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Januar - Anwaltsblatt

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Aus der Arbeit des DAV MN<br />

AG Strafrecht<br />

Chancen und Risiken<br />

strafprozessualer<br />

Reformen<br />

Herbstkolloquium 2005:<br />

Moderne Verteidigungsstrategien<br />

Das 22. Herbstkolloquium fand Mitte<br />

November mit mehr als 300 Teilnehmern<br />

in Berlin statt. Hauptthema war<br />

die Notwendigkeit strafprozessualer<br />

Reformen. Bundesjustizministerin Brigitte<br />

Zypries wurde ein vom DAV-Gesetzgebungsausschuss<br />

Strafrecht und<br />

der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht erarbeiteter<br />

Gesetzentwurf für eine Reform<br />

des Ermittlungsverfahrens übergeben.<br />

Die frühere Regierungskoalition<br />

von SPD und Bündnis 90/Die Grünen<br />

hatte 2001 mit einem „Eckpunktepapier“<br />

zur Reform des Ermittlungsverfahrens<br />

die Diskussion über eine Reform<br />

des Strafverfahrens wieder<br />

aufgenommen. Zu dieser hatte der<br />

DAV bereits 1985 auf seinem Forum<br />

konkrete Forderungen gestellt. Das<br />

Bundesjustizministerium hatte schließlich<br />

2004 den „Diskussionsentwurf für<br />

eine Reform des Strafverfahrens“ vorgelegt.<br />

Trotz ausführlicher Debatte auf<br />

der strafrechtlichen Abteilung des<br />

Deutschen Juristentags 2004 wartete<br />

die Fachwelt indes vergeblich auf einen<br />

Referenten- bzw. Regierungsentwurf.<br />

Zur Eröffnung des Kolloquiums<br />

wies Rechtsanwalt Werner Leitner,<br />

Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft<br />

Strafrecht, zurecht darauf hin, dass das<br />

Thema an sich und damit auch das der<br />

Veranstaltung weiterhin aktuell sei.<br />

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries<br />

erläuterte in ihrer Ansprache<br />

zahlreiche Reformvorhaben, welche<br />

im Rahmen der Koalitionsverhandlungen<br />

für die 16. Legislaturperiode in<br />

Aussicht gestellt wurden.<br />

Danach überreichte Eberhard<br />

Kempf für die Arbeitsgemeinschaft<br />

und den Strafrechtsausschuss einen<br />

Gesetzesentwurf für eine notwendige<br />

Reform des Ermittlungsverfahrens.<br />

Ziel sei die Verwirklichung eines<br />

„wirklich kontradiktorisch“ geführten<br />

Verfahrens, an dem zukünftig alle Verfahrensbeteiligten<br />

mitwirken (der Entwurf<br />

wird in diesem Heft ab Seite 24<br />

dokumentiert).<br />

42 AnwBl 1 / 2006<br />

Wandel des Ermittlungsverfahrens<br />

Prof. Dr. Helmut Satzger (Universität<br />

München) stellte im Festvortrag<br />

den dringenden Handlungsbedarf –<br />

losgelöst von fiskalischen Gründen –<br />

nach rechtstaatlich notwendigen bzw.<br />

möglichen Reformen dar. Insbesondere<br />

den Bedeutungswandel des Ermittlungsverfahrens<br />

benannte er als Grund<br />

der Vorverlagerung rechtstaatlicher<br />

Garantien in das Ermittlungsverfahren,<br />

die denen gleichwertig seien, die die<br />

StPO für das Hauptverfahren vorsehe.<br />

Rechtsanwalt Dr. h.c. Rüdiger Deckers,<br />

Mitglied des Strafrechtsausschusses<br />

des DAV, stellte im zweiten<br />

Festvortrag zur Reform des Strafprozesses<br />

Unverzichtbares aus Sicht der<br />

Verteidigung dar.<br />

In weiteren zahlreichen Referaten<br />

lieferte die Veranstaltung einen gelungenen<br />

Überblick über aktuell abgeschlossene<br />

Reformvorhaben der 15.<br />

sowie der bevorstehenden 16. Legislaturperiode,<br />

um nur das ergangene Justizmodernisierungs-<br />

und Opferrechtsreformgesetz<br />

sowie die eventuell<br />

bevorstehende gesetzliche Regelung<br />

des so viel diskutierten „Deal“ zu nennen.<br />

Einen wirklich eindrucksvollen<br />

Überblick der das Strafrecht berührenden<br />

Gesetzesänderungen der beiden<br />

abgelaufenen Legislaturperioden schilderte<br />

das Ehrenmitglied der Arbeitsgemeinschaft<br />

Strafrecht Prof. Dr. Peter<br />

Rieß. Ministerialdirektor a. D. Rieß<br />

teilte die Auffassung von Satzger, dass<br />

der Strafprozess Reformen braucht,<br />

nicht aber eine Vielzahl nur punktueller<br />

Gesetzesänderungen.<br />

Diskussion: Darf Europa strafen?<br />

Mit dem zweiten Teil des Herbstkolloquiums<br />

stellte die Arbeitsgemeinschaft<br />

unter Beweis, dass sie sich auch<br />

auf die gesetzgeberischen Vorgaben<br />

der EU bereits eingestellt hat. Unter<br />

der Überschrift „Darf Europa strafen?“<br />

Mit dem Preis “pro reo“<br />

wurde Dr. Frank Nobis<br />

(M., rechts daneben seine<br />

Lebenspartnerin) ausgezeichnet.<br />

Es gratulierten<br />

(v.l.n.r.): Werner Leitner<br />

(Vorsitzender der AG<br />

Strafrecht), Dr. Margarete<br />

Gräfin von Galen<br />

(Präsidentin der Rechtsanwaltskammer<br />

Berlin)<br />

und Laudator Dr. Stefan<br />

König (Mitglied des Strafrechtsausschusses).<br />

Überreichten den Gesetzentwurf zum strafrechtlichen<br />

Ermittlungsverfahren an<br />

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries:<br />

Eberhard Kempf (Vorsitzender des Strafrechtsausschusses,<br />

rechts) und Werner<br />

Leitner (Vorsitzender der AG Strafrecht).<br />

diskutierten interessant und lebhaft Rudolf<br />

Mellinghof (Richter am BverfG),<br />

Rechtsanwalt Siegfried Kauder (MdB,<br />

CDU), Rechtsanwalt Hans-Christian<br />

Ströbele (MdB, Bündnis 90/Die Grünen)<br />

und Prof. Dr. Helmut Satzger unter<br />

der Moderation von Rechtsanwalt Werner<br />

Leitner. Gegenstand der Diskussion<br />

war das Urteil des BVerfG aus dem Juli<br />

2005 (2 BvR 223/04), welches das deutsche<br />

Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses<br />

über den Europäischen<br />

Haftbefehl für nichtig erklärt hatte.<br />

Grundsätzlich wurde das Urteil von<br />

den Teilnehmern des Herbstkolloquiums<br />

sowie den Diskutanten begrüßt,<br />

da es den Bürger als Grundrechtsträger<br />

in den Vordergrund stelle.<br />

Anhand des Rahmenbeschlusses sowie<br />

des vom Bundestag erlassenen Europäischen<br />

Haftbefehlsgesetzes wurde<br />

jedoch Kritik an der grundsätzlichen<br />

demokratischen Legitimation der europäischen<br />

Gesetzgebung innerhalb der<br />

dritten Säule laut. Die Teilnehmer des<br />

Kolloquiums brachten ihr Bedauern<br />

darüber zum Ausdruck, dass das Bundesverfassungsgericht<br />

keine Antwort<br />

auf die Frage einer möglichen Verletzung<br />

des Demokratieprinzips bzw. der<br />

Gewaltenteilung gegeben habe. Weder<br />

auf europäischer Ebene noch im Bun-

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