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Komplikationen in Sans-Souci

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Neben der ersteren, von der seit 1772 zudem e<strong>in</strong>e graphische Reproduktion vorlag (Abb. 3), worauf<br />

Oesterreich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Verzeichnis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Anmerkung zu dieser Büste ausdrücklich h<strong>in</strong>gewiesen hatte, gab<br />

es ebenfalls e<strong>in</strong>e von dem mit e<strong>in</strong>em Ant<strong>in</strong>ouskopf ergänzten antiken Torso e<strong>in</strong>es Jüngl<strong>in</strong>gs vor dem Neuen<br />

Palais, 7 von der weiter unten noch zu berichten se<strong>in</strong> wird.<br />

Das ersche<strong>in</strong>t umso dr<strong>in</strong>glicher, da erstaunlicherweise selbst <strong>in</strong> neueren Versuchen der ikonologischprogrammatischen<br />

Deutung der Innen- und Außenausstattung mit antiken Skulpturen und Büsten die<br />

Darstellungen aller damals als Ant<strong>in</strong>ous benannten Exemplare beharrlich ausgeblendet worden s<strong>in</strong>d 8 – mit<br />

Ausnahme des Betenden Knaben. Das ersche<strong>in</strong>t umso bedenklicher, als die Platzierung der Büsten<br />

zwischen denen von Herrschern (Septimius Severus und Tiberius <strong>in</strong> dem ersten Falle oder Marc Aurel und<br />

Milo von Kroton im letzten Falle) durchaus hätte Anlaß geben können se<strong>in</strong>e Anwesenheit zu bedenken –<br />

aber sie sche<strong>in</strong>en wohl allzu schwer <strong>in</strong>s Deutungskonzept e<strong>in</strong>gepasst werden zu können.<br />

Friedrich II. / König Friedrich der Große hatte die Fassadenskulpturen - außer denen vor dem Mittelrisalit -<br />

aus Carrara erworben und 1749 an der 1747 nach Entwürfen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff<br />

errichteten Orangerie aufstellen lassen, die nach e<strong>in</strong>em Entschluss von 1768 ab 1771 unter der Leitung von<br />

Georg Christian Unger <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gästehaus (Cavalierhaus oder die Neuen Kammern genannt) umgestaltet<br />

worden war.<br />

E<strong>in</strong>e Sockel<strong>in</strong>schrift bei e<strong>in</strong>er der Statuen der Gartenanlage von <strong>Sans</strong>souci gibt Auskunft über die Herkunft:<br />

"Vig<strong>in</strong>ti quattuor haec signa ex propria lapicid<strong>in</strong>a, et per proprios statuarios offabre sculpenda curavit<br />

Antonius comes e Medico. Carrariens<strong>in</strong>s MDCCXLIX". 9 Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d Filippo Del Medico, „l'ispettore della<br />

Scuola di Architettura di Carrara“ und Giovanni Antonio Cybei, „il Direttore primario della Scuola di Scultura“<br />

der 1757 gegründeten Accademia di Carrara, die hier als Lieferanten auftraten. Zu diesen 24 <strong>in</strong> Italien<br />

angefertigten Skulpturen gehört die Marmorkopie e<strong>in</strong>es namentlich auch so bezeichneten »Ant<strong>in</strong>ous« nun<br />

nicht. Offensichtlich wurden zusätzlich m<strong>in</strong>destens zwei weitere – also <strong>in</strong>sgesamt vier - von allen 26<br />

Skulpturen der Südfassade vor Ort – <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> oder Potsdam - angefertigt.<br />

Die früheste Erwähnung ist <strong>in</strong> dem Verzeichnis zu dem von dem Hofgärtner Friedrich Zacharias Salzmann<br />

1772 veröffentlichen Kupferstichplan zu f<strong>in</strong>den. Dort f<strong>in</strong>det sich im Grundriss der Neuen Kammern der<br />

Buchstabe „r“. Im zugehörigen Text heißt es dann: „On voit devant les fenêtres v<strong>in</strong>gt six Statues de Marbre<br />

venues d'Italie....“ 10 Warum Salzmann es für diesen Ort nur bei dieser summarischen Angabe beließ, wo er<br />

ansonsten detaillierter andere Statuen, ihr Entstehungsjahr samt ihrem Verfertiger auflistete, mag daran<br />

liegen, daß die Autoren der e<strong>in</strong>zelnen Statuen ihm nicht bekannt gewesen se<strong>in</strong> mögen, auch nicht die der<br />

vor Ort gefertigten. Informierter zeigte sich dann wenige Jahre später die Bestandsbeschreibung des zwar<br />

künstlerisch vorgebildeten Oesterreich 1774, an dessen antiquarischen Kenntnissen gewisse Mängel zu<br />

konstatieren s<strong>in</strong>d. 11 Nun gibt es ke<strong>in</strong>e zeitgenössische Abbildung, so daß e<strong>in</strong>e Identifizierung der Statue auf<br />

erhebliche Schwierigkeiten stößt, zumal nicht immer e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Benennung der gleichen Statuen<br />

überall gewährleistet war. Oesterreich benannte sie als „Méléagre“, Manger zeichnete für diese Statuen aus<br />

Italien nur das Datum der Aufstellung der Objektgruppe – 1749 - und die dafür angefallenen Kosten detailliert<br />

auf. 12<br />

Die zeitlich nachfolgende Auflistung f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> dem umfangreichen Werk von Friedrich Nicolai (1733-<br />

1811) aus den Jahren 1769 - 1786. In se<strong>in</strong>er Beschreibung der Statuen vor dem „Kavalierhaus“, die der sehr<br />

s<strong>in</strong>nvollen Reihenfolge von Osten nach Westen, weil vom Schloss kommend, folgt, führt er ke<strong>in</strong>en<br />

„Ant<strong>in</strong>ous“, sondern an siebter Stelle – nach der „Venus Kalipygos“ und vor e<strong>in</strong>er „Pomona“ - e<strong>in</strong>en<br />

„Meleager“ auf, wie schon Österreich vor ihm. 13 In nachfolgenden Beschreibungen aus den Jahren 1813,<br />

1843 und 1850 bleibt es bei der genannten Reihenfolge und Benennung. 14 Die <strong>in</strong> den letzten Jahren im<br />

Depot von <strong>Sans</strong>souci aufbewahrte Kopie des „Ant<strong>in</strong>ous“ von unbekannter Hand, die bis vor wenigen Jahren<br />

vor den Neuen Kammern gestanden hatte 15 – auf Fotos der Zeit um 1955 (Abb. 1) zweifelsfrei als dort<br />

stehend zu identifizieren –, kann aber genau für die Zeit zwischen 1749 und 1800 mit ke<strong>in</strong>er der gedruckten<br />

Beschreibungen auf Anhieb zweifelsfrei <strong>in</strong> Zusammenhang gebracht werden.<br />

Etwas unterlebensgroß fällt als erstes der sehr k<strong>in</strong>dliche, rundlich große Kopf <strong>in</strong>s Auge, wie er <strong>in</strong><br />

zeitgenössischen Wiedergaben des Ant<strong>in</strong>ous vom Belvedere im Rokoko durchaus nicht selten anzutreffen ist<br />

(Abb. 4a). Die Ergänzungen entsprechen denen der Kle<strong>in</strong>bronzen des italienischen Della-Porta-Typs 16 , bis<br />

auf se<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>ke Hand. Sie greift nicht <strong>in</strong> das lang herabhängende Gewand, sondern bleibt lose davor platziert<br />

(Abb. 4b). Die auf dem h<strong>in</strong>teren Beckenrand aufgestützte Rechte entspricht dagegen völlig diesem<br />

Ergänzungstyp.<br />

Woher könnte der anonyme italienische (?) Bildhauer <strong>in</strong> Carrara 17 oder Rom diese Vorlage – als Kle<strong>in</strong>bronze

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