30.09.2013 Aufrufe

Mordbefehl und Todesmarsch. Das Hamelner Zuchthaus in den ...

Mordbefehl und Todesmarsch. Das Hamelner Zuchthaus in den ...

Mordbefehl und Todesmarsch. Das Hamelner Zuchthaus in den ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Wachmannschaften sorgen dafür, daß von Dorf zu Dorf e<strong>in</strong>e Bauernkarre oder e<strong>in</strong><br />

Pferdefuhrwerk für die Schwächsten mitgenommen wird. Aber längst nicht alle Bauern f<strong>in</strong><strong>den</strong><br />

sich dazu bereit. 64<br />

Aus Zeitzeugenberichten hat Ludwig Brockmann aus Halle rekonstruiert, daß die<br />

Wachmannschaften nicht e<strong>in</strong>schritten, wenn die ausgehungerten Häftl<strong>in</strong>ge etwa e<strong>in</strong>en<br />

Kartoffeldämpfer oder e<strong>in</strong>e Rübenmiete plünderten oder von e<strong>in</strong>zelnen Dorfbewohnern<br />

Wasser oder Brot oder Kartoffeln erhielten. Der Grad der Hilfsbereitschaft sei sehr<br />

unterschiedlich gewesen. Immer wieder seien die Gefangenen von Überzeugten oder<br />

Ängstlichen vom Gr<strong>und</strong>stück gejagt wor<strong>den</strong>, hätten sich Türen <strong>und</strong> Fenster vor <strong>den</strong> Bitten<strong>den</strong><br />

geschlossen. 65<br />

Mehrere Tote s<strong>in</strong>d bezeugt. Vor Dohnsen scheren 3 Personen - allesamt Holländer - aus dem<br />

Marschverband aus <strong>und</strong> schleppen sich zu e<strong>in</strong>em Weideschuppen. Die Wachmannschaft<br />

schreitet nicht e<strong>in</strong> <strong>und</strong> der Zug geht weiter. Vermutlich war es SS, die <strong>in</strong> Halle lag, <strong>und</strong> von<br />

<strong>den</strong> Bewohnern des Dorfes Wegensen über die kle<strong>in</strong>e Gruppe verständigt wurde. Zwei der<br />

Häftl<strong>in</strong>ge wer<strong>den</strong> von der SS erschossen, der Dritte stirbt an Entkräftung. 66<br />

L<strong>in</strong>kes Foto: E<strong>in</strong>er der Toten war der Holländer Sef van Megen.<br />

Rechtes Foto: Grabste<strong>in</strong> von Marienus Griep auf dem Friedhof <strong>in</strong> Dohnsen.<br />

Die drei Toten wur<strong>den</strong> auf dem Friedhof Dohnsen bestattet. Zwei der Leichname wur<strong>den</strong> nach dem<br />

Kriege exhumiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> bestattet. Marienus Griep liegt bis heute auf dem Friedhof<br />

<strong>in</strong> Dohnsen.<br />

Fotos: Gelderblom<br />

Für Dielmissen wissen wir von weiteren Tote. Neben e<strong>in</strong>em polnischen Zivilarbeiter, der<br />

1943 bei e<strong>in</strong>em Unfall zu Tode kam, liegen auf dem Friedhof zwei Teilnehmer des<br />

<strong>Todesmarsch</strong>es. E<strong>in</strong>er soll tot an der Reichsstraße 240 zwischen Dielmissen <strong>und</strong> Lüerdissen<br />

gef<strong>und</strong>en wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong>. Der Zweite stirbt wenige Tage später im ehemaligen<br />

64<br />

Aussage des Ober<strong>in</strong>spektors Wilhelm Theile bei se<strong>in</strong>en Vernehmungen durch britische Offiziere, Public<br />

Record Office WO 309/103 vom 13. 6. 1945.<br />

65<br />

„Die Bevölkerung der e<strong>in</strong>zelnen Orte wurde von der jeweiligen Parteiführung angehalten, Fenster <strong>und</strong> Türen<br />

zu schließen, es kämen Gefangene vorbei <strong>und</strong> die SS wäre dah<strong>in</strong>ter, was nicht der Fall war.“ Ludwig<br />

Brockmann, Zwangsarbeit Bd. 2, S. 231.<br />

66<br />

Die 3 Toten wer<strong>den</strong> dann später von Dorfbewohnern neben der Straße Halle-Bremke bestattet. Im Juni 1945<br />

wur<strong>den</strong> sie dann <strong>in</strong> Z<strong>in</strong>ksärgen auf <strong>den</strong> Dohnser Friedhof umgebettet, wobei Mitglieder der NSDAP helfen<br />

mußten. Im März 1946 wur<strong>den</strong> auf Bitten der holländischen Angehörigen die Gräber geöffnet, zwei der Toten <strong>in</strong><br />

die Heimat überführt, der dritte, Marienus Griep, für dessen Exhumierung es ke<strong>in</strong>e Genehmigung gab, blieb als<br />

unbekannter Ausländer <strong>in</strong> Dohnsen. Vgl. Brockmann., a.a.O., S. 231. <strong>Das</strong> Grab auf dem Friedhof von Dohnsen<br />

ist heute noch erhalten.<br />

26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!