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BuMa_2010_04 - Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische ...

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DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />

normierte Werte<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

MBV GP TW<br />

3,7E-4<br />

2,8E-27<br />

7,0E-3<br />

0,0<br />

0 5 10 15 20<br />

Protonenenrgie Protonenenergie (keV)<br />

Abb. 3. Maxwell - Boltzmann - Energieverteilung (MBV, berechnet <strong>für</strong> 15 Mio .<br />

K), Tunnelwahrscheinlichkeit (TW) und Gamow-Peak (GP), aufgetragen gegen<br />

die Protonenenergie (normierte Darstellung). Die eingetragenen Ziffern geben<br />

die Absolutwerte der Funktionen bei den jeweiligen Protonenenergien<br />

an; TW dimensionslos; MBV 1/V; GP m³/(s V).<br />

Es gibt also relativ viele Teilchen niedriger Energie, deren Tunnelwahrscheinlichkeit<br />

äußerst gering ist, und umgekehrt gibt<br />

es extrem wenige Teilchen hoher Energie, deren Tunnelwahrscheinlichkeit<br />

relativ hoch ist.<br />

Das Produkt der Tunnelwahrscheinlichkeit D E bei der Energie<br />

E und der Verteilungsfunktion bei gleicher Energie dN E/(N dE)<br />

gibt die Anzahl der fusionsfähigen Teilchen der Energie zwischen<br />

E und E + dE relativ zur Gesamtzahl N aller Teilchen<br />

an. Das Produkt hat irgendwo zwischen den Extremen niedriger<br />

Energie, bei dem die Tunnelwahrscheinlichkeit gegen Null<br />

geht, und hoher Energie, bei dem die Verteilungsfunktion gegen<br />

Null strebt, ein Maximum.<br />

Damit die Fusionsreaktion der fusionsfähigen Teilchen im<br />

Energiebereich zwischen E und E + dE wirklich stattfi ndet,<br />

müssen diese zusammenstoßen; wir müssen – wie in Gl. (7)<br />

– ihre Stoßzahl berechnen, die durch die mittlere Relativgeschwindigkeit<br />

und den Stoßquerschnitt der Protonen im angegebenen<br />

Energiebereich gegeben ist.<br />

Die mittlere Relativgeschwindigkeit der Protonen mit der Energie<br />

E und der reduzierten Masse μ ist u E = (2 E / μ) 1/2 .<br />

Wir hatten in Gl. (7) wie bei chemischen Reaktionen als Reaktionsquerschnitt<br />

s den aus dem Protonendurchmesser folgenden<br />

geometrischen Querschnitt (p d 2 ) eingesetzt. Wir müssen<br />

aber den Wellencharakter der Protonen berücksichtigen, der<br />

durch ihre de-Broglie-Wellenlänge l E (und damit durch deren<br />

Impuls p E = m u E bzw. Energie E) beschrieben wird und der ihre<br />

wirksame Größe bestimmt:<br />

2<br />

sE ≈ p lE (12)<br />

lE = h / pE = h / (m uE) = h / (2 m E) 1/2 ;<br />

Bei einer Energie von 10 keV hat ein Proton eine Wellenlänge<br />

von 3•10 -13 m (zum Vergleich: Protonendurchmesser<br />

2,6•10 -15 m); damit ist sein Reaktionswirkungsquerschnitt<br />

etwa 10.000-mal größer als sein geometrischer Querschnitt.<br />

ASPEKTE<br />

Die Werte <strong>für</strong> die Anzahl der Protonen dN E/(N dE), ihre wellenmechanische<br />

Tunnelwahrscheinlichkeit D E, ihre Relativgeschwindigkeit<br />

u E und ihren wellenmechanischen Reak tionsquerschnit t<br />

s E, alle bei der Energie E, werden nun als Produkt zusammengefasst<br />

zur differentiellen Fusionsgeschwindig keitskonstante<br />

(Dimension m 3 /s/V).<br />

In Abb. 3 ist als Funktion der Energie aufgetragen<br />

(schwarzer Kurvenzug). Die als Gamow-Peak bezeichnete<br />

Kurve hat unterhalb 2 und oberhalb 16 MeV vernachlässigbar<br />

kleine Werte; sie hat ein Maximum von 2,8•10 –27 (m 3 /s/V)<br />

bei 5,8 keV. − Durch Integration des Gamow-Peaks über die<br />

Energie (in Volt) wird die integrale Fusionsgeschwindigkeitskonstante<br />

= 1,6•10 –23 m 3 /s erhalten (≈ Produkt aus<br />

Halbwertsbreite (5,4 keV) und Höhe des Gamow-Peaks).<br />

Der klassische Ausdruck der Fusionsgeschwindigkeit Gl. (7) wird<br />

ersetzt durch den die Wellenmechanik enthaltenden Ausdruck<br />

v = ½ (N / V) 2 (13)<br />

Mit den oben angegebenen Werten <strong>für</strong> die Protonendichte<br />

folgt aus Gl. (13) die Fusionsgeschwindigkeit im Sonnenkern<br />

v ≈ 6•10 40 /(m 3 s). − Der tatsächliche Wert ist in der Größe von<br />

nur 3•10 13 /(m 3 s), wie weiter oben gezeigt.<br />

Der Unterschied von weit über 20 Zehnerpotenzen liegt nicht<br />

in der mit der Wellenmechanik aufgebesserten klassischen<br />

Theorie der Reaktionskinetik; er ist vielmehr dadurch bedingt,<br />

dass die die Fusion auf der Sonne auslösende pp-Reaktion den<br />

schwachen Wechselwirkungen (Emission eines Neutrinos) unterliegt<br />

und daher extrem verzögert ist. Das Proton kann zwar – wie<br />

beschrieben – schnell durch den Potentialwall eines anderen<br />

hindurchtunneln, da aber die Stabilisierung des entstehenden<br />

hoch angeregten Zwischenkerns ( 2 He) durch Emission eines<br />

Elektron-Neutrino-Paars nur langsam erfolgt, kann es ebenso<br />

schnell wieder heraustunneln. Der Zusammenstoß zwischen<br />

den beiden Protonen war also erfolglos. Dies wird durch den<br />

nuklearen oder astrophysikalischen S-Faktor beschrieben, mit<br />

dem die Fusionsgeschwindigkeit nach Gl. (13) zu korrigieren ist.<br />

Er kann jedoch experimentell nur bei hohen Energien (> 1 MeV)<br />

bestimmt werden, bei denen die Reaktionsausbeute hoch genug<br />

<strong>für</strong> die Messungen ist. Bei den hier interessierenden niedrigen<br />

Energien (um 10 keV) ist er experimentell nicht zugänglich. –<br />

Wir werden jedoch im nächsten Abschnitt bei der Besprechung<br />

der Fusionsreaktion von Deuterium und Tritium, die den starken<br />

Wechselwirkungen unterliegt, sehen, dass unsere Rechnungen<br />

sehr gut mit dem Experiment übereinstimmen.<br />

So können wir hier abschließend nur qualitativ argumentieren:<br />

Die schwache Wechselwirkung verhindert, dass ein Wasserstoffstern<br />

wie unsere Sonne wie eine Wasserstoffbombe explodiert;<br />

die Sonne kann über 10 Mrd. Jahre stabil brennen.<br />

Sie hat jetzt ein Alter von etwa 4,5 Mrd. Jahren.<br />

Nach der Wasserstoff-Brennphase wird sich der Sonnenkern<br />

unter Temperatursteigung kontrahieren, dann setzt die Helium-Brennphase<br />

ein, der sich nach weiteren Kontraktionen<br />

mit Temperatursteigerungen weitere Brennphasen bis zur Si-<br />

Brennphase anschließen.<br />

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