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Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

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Kolumne<br />

12<br />

„Daher glauben wir, dass ein reformprozess, der einseitig auf fiskalischen<br />

sparmaßnahmen beruht, unwirksam sein könnte, indem die Inlandsnachfrage<br />

in gleichem maße sinkt wie die sorge der Verbraucher um ihre<br />

arbeitsplätze und ihre verfügbaren einkommen steigt und damit die nationalen<br />

steuereinnahmen erodieren!“ standard & poor’s<br />

Als Ursache für die Abwertung der Bonität Österreichs am<br />

13. Jänner <strong>2012</strong> führt die Agentur Standard & Poor’s (S&P)<br />

insbesondere die wirtschaftliche Schräglage der EU an. „Es sei<br />

nämlich zu einseitig anzunehmen, dass die derzeitigen Probleme<br />

vor allem von mangelnder budgetärer Disziplin in den<br />

Peripheriestaaten der Eurozone herrühren.“ S&P glaubt, dass<br />

die Probleme in der Eurozone gleichermaßen aus „steigenden<br />

außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten und auseinanderlaufender<br />

Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Kernländern<br />

der Eurozone und den sogenannten Peripheriestaaten“ entstehen.<br />

Oder, wie es der renommierte Ökonom Mag. Dr. Markus<br />

Marterbauer ausdrückt: „Die Staatsschuldenkrise ist kein<br />

Ergebnis eines plötzlich unfinanzierbaren Sozialstaates oder<br />

einer sprunghaften Zunahme der Ineffizienz der Verwaltung,<br />

sondern direkte Folge der von Banken und Finanzmärkten<br />

ausgelösten Finanz­ und Wirtschaftskrise.“ 1<br />

Zinssteuerquote sinkt seit 15 Jahren<br />

Die Zinssteuerquote, das sind die Zinszahlungen des Staates in<br />

Prozent der Steuereinnahmen, beträgt 2010 9,7 Prozent und<br />

ist in den letzten 15 Jahren kontinuierlich gesunken. Österreich<br />

hat im Jahr 2011 etwa 7,4 Milliarden Euro an Zinsen<br />

bezahlt. Der Zinssatz, den wir für neue Staatsschulden bezahlen,<br />

stagniert auf sehr niedrigem Niveau und ist trotz Verlustes<br />

des Triple A deutlich geringer als noch vor einem Jahr. Und<br />

hier liegt auch das Risiko: Das Ansteigen der Zinsen um ein<br />

Prozent kostet kurzfristig etwa 200 Millionen Euro pro Jahr,<br />

mittelfristig etwa zwei Milliarden Euro im Jahr zusätzlich. Es ist<br />

also klug, Schulden abzubauen, jedoch sollte der Begründung<br />

von Standard & Poor’s Rechnung getragen werden.<br />

In unserer westlichen Werte­ und Leistungsgesellschaft<br />

gilt der Grundsatz, dass jede und jeder für sein/ihr Handeln<br />

verantwortlich ist und für die Folgen einstehen muss.<br />

Sparen ja –<br />

aber richtig<br />

Der Verstoß gegen diesen Grundsatz – Unmengen an Gelder<br />

werden zur Rettung der Verursacher wie Banken und Staaten<br />

gepumpt – führt zu großem Unmut, ja sogar Wut unter den<br />

Bürgern Europas. „In der großen Depression der Dreißigerjahre<br />

stellten die Staaten die Moral über alles. Sie verweigerten<br />

Hilfen und ruinierten so die Wirtschaft. Heute stellen sie die<br />

Wirtschaft über alles und können damit die Moral zerstören.“ 2<br />

Krisenverursacher sollen Beitrag leisten<br />

Letztlich ist es also gut und recht, dass die Verursacher der<br />

Krise einen wesentlichen Beitrag zur Sanierung leisten. Während<br />

sich Griechenland kaputtspart – z. B. haben die Griechen<br />

allein in den letzten beiden Jahren aus Kostengründen<br />

etwa 420.000 Autos abgemeldet –, blieb der Finanzsektor mit<br />

seinen Luftgeschäften unangetastet. Eine vom WIFO im Jahr<br />

2008 durchgeführte Studie zur Finanztransaktionssteuer3 hat<br />

die dadurch lukrierbaren Steuereinnahmen im europäischen<br />

Raum mit 80 Milliarden Euro errechnet (bei einem Steuersatz<br />

von 0,01 Prozent). Die Erträge allein in Österreich würden<br />

sich – abhängig von detaillierten Regelungen – zwischen 0,5<br />

bis 1,6 Milliarden Euro bewegen.<br />

Es ist allerhöchste Zeit, dass die Verursacher der Krise zur Kasse<br />

gebeten werden. Die Bundesregierung ist gut beraten, keine<br />

einseitigen Maßnahmen zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung<br />

und des Öffentlichen <strong>Dienst</strong>es zu beschließen.<br />

otto aIglsperger<br />

Rückmeldungen zu diesem Artikel bitte an:<br />

otto.aiglsperger@goed.at<br />

1 Vortrag anlässlich der ÖGB-AK-Konferenz vom 20. 1. <strong>2012</strong>.<br />

2 Siehe „Die Zeit“, Nr. 1 vom 29. 12. <strong>2012</strong>, S. 35.<br />

3 Siehe www.oekosozial.at unter: Themen – Abgabensystem.

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