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Stalin Eine neue Welt

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Arbeiterklasse bedeutende Organisationen besaßen, und die zu jener Zeit alles hätten in die Hand bekommen<br />

können, nicht die Führung dieser Revolution an die Bourgeoisie abgetreten hätten. Dazu brachte sie das, was<br />

Lenin und die Bolschewiki als das menschewistische „Schema“ bezeichneten, eine vage Theorie, nach der<br />

das Proletariat in der russischen Revolution, die eine bürgerliche sein müsse, nur die Rolle einer „extremen<br />

Linksopposition“ spielen dürfe. Diese Vorbehalte und diese Kasuistik, auf denen die Menschewiki<br />

herumritten, anstatt alles auf die Karte der proletarischen Massenbewegung zu setzen und der Theorie durch<br />

Losungen, die die Arbeiter entflammen konnten, Leben zu geben, ließen die große Erhebung von 1905<br />

ersticken (oder waren wenigstens eine der Ursachen ihres Erstickens), wobei die „legalen“ Marxisten sich<br />

die Finger wund schrieben, um die Arbeiter vor den Karren der bürgerlichen Revolution zu spannen. Ein<br />

lateinischer Dichter hat gesagt, dass der, der eine Sache beginnt, sie schon zur Hälfte gemacht hat. Man kann<br />

dagegen mit ebensoviel Recht sagen, dass der, der eine Sache nur zur Hälfte tut, sie gar nicht getan hat. Aus<br />

der großen Reihe der Volkserhebungen der letzten Zeit kann man die Lehre ziehen, dass, solange das<br />

Proletariat nicht die Leitung übernimmt, nichts für es herauskommt. <strong>Eine</strong> Welle von furchtbaren<br />

Unterdrückungen folgte auf 1905. Die Reaktion wütete überall und breitete sich unaufhaltsam aus. Es<br />

genügt zu erwähnen, dass in den Jahren 1905-1909 die Zahl der politischen Gefangenen in Rußland von<br />

85000 auf 200000 pro Jahr stieg. Zu den eigentlichen polizeilichen Verfolgungen kam das blutige Wüten der<br />

Banden der „Schwarzen Hundert“ von der ultrazaristischen „Vereinigung der echten Russen“ hinzu, einem<br />

zusammengelaufenen Pack von Weißen, Provokateuren und Banditen. In dieser Zeit der skrupellosen und<br />

wilden Niederschlagung der Revolution von 1905 ließ sich auf dem reaktionären Rußland - von oben her<br />

und ganz an der Oberfläche - so etwas wie Demokratie nieder: eine Art von Verfassung, mit einem<br />

Scheinparlament, ein Phantom von Liberalismus. Die zeitgenössische Geschichte gibt in gewissen<br />

Abständen immer wieder das Schauspiel derartiger politischer Riesenkarikaturen. Der Zar, ein schlotternder<br />

Trottel, ein Sklave der Zarin (diese Dame hasste den Liberalismus und hatte sich in den Kopf gesetzt, das<br />

Heilige Rußland völlig von ihm zu befreien), ein Spielzeug in den Händen der Popen und Zauberer, war in<br />

den seltenen Augenblicken von Klarheit grausam: „Keine Freisprüche“ und „besonders keine<br />

Gnadengesuche“ erklärte nach 1905 der gekrönte Kerkermeister, Büttel und Henker der Russen, dieser<br />

Mann, der übrigens im Zusammenhang mit einem Industrieunternehmen in der Mandschurei, an dem er<br />

finanziell interessiert war, persönlich die Verantwortung für den Krieg gegen Japan trug. Um den Zaren und<br />

unter ihm der Staat: Minister, deren Hauptbestreben darin bestand, die Arbeitermassen in finsterster<br />

Unwissenheit zu halten, die proletarischen Forderungen zu ersticken und das Volk Spießruten laufen zu<br />

lassen, die Bauern in einer noch schlimmeren Lage zu halten als vor der Abschaffung der Leibeigenschaft,<br />

die Laster der Dunkelmänner zu decken, die den großen Damen aus dem Kreml als Ratgeber dienten; die<br />

nur mit astronomischen Zahlen wieder zugehenden Unterschlagungen der Beamten aller Farben durchgehen<br />

zu lassen, die Untaten der besoffenen Mörder aus den Reihen der „Schwarzen Hundert“ und die<br />

aufgezogenen Pogrome zu dulden, ein Gewerbe, das besser florierte als alle anderen. Es gab einige äußerst<br />

gemäßigte konstitutionelle Parteien, die durch die „demokratischen“ Punkte ihrer Programme gegen den<br />

Sozialismus gefeit waren, und die nur in den Augen der Weißen einen rosa Anstrich besaßen - so die<br />

Oktobristen und die Kadetten (konstitutionelle Demokraten). Sie warteten mit viel Geduld und Respekt auf<br />

eine bürgerliche Revolution, um zu Staatsaufträgen zu kommen. (Im Vorbeigehen sei bemerkt, dass die<br />

Führer der Kadettenpartei, die, zerrieben zwischen der Reaktion und der Oktoberrevolution nicht<br />

dazukamen, auch nur die geringste Rolle zu spielen, als geschworene Feinde der Bolschewiki noch lange vor<br />

dem Kriege erklärt hatten, dass, im Falle der Aufrichtung eines Verfassungsstaates nach westlichem Muster,<br />

an Stelle der Zarenherrschaft die <strong>neue</strong> Regierung die Schulden, die der Zar seit 1905 gemacht hatte, nicht<br />

anerkennen würde, weil es „von dem Zaren gegen sein Volk gemachte Anleihen“ seien. Im Jahre 1906, als<br />

die terroristische Aktion der russischen Regierung in vollem Gange war, waren die Staatskassen leer.<br />

Damals wurden sie von Frankreich aufgefüllt. Diese Tat des Ministers Rouvier (der im übrigen ein Dieb<br />

war) erlaubte der Zarenregierung ihre Repressionsmaßnahmen in verstärktem Maße wieder aufzunehmen.<br />

Selbst sehr gemäßigte russische Kreise haben das bestätigt.) Nach der Erhebung und der Niederlage von<br />

1905 setzten die bolschewistischen Sozialisten ihre Organisationstätigkeit unbeirrbar fort. Sie allein hatten<br />

nicht den Kopf verloren, denn sie allein hatten sich den Glauben erhalten. Sie rechneten auf den kommenden<br />

<strong>neue</strong>n Aufschwung der Massenbewegung Im Jahre 1906 fand in Stockholm ein Parteitag statt, an dem <strong>Stalin</strong><br />

unter dem Namen Iwanowitsch als Delegierter der bolschewistischen Elemente der Tifliser Organisation<br />

teilnahm. Auf diesem Parteitag zog Lenin gegen die Menschewiki zu Felde. Diese waren dort durch ihre<br />

besten Köpfe vertreten: Plechanow, Axelrod, Martow. Mit all seiner Unversöhnlichkeit, seiner aggressiven<br />

und aufrüttelnden Klarheit zerstörte Lenin ihre Argumente Stück für Stück. Lenin war durchaus nicht, was

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