Ausgabe 1/2012 - Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
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titelgeschichte<br />
14 ein<br />
starkes Netz<br />
Österreich ist ein Wohlfahrtsstaat. Wichtige errungenschaften wie Kranken<br />
versicherung oder Kinderbeihilfe sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzu <br />
denken. ein Blick in die geschichtsbücher zur entwicklung des erfolgsprinzips.<br />
text: MAg. KAthArinA steiner<br />
Werte SicherN:<br />
Die Suche nach dem Beginn sozialer Sicherungssysteme führt<br />
ins 19. Jahrhundert: In den 1880er Jahren zählt Österreich<br />
mit der Einführung einer Unfall- sowie Krankenversicherung<br />
neben Deutschland zu den Pionierländern der staatlich<br />
geregelten Pflichtversicherung. Allerdings ist die personelle<br />
Reichweite anno dazumal noch recht begrenzt.<br />
Mit dem Eintritt ins 20. Jahrhundert kam 1907 die Pensionsversicherung<br />
für private Angestellte (nicht jedoch für Arbeiter)<br />
hinzu. Ab 1920 griff die Arbeitslosenversicherung, womit<br />
die erste Expansionsphase der sozialpolitischen Entwicklung<br />
Österreichs initiiert wurde. Bis in die 1930er Jahre wurden<br />
nun die sozialen Leistungen sowie der Kreis der anspruchsberechtigten<br />
Personengruppen erweitert. Die schwere Wirtschaftskrise<br />
der 30er Jahre bereitete dem weiteren Ausbau<br />
jedoch ein jähes Ende: Viele bestehende soziale Leistungen<br />
wurden beschnitten bzw. deren Zugangsbedingungen verschärft.<br />
In der Zeit des nationalsozialistischen Regimes wurde<br />
das österreichische Sozialsystem durch die deutsche Reichsversicherungsordnung<br />
ersetzt.<br />
Zeit der Expansion<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten Art und Umfang der<br />
Leistungen sowie der Adressatenkreis beträchtlich erweitert<br />
werden. Nicht zuletzt war dies aufgrund der Schaffung eines<br />
Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) möglich.<br />
Das 1955 beschlossene und seitdem durch viele Novellen<br />
weiterentwickelte Gesetz bildet nach wie vor die Basis der<br />
österreichischen Sozialversicherung. In den folgenden Jahren<br />
wurde das Sicherungsnetz noch engmaschiger gestrickt:<br />
1965 wurden auch Bauern in den Versicherungsschutz einbezogen,<br />
1966 Selbstständige und 1979 FreiberuflerInnen.<br />
Der Ölpreisschock in den 1970er Jahren führte in vielen europäischen<br />
Ländern zu Debatten über die Finanzierbarkeit des<br />
Systems. In Österreich kam das Thema erst in den 1980er<br />
Jahren verstärkt aufs politische Tapet: Finanzierungsprobleme,<br />
demografische Entwicklung und politische Faktoren<br />
(Stichwort: Missbrauchsdebatte) bestimmten die Diskussion.<br />
Dennoch kam es bis in die 1990er Jahre zu einer Erweiterung<br />
des Leistungsspektrums: neue Leistungselemente in der<br />
Krankenversicherung, die Einführung des Pflegegeldes sowie<br />
die Ausdehnung des Sozialversicherungsschutzes auf neue<br />
Formen atypischer Beschäftigung stellten wichtige Errungenschaften<br />
dar.<br />
Seite Mitte der 1990er Jahre steht die Sozialpolitik allerdings<br />
im Zeichen von Einsparungen und der Verschärfung von<br />
Zugangsbedingungen. Vor allem was die Arbeitslosen- und<br />
Pensionsversicherung betrifft, wurden massive Veränderungen<br />
hinsichtlich Leistungszugang und -niveau umgesetzt. Im<br />
Gegenzug dazu erreichte man allerdings die Modifikation<br />
arbeitsrechtlicher Regelungen und familienrelevanter Leistungen.<br />
Aktuell werden Debatten über Reformen des österreichischen<br />
Wohlfahrtsstaates geführt, die zu einer Verschlankung<br />
des sozialen Leistungssystems führen sollen. Bei allen Spar-<br />
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