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Dekonstruktion – Beziehungen der Philosophie & Architekturtheorie ...

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„Denn Chora <strong>–</strong> die alles empfängt, aber von nichts etwas annimmt - gibt allem seinen Ort,<br />

ohne sich selbst je auf einen Ort festlegen zu lassen.“<br />

(ebd. Inhaltsangabe d. Hrsg.)<br />

Chora ist nicht innerhalb <strong>der</strong> Metaphysik, in <strong>der</strong> allem Sinnlichen eine geistige Begründung in<br />

seinem Ursprung zugeordnet wird. Erst die Interpretationen in- formieren die Bedeutung<br />

o<strong>der</strong> den Wert von chora. Die Interpretation Eisenmans und Deridas in ihrem Entwurfsteil des<br />

Gartens beinhaltet keine Vegetation. Eisenman und Derrida arbeitetn nur mit Wasser und<br />

Stein (Mineralien), die miteinan<strong>der</strong> spielen. Das stellt den Besucher sehr deutlich seiner<br />

Vorstellung von Garten gegenüber. Es weist auf das hin, was wir natürlicher Weise<br />

voraussetzen, jedoch nicht bestimmen können.<br />

In seinem Text Warum Peter Eisenman so gute Bücher schreibt (1988) nimmt Derrida erneut<br />

Bezug auf die Musik. Der Titel steht in Verbindung mit dem Text von Nietzsche Warum ich so<br />

gute Bücher schriebe in Ecce Homo. Unter an<strong>der</strong>em nennt Derrida darin Eisenman „ the most<br />

anti-Wagnerian creator of our time“ (Derrida 1988c 99). Das letzte Kapitel in Ecce Homo heißt<br />

Der Fall Wagner , Ein Musikanten- Problem. Eisenman spielt selbst mit Titeln. Sein Vorschlag ist<br />

<strong>der</strong> Projektname Chora L Works.<br />

Derrida beschreibt seine Zusammenarbeit mit Eisenman als „echte Zusammenarbeit“ ( Derrida<br />

1989b 73) . Es entsteht ein Dialog, <strong>der</strong> den Zusammenhang zwischen dem Schreiben Derridas<br />

und dem Entwerfen von Eisenman herstellt. Dabei arbeitet je<strong>der</strong> gleichzeitig, unabhängig<br />

voneinan<strong>der</strong> und benutzt nicht einfach die Arbeit des an<strong>der</strong>en.<br />

Derrida hält eine klare Trennung <strong>der</strong> Arbeitsbereiche zwischen Philosoph und Architekt ein.<br />

Da er sich auf dem Gebiet <strong>der</strong> Architektur zu wenig auskennt, arbeitet er an Texten. Es geht<br />

ihm um die Arbeit an <strong>der</strong> Grenze und den Berührungspunkten zwischen <strong>Philosophie</strong> und<br />

Architektur.<br />

Eisenman dagegen hat erwartet, dass Derrida am Entwurfsprozess direkter teilnehmen<br />

würde. Für ihn hat die Zusammenarbeit noch nicht funktioniert. (vgl. Eisenman 1995 258)<br />

Eisenman erarbeitet den architektonischen Entwurf, <strong>der</strong> nach eineinhalb Jahren soweit ist,<br />

dass er gebaut werden kann. Für ihn gibt es eine Verbindung des Projekts Parc de la Villette in<br />

Paris mit seinem Projekt Cannaregio in Venedig. Beide sind zufälligerweise<br />

Schlachthofgelände. Um den Gedanken <strong>der</strong> Autorität in <strong>der</strong> Präsenz <strong>der</strong> Architektur zu<br />

unterbinden, hat das Projekt mehr als einen Standpunkt. Die Verbindung <strong>der</strong> Orte stellt die<br />

Idee <strong>der</strong> Übertragung des Rasters her (s. Abb.): Le Corbusier hat in Venedig ein Gitter<br />

angelegt, welches Eisenman aufgreift, verlängert und für den Entwurf in Cannaregio<br />

verwendet. Eisenman überträgt nun sein Raster und Bauteile, wie eine Mauer, des<br />

Cannaregioentwurfs auf den Entwurf La Villettes. Tschumi hat in La Villette ein Raster zu<br />

Grunde gelegt, welches mit dem Projekt Joyce´s Garden (Teil aus Manhattan Transkripts)<br />

verbunden ist. Über Tschumis Gitter legt Eisenman nun das, was er von Le Corbusier<br />

genommen hat, und än<strong>der</strong>t dessen Maßstab. Dadurch werden <strong>Beziehungen</strong> sichtbar, die<br />

vorher verborgen waren. Es ergeben sich neue Formen und Interpretationsmöglichkeiten.<br />

Eisenman radikalisiert das Prinzip <strong>der</strong> Überlagerung, das hier durch Tschumi begonnen<br />

wurde, auf seinem Teil La Villettes.<br />

Ähnliche Zusammenhänge ergeben sich durch die zeitliche Geschichte des Ortes Parc de La<br />

Villette selbst. Das Schlachthofgebäude (von 1867) und Teile <strong>der</strong> noch älteren Stadtmauer<br />

(von 1848) bleiben erhalten und zeigen die Verbindung des Ortes zu seiner Vergangenheit. Es<br />

gibt drei Ebenen, die eine Interpretation von Zeit verkörpern (s.Abb.):<br />

Unterirdische Ausgrabungen zeigen gegenwärtig auf die Vergangenheit. Die gekippte Fläche<br />

verdeutlicht die Gegenwart und die erhöhten L-Formen weisen von jetzt in die Zukunft.<br />

Auch die Ideen des Steinbruchs und des Palimpsests, die sich durch den Entwurf ziehen,<br />

haben mit Zeit zu tun. Mit den Steinen <strong>der</strong> vergangenen Projekte, örtlich aus Paris und geistig<br />

aus Venedig, wird La Villette in <strong>der</strong> Gegenwart gebaut. Jemand an<strong>der</strong>s nimmt diese Steine in<br />

<strong>der</strong> Zukunft und baut etwas an<strong>der</strong>es. Ein Palimpsest hat einerseits die Bedeutung eines

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