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Januar - Anwaltsblatt

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MN Aufsätze<br />

fen muss, gehören neben der Vermittlung der Grundlagen<br />

des geltenden Rechts auch Grundlagenfächer wie Rechtsgeschichte,<br />

-philosophie, -methodik 7 , -vergleichung oder<br />

-soziologie. Anwältinnen und Anwälte müssen ein Verständnis<br />

dieser Grundlagenfächer haben, um die geltenden<br />

Normen zu verstehen und anzuwenden. Anwältinnen und<br />

Anwälte werden häufig mit Sachverhalten konfrontiert, für<br />

deren Bearbeitung ein Verständnis nicht nur der unmittelbar<br />

anwendbaren Normen, sondern des Systems unserer Rechtsordnung<br />

samt ihrer Grundlagen notwendig ist. Eine breite<br />

Grundausbildung ist gerade in Zeiten, in denen das Recht<br />

sich immer weiter ausdifferenziert, unverzichtbar. Wir Anwälte<br />

haben eine weitere Forderung an das Jurastudium:<br />

Die Universität muss die Studierenden in die Lage versetzen,<br />

nach dem ersten Examen eine Berufsentscheidung zu<br />

treffen. Eine Entscheidung erst nach dem zweiten Staatsexamen<br />

ist zu spät. Es wäre ein enormer Fortschritt, wenn<br />

alle Studierenden die Möglichkeit hätten, schon vor dem<br />

ersten Examen mehr als bisher Vorstellungen darüber zu haben,<br />

welchen Beruf sie dereinst ergreifen werden und ob er<br />

für sie und sie für ihn geeignet ist.<br />

II. Anwaltsqualität durch Anwaltsausbildung<br />

Neben der Reform des Studiums müssen wir allerdings<br />

unser drängendstes Problem in den Griff bekommen: Die<br />

Qualität der Ausbildung im Referendariat. Und dieses Problem<br />

lässt sich nur durch eine echte berufsbezogene Anwaltsausbildung8<br />

lösen. Das Modell des DAV sieht die folgenden<br />

Eckpunkte vor:<br />

9 Zur Sicherung der erforderlichen Ausbildungsqualität ist<br />

es nach Ansicht des DAV dringend erforderlich, das herkömmliche<br />

Referendariat abzuschaffen. Nach dem DAV-<br />

Modell soll der juristische Vorbereitungsdienst unmittelbar<br />

nach der ersten juristischen Prüfung in getrennten<br />

Ausbildungsgängen beginnen. Die Universitätsabsolventen<br />

müssen sich entscheiden, ob sie die Justizlaufbahn ergreifen<br />

möchten, in die öffentliche Verwaltung gehen<br />

oder Rechtsanwalt werden wollen. Anwalt kann dann nur<br />

werden, bei dem gesichert ist, dass er Anwalt auch gelernt<br />

hat. Der DAV steht nicht allein mit seiner Forderung<br />

nach einer Einführung von berufsbezogenen Ausbildungsgängen:<br />

Auch die Konferenz der Justizministerinnen und<br />

Justizminister sieht die möglichen Vorteile einer berufsbezogenen<br />

postuniversitären Ausbildung und hat den<br />

Ausschuss zur Koordinierung der Juristenausbildung beauftragt,<br />

ein Diskussionsmodell für die Umsetzung bis<br />

2008 zu erarbeiten. 9 Unter den Berufsverbänden der klassischen<br />

juristischen Berufe ist es insbesondere der Deutsche<br />

Richterbund, der eine Spartenausbildung nach dem<br />

1. Staatsexamen befürwortet. 10<br />

9 Die Ausbildungszeit von 24 Monaten soll beibehalten<br />

werden. Gute Ausbildung – Praxis und vertiefende Theorie<br />

– braucht Zeit; diese Zeit hat man den Referendaren<br />

traditionell gegeben; man wird sie für eine Anwaltsausbildung<br />

mindestens brauchen.<br />

9 An der Ausbildung kann nur teilnehmen, wer einen anwaltlichen<br />

Ausbildungsplatz findet. Wo auch sonst sollte<br />

die Ausbildung zum Anwalt möglich sein?<br />

9 Ausbildungsstationen bei Gericht und in der öffentlichen<br />

Verwaltung sind für Anwaltsreferendare weiterhin vorgesehen.<br />

Umgekehrt sollen angehende Richter und Ver-<br />

2 AnwBl 1 / 2006<br />

waltungsjuristen in ihrem Vorbereitungsdienst eine Anwaltsstation<br />

absolvieren.<br />

9 Die Ausbildung zur Rechtsanwältin, zum Rechtsanwalt<br />

wird bundeseinheitlich geregelt. Der Anwaltsberuf ist ein<br />

bundeseinheitlicher Beruf, der sich im europäischen Wettbewerb<br />

bewähren muss. Unterschiedliche Standards nach<br />

Ländern oder gar Kammerbezirken dürfen sich nicht entwickeln.<br />

Das ist auch rechtlich nicht problematisch, denn<br />

der Bundesgesetzgeber kann im Rahmen seiner konkurrierenden<br />

Gesetzgebungskompetenz die Ausbildung und<br />

Prüfung der Rechtsanwälte bundeseinheitlich regeln,<br />

Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 72 Abs. 2 GG. 11<br />

9 Alle Ausbildungsgänge, die der Anwälte, der Juristen in<br />

der Justiz und der Juristen in der öffentlichen Verwaltung,<br />

werden mit einer Staatsprüfung beendet, wodurch die<br />

Gleichwertigkeit aller dieser Ausbildungsgänge gesichert<br />

wird. Die Prüfung sollte von den Landesjustizprüfungsämtern<br />

abgenommen werden.<br />

9 Die Alimentierung der Anwaltsreferendare ist nach dem<br />

DAV-Vorschlag während der anwaltlichen Ausbildungsstation<br />

Sache des ausbildenden Anwalts, während der<br />

Stationen bei Gericht und Verwaltung und während der<br />

Prüfung Sache des Staates.<br />

9 Die Durchlässigkeit zwischen Ausbildungsgängen und<br />

Berufen wird durch entsprechende Regelungen gewährleistet.<br />

Auch in Zukunft soll ein Richter Anwalt werden<br />

können und umgekehrt. Die Regelungen über die Zulassung<br />

von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus anderen<br />

Staaten der Europäischen Union zeigen uns einen<br />

gangbaren Weg auf. 12<br />

9 Abgesehen von der Staatsprüfung und den Stagen in Justiz<br />

und Verwaltung liegt die Anwaltsausbildung – anders<br />

als das staatliche Referendariat – in den Händen der Anwaltschaft<br />

und damit bei den Kammern.<br />

III. Reformbedarf ist unstrittig<br />

Die jüngste Reform der Juristenausbildung ist misslungen.<br />

Es handelt sich im postuniversitären Bereich um eine<br />

Scheinreform. Es gibt lediglich eine Verlängerung der Anwaltsstation,<br />

allerdings ohne dass anwaltliche Inhalte den<br />

Stellenwert bekommen hätten, der ihnen gebührte. Die Anwalts-Stage<br />

liegt in den meisten Bundesländern weiterhin<br />

7 Zur juristischen Methodik gehört neben der Methode des (richterlichen) Entscheidens<br />

auch die Methodik der (anwaltlichen) Rechtsberatung und -durchsetzung.<br />

Anwälte müssen nicht nur gelernt haben zu subsumieren, sondern müssen<br />

interessengeleitet beraten können.<br />

8 Vgl. „Vorschläge des Deutschen Anwaltvereins (DAV) zur Reform des juristischen<br />

Vorbereitungsdienstes durch Einrichtung einer gesonderten Anwaltsausbildung<br />

und weiterer Ausbildungsgänge (Spartenausbildung)“, vom Vorstand<br />

des DAV auf seiner Sitzung am 22. und 23. September 2004 verabschiedete<br />

Fassung, http://www.anwaltverein.de/anwaltausbildung/modell.pdf.<br />

9 Vgl. Beschlüsse der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister<br />

vom 17. November 2005, http://www.justiz.nrw.de/JM/justizpolitik/jumiko/be<br />

schluesse/2005/herbstkonferenz05/I¹.html<br />

10 Vgl. die Stellungnahme des DRiB „Der Bologna-Prozess und seine möglichen<br />

Auswirkungen auf die Juristenausbildung“ vom 26. <strong>Januar</strong> 2005, im Anlagenband<br />

zum Bericht des Ausschusses der Justizministerkonferenz zur Koordinierung<br />

der Juristenausbildung „Der Bologna-Prozess und seine möglichen Auswirkungen<br />

auf die Juristenausbildung“, Anlage 4/14, http://www.justiz.<br />

nrw.de/JM/justizpolitik/schwerpunkte/bologna_prozess/index.html.<br />

11 So auch Bericht Koordinierungsausschuss, S. 243 (http://www.justiz.nrw.de/<br />

JM/justizpolitik/schwerpunkte/bologna_prozess/abschlussbericht.pdf).<br />

12 Vgl. insbesondere die RL 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates<br />

zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem<br />

anderen Mitgliedsstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde<br />

(Rechtsanwalts-Niederlassungsrichtlinie) und das Gesetz über die Tätigkeit europäischer<br />

Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG).

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