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Soziale Struktur 37
dürften die evangelischen Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung den
Nationalliberalen, die katholischen dem Zentrum nahegestanden haben. Die
Sozialdemokratie war ausgegrenzt, sie stellte wohl keinen einzigen Vertreter
in diesem Gremium.
Die Namen der Stadtverordnetenvertreter zeigen, daß ein großer Teil von
ihnen in Ratingen verwurzelt war; einige im Zuge des industriellen Auf­
schwungs Zugezogene waren aber auch darunter. Fast alle lebten im eigent­
lichen Zentrum von Ratingen, am Markt, der Oberstraße, der Düsseldorfer
Straße und der Bechemer Straße. Der evangelische Fabrikdirektor Grabhorn
wohnte allerdings im Osten der Stadt an der Bahnstraße, also in einem Be­
reich, in dem viele Fabrikarbeiter ansässig waren. 60
Die vorangegangene Skizzierung erhebt nicht den Anspruch, eine umfas­
sende Sozialanalyse der Ratinger Einwohnerschaft darzustellen. Es konnten
auf dem eingeschlagenen Weg gewisse Rahmendaten für die folgende Un­
tersuchung erhoben werden, die die einführend vorgestellte Einschätzung
der Ratinger Stadtverwaltung zumindest modifizieren und sie als zu harmo­
nisierend ausweisen. Peter HÜUenberger bezeichnet das benachbarte rhei­
nisch-preußische Düsseldorf des beginnenden 20. Jahrhunderts als
"amerikanische" Stadt, in welcher sämtliche Widersprüche der Modeme be­
reits faßbar waren wie z.B. die Konflikte zwischen Arbeiterschaft und Un­
ternehmen, Gegensätze zwischen altem Milieu und "neuern Lebenstil ", die
Kluft zwischen dem Erhalt der Natur und den Erfordernissen der techni­
schen Zivilisation. Es ist anzunehmen, daß entgegen der ein wenig idyllisie­
renden Saturiertheit der Selbstdarstellung Auswirkungen dieser Art bereits
in verkleinertem Maßstab auch in Ratingen zu spüren waren. 61
60 Vgl. Adreßbuch 1903.
61 Vgl. Hünenberger, Vom ausgehenden 19. la1uhundel1 bis zum Ende des Ersten
Weltkriegs, in: Düsseldorf, Bd. 3, S. 7-262, S. 224.