Ursprung und Ursprünglichkeit - Walter Peter Gerlach ...
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<strong>Peter</strong> <strong>Gerlach</strong>, <strong>Ursprung</strong><br />
selber wurde die „Kunst der Alten“ als eine unter bestimmten, nicht wieder zurückholbaren<br />
gesellschaftlichen Bedingungen entstandene begriffen. Diese Überzeugung hatte nach Winckelmann<br />
- z.B. bei Reynolds <strong>und</strong> Camper 12 - zur Folge, daß auf die Veränderungen der Kunst vorrangig in<br />
Abhängigkeit von den jeweilig geltenden Rahmenbedingungen geachtet wurde. Die Kunst wurde als<br />
ein direkter oder indirekter Ausdruck von gesellschaftlichen (Winckelmann: Verfassung) Bedingungen<br />
der Zeit verstanden. Das ästhetische Ideal wurde somit potentiell pluralistisch, denn, ob nun<br />
griechische oder römische Antike als die vorbildliche angesehen wurde, stand zum ersten Mal frei zur<br />
Disposition.<br />
Im Jahre 1752 veröffentlichte der Comte de Caylus den ersten Band seines »Recueil d'Antiquités<br />
[...]«. Darin formulierte de Caylus seine Auffassung vom Primat der griechischen Kultur <strong>und</strong> ihrer<br />
eindeutigen Vorbildlichkeit für die spätere römische Kunst. In diesem Ansatz, dessen verändertes<br />
Geschichtsverständnis eine erste Formulierung in der »Querelle des anciens et modernes« gef<strong>und</strong>en<br />
hatte 13 , offenbart sich ein bezeichnender Bruch mit der in der italienischen Renaissance formulierten<br />
These von der unbedingten Vorbildlichkeit vorzüglich der römischen Baukunst, wenn nicht der<br />
römischen Kunst überhaupt, die Piranesi wenig später wieder heftig verteidigte. 14 Ideale römisch-<br />
republikanischer Bürgertugend, also moralische Qualitäten historischer Exempla <strong>und</strong> chronistische<br />
Wahrheit einerseits <strong>und</strong> andererseits die immens gewachsenen Kenntnisse über die griechische<br />
Kultur standen in Konkurrenz zu dem umfangreichen Denkmälerbestand, sowohl der Skulptur als<br />
auch der Architektur, deren tatsächliches Herkommen noch weitgehend ungeklärt war. Alles, was sich<br />
in der Erde Italiens hatte finden lassen, galt als römisch, wenn nicht im Einzelfall Textbelege<br />
beigebracht werden konnten, die bezeugten, daß die Objekte griechischen <strong>Ursprung</strong>s waren. Das<br />
hatte Folgen für ihre Deutung, <strong>und</strong> es hatte umwälzende Folgen für ihre ästhetische Bewertung in<br />
Abhängigkeit von ihrer Datierung. 15<br />
„Von dem <strong>Ursprung</strong>e der Kunst <strong>und</strong> den Ursachen ihrer Verschiedenheit unter den Völkern“<br />
überschrieb Winckelmann das einleitende erste Kapitel seiner »Geschichte der Kunst des<br />
Alterthums«. Darin führte er den Leser nach einigen Einlassungen über Besonderheit des Mediums<br />
bildender Kunst, einschließlich der in diesem verwendeten Materialien (wie Ton, Holz, Elfenbein, Erz<br />
etc.) <strong>und</strong> zu ihren unterschiedlichen Ausprägungen in den frühen vorderasiatischen <strong>und</strong><br />
mittelmeerischen Kulturen.<br />
Im ersten Kapitel erkennen wir unschwer das Kunstlob 16 wieder, das der europäischen<br />
schriftstellerischen Tradition vertraute obligatorische Thema des ersten Kapitels - <strong>und</strong> dies seit<br />
Albertis 17 <strong>und</strong> Polizians 18 neuartigen Versuchen für das Abfassen von kunsttheoretischen Schriften.<br />
Das aber mußte - den rhetorischen Regeln Ciceros oder Quintilians 19 gemäß - als einführendes<br />
Kapitel unabhängig vom Inhalt der Sache, über die zu reden ist, vorangestellt werden. Dies hat in<br />
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