Stalin Eine neue Welt
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unserer Seite mit einer Steigerung ihres Kampfes gegen uns antworteten. In kurzer Zeit organisierten die<br />
Sozialrevolutionäre, Gotz und andere, und die rechten Menschewiki in Petrograd den Aufstand der<br />
Offiziersschüler, was dazu führte, dass wir viele von unseren revolutionären Matrosen im Kampfe verloren.<br />
Derselbe Krassnow, den wir ‚auf Ehrenwort’ freigelassen hatten, ging hin und organisierte die weißen<br />
Kosaken gegen uns. Er verbündete sich mit Mamontow und führte zwei Jahre lang den bewaffneten Kampf<br />
gegen die Sowjetmacht. Es war mehr als klar, dass wir uns geirrt hatten, als wir uns zu milde zeigten.“ Ich<br />
füge hinzu, was <strong>Stalin</strong> mir selbst vor sieben Jahren über den so genannten „roten Terror“ gesagt hat. Er<br />
sprach von der Todesstrafe: „Wir sind ganz natürlich Anhänger der Abschaffung der Todesstrafe. Wir<br />
glauben übrigens, dass wir sie im Innern der Union nicht werden aufrechterhalten müssen. Wir würden sie<br />
längst abgeschafft haben, wenn es nicht die <strong>Welt</strong> um uns herum gäbe, die anderen, die imperialistischen<br />
Großmächte; sie sind es, die uns zwingen sie aufrechtzuerhalten, um unsere Existenz zu sichern.“<br />
<strong>Stalin</strong> spielte damit auf die Fülle von zynischen öffentlichen Attentaten und von hinterhältigen geheimen<br />
Anschlägen an, deren Opfer die Sowjetunion von seiten der „großen Außenpolitik“ des vereinigten<br />
Bourgeois-Reiches war, dieser Politik, die, wie aus geheimer Wahlverwandtschaft, immer im Bündnis mit<br />
den schlimmsten Feinden der russischen Revolution auftritt. Wer das Recht zu schlagen hat, muss kräftig<br />
schlagen.<br />
(Heute, Ende 1934, öffnet die französische Diplomatie weit ihre Arme, und die Sympathie für die Sowjets<br />
ist, aus Gründen des europäischen Gleichgewichts, die <strong>neue</strong>ste Mode bei uns. Dieses Spiel an der<br />
Oberfläche der großen Politik des Kapitalismus möge niemand täuschen ... Immerhin erlaubt dieser Zustand<br />
im gegenwärtigen Augenblick dem französischen Publikum, objektiv mehr als früher die Wahrheit über die<br />
russische Revolution und ihre Folgen zu sagen und das wenigstens ist ein sicherer Gewinn.)<br />
III<br />
Nationale Probleme<br />
Unmittelbar nach den „Oktobertagen“ wurde <strong>Stalin</strong> zum Volkskommissar für Nationalitätenfragen ernannt<br />
(er sollte diesen Posten bis zum Jahre 1923 innehaben). Das Problem der Nationalitäten: die Einheit der<br />
Verschiedenheiten. Vor etwa 10 Jahren hat <strong>Stalin</strong> bei einer feierlichen Gelegenheit erklärt: Wenn der erste<br />
Grundpfeiler der Sowjetrepublik das Bündnis zwischen Arbeiter und Bauern ist, so der zweite Grundpfeiler<br />
das Bündnis der verschiedenen Nationalitäten: Russen, Ukrainer, Baschkiren, Weißrussen, Georgier,<br />
Aserbeidshaner, Armenier, Daghestaner, Tataren, Kirgisen, Usbeken, Tadshiken, Turkmenen. Nach der<br />
Zerstörung der zwei Reiche des alten Rußlands - des zaristischen, das drei Jahrhunderte, und des<br />
bürgerlichen, das sechs Monate bestanden hat - konnte <strong>Stalin</strong> für alle und in erster Reihe für die führenden<br />
Köpfe, für Lenin und das Zentralkomitee, als einer der qualifiziertesten Theoretiker und Praktiker der<br />
Nationalitätenfrage gelten. Und man betrachtet ihn auch heute in der Union als denjenigen, der diese Frage<br />
am besten kennt. Kernproblem der Revolution - es handelt sich im besonderen um das Skelett des <strong>neue</strong>n<br />
Staates und im allgemeinen um das geographische Skelett des Sozialismus - hat die Nationalitätenfrage<br />
Bedeutung nicht nur für die in klaren Linien gezeichnete Karte Rußlands, sondern für die zerkästelte und<br />
gesprenkelte Karte der <strong>Welt</strong>. Wir im Westen sagen oft: „Die Russen“, wenn wir von den Bürgern der Nation<br />
sprechen, die den 8000 Kilometer langen Streifen der Erdoberfläche zwischen Polen und Alaska bewohnt.<br />
Aber das ist nur eine summarische, abgekürzte, sozusagen symbolische Ausdrucksweise. Denn Rußland ist<br />
nur eines der Länder, die die UdSSR bilden. Nicht eine Provinz: ein Land, eine Republik. Außer Rußland<br />
gibt es auf den 2 Milliarden Hektar der Union an die hundert kleiner Länder und verschiedener<br />
Völkerschaften, die jetzt, nachdem sie einst wahllos der Hausmacht des im Kreml sitzenden russischen<br />
Herrscherhauses einverleibt worden waren, zu einer Föderation zusammengeschlossen sind. Rußland im<br />
eigentlichen Sinne ist nur die bedeutendste dieser Nationen und in einer russischen Stadt befindet sich das<br />
Verwaltungszentrum des Riesenterritoriums: ein Verwaltungszentrum muss man schon haben, um sich<br />
verwalten zu können. Aber der Georgier ist ein Georgier. Der Ukrainer ein Ukrainer. Sie sind nicht mehr<br />
Russen als du und ich. In der Zarenzeit wurden diese Gebiete und Völkerschaften, die mit Gewalt annektiert<br />
worden waren, ebenso mit Gewalt im Schoße der Nation gehalten, und „Nation“ bedeutete damals brutal<br />
verteidigt - Rußland. Russifizierung, Entnationalisierung, russischer Anstrich von der Struktur bis zur<br />
Mentalität: Die Grenzen mit Militärstiefeln zertreten, die nationale Sprache von der russischen Sprache<br />
lärmend übertönt. Es handelte sich, wie wir schon im Vorbeigehen an Georgien gesehen hatten, für die<br />
Petersburger und Moskauer Zentralgewalt, für den mit goldenen Tressen beladenen heiligen Mann, der aus<br />
dem obersten Schloss das Zepter über „alle Reußen“ schwang, darum, die kolonisierten fremden