August/September - Experimenta.de
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Artur Lundkvist: Lebe wie Gras<br />
Und das Gras wan<strong>de</strong>rt über die Welt,<br />
von <strong>de</strong>n Flüssen unter <strong>de</strong>m Wind <strong>de</strong>r breiteste und grünste.<br />
Immer ist das Gras unterwegs,<br />
die Hüften <strong>de</strong>r Berge hinauf, in die verschlafenen Städte hinein,<br />
über Brachland, Savannen, Steppen,<br />
wo <strong>de</strong>r Kentaur nie überwun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>,<br />
wo die Weite unter <strong>de</strong>n Hufen <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong> trommelt,<br />
unter schiefäugigem Mond die Milch im Filzzelt gärt.<br />
Das Gras<br />
trägt <strong>de</strong>n Sturzregen auf Myria<strong>de</strong>n Rücken<br />
und hält <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n mit zahllosen kleinen Zehen.<br />
Das Gras spannt furchtlos seine dünnen Finger<br />
um einen Totenkopf.<br />
Das Gras arbeitet rastlos, zau<strong>de</strong>rt nie,<br />
sich Wege zu sprengen, über Gestein zu klettern,<br />
und seine Antwort auf je<strong>de</strong> Gewalt ist Wachsen.<br />
Das Gras liebt die Welt wie seinen Halm,<br />
glücklich noch an grauen Tagen.<br />
Das Gras, es strömt im Festverwurzeltsein,<br />
es fließt im Stehen dahin,<br />
vielfältig immer, doch beieinan<strong>de</strong>r und eins.<br />
Das Gras folgt <strong>de</strong>m Menschen als Weggefährte<br />
und verbeugt sich vor <strong>de</strong>r Erinnerung, die ins Vergessen<br />
eingeht.<br />
Das Gras hat das Horn <strong>de</strong>s Einhorns gebettet<br />
und die Axt <strong>de</strong>s Indianers,<br />
es wächst als schützen<strong>de</strong> Wimper um Quellen<br />
und zeichnet mit hohen dunklen Büscheln<br />
die Konturen von Tieren, die <strong>de</strong>r Blitz getötet.<br />
Die wil<strong>de</strong> Maus<br />
zieht einen Scheitel von Schauern durch das Gras,<br />
das grenzenlose Gras,<br />
das <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> dient und gleichermaßen <strong>de</strong>n Tieren,<br />
das durch Feuer und Kälte stirbt,<br />
immer wie<strong>de</strong>r aber sich erhebt<br />
eXperimenta 08 & 09/2008: Die Kunst Seite 10<br />
Der Klassiker