Oemer 2000 OIN_Bd_6.pdf - ÖIN
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annäherungsweise möglich 1 . Funktionsorientierte Substituierbarkeit<br />
bedeutet, dass eine Ressource in ihren<br />
verschiedenen Funktionen durch ein oder mehrere Substitute<br />
ersetzt werden können. Dabei erschwert v.a. die<br />
Multifunktionalität vieler Umweltgüter ihre Austauschbarkeit<br />
2 , außerdem können unzureichende technische Möglichkeiten<br />
oder ein enormer Kostenaufwand beschränkend<br />
wirken 3 . Nutzenorientierte Substitution liegt dann vor,<br />
wenn künstlichen Gütern derselbe Nutzen beigemessen<br />
wird wie natürlichen Gütern. Hier stellt die Übereinstimmung<br />
der subjektiven Nutzeneinschätzungen das Kriterium<br />
für die Substituierbarkeit dar 4 .<br />
Die Vertreter der Weak Sustainability räumen dem Naturkapital<br />
denselben Stellenwert ein wie anderen Kapitalformen.<br />
Aufgrund dieser gleichen Gewichtung wird eine<br />
weitgehende Substitution zwischen den einzelnen Kapitalformen<br />
prinzipiell für möglich erachtet, d.h. eine Verringerung<br />
des Naturkapitals kann durch einen Zugewinn<br />
von z.B. menschen-geschaffenem Kapital ersetzt werden.<br />
LÖBBE bezeichnet diese Forderung als illusionär, da<br />
jedes künstliche Produkt in irgendeiner Weise auf natürliche<br />
Vor- und Nachleistungen (Rohstoffverbrauch, Reststoffanfall)<br />
angewiesen ist 5 . Daher wird betont, dass<br />
dieser Ersetzbarkeit auch Grenzen gezogen sind und<br />
eine kritische Masse an Naturkapital gesichert werden<br />
muss, um das Gesamtsystem erhalten zu können 6 . In<br />
diesem Zusammenhang kann zwischen substituierbaren<br />
und komplementären Ressourcen unterschieden werden,<br />
wobei letztere solche sind, die nicht durch künstliches<br />
Kapital ersetzt werden können 7 .<br />
Der technische Fortschritt nimmt im Konzept der Weak<br />
Sustainability einen großen Stellenwert ein, da davon<br />
ausgegangen wird, dass zukünftige hochentwickelte<br />
Technologien sich erschöpfende, natürliche Ressourcen<br />
ersetzen werden können. Nach dieser Auffassung kann<br />
der Abbau einer Naturressource dadurch kompensiert<br />
werden, indem die Produktivität eines Produktionsprozesses,<br />
in welchem diese Ressource benötigt wird, stärker<br />
steigt 8 . Weiters erachten die Vertreter der schwachen<br />
Nachhaltigkeit ein wirtschaftliches Wachstum für notwendig,<br />
um die globalen Verteilungsprobleme bewältigen zu<br />
können 9 .<br />
Zusammenfassend sei festgehalten, dass im Konzept der<br />
Weak Sustainability eine Substitution des natürlichen<br />
Kapitals durch künstliches Kapital weitgehend für möglich<br />
erachtet wird. Anders ausgedrückt: Nachhaltige<br />
Entwicklung besteht hier nicht in der Konstanterhaltung<br />
des natürlichen Kapitalstocks, sondern in der Erhaltung<br />
eines konstanten gesamtgesellschaftlichen Produktivvermögens,<br />
sodass langfristig der Vermögensbestand<br />
aufrechterhalten werden kann und der Pro-Kopf-Konsum<br />
sichergestellt ist 10 . Demgemäss darf Natur intensiv geund<br />
verbraucht werden, wenn gleichzeitig entsprechend<br />
künstliche Nutzenpotentiale bereitgestellt werden. Der<br />
Hauptkritikpunkt dieses Konzeptes ist wohl darin zu<br />
sehen, dass in Abhängigkeit subjektiver Präferenzen<br />
letztlich alles für substituierbar erklärt werden kann 11 .<br />
Im Konzept der Strong Sustainability wird die Substituierbarkeit<br />
von natürlichem durch künstliches Kapital hingegen<br />
als äußerst begrenzt aufgefasst, die Natur wird als<br />
unverzichtbarer Input und als Grundlage der menschlichen<br />
Wirtschaft anerkannt 12 . Dieser Standpunkt fordert<br />
letztlich den Verzicht auf die Nutzung erschöpfbarer Re-<br />
3 Die Substitution der klimastabilisierenden Funktion des Waldes erscheint ausgeschlossen. Siehe ebenda. Löbbe unterscheidet bei der<br />
funktionsorientierten Substituierbarkeit weiters zwischen dem Ersatz von ökonomischen Funktionen und dem Ersatz von Umweltfunktionen<br />
natürlicher Ressourcen. Siehe Löbbe, K.: Substituierbarkeit versus Komplementarität von Umweltgütern. In: Pfister, G. und<br />
Renn, O. (Hrsg.): Indikatoren einer regionalen nachhaltigen Entwicklung. Dokumentation der Workshop-Berichte. Stuttgart 1996. S.140.<br />
4 Siehe ebenda, S.48. Löbbe verweist darauf, dass sich Nutzeneinschätzungen im Zeitverlauf ändern und umso schwieriger werden, je<br />
weiter der Zeithorizont ausgedehnt wird. Siehe Löbbe, K.: Substituierbarkeit versus Komplementarität von Umweltgütern ... S.141.<br />
5 Siehe ebenda.<br />
6 Siehe Da Silva Matos, I. und Hofmann, M.: Wasser und Nachhaltigkeit ... S.233f.<br />
7 Siehe Löbbe, K.: Substituierbarkeit versus Komplementarität von Umweltgütern ... S.140.<br />
8 Siehe SUSTAIN: Forschungs- und Entwicklungsbedarf für den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise in Österreich.<br />
Endbericht zum interdisziplinären Forschungsprojekt. Graz 1994. S.94.<br />
9 Siehe Da Silva Matos, I. und Hofmann, M.: Wasser und Nachhaltigkeit ... S.234.<br />
10 Siehe ebenda, S.233.<br />
11 Siehe Knaus, A. und Renn, O.: Den Gipfel vor Augen. Unterwegs in eine nachhaltige Zukunft ... S.48f.<br />
12 Siehe Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages (Hrsg.):Institutionelle Reformen<br />
für eine Politik der Nachhaltigkeit. Berlin Heidelberg 1998. S.21.<br />
Transformationsmodell Schriftenreihe 6<br />
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