Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
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vorherigen Zustimmung des BR bedarf, ohne dass es auf die<br />
hiefür maßgebenden Gründe ankäme. Für die Beurteilung<br />
der Rechtswirksamkeit einer Versetzung mangels Zustimmung<br />
des BR ist es ohne Bedeutung, ob die Versetzung<br />
aus betrieblichen oder persönlichen Gründen sachlich<br />
gerechtfertigt ist oder nicht. 5 In beiden Instanzen wurde<br />
dem Klagebegehren des AN stattgegeben.<br />
Sozialpäne zum Schutz der Schwachen<br />
Der AG machte in der Folge mit Revision beim OGH<br />
geltend, dass allein ein AG über das „ob“ und „wann“<br />
einer teilweisen Betriebsstilllegung zu entscheiden habe.<br />
Die Mitwirkungsbefugnisse des BR nach § 109 Abs. 1 Z<br />
1 ArbVG – Mitwirkung bei Betriebsänderung – könnten<br />
die Stilllegung eines Betriebsteils weder verhindern noch<br />
verzögern. Eine Berücksichtigung auch der Mitwirkungsbefugnisse<br />
des BR nach § 101 ArbVG laufe diesem Konzept<br />
diametral zuwider. Die Auffassung des Berufungsgerichts<br />
„konterkariere“ völlig die dem AG unter gewissen Rahmenbedingungen<br />
(Sozialplan) eingeräumten unternehmerischen<br />
Dispositionen. Der OGH trat dieser Auffassung<br />
nicht bei. Richtig sei, dass § 109 ArbVG eine Mitwirkung<br />
des BR bei Betriebsänderungen6 vorsieht. Der AG ist verpflichtet,<br />
den BR von geplanten Betriebsänderungen ehestmöglich<br />
in Kenntnis zu setzen. Der BR kann Vorschläge zur<br />
Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die AN<br />
nachteiligen Folgen erstatten. Bringt eine Betriebsänderung<br />
wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der<br />
AN mit sich, so können Maßnahmen zur Verhinderung,<br />
Beseitigung oder Milderung dieser Folgen durch Betriebsvereinbarung<br />
(„Sozialplan“) geregelt werden. Sozialpläne<br />
dienen dem Schutz der wirtschaftlich Schwachen. „Sozialmaßnahmen“<br />
auf Grund eines Sozialplans machen jedoch<br />
eine zustimmungspflichtige Versetzung nicht zustimmungsfrei.<br />
Bei (voraussichtlich) dauernden Versetzungen<br />
ist die Zustimmung des BR unabdingbar. Fehlt sie, dann<br />
kann sie lediglich bei Vorliegen sachlich gerechtfertigter<br />
Gründe durch das Gericht ersetzt werden. 7 Die nach<br />
§ 101 ArbVG gebotene Zustimmung betrifft den Einzelfall<br />
und kann daher nicht generell für alle künftigen Versetzungen,<br />
die im Zuge einer Betriebsänderung erforderlich<br />
sind, durch den Sozialplan gegeben werden. Der vorliegende<br />
Fall spricht unterschiedliche Mitwirkungstatbestände<br />
an; es kommt zu einer Kumulation von wirtschaftlichen<br />
(§ 109 ArbVG) und personellen Mitwirkungsrechten (§ 101<br />
ArbVG) des BR. 8 Verschlechterung i. S. dieser Bestimmung<br />
ist jede Änderung zum Nachteil des AN. Maßgebend ist<br />
dabei ein Vergleich der Situation des AN vor der Versetzung<br />
mit der Lage, die infolge der Versetzung eintreten würde<br />
bzw. eingetreten ist. Eine Verschlechterung ist hier gegeben,<br />
weil der neue Arbeitsort um mehr als 50 Kilometer<br />
weiter vom Wohnort des AN entfernt ist als der bisherige.<br />
Dazu kommt, dass die neue Tätigkeit geringere geistige<br />
Anforderungen stellt und weniger Abwechslung bietet und<br />
kein besonders hohes Ansehen genießt. Insgesamt überwiegt<br />
daher eine erkennbare Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.<br />
Da keine Zustimmung des BR vorlag, war die<br />
Versetzung rechtswidrig.<br />
Vetorecht für den Betriebsrat<br />
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem BR bei verschlechternden<br />
Versetzungen, die aber durch den Arbeitsvertrag<br />
gedeckt wären, ein absolutes Vetorecht eingeräumt<br />
ist, welches nur durch Gerichtsurteil aufgehoben werden<br />
kann. Damit wurde dem BR auch eine große Verantwortung<br />
übertragen, da er bei seiner Entscheidung sowohl Einzelinteressen<br />
zu vertreten hat, wohl aber auch Interessen<br />
der gesamten Belegschaft berücksichtigen muss.<br />
1 § 101 ArbVG.<br />
2 OGH 16. 3. 1988; 9 ObA 34/88.<br />
3 OGH 31. 8. 2005, 9 ObA 35/05w.<br />
4 4 Ob 19/79 = Arb 9838; 8 ObA 202/02t = DRdA 2003/47<br />
5 4 Ob 19/79 = Arb 9838.<br />
6 Zu diesen zählt nach § 109 Abs. 1 Z 1 ArbVG unter anderem<br />
auch die Stilllegung eines Betriebsteils.<br />
7 8 ObA 2057/96z.<br />
8 Löschnigg, Arbeitsrecht 10 753.<br />
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GÖD | 1_<strong>2012</strong>