Verhalten, Einstellungen und Unfallerfahrungen von ... - BfU
Verhalten, Einstellungen und Unfallerfahrungen von ... - BfU
Verhalten, Einstellungen und Unfallerfahrungen von ... - BfU
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Diese motorradspezifische Auslebenstendenz stellt<br />
somit einen erheblichen Risikofaktor dar, weil das<br />
Motorradfahren für viele Fahrer nicht primär dem<br />
Transport dient, sondern ein Hobby im Sinne einer<br />
lustgewinnverschaffenden Freizeitbeschäftigung<br />
ist. Zehn <strong>und</strong> Heger [8] sind aufgr<strong>und</strong> ihrer Befra-<br />
gung <strong>von</strong> 131 Motorradfahrern zu sozialen Aspek-<br />
ten (<strong>Einstellungen</strong>, <strong>Verhalten</strong>) <strong>und</strong> Leistungs-<br />
aspekten des Motorradfahrens (Maschinenbeherr-<br />
schung, Fahren im Grenzbereich) zu folgendem<br />
Resultat gekommen: Wird die Auswahl bestimmter<br />
Fahrrouten berücksichtigt, trifft die Allgemein-<br />
gültigkeit der These, dass Motorradfahrer ein<br />
erhöhtes Verlangen nach Aussenreizen haben <strong>und</strong><br />
somit bewusst unkontrollierbare Risiken in Kauf<br />
nehmen, nicht generell zu. Vielmehr sind deren<br />
<strong>Verhalten</strong>spräferenzen durch Leistungsmotivation<br />
<strong>und</strong> soziale Aspekte geprägt.<br />
Neben einstellungsbedingten <strong>und</strong> motivationalen<br />
Faktoren scheint auch das Selbstwertgefühl einen<br />
Einfluss darauf zu haben, inwiefern Motorradfahrer<br />
bereit sind, hohe Risiken in Kauf zu nehmen.<br />
Schulz et al. [30] konnten aus ihrer detaillierten<br />
Befragung <strong>von</strong> 180 Motorradfahrern zur Persön-<br />
lichkeit, zum Selbstkonzept <strong>und</strong> zu den Einstel-<br />
lungen zum Motorradfahren interessante Schlüsse<br />
ziehen: Personen mit einem eher schlechten Selbst-<br />
wertgefühl neigen mehr zu sportlichen Fahr-<br />
motiven <strong>und</strong> einem riskanten Fahrstil. Bei Personen<br />
mit einem guten Selbstwertgefühl stehen hingegen<br />
Sicherheitsaspekte, wie defensives <strong>und</strong> zurück-<br />
haltendes Fahren, viel mehr im Vordergr<strong>und</strong>. Das<br />
Selbstkonzept wurde mit dem Test «Inventar zum<br />
Selbstkonzept <strong>und</strong> Selbstvertrauen» (ISS) [16,<br />
S. 284] erhoben <strong>und</strong> umfasste folgende Bereiche:<br />
Geschicklichkeit, soziale Integration, Selbst-<br />
kenntnis, Selbstbeherrschung, Selbstakzeptanz <strong>und</strong><br />
Selbstvertrauen. Werden nun – bezogen auf das<br />
Selbstkonzept – Unfall- <strong>und</strong> Sturzzahlen mitein-<br />
ander verglichen, so zeigt sich, dass Motorrad-<br />
fahrer mit schlechterem Selbstkonzept deutlich<br />
häufiger verunfallen <strong>und</strong> stürzen als diejenigen mit<br />
einem guten Selbstkonzept. Diese Beobachtung<br />
trifft für beide Geschlechter gleichermassen zu.<br />
Mit der Frage, inwiefern Motorradfahrer die spezi-<br />
fischen Motorradrisiken adäquat einschätzen<br />
können, befassten sich Mannering <strong>und</strong> Grodsky<br />
[31]. Sie untersuchten die Einflussfaktoren auf die<br />
Einschätzung des persönlichen Risikos, einen<br />
Motorradunfall zu erleiden. Die Fragebogen-<br />
erhebung ergab, dass die Motorradfahrer ein ver-<br />
nünftiges Verständnis für die Risiken des Motor-<br />
radfahrens aufweisen. So nennen sie als Risiko-<br />
faktoren die Exposition im Sinne der gefahrenen<br />
Strecke, die regelmässige Geschwindigkeitsüber-<br />
schreitung, das Vorbeifahren an Fahrzeugen auf<br />
dem Seitenstreifen («passing vehicles on the<br />
shoulder») oder das Fahren zwischen stehenden<br />
oder langsam fahrenden Motorfahrzeugkolonnen.<br />
Die Autoren kommen zum Schluss, dass sich<br />
Motorradunfälle meistens nicht aufgr<strong>und</strong> man-<br />
gelnder Gefahrenkenntnisse ereignen. Auch<br />
Kuschefski et al. [23] schliessen aus den Resultaten<br />
ihrer Befragung <strong>von</strong> über 400 Motorradfahrern,<br />
dass diese gr<strong>und</strong>sätzlich ein hohes Sicherheits-<br />
bewusstsein aufweisen. Unter Sicherheitsbewusst-<br />
sein fassen die Autoren Kriterien wie Wartung des<br />
Motorrads, Gedanken über Risikofaktoren beim<br />
Motorradfahren, Teilnahme an Sicherheitstrainings<br />
sowie Interesse am Thema Sicherheit sowohl<br />
bezüglich des Fahrzeugs (z. B. ABS) wie auch<br />
bezüglich des Fahrers (z. B. Kleidung, Helm,<br />
Protektoren) zusammen.<br />
Rutter et al. [2,3] führten zum ersten Mal eine<br />
grössere Längsschnittbefragung <strong>von</strong> Motorrad-<br />
bfu-Report Nr. 59 Einleitung <strong>und</strong> Problemstellung 29