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Ursprung und Ursprünglichkeit - Walter Peter Gerlach ...

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<strong>Peter</strong> <strong>Gerlach</strong>, <strong>Ursprung</strong><br />

<strong>und</strong> nur davon ist in der älteren Literatur dann die Rede, wenn der künstlerische oder sonstige<br />

gesellschaftliche Umgang mit dem Bild angesprochen wird 5 - als ein entwicklungsgeschichtlich spätes<br />

Kulturprodukt der Menschheit. So ist noch am Ende des 18. <strong>und</strong> im beginnenden 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

selbstverständlich die Rede von den großen mittelmeerischen Kulturen, beginnend im Vorderen<br />

Orient <strong>und</strong> Indien, kaum von Ostasien, bald dann von Ägypten, Griechenland <strong>und</strong> Rom, wenn die<br />

Erörterung von „dem <strong>Ursprung</strong>“ der Künste anstand.<br />

Das Argument vom <strong>Ursprung</strong> der Kunst nach antiken Schriftquellen wurde in die neuere Kunsttheorie<br />

des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts durch Alberti <strong>und</strong> Ghiberti eingeführt. 6 Damit wurde die vorgängige christliche<br />

These von Gott als dem ersten Architekten <strong>und</strong> Bildhauer um eine historische Dimension für die<br />

Genesis der Malerei erweitert. Anfangs werden in den einschlägigen kunsttheoretischen Texten<br />

verschiedene lokale Varianten von <strong>Ursprung</strong>slegenden angeführt, die alle die Malerei auf das<br />

Nachzeichnen des Schattens zurückführen. Daraufhin präzisierte Ghiberti, daß nicht die Malerei, wohl<br />

aber das „disegno“, die Konturzeichnung, auf diese Weise entstanden sei. 7<br />

Seitdem nahm dieses durch ihn formulierte Argument einen festen Platz in der Argumentationsfolge<br />

ein, denn - so ließe sich resümieren - die Kunst wurde erf<strong>und</strong>en, weil die Natur einst dazu Anlaß gab. 8<br />

Dieses nunmehr Selbstverständliche kam zu seinem aktuellen Recht in der Leonardo-Botticelli-<br />

Kontroverse. Diese Kontroverse bezog sich auf die inspirative Funktion assoziativer Anregungen<br />

durch zufällige Strukturen, die von Naturobjekten oder manipulierten optischen Erscheinungen,<br />

jenseits der <strong>Ursprung</strong>sfrage oder der Frage nach der individuellen Disposition, hervorgerufen sein<br />

konnten. Entscheidend war bei diesem Argument die anfängliche Entdeckung <strong>und</strong> Nutzung derartiger<br />

natürlicher Zufallsformen durch Künstler. Denn von dieser ersten „Erfindung“ ausgehend, ließ sich die<br />

Geschichte der Kunst als eine fortschreitende Akkumulation von Verbesserungen <strong>und</strong> Verfeinerungen<br />

der Technik beschreiben - sowohl in handwerklicher als auch in artistischer Hinsicht. Jede<br />

nachfolgende neuzeitliche Position konnte damit als ein Beitrag zum Fortschritt der Kunst begriffen<br />

werden, die, immer wieder dem Verfall ausgesetzt, jeweils wieder einen neuen Anfang gef<strong>und</strong>en<br />

hatte. So argumentierten Félibien, Perrault, Winckelmann, Lessing, Herder u.a. bis hin zu Croce. 9<br />

Präsent blieb allerdings, verstärkt durch die gegenreformatorische Ideologie im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert, die<br />

von den Kirchenvätern formulierte Überzeugung, daß Gott der erste Künstler - Bildhauer oder<br />

Architekt - sei. 10<br />

Aber wohin auch immer man die Frühzeit der Menschheit verlagerte, es blieb letztlich bei dem bereits<br />

von Plinius benannten Dunkel, in das der historische <strong>Ursprung</strong> von Kunst gehüllt sei. 11 Somit bestand<br />

vorerst kein Anlaß, über Frühes an Kunst Näheres in Erfahrung bringen zu wollen. Kenntnisse von<br />

der Kunst der mediterranen Antike reichte weiterhin aus, sie als einen noch immer nicht wieder<br />

erreichten Stand der je gegenwärtigen Kunst darzustellen <strong>und</strong> jeden erstrebten Fortschritt als<br />

Wetteifer mit dieser zu begreifen. Erst zu Winckelmanns Zeiten <strong>und</strong> vor allem durch Winckelmann<br />

http://www.kunstserviceg.de/gerlach 2 von 13

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