drei Fassaden von selbst ergeben,<br />

auch wenn das ôstliehste Langhausjoch dieselbe Achsen- o<strong>der</strong> wenigstens<br />

Arkadenweite erhalten hatte Ivie diè Ubrigen Langhausjoche<br />

w


- 65 -<br />

Verfolgen wir diesen Gedanken weiter <strong>und</strong> werfen wir znnchst<br />

chien Blick auf den Querschnitt des Langhauses! Pa drngt sich<br />

uns sofort die Frage auf: erlaubt dieser Querschnitt die Anlage<br />

dreier Portale, die in einem angemessenen GrôflenverhMtnis zueinan<strong>der</strong><br />

stehen? Wir hatten bei <strong>der</strong> Tlntersuchung <strong>der</strong> Fassaden<br />

<strong>der</strong> friihgotischen Kirchen gesehen, daB die Proportionen einer Fassade<br />

mit schlanken Tbrmen fur einc dreiteilige Portalanlage imgiinstig<br />

sind (Seuils, Mantes). In Senlis batte man deshalb cm<br />

grofles Mittelportal <strong>und</strong> zwei kleine Nebentiiren angelegt. Die<br />

Folge war <strong>der</strong> STerzicht auf piastisehen Schmuek <strong>der</strong> kleinen Fortale<br />

<strong>und</strong> auf einen Anschlul3 des Fassadenaufrisses an das Langhaus<br />

gewesen. Ein soicher Verzicht war in Reins unmigIich. Die<br />

Querhausfassaden passen sich dem Aufbau <strong>der</strong> Schiffe an, <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Querschnitt des Hochschiffes in Langhause ist, wie wir S. 58 gesehen<br />

haben, ebenfails auf die Weiterfiihrung des Triforiums <strong>und</strong><br />

die Einfùgnng cilles Rosenfensters von dem Durchmesser des jetzigen<br />

in den oberen Tel des Mittelsehiffes angelegt. In Mantes haif man<br />

sieb, ungefhr um dieselbe Zeit, ais in Reins die Kathedrale begonnen<br />

wurde, durch Versehiebung <strong>der</strong> Strebepfeiler m. Auch diese<br />

Ltisung war in Reins irnmôglich; denn die Foige wre eine Verkieinerung<br />

des Rosendnrchmessers gewesen, <strong>und</strong> damit wre eine<br />

volikommene Anpassung des Rosengescliosses an das Hochschiff unmglich<br />

geworden. Es mn3ten also drei nngefhr gleich hohe, mit<br />

Figuren gcschmtickte Portale zwischen den durch die Hochschiffsirnd<br />

Seitenschiffswnde festgelegten Strebepfeilcrn untergebracht <strong>und</strong><br />

mit ihnen <strong>der</strong> Raum bis zum Ful3gesims des Triforiums gefilllt<br />

werden. In Chartres war <strong>der</strong> Querschnitt <strong>der</strong> Seiten.schuffe ft'ir die<br />

Nebenportale gûnstig gewesen (s. Fig. 7), in Mittelsttick wiirc<br />

redits <strong>und</strong> links von llauptportal ein Stilek Mauer stehen geblieben,<br />

das man wohl auch an <strong>der</strong> Westfassade durch Blendbôgen gegJ.ie<strong>der</strong>t<br />

hutte, wie es an den Qucrhausfassadcn geschehea ist. In<br />

Reins dagegen wiirde sich umgekehrt das Hauptportal gut in das<br />

Mitteistiick eingefligt haben, wiihrend die Anpassung <strong>der</strong> Nebenportale<br />

an den Querschnitt <strong>der</strong> Seitenschiffc Schwierigkeiten geniaclit<br />

hatte. Es gait also hier eine vlhig nene Lôsung zu finden,<br />

<strong>und</strong> d as war nur durch Variierung des Laibungswinkels an Hauptportai<br />

<strong>und</strong> an den Seiteuportalen mighch, wie sic in uhnlicher<br />

Weise auch an <strong>der</strong> jetzigen Fassade durchgcfuhrt worden ist. Pas<br />

Mittelportai hutte den normalen Laibungswinkel von 45 0 erlialten<br />

Unnen, wt%hrend f 1fr die Seitenportale ein bedeutend steilerer, am<br />

besten von 90 1, hutte gewahlt werden muissen.<br />

5<br />

Kunze, D. P,oad,nprobIon.


- 66 -<br />

• Diese Erwagungen batte ich angestellt, ais itt auf die beiden<br />

Portale an <strong>der</strong> nôrdlichen Querhausfassade aufmerksam wurde.<br />

Demi das ôstliche bat tatsitchuich einen Laibungswinkel von 900,<br />

whrend das ins Mittelsehiff fiihrende den normalen Laïbungswinkel<br />

von 45 0 bat. Da13 diese Portale erst spter an die Querhausfassade<br />

angefilgt worden sind, ist auf den ersten Bliek kiar. Ich batte sic<br />

deshalb zuerst, im Einklaiig mit <strong>der</strong> frflheren Forsohung, ais eine<br />

lin ersten Plane nicht vorgesehene <strong>und</strong> darum f lir den . Gesamtentwurf<br />

bedeuttrngslose Zutat angesehen. Aber wenn wir genauer<br />

zusehen, 80 bemerken wir, da3 hier zwei fertige, fïir einen ganz<br />

an<strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>rii3 bestimmte Portale versetzt worden sind. Pie<br />

Strebepfeiler e <strong>und</strong> e1 niuflten an ihrer Stlimseite um ca. 1 m, <strong>der</strong><br />

Strebepfeiler w an <strong>der</strong> dem Portai zugekehrten Selte uni ca. m<br />

abgestemnit werden, damit die beiden Portale iiberhaupt an die<br />

Querhausfassade angefiigt werden konnten. Htte es sich nur darum<br />

gehandeit, einzelne, ursprUnglich fUr die Westfassade bestimmt gewesene<br />

Figuren zu verwerten, so hatte nichts gehin<strong>der</strong>t, die Mafle<br />

fUr die Portale so n wkhlen, daB sic sich ohne Schwierigkeit <strong>der</strong><br />

Querhausfassade hatten anpassen lasse». Folglich waren niclit nur<br />

die Gewandestatuen, soi<strong>der</strong>n auch, ganz o<strong>der</strong> wenigstens zum grôBten<br />

Peile, die Laibungen <strong>und</strong> die die Portaibreite bestimmenden Tympana<br />

ausgefflhrt. Die Laibungen bei<strong>der</strong> Portale waren f lir eine<br />

geringere Tiefe <strong>und</strong> das Mittelportal fUr ciii breiteres Schiff berechnet.<br />

Man wird aiso n <strong>der</strong> Frage gedrangt: Sind die beiden<br />

Portale etwa ais du BruchstUck einer Westfassade anzusehen, die<br />

sich, wie es unsere Theorie verlangt, <strong>der</strong> Breite <strong>der</strong> Langhausschiffe<br />

angepaBt hatte? In Fig. 11 haben wir die beiden Portale an das<br />

Westende des Langhauses versetzt. Pas Mittelportal bat hier<br />

zwischen den Strebepfeilern Platz <strong>und</strong> das Seitenportal fffgt sich<br />

<strong>der</strong> lichten Weite des Seitensehiffes genau ein,. 50 dag in Innern<br />

zu beiden Seiten gerade noch Platz f tir die Gewôlbedienste bleibt,<br />

wahrend im istlichen Querhausseitensehiffe dus Portal von den Dienstbflndeln<br />

durcli schniale Mauerstreifen getrennt ist, <strong>der</strong>en Suinnie<br />

<strong>der</strong> Diferenz zwischen de» Seitensehiffen des La.nghauses <strong>und</strong> den<br />

breiteren des QuerhausS gleicht. Pie Ausladung <strong>der</strong> Strebepfeiler<br />

m <strong>und</strong> n <strong>und</strong> also auch <strong>der</strong> Strebepfeiler o ist genau gleieh <strong>der</strong><br />

Ausladung aller Strebepfei]er des Langhauses <strong>und</strong> Chores. Pas<br />

heii3t: Per Turmgr<strong>und</strong>rifl wurde in allen Einzelheiten, in<br />

<strong>der</strong> liôhten Weite wie in <strong>der</strong> St&rke <strong>der</strong> Strebepfeiier,<br />

80 gestaltet sein, wie wir es a priori schon fur die Westfassade<br />

<strong>der</strong> Kathedrale von Chartres angenommen haben.


- 67 -<br />

- Wenn unsere Rekonstruktion richtig ist, so muB sicli das auch<br />

durci die Ikonographie beweisen lassen. Da fUr das Querhaus lin<br />

ersten Plane keine Portale vorgesehen waren, mul3te die Westfassade<br />

das volistandige ikonographisehe Programm einer Kathedrale des<br />

13. Jahrhun<strong>der</strong>ts bieten. Pie Figuren des ausgefiihrten Seitenportais<br />

stellen dos ,JUngste Gericht dar; am Mittelportal haben die<br />

Lokaiheffigen Platz gef<strong>und</strong>en, das dritte Portai htte ein Marienportai<br />

werden mtissen. Es ist tatskchlich, wenn auch nicht voilendet,<br />

so doch begonnen worden. Am rechten Gewnde des sUdlichen<br />

Portais <strong>der</strong> heutigen Westfassade stehen niimiicli sechs<br />

Figurai, die ilter sind ais aile Ubrigen <strong>und</strong> die man deshalb scion<br />

im Jahre 1851 ais Bruchstiicke einer alten Westfassade in Ansprnch<br />

genoinmen bat. Es sind Propheten, wie sie zu einem Marienportai<br />

gehôren, den sechs Aposteln des Gerichtsportals entsprechend.<br />

Aber hatte es nicht aller Regel wi<strong>der</strong>sprochen, den Marieuzykius<br />

.<strong>und</strong> das Jlingste G-ericht an den SeitenportMen darzusteilen? An<br />

<strong>der</strong> Fassade in Amiens nimmt das Gerichtsportal die Mitte, das<br />

Marienportai die redite <strong>und</strong> das Portai mit den Lokaiheiligen die<br />

.linke Seite S. Und in Reims hatten Sixtus, Nikasius <strong>und</strong> Remigins<br />

den Ehrenpiatz erhalten sollen? Pas wAre ailerdings hchst<br />

auffaiiend. Aber es ware nicht die einzige Ausnahme, die die<br />

Reimser Kathedrale in <strong>der</strong> Ikonographie machte. In den Glasgemaiden<br />

des llochschiffes sind die franzsischen Kônige saint den<br />

Erzbischôfen, die die Kronung vollzogen haben, dargestellt. Pie<br />

Kbnigsgalerie enthkit liber <strong>der</strong> Rose die Taufe Chiodwigs, <strong>und</strong> man<br />

wird daher den Schiul3 ziehen mùssen, daB wir in den librigen<br />

Figuren seine Nachfoiger trnd nicht vie in <strong>der</strong> Panser Kônigsreihe<br />

die Vorfahren Christi zu sehen haben. Notre-Dame de Reims est<br />

t cathédrale nationale; tes autres sont catholiques, c'est-à-dire uni-<br />

,versetles, cite seule est française.') 51e ist die Krônungskathedraie<br />

<strong>und</strong> durch ihr Hauptportal zog <strong>der</strong> Kdnig mir Krnung ein. Er<br />

hitte aiso beim Einzuge zu semer Rechten an GewAnde den Erzbisohof<br />

Remigius <strong>und</strong> umnittelbar liber sich, auf <strong>der</strong> rechten Halfte<br />

des untersten Tympanonstreifens, die Tauf e Chlodwigs gehabt. An<br />

linken Gewande ist <strong>der</strong> heilige Nikasius mit semer Schwester<br />

Entropia, auf <strong>der</strong> hnken llAlfte des unteren Tympanonstreifens das<br />

Martyrium bei<strong>der</strong> dargestelit. Auch das rechtfertigten die beson<strong>der</strong>en<br />

Verhaltnisse; Bischof Nikasius war samt semer Sciwester<br />

auf <strong>der</strong> Schwelle des Hauptportals <strong>der</strong> ersten Kathedrale nie<strong>der</strong>-<br />

1) E. MALE, L'art religieux du XII? siècle en Francs. Paris 1902 p. 434.<br />

5.


- 68 -<br />

gehauen worden. Noch die heutige Westfassade zeigt, wie ungern<br />

man die Heiligen vom llauptportal verdrLtngt nid wie man sie daf<br />

iir gewissermal3en entschftdigt bat. Die Kônigsgalerïe enthi1t, wie<br />

schon bemerkt, statt <strong>der</strong> judisehen die franzôsischen Kinige, <strong>und</strong><br />

an <strong>der</strong> Innenseite des Portalpfeilers steht die Statue des Nikasius.<br />

Bine Schwierigkeit fUr unsere Hypothese kônnte man in einigen<br />

Unstimmigkeiten am Gewinde <strong>der</strong> alten Portale sehen. Die Portale<br />

in Amiens sind in <strong>der</strong> Anlage einheitlich, die heutigen \Vestportaie<br />

in Reins ebeufalis. Die Figuren an beiden Gewiinden des Heiligenportais<br />

<strong>und</strong> die drei Apostel am rechten Gewande des Gericlitsportais<br />

stehen dagegen auf Postamenten, die sich auf einer gemeinsamen<br />

Soekelbank erheben, flhrend die drei Apostel am linkeu<br />

Gewide des Geriehtsportais ami die fUr das Marienportai bestimmten<br />

Propheten von k!einen, ausgekra.gten Figuren getragen<br />

werden. Die 1Ti1f te <strong>der</strong> Gewitndestatuen, niLinlicli die sechs am<br />

Heiligeuportal <strong>und</strong> die drei liuken am Gerichtsportal haben Nimben,<br />

die au<strong>der</strong>en nieht. <strong>Das</strong> Mittelportal ist also einheitlieh (Figaren<br />

auf Postamenten <strong>und</strong> mit Nimben), das Marienportal wre ebenfails<br />

einheitlich geworden (Figuren ohne Postamente <strong>und</strong> ohne Nimben),<br />

das Gerïchtsportal zeigt ein Schwanken (die drei Apostel ohne<br />

Nimben stehen auf Postamenten, die drei mit Nimben auf kleinen<br />

Kragfiguren, d. h. die Gruppe, die sich in <strong>der</strong> einen Beziehung dem<br />

Mittelportal ansehlieflt, fo!gt in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en dem Marienporta!). <strong>Das</strong><br />

Marienportal, von dem nur die Gewtndestatueu zur Ausftihrung gekommen<br />

sind, ist natflrlich des jiingste, <strong>und</strong> das Heiligenportal ist<br />

iufo1gedesen das alteste. Es zeigt sieh also kein planloses Durcheinan<strong>der</strong>,<br />

son<strong>der</strong>a eine Entwiek!ung von Heiligen- zum Marienportai.<br />

Sehliet3iïch ist noeh die Frage aufzuwerfen, ob <strong>der</strong> Stil <strong>der</strong><br />

Figuren erlaubt, sie zeit!ich vor die Figuren <strong>der</strong> Westfassade zit<br />

setzen. Denn, wenn uusere Hypothese richtig sein sou, miissen<br />

die Portale vor dem Entwurf f Ur die neue Westfassade vollendet<br />

gewesen sein. Wi<strong>der</strong>spricht dieser Datierung nicht <strong>der</strong> Stil <strong>der</strong><br />

Christusfigur am Pfeiler des Geriehtsportais? In <strong>der</strong> Tat, diese<br />

Figur ist jtinger o<strong>der</strong> zain mindesten nicht alter ais z. B. die Heinsuchungsgruppe<br />

an <strong>der</strong> Westfassade. Aber es ware ein hôchst<br />

merkwiirdiger Zufal!, wenn zur Zeit des Wechsels in <strong>der</strong> Bauleitung<br />

zwei Portale <strong>der</strong> alten Westfassade genau bis auf die letzte Figur<br />

nid die letzte Qua<strong>der</strong>. f ertig gewesen wiiren. Ist <strong>der</strong> Meisterwechsel<br />

aber in dem Augenbliek eingetreten, aus sich das Geriehtsportai<br />

<strong>der</strong> Vollendung naherte <strong>und</strong> des Marienportal eben erst in


- 69 -<br />

Angriif genoinmen war, so konnte JEAN LE Loup den sechs Proplietenstatuen<br />

einen Platz in seinem neuen Fassadenentwurf anweisen,<br />

'flhrend er die schon in grBerea <strong>und</strong> wiehtigeren Teilen<br />

ausgefithrten beiden an<strong>der</strong>en Portale vorliLufig liegen lassen muf3te.<br />

Denn die dringendste Aufgabe, die semer harrte, wax die 1Jo1i<br />

eiidung des Chores, <strong>und</strong> erst ais nach ihrer Lsung lin Jahre 1241<br />

Steinmetzen in genilgen<strong>der</strong> Zahi frei geworden waren, konnten die<br />

Portale an ihren heutigen Platz versetzt werden, da disse Arbeit<br />

ziemlich zeitraubende Eingriff e in das konstruktive Gerippe <strong>der</strong><br />

nôrdiichen Querhausfassade nbtig machte; Vorher mul3ten natiirlich<br />

die fehienden Stiieke nachgearbeitet werden. Die stilkritische<br />

Untersuchung dieser Stiicke kann deshaib mir feststellen, wie lange<br />

nach 1241 die Versetzung <strong>der</strong> Portale vorgenommen worden ist.<br />

Bis zur endgiiltigen Aufstellung <strong>der</strong> alten Portale batte, sich <strong>der</strong><br />

Stil an <strong>der</strong> neuen Westfassade, die gerade se vie jene zunftchst<br />

mehr Bildhauer- ais Steinmetzenarbeit erfor<strong>der</strong>te <strong>und</strong> daher sogleich,<br />

schon vor <strong>der</strong> Voilendung des Ohores, in Angriif genommen werden<br />

konute, weiter' entwickeit, <strong>und</strong> darum kaun man, o5ine Schaden f iir<br />

imsere ilypothese, einige Figuren <strong>der</strong> Westfassade zwischen die<br />

iiitere lTauptmasse <strong>und</strong> den jiingeren Rest <strong>der</strong> Skulpturen an dcii<br />

Querhausportalen zeitlich einreihen, ja, die Annahme eines Wechsels.<br />

des Fassadenprojektes <strong>und</strong> einer vorlLiufigen Zuruckstellung <strong>der</strong><br />

beiden a.Iten Portale gibt aliein 'eine einleuchtende Erklârung f11 r<br />

die Tatsache, daB einzelne Teile des Gerichtsportals .jflnger sind<br />

ais die altesten Figuren hi dein neuen Zykins <strong>der</strong> heutigen Westfassade.<br />

Wir kehren jetzt zum Gesamtentwnrf des JEAN nOitBA1s zuriick.<br />

In Chartres hatte mail auf das Ûbergewicht <strong>der</strong> Querhaustiirme<br />

verzichten miissen, weii die Seitenschiffsjoche des Langhauses wegen<br />

<strong>der</strong> Laibung <strong>der</strong> Westportale in <strong>der</strong> Nord-Siid-Richtung gestreckt<br />

werden mul3ten '(vgl. S. 39). Die Portallaibungen <strong>der</strong> ersten Reimser<br />

Fassade waren aber nicht in die Wand des westliclien Joclies,<br />

son<strong>der</strong>a zwischen die Strebepfeiler gefallen. Deshaib mul3ten die<br />

Seitenschiffsjoche quadratisch angelegt werden; denn sonst Mtten<br />

die Westtùrme eine obknge, in <strong>der</strong> Ost-West-Richtung gestreckte<br />

Basis erhalten. Wkre nun die Jochweite bis zur Vierung durchgefiihrt<br />

worden, so wire durch das ôst]icliste Langliausjoch f tir das<br />

Qaerhaus dieselbe SeitenschifTsbreite <strong>und</strong> daniit dieselbe Turinbais<br />

festgelegt worden. Da aber gerade das vermieden werden soute,<br />

wie die Kathedralen von Laon <strong>und</strong> Chartres zeigen, so •war beim<br />

ôsthchsten Langhausjoch eine kleine Unregeimal3igkeit nicht Zil 1l1-


- 70 -<br />

gelien; es inul3te selimaler o<strong>der</strong> breiter werden. Eine Verringerung<br />

des Achsenabstandes wftre ans cinem doppelten Gruride unzweckmiil3ig<br />

gewesen, erstens, weil dama die Querhausttirme kleiner ais<br />

die Westtiirme geworden wiren, <strong>und</strong> zweitens, weil die liebte Weite,<br />

die selon bei gleichem Achsenabstande *egen <strong>der</strong> grôl3eren St&rke<br />

<strong>der</strong> Vierungspfeiler geringer ist ais in den tibrigen Jochen, a112u<br />

kiein geworden ware. Es bileb also nur eine Verbreiterung <strong>der</strong> Querhausseitensehiffe<br />

iîbrig. Tin Chore gelang es librigens dem Meister,<br />

ans <strong>der</strong> Not eine Tugend w machen, indem er den Achsenabstand<br />

<strong>der</strong> drei loche ailmahiicli von West nach Ost abnehmen <strong>und</strong> schlleBlich<br />

die Haifte eines regeimitOigen Zehnecks mit noch etwas geringerer<br />

Achsenweite folgen hel). Dadurch wurde zugleiéh ein guter<br />

Ânschlul3 des halben Zehnecks au den Langchor erreicht. Deun<br />

die GewiIbekappen eines regulitren 5J 1 -Chores mllssen mit dem Gewôlbe<br />

des ôstlichen loches zusammengezogen werden, weil sonst ihr<br />

Schluf3stein auf den stIichsten Gort f alien <strong>und</strong> ihn in wagerechtêr<br />

Rielitung durchdriicken wUrde. Hat nun das iistlichste Joch dieselbe<br />

Breite wie die an<strong>der</strong>en Joche, wie z. B. in Soi.ssons <strong>und</strong> Troyes,<br />

50 biic].en die Diagonairippen seines mit dom Chorhauptc zusammengezogenen<br />

Gewôlbes mit dem Gurtboden chien grôfleren Winkel ais<br />

die Rippen <strong>der</strong> tibrigen Gewôlbe. Durci die B.eduktion <strong>der</strong> Jochbreite<br />

ist non erreicht worden, daB das hale Krenzgewôibe auch<br />

mir ein Joch von etwas meir ais haiber Breite zu decken hat, <strong>und</strong><br />

daB infolgedessen die Rippen mit dom Gurt annahernd densèlben<br />

Winkei bildeil wie im benachbarten Joch. Rand in Hand mit <strong>der</strong><br />

Abnahme <strong>der</strong> Jochbreite geht die Abnahme <strong>der</strong> Pfeilerstarke. Sie<br />

scheint also lediglicli itsthetisch begr<strong>und</strong>et zu sein, in Wahrheit<br />

sind die stftrkeren Pfeiler konstruktiv notwendig. Denn die Pfeiler<br />

n1 (w, e, e1) <strong>und</strong> ç (w. e, e1) tragen die Querhaustlirme. Den Pfeilern<br />

911 ç <strong>und</strong> ç e1 zuliebe haben aber auch die Pfeiler n e1 <strong>und</strong> se1 dcii<br />

gleichen Durclimesser erhalten. Es ergibt sich also folgende Reite:<br />

Vierungspfeiler n e <strong>und</strong> se (Pfeilerstarke I); Jocb E1, Pfeilerreihe e1<br />

(Pfeilerstttrke Ii = Qnerhausturmpfeiler); Joch E11 in <strong>der</strong> Breite<br />

cines Langhausjoches, Pfeilerreihe e2 (Pfeilerstarke III = Langhauspfeiler);<br />

loch E111 ungefahr in <strong>der</strong> Breite einer Arkade des Chorhauptes,<br />

Pfeilerreihe e3 (Pfeilerstarke IV = Apsispfeiler). Die Ver-<br />

.stitrkung <strong>der</strong> Pfeiler im Qnerhause (n1 w <strong>und</strong> n1 e, s w <strong>und</strong> si e)<br />

war astiietisch deshalb môghch, weil die Querhausarme auf zwei<br />

loche beschraukt sind. Infolgedessen stehen die. Turmpfeilcr im<br />

Quethause nicht mit schlankeren Pfeilern in einer Reihe. Es ist<br />

aiso die Rfleksicht auf die verschiedenen Pfeiierstarken gewesen,


- 71 -<br />

die den Meister JEAN D'ORBAIS gezwungen hat, den Chor <strong>und</strong> das<br />

Querhaus kflrzer auzulegen ais in alleu an<strong>der</strong>en Kathedralen. Deun<br />

die Einfiigung eines einzigen Joches hutte aile feinen Berechrningen<br />

liber den Haufen geworfen. Aul3erdem brachte die Reduktion des<br />

Querhauses noch einen an<strong>der</strong>en Vorteil mit sich: die Strebepfeiler<br />

m, n <strong>und</strong> o konnten an den Querhaustiirmen stftrker gebildet werden,<br />

da an <strong>der</strong> Ost- <strong>und</strong> Westseite des Querhausès sonst keine Strebepfeiler<br />

angebracht zu werdeu brauchten, die zum Vergleich mit den<br />

Purmstreben heransfor<strong>der</strong>ten, <strong>und</strong> die Verstrebnngen y, die nieht<br />

bis zum Erdboden herunterreidhen, erhalten durch die Strebeb5gen<br />

liber w1 <strong>und</strong> e1 einen Gegensehub. Auch die unsehône Durehkreuzung<br />

<strong>der</strong> Strebewerke des Lang- <strong>und</strong> Querhauses bei t w1, 81 w1, 81e<br />

<strong>und</strong> n 1 e1 fufllt weg.<br />

Die stark zentralisiereude Tendenz <strong>der</strong> Ostpartie wird dureh<br />

das langgestreckte Schif abgescliwuicht, <strong>und</strong> es drungt sich daller<br />

die Frage auf, ob das Schiif nach dem Plan des ersten Meisters in<br />

dieser Lunge beabsichtigt war. Pas Langhaus <strong>der</strong> gleichzeitigen<br />

Bauten, <strong>der</strong> Kathedraien von Chartres <strong>und</strong> Amiens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abteikirche<br />

von St. Nicaise in Reims ist bedeutend kiirzer; es zuiliit in<br />

den beiden zuietzt genannten Kirchen sieben Joche. Bedenken wir<br />

ferner, daB an <strong>der</strong> Stelle des Nordtunnes <strong>der</strong> heutigen Westfassade<br />

eine um 1200 erbaute Kapelle stand (vgl. S. 44f.), So liegt die Vermutung<br />

nahe, daB man ursprunglich nicht mit dem Abbruch dieses<br />

erst voi kurzem vollendeten Bancs gerechnet bat. Wenn schon<br />

JEAN D'OauÂIs die Kathedrale in ihrer heutigen Ansdehnung geplant<br />

hutte, hutte er den Ohor weiter nach Osten vorschieben<br />

kônnen, wie es sputter in einem, iihnlichen Falle in Amiens geschehen<br />

ist. Nun bat man schon seit langer Zeit versucht, die<br />

Frage durch die bei w8 bemerkbare Naht zu lôsen 1). Dabei ist aber<br />

libersehen worden, daB diese Naht mir im Hocaschiff die Joche VI<br />

<strong>und</strong> VII trennt In den Seitenschiffen befindet sie sich um ein<br />

Joch wciter westhcli, also bei w,. Bis hierher bat das Wandsockeiprofil<br />

oins ilohikehie, in den Jochen VIII—x nicht. An den<br />

Pfeiierbasen un Mittelsehiif kônnen wir die Hohikehie nui , bis w6<br />

verfolgen. .Also bat bei w7 die erste Westfassade gestanden. Die<br />

Portale passen ja, wie wir gesehen haben, genau in den Querschnitt<br />

des Langhauses. Pas Heiligenportai wird bereits vollst<strong>und</strong>ig aufgefiihrt<br />

gewesen sein, von den beiden Seiteuportalen werden die<br />

Laibungen gestanden haben 2).<br />

1) VgI. z. B. die scion bel D. &. V. B. II, S. 155, wi<strong>der</strong>legte I ' pothese.<br />

Vom Gerichtsportal waren aa<strong>der</strong>dem Teile des Tympanons <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ardu-


- -<br />

Aber bat denn iibcrhaupt JEAN D'OREMs schon das Langbaus<br />

begonnen? Per Text des Labyrinths berichtet uiehts davon, <strong>und</strong><br />

darum stelit es auch ANTHYME SAINT-PAUL in Abrede.') Trotzdem<br />

mflssen wir auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> stilkritischen TJntersuchung den<br />

Seblu6 ziehen, daB JEAN D'OBBMs die Kathedrale in ihrem ganzen<br />

Umfange, vom Chore bis zur Fassade, in Angriff genommen <strong>und</strong> sici<br />

erst spâter auf die Hochfiihrung des Querliauses <strong>und</strong> Chores beschri%nkt<br />

bat. Die Kapitelle <strong>der</strong> Pfeiler <strong>und</strong> Wandpfeiler stehen bu Langliausse<br />

bis t; auf <strong>der</strong>selben Stiistufe wie 1m Chore. Noeh vichtiger sud<br />

die Basen. Sie bestehen im ganzen Erdgescho3 - einschuieBlich<br />

<strong>der</strong> Querhausportale! - an den Pfeiiern bis w6, am Sockel <strong>der</strong> Seitensc1uffswtnde<br />

bis w7 ans Wuist, Kehie <strong>und</strong> Wnlst, ebenso im Triforium<br />

bis W5, abgesehen von <strong>der</strong> westlichsten freistehenden <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> mit den Pfeilern w1 verb<strong>und</strong>enen Situle. An den Basen <strong>der</strong><br />

Maf3werksu1ehen in den Fenstern des Querhauses <strong>und</strong> ilochehores<br />

fehl.t dagegen die Kehie; aiso bat sich noôh unter JEAN D'ORDAIS<br />

<strong>der</strong> Wechsei in <strong>der</strong> Basenform volizogen. Dai'aus folgt weiter, daB<br />

JEAN D'ORRAIs die Seitensehiffe des-Langhauses vor dem llochschiff<br />

des Querhauses ausgeftihrt bat.<br />

Nach seinem Projekte soilten die Strebepfeiler w 6 <strong>und</strong> W. <strong>und</strong><br />

die Pfeiler w6 die Westtilrme tragen. Ailerdiugs ist DEirAIsoN <strong>der</strong><br />

Ansicht, die Pfeiler seien zu schwach fur die Lan <strong>der</strong> Tiirme').<br />

Pas in jedoch ciii Irrtum; denn die Westtùrme witren leichter geworden<br />

ais die Querhaustiirme, da sic sich ja liber einer sehmIeren<br />

BaS erheben soliten. Deshaib dari man, wenn man die Tragfahigkeit<br />

<strong>der</strong> Pfeiler vergleiehen will, nicht die Pfeiler w6 mit den<br />

librigen Langhauspfeilern vergieichen - demi diese konnten ja ans<br />

àsthetisehen Grflnden ein Plus an Stàrke erhalten haben -, son<strong>der</strong>n<br />

man muB fragen: Hutte das Gewicht <strong>der</strong> Tonne in demselben<br />

Verhaltnis gestanden, svie die Tragfithigkeit <strong>der</strong> T n r m pfeiler, aise<br />

<strong>der</strong> Pfeiler im Langhause euler- <strong>und</strong> bu Querhause an<strong>der</strong>erseits?<br />

Die Tragfiilligkéit <strong>der</strong> Pfeiler in bei gleicher Hôhe <strong>und</strong> gleichem<br />

Material dem Quadrate ihrer Dnrchmesser direkt proportional. Pas<br />

Gewicht <strong>der</strong> Tùrme in uns, da sie ja niclit ausgefûhrt worden<br />

sud, nieht genau bekaunt. Aber wir werden nicht fehigehen, wenu<br />

volten vollendet. Aber sie knnen nur 1m Atelier gelegen haben, da <strong>der</strong> Pfeiler<br />

mit <strong>der</strong> Ohristusstatue erat unmittelbar vor <strong>der</strong> Versetaung des Portais an die<br />

Querhausfassade ausgefiihrt worden ist (vgl. S. 68 f.).<br />

Bull. mon. 1906, LXI, S. 311.<br />

2) Bu!!. mon. 1902, LXVÎ, S. 851.


- 73 -<br />

wir annehmen, da g die Westtiirme nicht mir schlanker, son<strong>der</strong>a<br />

;aueh, wie in Laon, niedriger ais die Querhaustiirme werden soilten,<br />

nid zwar ungefahr un so vie], daB die Hôheu in demselben Verlialtuis<br />

gestanden hatten, wie die Seiten <strong>der</strong> Basis. Dann wtirden<br />

sieli die Gewichte <strong>der</strong> Tiirme zueinan<strong>der</strong> verhalten wie die Kuben<br />

•<strong>der</strong> Basisseiten. Bezeichnen wir die Pfeilerdurehmesser mit a nid fi,<br />

die Seiten <strong>der</strong> Turmbasen mit a nid b, so ergibt sich die Glei-<br />

-chung: ce : fi2 = : M. Lei<strong>der</strong> erlaubt <strong>der</strong> Maflstab de y mir zur<br />

Verfflgung stehenden Aufnahmen nicht, den Durchmesser <strong>der</strong> Pfeiler<br />

mit genugen<strong>der</strong> Sicherheit zu messen. Aber ungefâhr ergibt die<br />

Messung sowohi fûr 2 : fi2 ais auch fur a 2 : b3 du Verhitltnis 3:4.<br />

Wenn also die Pfeiler in Querhause fur die Querhaustiirme stark<br />

genug sind,. so hatten auch die Pfeiler w0 die von JE D'OItBAIS<br />

geplanten Westtffrme zu tragen vermocht. Die Berechnung <strong>der</strong><br />

Tragfahigkeit <strong>der</strong> Pfei]er bestatigt daher im Verein mit <strong>der</strong> stilkritischen<br />

Untersuchung des Langhauses die Richtigkeit unserer<br />

:schon fur die Kathedraie von Chartres über dus Verhaltnis <strong>der</strong><br />

Fassaden <strong>und</strong> Piirme zum Gesamtaufri13 <strong>und</strong> -gr<strong>und</strong>riB aufgestellten<br />

Hypothese auch in dem Punkte, da g die Pfeiler <strong>der</strong> Tuirme im<br />

Innern ais soiche gar nicht bemerkt werden soliten.<br />

Ber Àuflenbau hutte eine streng zentral komponierte Gruppe<br />

ergeben: in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> den ganzen Bau beherrschende Vierungsturm,<br />

an den Fassaden <strong>der</strong> sehr kurz gehaltenen Querhausarme<br />

vier grolle Turne, die mit dem Vierungsturm eine Grippe gebildet<br />

hiitten, am Ende des Langhauses zwei kleinere, <strong>der</strong> ôstlichen Gruppe<br />

untergeord.nete Fassa<strong>der</strong>itllrhie. Die Durchbrechung <strong>der</strong> streng zen-<br />

-tralen Komposition <strong>der</strong> Ostpartie durch einen langeren Westarm<br />

war ans praktischen Griinden unvermeidlich. Aber das Langhaus<br />

durite doch eine gewisse Lange nicht ulberselireiten, wenn das Prinzip<br />

-<strong>der</strong> Subordination aller Fassadenturme inter den Vierungsturm<br />

nicht aufgegeben werden solite. Deshalb zog <strong>der</strong> zweite Meister, ais<br />

•er sich zur Verlungerung des Langhauses uni Joche entschlossen<br />

batte, ans dieser An<strong>der</strong>ung des Gr<strong>und</strong>risses die Konsequenzen fur den<br />

Aufrifi: anstatt die Ubrigen Turme dem Vierungstnrm unterzuordnen,<br />

sehiif er <strong>der</strong> ôstlichen Turmgruppe ein Gegengewicht in Gestalt von<br />

zwei grollen Westtormen. Damit war du Prinzip <strong>der</strong> Subordination<br />

durch das Prinzip <strong>der</strong> Koordination abgelôst. Jetzt waren auch starkere<br />

Turm pfeiler notwendig; daher erhielten die Pfeiler w9 die Strke <strong>und</strong><br />

die Gestalt <strong>der</strong> Vierungspfeiler. <strong>Das</strong> Jocli WIx wurde ais ,,Strebejoch"<br />

wie in St. Denis (S. 6) ausgebildet, indem die Ruickwand des<br />

Triforiums dicker <strong>und</strong> du Maøwerk <strong>der</strong> Hochschiffsfenster st&rkei'<br />

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ausgefahrt ami den Pfeilern w8 1) die Stkrke <strong>der</strong> Querhauspfeiler<br />

gegebeu wurde. Die Vergrôl3erung <strong>der</strong> Turmbasis zog fUr den Aufrifi<br />

<strong>der</strong> Fassade eine weitere Konsequenz naeh sich; denn sie batte<br />

dies elben Schwierigkeiten heraufbeschworen wie in Noyon <strong>und</strong> Paris<br />

(S. 7 f: <strong>und</strong> 14ff.). Deshalb wurde liber dem Rosengeschofl ein breites<br />

horizontales Baud angeordnet: die Kônigsga] erie. Pas Mitteistiick<br />

vom Scheitel des HauptportaIes bis zum Rosenseheitel behielt in<br />

Entwurf des Jun{ xis Loue dieselbe Gestalt wie bei JEAN D'OEBAiS,.<br />

erst BERNARD DE SolssoNs riickte das Gesims liber dem Triforium<br />

tiefer <strong>und</strong> das Gesims liber <strong>der</strong> Rose hOher, um den Turmfentern<br />

neben <strong>der</strong> Rose elue grôf3ere ilôhe zu geben (vgl. S. 57). Er wird<br />

es auch gewesen sein, <strong>der</strong> an Stelle eines breiten zwei schmaie<br />

Fenster gesetzt bat.<br />

Ais Grand f lii' die Verikngerung des Langhauses bat man angegeben,<br />

daB sich die Kathedrale f hr die Krônungsfeieriichkeiten<br />

ais n klein erwiesen habe.2) Aber diese Erkliirung geht von <strong>der</strong><br />

Annalime ans, da g die heutige Westfassade ursprilnglich bel w6.<br />

nach <strong>der</strong> Vollendung <strong>der</strong> Joche W7—W errichtet <strong>und</strong> ungefiihr<br />

uni an ihre heutige Stelle •versetzt worden sei. Wir haben<br />

aber gesehen, daB <strong>der</strong> Planwechsel mit ftem Meisterwechsel zusammenhing<br />

<strong>und</strong> daB ev zu <strong>der</strong> Ait eintrat, ais von Langhause<br />

mir die Seiteiischiffe <strong>und</strong> von <strong>der</strong> ersten Fassade nur zwei Portale<br />

- <strong>und</strong> zwar bei w,, nicht bel w6 - voflendet waren, also zu einer<br />

Zeit, ais von <strong>der</strong> Benutzung dès Langhauses noch nicht die Rede<br />

sein konnte. Wir werden aiso eine an<strong>der</strong>e Erkirung suciien miissen.<br />

Erinnern wir uns (vgl. S. 45, Aiim. 5), daB bald, nachdem de y Gr<strong>und</strong>stein<br />

zur Reimser Rathedrale geiegt worden war, zwei Suffragane<br />

des Erzbisehofs, dey Bisehof von Amiens im Jahre 1220 <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Bisehof von Beauvais im Jalire 1225; den Neubau ihrer Kathedraie<br />

in grôf3erem Mafistabe beganneu ais ihr Metropoht, so begreifen<br />

wir, daB. uni 1235 <strong>der</strong> neue Meister dem neuen Bauherru,<br />

<strong>der</strong> seit 1227 auf dem erzbisehôfiichen Stuhie safi, ein neues Projekt<br />

unterbreiten kounte, das in <strong>der</strong> Grôfle mit dem Unternehrnen<br />

<strong>der</strong> beiden Suffraganbischtife zu wetteif cru <strong>und</strong> durch die Entfaltung<br />

- eines ungeheuren Reichtums an Skuipturen ailes bisher geieistete<br />

in dcii Schatten zu steilen vermoehte. Es war ein gilicklicher<br />

Zuf ail, daB Jniw D'ORBAIs sein Werk erst soweit ausgeflihrt<br />

1) Bei GAILHÂ1,AUD faiseb, bei Kwu <strong>und</strong> in den ,Cathédrales de France"<br />

Shtig dargestelit.<br />

2) D. & V. B. 11 S. 155.<br />

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batte, dàl3 eine Umarbeitung seines Entwnrfes durch JEAN I.E Lobp<br />

noch môglich war. Es ergaben sich keinerlei Unstimmigkeiten,<br />

son<strong>der</strong>a die Komposition, 'vie wir sie heute nocli vor uns sehen,<br />

ersoheint wie aus einm G-u13. Nur die beiden Westportale 'des<br />

JEAN n'ORBAIS, mit denen sein Nachfolger nichts anfangen konnte,<br />

<strong>und</strong> die Skizzen, in denen VILLAED DE HomEcoUET uns den<br />

Entwurf des ersten Meisters f lir das Langliaus <strong>und</strong> dem Hochchor<br />

liberliefert bat, geben lins den Anstol3, nach dem ursprlinglichen<br />

Gesamtprojekte zu forsehen. Dieses bat JEAN LE LOUE mit<br />

<strong>der</strong>selben Genialitiit umgebildet, mit <strong>der</strong> MICRELANGEL0 den Plan t<br />

BRAMANTES fur St. Peter in Rom zu, Ende geftihrt bat.<br />

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Lebenstauf.<br />

Am 8. November 1882 bin lob, HANS CARL KUNzE, in Magde-<br />

' burg geboren. Von Ostern 1839 an besuchte ich drei Jahre lang<br />

die Bflrgerschule in Magdeburg-Neustadt. Ostern 1892 trat ich in<br />

'das stadtische Kônig Wilhelms-Gymnasium in Magdeburg ciii. Von<br />

Ostern' 1.901 bis Ostcrn 1902 studierte ich in Halle, im Sommersemester<br />

1902 in Marburg, bis zuin llerbst 1904 wie<strong>der</strong> in Halle<br />

evangelisohe Theologie. Ich hôrte Vorlesungen bei den Herren Professoren<br />

<strong>und</strong> Dozenten ÀALL, OLErn:N, C0NRAD, GERUARD FrcEElt,<br />

GoLusountur, ll&un t, llzRniG, HERRtANN. Hoa3wrn, .JOTJOBER,<br />

• Kïrnn, EMU KAUTZSOfl t, XRAETiSCHMAR t, Kxncuon' t, Loors,<br />

LÙTGEwr, Miaur, RErscaE -f, Rornn, RoTRsrnN. SCØWARZ, SoMMt-<br />

LAD, STAMMLER, STEULENAGEL, Upnurs, VAImiiGnt, WnNEOJC t.<br />

1m Dezember 1905 béstand 1 ich dus Examen pro licentia concionandi.<br />

1m Januar 1906 hezog ici die Tjniversitiit zu Straflburg i. E.,<br />

um christliche Archàologie <strong>und</strong> Kunstgeschichte ni studieren. Moine<br />

Lehrer waren hier die Herren Professoren <strong>und</strong> Dozenten DEKIO,<br />

JoaàNNns Ficnn, HAETMANN, Micna'tis t, PoLAczn, SaEGEL-<br />

EERG) WINTEB. Theologisehe Vorlesungen harte ich noch bei lierrn<br />

Lie. Tir. Sca'wnTzn. Am 24. Juil 1909 bestand ici das philosophiseh&<br />

Doktorexamen. Vom 1. Oktober 1909 bis zum 80. Sémptember 1910<br />

genbgte ici meiner militiirischen Dienstpfficht im Badisohen Fui)artillerieregiment<br />

Nr. 14 in StraBburg j. E. Seitdem bin ich mit dei,<br />

Erweiterung meiner Doktorarbeit <strong>und</strong> mit cinigen kleineren taugeschichtlichen<br />

Untersuchungen bescMftigt<br />

Mien meinen verehrten Lehrern bin Ïch zu grof3em Dauke verpflichtet,<br />

ebenso Herrn Professor Dr. WUÀJIELM VÔGE in Freiburg i. B.<br />

fUr das lebhafte J.nteresse, das or meuner Arbeit entgegengebi-acht<br />

bat, <strong>und</strong> f lir seine vielfach bewiesene Hilfsbereitschaft.<br />

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