Jahresbericht 1990 - Eawag-Empa Library
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4-40<br />
Im Gegensatz zu dieser "ökologisChen Idealvorstellung" weist die Glatt bereits im ersten Flussabschnitt<br />
stark verarmte Verhältnisse auf, obwohl dort noch keine Verunreinigung des Wassers durCh Kläranlagen<br />
vorliegt. Dies wird v.a. durch die völlige Kanalisierung und Begradigung des Gerinnes verursacht (Abb.<br />
4.35): Die künstlich erzeugte, grosse Wassertiefe, das durch die Begradigung erhöhte Gefälle und das<br />
gleichförmige Substrat bewirken, dass das Wasser schnell abfliesst. Dadurch wird die Kontaktzeit Wasser/Substrat<br />
und die Partikelsedimentation so stark herabgesetzt, dass nur noch ein kleiner Teil der<br />
Planktondrift den Filtrierern zur Verfügung steht. So werden auf den ersten Kilometern lediglich ca. 10 %<br />
der Partikel aus dem fliessenden Wasser eliminiert. Dies gilt sogar für die relativ grossen (schweren) Zooplankter,<br />
von denen man erwarten würde, dass sie rasch sedimentieren. Darüber hinaus bewirkt die monotone<br />
Gestalt des Gerinnes, des Ufers und insbesondere der Sohle, dass auch die Vielfalt der Standorte drastisch<br />
reduziert ist. Dies wiederum führt zu einer stark verarmten Lebensgemeinschaft an der Sohle. Insgesamt<br />
wurden nur 64 Arten gefunden, und — von gelegentlichen Einzelfunden abgesehen — sind nur gerade 2<br />
davon filtrierende Köcherfliegen (was seinerseits mit ein Grund für die geringe Partikelreténtion sein<br />
dürfte). Mit Ausnahme der Köcherfliegenart Neureclipsis bimaculata weisen alle Arten zudem eine unnatürliCh<br />
geringe Besiedlungsdichte auf.<br />
Am Beispiel der Glatt bestätigt sich somit einmal mehr, dass neben der Wasserqualität auch die morphologisChe<br />
und strukturelle BesChaffenheit des Gewässers von erstrangiger Bedeutung für die Ausbildung<br />
einer natürlichen, artenreichen und leistungsfähigen Organismengemeinschaft an der Gewässersohle ist.<br />
(Ruth Beutler, A. Frutiger)<br />
Abb. 4.35<br />
Der Ausfluss des Greifensees wurde<br />
am Ende des letzten Jahrhunderts kanalisiert<br />
und begradigt. Die daraus<br />
resultierende Monotonisierung des<br />
Gerinnes und das schnelle Abfliessen<br />
des Wassers hatten eine drastische<br />
Verarmung der Tierwelt an der Flußsohle<br />
zur Folge, was siCh bis heute<br />
kaum geändert hat. Die Darstellung<br />
ist der Grundwasserkarte des Kantons<br />
Zürich, Blatt Uster, nachgezeichnet<br />
und zeigt den ursprünglichen<br />
und den heutigen Verlauf der Glatt<br />
auf den ersten Flusskilometern.<br />
Ist die nächtliche Drift der Fliesswassertiere eine Folge erhöhter Aktivität während der<br />
Dunkelheit?<br />
Die Drift, d.h. das Abgeschwemmtwerden von Kleintieren wie Insektenlarven, Kleinkrebsen, Würmern<br />
etC., welche an der Flußsohle leben, ist ein Phänomen, das in jedem Fliessgewässer beobachtet werden<br />
kann. Allgemein wird es damit erklärt, dass die Tiere als Folge erhöhter Aktivität und damit vermehrtem<br />
Aufenthalt auf der Oberseite der Steine gegen ihren Willen abgeschwemmt werden. Da die D rift fast<br />
nur in der NaCht stattfindet und in der Regel kurz nach dem Eindunkeln und gegen Ende der Nacht ein Maximum<br />
aufweist, ist zu erwarten, dass die Präsenz der sohlenbewohnenden Tiere auf der Oberseite des Sohlenmaterials<br />
zu dieser Zeit ebenfalls am höchsten ist. Diese Hypothese wurde mit einer automatisChen<br />
und programmierbaren Kleinbildkamera (Minolta 9000) überprüft. Die Kamera wurde zu diesem Zweck in<br />
ein wasserdichtes Gehäuse eingebaut und im Fluss in ca. 30 cm Höhe ü ber den Steinen installiert. Sie<br />
machte jeweils während 24 Stunden alle 2 Minuten eine Blitzlichtaufnahme. Die Auswertung von rund<br />
1700 Einzelbilder gibt unter anderem folgende Befunde: