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Einleitung 9<br />

sen oder Schichten in deutschen Untersuchungen noch immer zu stark ver­<br />

nachlässigt werden.4<br />

In den letzten Jahren wurde die Frage nach dem Verhältnis von "Klasse" und<br />

"Geschlecht" schon oft debattiert. Sie wurde ausgelöst von Jürgen Kocka,<br />

der die Ansicht vertrat, daß "Klasse" wichtiger sei als" Geschlecht", da Klas­<br />

sen- und Schichtenzugehörigkeiten für Selbstverständnis, Erfahrungen und<br />

Lebenspraxis prägender seien als die Geschlechtszugehörigkeil5 Diese Aus­<br />

sage läßt außer acht, daß rechtliche Beschränkungen (z.B. im Wahl- und<br />

Vereinsrecht), tradierte Erwartungshaltungen (z.B. die "Mütterlichkeit" als<br />

Beruf) und gesellschaftliche Rollenzuweisungen durchaus klassenübergrei­<br />

fend waren und Frauen in anderen Weise als Männer von Klassenbildungs-<br />

4 Diese Position richtet sich vor allem gegen Annette Kuhn sowie verschiedene Sozial­<br />

wissenschaftlerinnen, die zur Frauengeschichte ar<strong>bei</strong>ten. Vgl. U. Frevert, Klasse und<br />

Geschlecht - ein deutscher Sonderweg?, in: L Barrow u.a. (Hrsg.), Nichts als Unter­<br />

drückung? Geschlecht und Klasse in der englischen Sozialgeschichte, Münster 1991,<br />

S. 259-270, S. 267 f. Der Sammelband vereinigt unterschiedliche Beiträge, z.B. zu<br />

"Ladies und Krankenschwestern im Krimkrieg", "Sexuelle Belästigung in<br />

Baumwollfabriken im 19. Jahrhundert" oder "Die viktorianische Kultur im Spiegel<br />

zweier Tagebücher" und schließt mit drei Aufsätzen zur Standortbestimmung der<br />

FrauengeschichtsfoTSchung in Deutschland und England ab.<br />

5 Vgl. J. Kocka, Frauengeschichte zwischen Wissenschaft und Ideologie? Zu einer<br />

Kritik von Annette Kuhn, in: Geschichtsdidaktik 7, 1981, S. 99-104, insbes. S. 100 f.<br />

Ein Beispiel, wie Kocka die Kategorie "Geschlecht" der Klassenbildung unterordnet,<br />

sei hier angeführt. Kocka spricht vom Übergangscharakter des häuslichen Gesinde­<br />

dienstes und konstatiert: "Diese Mädchen und jungen Frauen mochten nicht wissen,<br />

wie ihr Leben später aussehen würde; sie mochten oft träumen und Illusionen nach­<br />

hängen; aber sie wußten, was sie in abesehbarer Zeit nicht mehr sein würden, näm­<br />

lich Dienstmädchen." (S. 144). Vgl. J. Kocka., Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse und Ar<strong>bei</strong>terexi­<br />

stenzen. Grundlagen der Klassenbildung im 19. Jahrhundert, Bam 1990, S. 109-146.<br />

Diese Aussage erscheint doch recht nichtssagend, denn wie anders sah der Alltag der<br />

"Mädchen und jungen Frauen" denn aus, wenn sie z.B. heirateten und eine Familie<br />

zu versorgen hatten? Die meisten der Ar<strong>bei</strong>ten, die sie als Dienstmädchen zu ver­<br />

richten hatten, mußten sie doch unter veränderten (z.B. rechtlichen) Bedingungen<br />

weiterhin ausführen, und der sozialen Schicht, der sie bisher angehörten, entkamen<br />

sie in der Regel auch nicht.

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