1993 - Adalbert Stifter Gymnasium
1993 - Adalbert Stifter Gymnasium
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In Sachen <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong><br />
Am 22. März 1853 schreibt <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong> an seinen Verleger Gustav<br />
Heckenast: "... Der hiesige Professor an der Realschule Joh.<br />
Aprent ein ausgezeichneter und durch und durch genialer Mann<br />
will im Vereine mit mir ein Lesebuch für die Oberrealschulen heraus<br />
geben zusammengestellt aus klassischen Mustern deutscher<br />
Litteratur so wie Auszüge aus den Alten. Ich werde dabei die aus<br />
dem Griechischen und Lateinischen genommenen Bestandteile besorgen<br />
und größtenteils selbst übersetzen, und überhaupt die<br />
Auswahl und Anordnung der Stücke leiten. ..."<br />
Heckenast ist sofort entschlossen, Drucklegung und Vertrieb des<br />
Werkes zu übernehmen, und bereits im Sommer 1854 liegt das Lesebuch<br />
nach gründlicher Vorbereitung zur Auslieferung vor. Das<br />
Unterrichtsministerium in Wien lehnt jedoch die Einführung in<br />
den österreichischen Schulen ab, weil das Buch nicht dem Lehrplan<br />
entspreche.<br />
Diesen Vorwurf weist <strong>Stifter</strong> in einem Brief an Heckenast vom 2.<br />
Januar 1855 energisch zurück und verteidigt anschließend das Lesebuch,<br />
indem er unter anderem dazu selbstbewußt feststellt: "...<br />
Es steht über dem Gesichtskreise unserer Professoren, und vorzüglich<br />
derer, die bisher für unsere Schulen solche Bücher gemacht<br />
haben. ... Wir meinten, wenn Edles Großes, das in die Her-<br />
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zen der Jugend gesät werden solle, und sie auf einen schöneren<br />
und größeren Lebensweg hinstellt, geboten wird, und dies in einer<br />
vollkommen deutschen Sprache, werde die Sache für sich reden,<br />
daß man mit Freude darnach greifen werde,..."<br />
Dennoch hält das Unterrichtsminnisterium auch später an der Ablehnung<br />
des Werkes fest, das allerdings trotzdem im Buchhandel<br />
erhältlich ist.<br />
Als aber nach dem Zweiten Weltkrieg viele Schulbücher wegen ihres<br />
nationalsozialistischen Gedankengutes untragbar geworden<br />
waren, erfährt die Arbeit <strong>Stifter</strong>s und Aprents überraschend eine<br />
späte Würdigung, die zugleich als Beweis für die hohe Qualität ihres<br />
Lesebuchs gelten darf. Das damalige bayerische Kultusministerium<br />
veranlaßt im Jahre 1947 unter Hinweis auf seine Vorzüge<br />
einen Neudruck und bestimmt es vorübergehend zum Unterrichtswerk<br />
für den Deutschunterricht an den höheren Schulen.<br />
(Die Briefzitate sind entnommen aus: <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong>s Leben und<br />
Werk in Briefen und Dokumenten, Insel-Verlag Frankfurt am<br />
Main 1962.)<br />
M. Pranghofer