Komplikationen in Sans-Souci
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oder Stichreproduktion – gekannt haben? Wenn diese Statue zu den aus Carrara importierten gehören sollte<br />
– wovon allerd<strong>in</strong>gs nur bed<strong>in</strong>gt nach Überprüfung der veröffentlichten Belege auszugehen ist – dann lässt<br />
sich das kaum noch bestimmen; sollten <strong>in</strong>dessen bisher nicht zugängliche Belege darauf h<strong>in</strong>weisen, daß sie<br />
zu den m<strong>in</strong>destens zwei vor Ort gefertigten Statuen gehört, gäbe es eher nur weniger Möglichkeiten.<br />
Abb. 4, Anonym, „Meleager“ (Ant<strong>in</strong>ous), <strong>Sans</strong>souci Abb. 4 a - b, Details<br />
Die greifbaren Beschreibungen der Statuen von <strong>Sans</strong>souci <strong>in</strong> rezenten »Amtlichen Führern« 18 machen aber<br />
trotz e<strong>in</strong>es Fehlers bei der Bestimmung des Vorbildes für diese Kopie e<strong>in</strong>es deutlich: Die schon im 18.<br />
Jahrhundert gedruckte, immer wiederholte Benennungsvariante als „Meleager“ sche<strong>in</strong>t sich tatsächlich auf<br />
diese anonyme, ergänzte Kopie e<strong>in</strong>es „Hermes vom Typus Andros“ zu beziehen, der damals auch noch<br />
unter der Bezeichnung „Ant<strong>in</strong>ous vom Belvedere“ bekannt gewesen ist. 19 Die um 1710 von Elhafen<br />
geschnitzte Elfenbe<strong>in</strong>figur (München) e<strong>in</strong>es Meleager zeigt, daß dem Typus und der Pose nach die<br />
Benennung dieser Figur offensichtlich den Zeitgenossen nicht fremd se<strong>in</strong> brauchte, wiewohl bei dieser der<br />
am Sockel liegende Eberkopf die ikonographische E<strong>in</strong>deutigkeit gewährt. Am Portalrisalit des Kle<strong>in</strong>en Hofes<br />
des Berl<strong>in</strong>er Stadtschlosses waren zudem seit etwa 1704 beide Figuren, e<strong>in</strong> Meleager und e<strong>in</strong> Ant<strong>in</strong>ous,<br />
dicht beie<strong>in</strong>ander aufgestellt. 20<br />
Wieso nun aber diese Benennungsvariante für <strong>Sans</strong>souci sich auch ohne e<strong>in</strong> ikonographisch e<strong>in</strong>deutiges<br />
Kennzeichen durchsetzen konnte – die <strong>in</strong> Zeitgenossen greifbaren Stichwerken nach antiken Statuen nicht<br />
vorkommt -, mag daran gelegen haben, daß <strong>in</strong> der damaligen archäologischen Literatur der kritische Zweifel<br />
W<strong>in</strong>kelmanns (1764 gedruckt) an der traditionellen Benennung bereits erste Folgen gezeitigt hatte, obwohl<br />
1766 Less<strong>in</strong>g <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> erschienen »Laokoon« zu dieser vatikanischen Statue noch schrieb:<br />
„...Wenn aber Ant<strong>in</strong>ous den Zuschauer mit Bewunderung erfüllt, so setzt ihn der Apollo <strong>in</strong> Erstaunen ...“, und<br />
Johann Gottfried Herder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Kasseler Lobschrift auf W<strong>in</strong>ckelmann von 1777 noch une<strong>in</strong>geschränkt vom<br />
„schönen Ant<strong>in</strong>ous“ sprach. Und der längere Zeit zur Tafelrunde <strong>in</strong> <strong>Sans</strong>souci gehörige Francesco Algarotti<br />
sowohl <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Saggio della Pittura (1755) als auch <strong>in</strong> dem Saggio sopra l'Accademia di Francia che è <strong>in</strong><br />
Roma (1763) ausdrücklich den Ant<strong>in</strong>ous vom Belvedere an zweiter Stelle nach dem Apoll als unabd<strong>in</strong>gbare<br />
Vorbilder hervorgehoben hatte. 21 Über e<strong>in</strong>e engere Verb<strong>in</strong>dung zwischen W<strong>in</strong>ckelmann und <strong>Sans</strong>souci, die<br />
sich über dessen Freundschaft mit dem Lieferanten e<strong>in</strong>es weiteren Statuenensembles – dem römischen<br />
Bildhauer Batholomeo Cavaceppi – ergeben hatte, wird weiter unten noch zu berichten se<strong>in</strong>.<br />
Die Paarung vor dem schmalen Risalit des Ostflügels der Neuen Kammern mit e<strong>in</strong>er Venus hebt dieses Paar<br />
e<strong>in</strong> wenig hervor. E<strong>in</strong>malig bleibt diese Zusammenstellung ikonographisch schon, denn viel geläufiger war<br />
die Gegenüberstellung des unbekleideten Ant<strong>in</strong>ous mit e<strong>in</strong>er ebenso unbekleideten Venus Medici, von<br />
Marattas Zeichnung (um 1677) bis zum Kle<strong>in</strong>bronzepaar <strong>in</strong> Dresden (1704), der Aufstellung der Gipskopien<br />
<strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Akademie (um 1700) und Chodowieckis Graphik (1770). Daß hier die Wahl auf die Venus<br />
Kallipygos fiel, die dann auch noch so aufgestellt wurde, daß sie von ihrer durch das angehobene Gewand<br />
eher bedeckt ersche<strong>in</strong>ende Vorderseite zu sehen war, bedeutet nun aber nicht, daß hier bis an die Grenzen<br />
der Beliebigkeit antike Götterfiguren <strong>in</strong> Kopien zusammengestellt worden s<strong>in</strong>d. Natur- und Lebensalter<br />
erweisen sich bei der Durchsicht des durch die Auswahl abgesteckten Themenkreises als durchaus