Stalin Eine neue Welt
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<strong>Stalin</strong> ans Telefon oder kam auch in unser Büro, um ihn abzuholen. So war <strong>Stalin</strong> den größten Teil des<br />
Tages mit Lenin zusammen ... <strong>Eine</strong>s Tages sah ich, als ich bei Lenin eintrat, eine interessante Szene: An der<br />
Wand hing eine große Karte von Rußland, vor ihr zwei Stühle, auf denen Lenin und <strong>Stalin</strong> standen. Ich sah<br />
sie mit dem Finger im nördlichen Teil des Landes eine Linie ziehen...“ Nachts, wenn es im Smolny etwas<br />
ruhiger wurde, ging <strong>Stalin</strong> zum Zimmer der direkten Linien, um zu telefonieren und blieb dort viele Stunden<br />
lang.<br />
<strong>Eine</strong> andere Aufgabe von äußerster Dringlichkeit harrte ihrer Lösung: der Bürgerkrieg; Feinde - einige von<br />
ihnen ausgerüstet und unterstützt von den europäischen Großstaaten - schlossen bis an die Zähne bewaffnet<br />
Rußland ein, bedrängten seine Grenzen, hatten sie schon an vielen Punkten überschritten. „Es gab Momente,<br />
besonders im Oktober 1919, wo die junge Republik dem Untergang geweiht zu sein schien. Aber weder die<br />
drohenden weißen Armeen, noch der Eintritt Polens in den Krieg, noch die Bauernaufstände oder der<br />
Hunger konnten sie unterkriegen, und beflügelt von Lenin trugen die in Lumpen gehüllten Bataillone den<br />
Sieg über 14 Nationen davon“, ist der reaktionäre Journalist Maltet, dem der Kapitalismus am Herzen liegt<br />
und der im übrigen sehr parteiisch ist, gezwungen, in einer Reportage zu schreiben. Der persönliche Anteil<br />
<strong>Stalin</strong>s am Bürgerkrieg kann nicht stark genug unterstrichen werden. Überall wo an der Front des<br />
Bürgerkriegs eine ernste Gefahr drohte, wurde <strong>Stalin</strong> hingeschickt. „Zwischen 1918 und 1920 war <strong>Stalin</strong> der<br />
einzige, den das Zentralkomitee von einer Front an die andere auf die für die Revolution kritischsten Stellen<br />
entsandte.“ (Kalinin) „Wenn irgendwo die Rote Armee wankte, wenn die konterrevolutionären Kräfte<br />
größere Erfolge hatten, wenn die Erregung und die Spannung in Katastrophen umzuschlagen drohten, immer<br />
dann tauchte <strong>Stalin</strong> auf. In Nächten ohne Schlaf organisierte er, nahm die Leitung in die Hand, brach<br />
Widerstände, war hartnäckig und führte die Wendung herbei, rettete die Situation.“ (Kaganowitsch.) Es ging<br />
so weit, dass: „Man machte mich zum Spezialisten für Reinigung der Heeresleitungsställe.“ (Anspielung auf<br />
die Unordnung in den Institutionen, die Trotzki leitete.) Es ist das einer der erstaunlichsten Abschnitte von<br />
<strong>Stalin</strong>s Laufbahn und einer von denen, die am meisten unbekannt geblieben sind. Sein Verhalten und seine<br />
Erfolge an der Front während zweier Jahre hätten genügt, um einen Feldherrn, berühmt und populär zu<br />
machen. Folgendes berichten uns Woroschilow und Kaganowitsch aus dieser stürmischen Periode über die<br />
„Militärtätigkeit“ dessen, den Kaganowitsch einen „der bedeutendsten Organisatoren des Sieges im<br />
Bürgerkrieg“ nennt. Im Laufe von zwei Jahren ging <strong>Stalin</strong> nacheinander an die Front von Zarizyn (mit<br />
Woroschilow und Minin), an die Front des III. Armeekorps in Perm (mit Dsershinski), an die Front von<br />
Petrograd (gegen den ersten Vormarsch Judenitsch), an die Westfront von Smolensk (gegen die polnische<br />
Gegenoffensive), an die Südfront (gegen Denikin), wieder an die polnische Front im Gebiet von Shitomir<br />
und wieder an die Südfront (gegen Wrangel). Man kann sich schwer eine furchtbarere Lage denken, als die,<br />
in der sich die Männer des Oktober im Jahre 1918 in einem Lande befanden, das ein einziges mit Ruinen<br />
und Leichen bedecktes, von einem Kampf um Leben und Tod für das höchste Kriegsziel - das politische<br />
Regime -, durchtobtes Schlachtfeld war. In Moskau bereitete sich der Aufstand der Sozialrevolutionäre vor.<br />
Im Westen war Murawjew zum Feinde übergegangen. Im Ural entfaltete und befestigte sich die tschechische<br />
Konterrevolution. Im äußersten Süden rückten die Engländer gegen Baku vor. „Ein Feuerring umgab das<br />
Land.“ <strong>Stalin</strong> kam in Zarizyn an. In ununterbrochener Kette gingen Telegramme zwischen ihm und Lenin<br />
hin und her. <strong>Stalin</strong> war nach Zarizyn nicht als Militärinspektor gekommen, sondern zur Leitung des<br />
Verpflegungsdienstes für Südrußland. Zarizyn war ein Knotenpunkt von entscheidender Bedeutung. Die<br />
Erhebung des Dongebietes und der Verlust Zarizyns hätte auch den Verlust der ganzen großen Kornkammer<br />
des Nordkaukasus mit allen seinen schlimmen Folgen bedeutet. Kaum angekommen: „Ich nehme mir alle<br />
vor, die es verdient haben. Ich hoffe, bald Ordnung schaffen zu können. Seien Sie sicher, Genosse Lenin,<br />
dass niemand geschont wird, weder ich noch die anderen, und dass wir trotzdem Getreide schicken werden.<br />
Wenn unsere Militärspezialisten (diese Stümper) nicht geschlafen oder gebummelt hätten, wäre der<br />
Durchbruch unserer Reihen nicht erfolgt, und wenn diese wieder geschlossen werden, so geschieht das nicht<br />
dank ihnen, sondern trotz ihrer.“ Denn <strong>Stalin</strong> hatte in dem ganzen Gebiet ein „unglaubliches Durcheinander“<br />
vorgefunden. Die Partei-, Gewerkschafts-, Sowjet- und Militärorganisationen, alles war in Auflösung<br />
begriffen und lief in alle Winde auseinander. Auf Schritt und Tritt stieß man auf eine bedrohliche Stärkung<br />
der Konterrevolution durch Zuzug aus den Reihen der Kosaken, die durch die deutsche Besatzungsarmee in<br />
der Ukraine weitgehende Unterstützung erhielten. Die weißen Banden hatten nacheinander alle Plätze in der<br />
Umgebung Zarizyns besetzt und so die Aufbringung des Getreides, auf das Moskau und Petersburg<br />
warteten, unterbunden. Schließlich bedrohten sie direkt Zarizyn. Im ersten Augenblick verstand <strong>Stalin</strong>, dass<br />
man zunächst der unfähigen und schwankenden Militärleitung die Zügel aus der Hand nehmen musste. Am<br />
11. Juli telegrafierte er an Lenin: „Die Lage wird dadurch komplizierter, dass der Generalstab für den