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Thesis - RWTH Aachen University

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16<br />

Mit dem ab 1820 in unbegrenzter Auflagenhöhe reproduzierbaren Stahlstich 74 sowie den<br />

preiswerten und auflagenstarken Lithographien, Zinkografien und Lichtdrucken bot sich<br />

die Möglichkeit, Werkstätten im großen Stil mit Vorlagen auszustatten. Im Gegensatz<br />

zu früheren Jahrhunderten, als Stiche nach Themen sortiert wurden, 75 und es für alle<br />

künstlerischen Bereiche verwendbare Einzelblatt-Vorlagen gab, sind die nach dem Kri-<br />

terium der Mustergültigkeit zusammengestellten Vorlagen des 19. Jahrhunderts in Form<br />

regelmäßig erscheinender Mappen speziell auf einzelne Handwerkssparten ausgerich-<br />

tet. 76 Einerseits waren diese Mappen, die im weitesten Sinne Zusammenstellungen von<br />

Gebrauchsgegenständen und Dekor waren, von den Handwerkern über Verlage zu be-<br />

ziehen, andererseits finden sich Abbildungen mustergültiger Arbeiten vergangener Jahr-<br />

hunderte in den einschlägigen, geschmacksbildenden Zeitschriften.<br />

Die darin enthaltenen Drucke waren in der Regel von Zweckmäßigkeit bestimmt. Sie<br />

sollten es den Kunsthandwerkern ermöglichen, handwerkliche Fertigkeiten durch künst-<br />

lerische Formvorgaben und Dekore zu vervollkommnen. 77 In diesem Sinne waren die<br />

Drucke für die unmittelbare und unveränderte Umsetzung konzipiert und ließen der<br />

Fantasie des Handwerkers keinen Raum. Somit entfielen auch die Spielarten einer ob-<br />

jektbezogenen Variation von Vorlagen. Das war beabsichtigt, zumindest ließ Schinkel<br />

im Vorwort seiner ab 1821 publizierten Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker 78<br />

daran keinen Zweifel. Er ermahnte seine Adressaten, sie mögen „sich nicht verleiten<br />

lassen, selbst zu komponieren, sondern fleißig, treu und mit Geschmack nachahmen“. 79<br />

Weniger geschmackvoll hingegen waren vielfach die Vorlagen, die neue Entwürfe zeig-<br />

ten, handelte es sich doch oftmals um einen die Grenze zur Absurdität überschreitenden<br />

Eklektizismus historischer Stile. 80 Auf diese Weise wurde der Beschleunigung eines<br />

73<br />

Mundt 1996, S. 188.<br />

74<br />

Charles Heath gelang es 1820 erstmals, den im Vergleich mit Kupfer weitaus härteren Stahl zu gravieren,<br />

eine Technik, die während des ganzen Jahrhunderts im Bereich der Buchillustration und der Reproduktionstechnik<br />

maßgeblich war. – Zum Stahlstich vgl. Koschatzky 1975, S. 102.<br />

75<br />

Das Stichverzeichnis der Porzellanmanufaktur Fürstenberg aus dem Jahr 1770 nennt 1045 Einzelblätter<br />

und eine große Anzahl Einzelbände. Das Verzeichnis ist beispielsweise nach Themen wie Landschaften,<br />

Figurenstücken und Blumen eingeteilt. Kat. Frankfurt 1983, S. 28.<br />

76<br />

Vgl. Kat. Frankfurt 1983, S. 30.<br />

77<br />

Die Vorlagen sollten nicht allein in Fragen, die den Zierrat oder das Dekor betrafen, verbindlich sein,<br />

sondern sie bezogen sich zudem auf die Gesamtheit des Entwurfs und damit auf die Komposition. Offensichtlich<br />

sprach man den Handwerkern die Fähigkeit ab, in diesem Sinne selbstständig ästhetisch anspruchsvolle<br />

Werke zu fertigen.<br />

78<br />

Beuth/Schinkel 1821 ff., Neuauflage 1863, S. 1 ff.<br />

79<br />

Beuth/Schinkel 1821 ff., Neuauflage 1863, Vorwort, S. V; Kat. Frankfurt 1983, S. 170; Mundt 1974, S.<br />

14. Vgl. dazu auch Mundt 1996, S. 188.<br />

80<br />

Berliner/Egger 1981, Bd. 1, S. 18.

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