August/September - Experimenta.de
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Im Mittelpunkt <strong>de</strong>r kurz vorher erst eingeübten Performance stan<strong>de</strong>n sehr unterschiedlich<br />
gesetzte Texte. Je<strong>de</strong>r einzelne hätte genügend Anlass geboten,<br />
mit <strong>de</strong>n Autoren ein interessantes Gespräch zu führen. Wenn Sinne schreiben,<br />
dann sind es Menschen, die all ihr Gespür ihre kreativen Gedankenspiele<br />
formen lassen. Dem einen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren mag aufgefallen sein, dass diese<br />
Menschen an diesem Abend irgendwie viel zu kurz kamen. We<strong>de</strong>r Organisation,<br />
noch Regie, noch Mo<strong>de</strong>ration hätten unter <strong>de</strong>n gegebenen Bedingungen<br />
etwas daran än<strong>de</strong>rn können. Der Wettlauf gegen die Nässe als eine, diesmal<br />
unerwünschte, sinnliche Erfahrung sollte im Nachhinein als ein sportliches<br />
Unterfangen betrachtet wer<strong>de</strong>n, das als beinahe gelungen zu bezeichnen ist.<br />
Für manche(n) war es eine Premiere, die die Nerven stählte.<br />
Rüdiger Heins hat nun die Möglichkeit zur Wie<strong>de</strong>rgutmachung, ihm steht<br />
mit seiner Sendung in Radio Rheinwelle ein passen<strong>de</strong>s Medium zur Verfügung,<br />
was jetzt eine Menge Hoffnungen weckt, wenn dies an dieser Stelle angemerkt<br />
wird. Ich bin so frei.<br />
Die leisen Töne sind’s<br />
An diesem Samstagabend in <strong>de</strong>r Arena <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgartenschau haben vierzehn<br />
Menschen dazu beigetragen, dass ich mich <strong>de</strong>n Himmelsallüren wohlgelaunt<br />
entzog.<br />
Ich nehme mir nun heraus, mich über alle Gebote journalistischer Objektivität<br />
hinwegzusetzen. Denn so wie das Windspiel in <strong>de</strong>n Saiten <strong>de</strong>r Harfe leise<br />
Töne erklingen ließ, so brachten hier mehrere Leute die Saiten auf meiner<br />
Seele zum Schwingen, was <strong>de</strong>n Resonanzkörper meiner glücklicherweise nicht<br />
mehr vergrabenen Kin<strong>de</strong>rseele noch an<strong>de</strong>rntags nachklingen ließ.<br />
Karina Schlingensiepen aus Wuppertal bewies mir einmal mehr, wie literarisches<br />
Schreiben im Glücksfall auch ein engagiertes Schreiben ist. Ich gebe<br />
zu, dass bereits <strong>de</strong>r Titel ihres Textes mich, <strong>de</strong>n Maler von Mohnblüten, einfing.<br />
Mohnblütenrot traf mich das Signal, auch behin<strong>de</strong>rten Menschen sinnenfroh<br />
gegenüber zu treten. Die Autorin, Jahrgang 1982, bereits mehrfach<br />
ausgezeichnet, wird mit Sicherheit noch öfter ähnlich ergreifend Aufmerksamkeit<br />
wecken. Möglicherweise passen auch an<strong>de</strong>re Geschichten, um sich zu<br />
einem Hörbuch ermutigt zu fühlen. Karina Schlingensiepen, eine Journalistin<br />
mit sehr literarischer A<strong>de</strong>r, lässt ihre blin<strong>de</strong> Meg unterstreichen, dass Blätter<br />
nie glücklicher als im Herbst riechen, wenn sie, Farbe ausstrahlend, so viel zu<br />
erzählen haben. Ein anrühren<strong>de</strong>r Text, <strong>de</strong>r mit einem stillen Gefühl in einem<br />
glücklichen Augenblick en<strong>de</strong>t, in <strong>de</strong>m geschlossene Augen so unendlich mehr<br />
sehen können als geöffnete. Das Mohnblütenrot, das ihr in die Hand gelegt<br />
eXperimenta 08 & 09/2008: Das Institut Seite 36