Stalin Eine neue Welt
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Bedürfnisse, gleiche Ansprüche an das Leben, auf den Frieden und sogar Rechte auf gemeinsames<br />
Eigentum. Aus ihnen macht man ein allgemeines Gesetz. Unter diesem Gesichtspunkt betrachten die<br />
Zukunftmacher des Sowjetlandes die mit ethnischen Grenzen (wirklichen oder idealen) überzogene Karte<br />
der Länder. Zuerst ein unentbehrliches Minimum gemeinsamer Bindungen, um die Sicherheit und den<br />
Aufschwung des kollektiven Lebens zu garantieren; sodann das mögliche Maximum nationaler Entfaltung.<br />
Angesichts einer <strong>Welt</strong>, wo der Völkerfrieden zur widersinnigen literarischen Formel geworden ist, und wo<br />
jede der 75 und mehr bestehenden Nationen - mehr oder weniger offen - nur danach strebt, auf Kosten der<br />
anderen zu leben; angesichts dieser Zustände ist das System der Sowjets, das mit dem <strong>neue</strong>n Ideal der<br />
sozialen Solidarität das alte Ideal vervollkommnet, indem es ihm die Waffen nimmt und an seine Stelle tritt,<br />
die ideale Lösung. Ganz zu schweigen von den <strong>neue</strong>n Quellen von Enthusiasmus, die bei dieser Neuordnung<br />
auf dem Kontinent (und eigentlich auf der ganzen <strong>Welt</strong>) erschlossen werden; von diesem Enthusiasmus, der<br />
so große Räume und so große Massen nach und nach in Harmonie versetzt und klar und einfach davon<br />
ausgeht, diese Harmonie auf die ganze bewohnte Erde auszudehnen. Kann man etwas gegen diese<br />
Auffassung sagen, selbst wenn man das Land ihrer Verwirklichung auf dem Kontinent verlässt und sie aus<br />
großer Höhe betrachtet, aus der größten Höhe, zu der man sich erheben kann, ohne die Erde und die Epoche<br />
aus dem Auge zu verlieren (denn wer noch höher geht, kommt in die Regionen des platten und toten Ideals -<br />
der Heiligenbilder, der Zauberlampen und des Zungenredens)? Nein, man kann nichts Tiefes, nichts Ernstes<br />
dagegen sagen. Sich von ihr getroffen fühlen können in den großen Ländern nur jene größenwahnsinnigen<br />
Dunkelmänner, die da sagen: „Meine Rasse muss hier auf der Erde alle anderen Rassen beherrschen“, und<br />
deren Nationalismus nichts anderes ist, als ein krankhafter Eroberungswahn. Und unter den kleinen Ländern<br />
können sich getroffen fühlen nur die besessenen Fanatiker, die sieh an dem Wort „Autonomie“ berauschen,<br />
die eine absolute, mit den gebieterischen Forderungen der allgemeinen Solidarität unvereinbare, Isolierung<br />
allem anderen, selbst dem eigenen Aufstieg, vorziehen, eine Isolierung, die sie zwingt, kümmerlich und<br />
unwürdig dahinzuvegetieren, bis der Rachen irgendeines imperialistischen Monstrums sie verschlingt. Denn<br />
für die schwachen und zurückgebliebenen Länder (und sie bilden in der Sowjetunion die Mehrheit) ist dieses<br />
System, unter welchem Gesichtswinkel man es auch betrachten möge, unvergleichlich vorteilhafter und<br />
intelligenter als das System der einfachen Unabhängigkeit: als Mitglieder der Föderation arbeiten die<br />
Nationen an einem gemeinsamen Werk mit und leben nach allem Ermessen miteinander in Frieden. Als<br />
einander fremde Nationen herrscht zwischen ihnen nicht Kooperation sondern Konkurrenz, die zwangsläufig<br />
in Antagonismus und Feindseligkeit übergeht mit all den Lasten, all den Abhängigkeiten, all den Gefahren<br />
und all der Unredlichkeit, die damit zusammenhängen. Die Nationen der Sowjetunion sind klein und groß<br />
zugleich. Verließen sie die Union, so würden sie nichts sein als klein. Alles das ist nicht - oder ist nicht mehr<br />
- reine abstrakte Theorie, wie es früher einmal der Fall war. Die <strong>neue</strong>ste Geschichte der Sowjetländer gibt<br />
die Illustration für dieses Prinzip, der großartigen kollektiven Versöhnung des Irdischen und des Geistigen in<br />
vielfachen, lebendigen Beispielen von leuchtender Überzeugungskraft in Gestalt einer Unzahl von kleinen<br />
rückständigen Ländern, die dank der kräftigen Unterstützung durch das Zentrum, d. h. durch die Gesamtheit<br />
- im Rahmen der Union mit märchenhafter Geschwindigkeit die ersten Etappen des Fortschrittes und des<br />
Wohlstandes und zu gleicher Zeit der eigenen nationalen Entwicklung durchlaufen haben, einer Unzahl von<br />
einst feindlichen Völkern (die Feindschaft ist zur Legende geworden), die heute im vollkommenen Frieden<br />
miteinander leben. Erreicht zu haben, dass „die Staatsgrenzen nur noch administrative Bedeutung haben“<br />
(aus dem Bericht Manuilskis auf dem V. <strong>Welt</strong>kongress der Komintern), bedeutet wirklich, den Frieden zum<br />
Gesetz gemacht zu haben. Wer die inneren Kämpfe von früher gekannt hat und jetzt von Land zu Land<br />
reisend die unzerstörbare Verbrüderung sieht, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Wenn man objektiv<br />
bleiben will, kann man diese Erscheinungen nicht ohne tiefe Ergriffenheit begrüßen. Aber gehen wir noch<br />
einmal zum Beginn dieses außerordentlichen Wandelpanoramas zurück. Man muss festhalten, dass die<br />
Anwendung dieser <strong>neue</strong>n Nationalitätenpolitik ein starkes Hilfsmittel bei der Herstellung des Friedens auf<br />
diesem riesigen, von der Gewalt der Knuten und der Bankzaren befreiten Territoriums gewesen ist. Sie<br />
erlaubte die, wie man dort sagt, „Liquidierung“ der konterrevolutionären Regierungen in der Ukraine, in<br />
Turkestan und in Transkaukasien, und man muss hier noch einmal sagen, dass nur die Intervention der<br />
deutschen Truppen der Konterrevolution ermöglicht hat, sich in den Grenzgebieten festzusetzen und die<br />
Sowjetmacht in der Ukraine, in Weißrußland, in Finnland und in den baltischen Ländern zu stürzen (nur in<br />
der Ukraine und Weißrußland kam die Revolution wieder zum Siege).<br />
Diese selbe Politik gegenüber den nationalen Minderheiten machte es möglich, Koltschak und Denikin zu<br />
vernichten und, nachdem der <strong>neue</strong> Staat die Weißen ausgespieen hatte, die Völkerblöcke zu <strong>neue</strong>n<br />
Republiken zusammenzufassen. Diese Politik kam der Gesamtheit so offensichtlich zugute, dass alle Völker,