BuMa_2010_04 - Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische ...
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DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Zwei Möglichkeiten werden experimentell verfolgt, um dieses<br />
Ziel zu erreichen: der Trägheitseinschluss mit extrem hoher<br />
und der magnetische Einschluss des Plasmas mit sehr niedriger<br />
Teilchendichte.<br />
Trägheitseinschluss<br />
Die Massenträgheit eines aus einem Kügelchen festen Deuterium-Tritium-Gemischs<br />
durch Laserblitze erzeugten und gezündeten<br />
Deuterium-Tritium-Plasmas verzögert dessen Expansion<br />
lange genug, um die Fusionsreaktion nahezu vollständig ablaufen<br />
zu lassen. Der Vorgang wird höchstens einen Zeitraum im<br />
Nanosekundenbereich beanspruchen; das Lawson-Kriterium<br />
fordert damit unter idealen Bedingungen eine Plasmadichte<br />
von wenigstens 5•10 28 Deuterium- und Tritiumionen je m 3 . Unter<br />
praktischen Bedingen sollte die Dichte hundertfach höher sein.<br />
Bei einem Fusionszyklus wird ein Kügelchen (Pellet) von einem<br />
Durchmesser weniger Millimeter durch die simultanen<br />
Lichtimpulse einer Vielzahl von Hochleistungslasern (Pulsdauer<br />
3•10 -10 s, Gesamtenergie 3•10 6 J) allseitig bestrahlt<br />
(Abb. 5a). Die Laserenergie wird in thermische Energie umgewandelt,<br />
die nach innen weitergeleitet wird, die aber auch<br />
eine Schicht von wenigen mm aus der Oberfl äche des Pellet<br />
explosionsartig verdampft (Abb. 5b); durch die dadurch entstehende<br />
Druckwelle wird das Pellet auf ein tausendstel seines<br />
ursprünglichen Volumens komprimiert (Abb. 5c), wobei<br />
sich ein Plasma mit N/V ≈ 10 32 / m 3 und T ≈ 10 8 K bildet. Die<br />
Forderungen des Lawson-Kriteriums sind also erfüllt. Die Fusion<br />
wird gezündet, breitet sich nach außen aus und erfasst<br />
schließlich auch den Bereich des vorher verdampften Fusionsgemisches<br />
(Abb. 5d). − Es sind somit Miniwasserstoffbomben,<br />
die hier zur Energiegewinnung eingesetzt werden.<br />
a b c d<br />
a b c d<br />
Abb. 5. Laserinduzierte Fusion eines Deuterium-Tritium-Pellets (Pfeile blau:<br />
Laserstrahlung, gelb: verdampfte äußere Schicht, rot: in thermische Energie<br />
umgewandelte Laserenergie.<br />
Für ein Fusionskraftwerk von 1 GW(thermisch) müsste jede Sekunde<br />
ein Pellet von etwa 2 mg der Laserfusion zugeführt werden.<br />
Das Konzept sieht verlockend aus, aber es erscheint nicht sicher,<br />
ob es zur Energiegewinnung taugt. Um das Plasma auf<br />
die angegebene Temperatur aufzuheizen, ist pro Deuteron und<br />
Triton und den dazugehörenden zwei Elektronen, also <strong>für</strong> vier<br />
Teilchen die Energie 8,3•10 –15 J (= 4•3/2 kT) als Laserenergie<br />
aufzuwenden; die freiwerdende Fusionsenergie (s. oben) ist<br />
4,2•10 –12 J (= 26,2•10 6 V•1,6•10 –19 As); d.h. der Energiegewinn<br />
ist etwa 500-mal größer als die eingestrahlte Laserenergie.<br />
Aber der Wirkungsgrad der Hochleistungslaser ist in der Größe<br />
von nur 1 %, und bei Berücksichtigung des normalen Carnot-<br />
Umwandlungsfaktors <strong>für</strong> die Erzeugung elektrischer Energie<br />
aus thermi scher Energie ist der Bruttoenergiegewinn marginal.<br />
ASPEKTE<br />
Abb. 6. Behälter <strong>für</strong> das Trägheitsfusionsexperiment NIF: In die rund zehn<br />
Meter große Kammer werden die Strahlen von 192 Hochleistungslasern<br />
geleitet und auf ein Deuterium-Tritium-Pellet von nur wenigen Millimetern<br />
Durchmesser fokussiert (SPIEGEL ONLINE 05.03.2009).<br />
Trotzdem ist in den USA (Lawrence Livermore National Laboratories)<br />
die National Ignition Facility (NIF) mit einem Kostenaufwand<br />
von mehreren Mrd. $ gebaut worden, die mit 192 von<br />
allen Seiten auf ein Pellet von ein paar mm Durchmes ser fokussierten<br />
Lasern die Fusion auslösen soll (Abb. 6). Dabei werden<br />
kaum mehr als 5 Fusionsexperimente je Tag möglich sein. Die<br />
Anlage ist im letzten Jahr in Erprobung genommen worden mit<br />
der erfolgreichen Überprüfung des gesamten Lasersystems. 11<br />
Es gibt jedoch kritische Stimmen, die nicht an die Realisierbarkeit<br />
der wirtschaftlichen Energiegewinnung durch laserinduzierte<br />
Kernfusion mit Trägheitseinschluss glauben, sondern<br />
vermuten, dass die Untersuchungen eher militärischen Zielen<br />
dienen, z.B.: 12 „NIF …. will be able to create the extreme conditions<br />
of tempe rature and pressure that exist on Earth only in<br />
exploding nuclear weapons and that are therefore relevant to<br />
understanding the operation of our modern nuclear weapons.”<br />
Als Alternative zur laserinduzierten Fusion wird diskutiert, die<br />
Kompression und Aufhei zung der Pellets mit Hilfe von Schwerionenbeschleunigern<br />
zu erzwingen. 13 Die Versuche hier<strong>für</strong> sind<br />
jedoch noch nicht soweit fortgeschritten wie beim Laserverfahren;<br />
die Schwierigkeiten aber erscheinen immens: um etwa die<br />
gleiche Beschleuniger leistung wie mit den 192 Hochleistungslasern<br />
des NIF zu erzeugen (3•10 6 J in 3•10 -10 s, d.h. ≈ 10 16<br />
W) müsste bei einer Beschleunigungsspannung von z.B. 10 GV<br />
ein Ionenimpulsstrom von 1 MA erzielt werden!<br />
Magnetischer Einschluss 14<br />
Das Konzept, das Plasma in einer magnetischen „Flasche“ einzuschließen,<br />
erscheint dagegen eher realisierbar.<br />
11 D. Clery, Science, Band 327, S. 514 (<strong>2010</strong>)<br />
12<br />
Plasma <strong>2010</strong> Commity, Plasma Sciende: Adcvancing knowledge in the<br />
National Interest. National Research Council, 2007.<br />
Physik Journal, 9 (<strong>2010</strong>), Nr. 6.<br />
13<br />
GSI-Nachrichten 3/99, S. 18.<br />
14<br />
Kernfusion, Berichte aus der Forschung: Max-Planck-Institut <strong>für</strong> Plasmaphysik,<br />
2002.<br />
137