Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
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Illu: schwarwel - Fotolia.com<br />
den Öffentlichen <strong>Dienst</strong>, darunter eine Kürzung der Beamtengehälter,<br />
die Reduzierung der Verwaltungsebenen von<br />
fünf auf drei und ein weitgehender Aufnahmestopp und<br />
Stellenstreichungen. Neu geschaffen wurde hingegen<br />
eine Einheit der Finanzpolizei, die sich ausnahmslos um<br />
Steuer vergehen kümmert.<br />
Die rigiden Sparmaßnahmen sind ein zweischneidiges<br />
Schwert: Einerseits muss der Staat <strong>Ausgabe</strong>n reduzieren,<br />
wenn er den Schuldenberg abbauen will. Andererseits<br />
birgt ein zu harter Kurs die Gefahr einer Konjunkturabschwächung<br />
und unerwünschter sozialer Effekte.<br />
Negative Auswirkungen auf die Bevölkerung sind bereits<br />
spürbar: Die Arbeitslosigkeit bewegt sich mittlerweile um<br />
die 20ProzentMarke, selbst gut ausgebildete Fachkräfte<br />
stehen ohne Job da. Unter den Jugendlichen ist schon fast<br />
jeder Zweite betroffen, im Frühjahr 2008 war die Jugendarbeitslosigkeit<br />
noch weniger als halb so hoch gewesen.<br />
So mancher junge Grieche, berichtet die deutsche Zeitung<br />
„Welt“, flüchtet aus der Stadt und sucht eine Alternative<br />
auf dem Land in der Agrarwirtschaft oder auf dem Meer in<br />
der Fischerei, andere wieder sehen sich gezwungen, auf<br />
ihr Studium zu verzichten. Die Kirche versorgt laut Informationen<br />
von orf.at eine Viertelmillion Menschen mittels<br />
Essensausgabe; andere Bürger und Supermärkte beteiligen<br />
sich an dieser Hilfe. Die Zahl der Obdachlosen stieg in<br />
Athen 2011 um 20 Prozent, wie orf.at unter Berufung auf<br />
griechische Medien meldet. Dramatisch zugenommen<br />
habe auch die Zahl von Griechen, die die kostenlosen<br />
medizinischen <strong>Dienst</strong>e der Hilfsorganisation „Ärzte der<br />
Welt“ in Anspruch nehmen. Die triste finanzielle Lage<br />
machte sich auch zur Weihnachtszeit bitter bemerkbar,<br />
unsere eu<br />
wird weiter berichtet: So seien die Umsätze des Einzelhandels<br />
im Vergleich zu 2010 um 30 Prozent eingebrochen.<br />
Schon im Sommer 2011 habe der griechische Einzelhändlerverband<br />
davon gesprochen, dass aufgrund der Finanz<br />
und Wirtschaftskrise bis zu 25 Prozent der Geschäfte für<br />
immer zusperren mussten.<br />
Trotz aller Anstrengung:<br />
Der Ausgang ist ungewiss<br />
Trotz der großen Opfer ist es alles andere als garantiert,<br />
dass die Maßnahmen zu jenem Ergebnis führen werden,<br />
das sich alle erhoffen. Im Gegenteil: Immer häufiger ist von<br />
einer endgültigen Staatspleite die Rede, schon im März<br />
könnte es so weit sein. Angesichts dessen machen viele bei<br />
Demonstrationen und durch Streik ihrem Ärger Luft. Auch<br />
aus dem Ausland kommt Unterstützung. Der Österreichische<br />
<strong>Gewerkschaft</strong>sbund etwa kritisiert „massive Kündigungswellen<br />
und Lohnsenkungen“, darüber hinaus einen<br />
„Frontalangriff auf die Tarifautonomie“. Die <strong>Gewerkschaft</strong><br />
in Griechenland beklage „verheerende Ergebnisse von<br />
einem Jahr Sparpolitik“. Die Medizin sei schlimmer als<br />
die Krankheit, so heißt es. Nicht die Mindestlöhne seien<br />
am Sinken der Wettbewerbsfähigkeit schuld, sondern die<br />
tiefer werdende Rezession. Griechenland werde auf diese<br />
Weise auf den Stand der 50er Jahre zurückgeworfen.<br />
Prognosen über die weitere Entwicklung des Landes sind<br />
schwierig, ein Patentrezept gibt es nicht, die Expertenmeinungen<br />
gehen auseinander. Einigkeit herrscht nur in<br />
einem Punkt: Egal, welchen Weg Griechenland einschlagen<br />
wird, er wird hart und nicht ohne Entbehrungen zu<br />
gehen sein.<br />
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GÖD | 6_2009