Report - EVM Berlin eG
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Damals war‘s …<br />
Bereits ein gutes Drittel aller Wohnungen<br />
war mit einem Bad ausgestattet, die Küchen<br />
hatten alle eine Speisekammer und<br />
außer im Erdgeschoss war bereits allen Wohnungen<br />
Balkon oder Loggia – egal ob auf<br />
dem II., III. oder V. Hof – zugeordnet.<br />
Aus heutiger Sicht fällt besonders ins Auge,<br />
dass die Küchen im Verhältnis zur Wohnfläche<br />
sehr großzügig angelegt waren und<br />
als Wohnküchen wohl Platz für den Tisch in<br />
der Mitte boten. Kommunikation fand hier<br />
statt, am runden oder eckigen Tisch (ganz<br />
„IN“, oder?), ohne Handy, Laptop und Mikrowelle<br />
sowie anderen<br />
technischen<br />
Errungenschaften<br />
unserer Zeit.<br />
Die typische Grundstücksbebauung<br />
mit<br />
Seitenflügeln und<br />
Quergebäude (das<br />
im Krieg zerstört<br />
wurde) hat mit Sicherheit<br />
der Grundrissgestaltung<br />
vieles<br />
abverlangt. Und zwischen<br />
Küche und<br />
Stube liegt dann<br />
eben mal, von der<br />
Küche zugänglich,<br />
neben der Speisenkammer<br />
ein ebenso<br />
großer oder „kleiner“<br />
Vorraum als<br />
Zugang zur Toilette.<br />
Aber welche Errungenschaft<br />
gegenüber<br />
dem Abort auf dem<br />
Zwischenpodest im<br />
Treppenaufgang, den<br />
informiert<br />
… als der Flur noch Corridor, das Zimmer und der Raum noch<br />
Stube, Etage noch Stockwerk hieß, das WC noch als Toilette<br />
bezeichnet wurde; als neben dem Vereinszimmer auch<br />
ein Kammerdiener sein Reich hatte und Hof I, II, III, IV und V<br />
noch Begrifflichkeiten waren …<br />
… als der Eigenthümer noch mit „h“ geschrieben wurde<br />
(Erbbauverein Moabit, Eingetragene Genossenschaft mit<br />
beschränkter Haftpflicht) und der Königliche Bauinspector<br />
Schaller am 15. Oktober die Baupolizeiliche Prüfung vornahm,<br />
schrieb man das Jahr 1910.<br />
sich mehrere Familien teilen mussten! Unvorstellbar<br />
heute, wo längst wandhängendes<br />
WC und Heizkörper-Handtuchhalter als Interieur<br />
Einzug gefunden haben.<br />
Die Kachelöfen sind inzwischen aus den<br />
Stuben verschwunden, ebenso die Kochmaschinen<br />
aus den Küchenecken. Gekocht<br />
wird nun elektrisch und „warmes Wasser<br />
kommt aus der Wand“. An das Anheizen<br />
des Badewassers erinnern nur noch die<br />
auf den Grundrissplänen eingezeichneten<br />
Kohlebadeöfen.<br />
11<br />
Auf der „Zeichnung zur Erbauung eines<br />
Wohnhauses“ zeichnete für die Ausführung<br />
der Maurermeister Adolf Mattheus<br />
aus <strong>Berlin</strong> W.15 (…was heißt denn das?),<br />
seine Telefonnummer war noch vierstellig<br />
(!), Begriffe wie E-Mail, Fax, Computer unvorstellbare<br />
Fantasiegebilde.<br />
Schaut man auf die einzig noch vorhandene<br />
Fotoaufnahme der Gartenansicht von Hof<br />
I, dann sieht man nicht wirklich das real<br />
schwarz/weiß Bild, sondern einen bezaubernden<br />
grünen Gartentraum, mitten in der<br />
Stadt, mitten zwischen Vorder- und Gartenhaus,<br />
Seitenflügeln und Quergebäude.<br />
Damals war ‘s …<br />
… vor 100 Jahren! Als der Königliche Bauinspector<br />
auf die Grundrisspläne (auf Leinengewebe)<br />
Alt-Moabit 55 und 56 seinen<br />
Namen setzte und so der Wohnhausgruppe<br />
4 mit auf die Welt half.<br />
Ob er wohl geahnt hat, dass er mir damit<br />
auch den Startschuss für diesen kleinen<br />
Artikel hier gab? Aus Liebe zur Grundrissgestaltung<br />
seit über 45 Jahren.<br />
Gabriele Blümel<br />
Technik<br />
Serviceteam D<br />
Genossenschaftsmitglied