Hohenheimer Working Papers Wirtscha s- & Unternehmensethik
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2.3.3 Entscheidungsverhalten in der Praxis im Dilemma zwischen Eigennutz<br />
und Moral<br />
Die praktische Umsetzung, wie moralische Interessen in die Nutzenmaximierung<br />
einbezogen werden können, kann man sehr gut aus dem Ziel der Nachhaltigkeit ab-<br />
leiten. So gelten für eine nachhaltige Entwicklung gewisse Mindeststandards, wel-<br />
che auch als Safe Minimum Standards (SMS) bezeichnet werden. Dabei wird unter<br />
Einbeziehen der möglichen Konsequenzen für andere 190, 191 die Frage gestellt: „,[A]re<br />
you really sure you want that?'“ 192 Je nachdem wie die Frage von einem Individuum<br />
beantwortet wird, bezieht es die Konsequenzen in der Form eines nicht zu unter-<br />
bzw. überschreitendes Niveaus in seine Entscheidung mit ein. 193 Dabei legt sich das<br />
Individuum auf eine persönliche Rangfolge von Werten fest und ist sich bewusst,<br />
dass sich diese Rangfolge im Lauf des Lebens ändern kann, und passt diese dann<br />
gegebenenfalls an. 194<br />
Gemäß dieser sehr pragmatischen Methode handelt das nutzenmaximierende Indi-<br />
viduum als Satisficer. Dieser legt sich auf eine persönliche Rangfolge von Werten –<br />
auf einen Rahmen – fest, der einerseits die Eigennutzinteressen aufgrund morali-<br />
scher Mindeststandards und anderseits die moralischen Interessen durch ein Min-<br />
destniveau an Eigeninteresse beschränkt. Mit dieser Methode entgeht das Individu-<br />
um dem sonst unlösbaren Problem, mit einem Preis versehene materielle sowie un-<br />
bezahlbare immaterielle und moralische Werte miteinander verrechnen zu müssen.<br />
Zwar ist diese Handlungsweise sowohl aus ökonomischer Sicht als auch aus der<br />
Perspektive von Kant nicht korrekt, jedoch ist ein diesen Sichtweisen entsprechen-<br />
des, absolut korrektes Verhalten in der Realität auch nicht möglich.<br />
Bei dem moralischen Satisficer handelt es sich also um rationales Verhalten, das<br />
„der Logik der Situation entspricht“ 195 und sich dem Thomas Theorem „(i]f men<br />
define situations as real, they are real in their consequences“ 196 anschließt. Dabei ist<br />
„the definition of the situation [..] necessary preliminary to any act of the will“ 197 , so<br />
dass die Entscheidung über die Konsequenzen einer Handlung von den erwarteten<br />
Konsequenzen aus einer Handlung abhängen. Da sich Erwartungen jedoch erheb-<br />
lich unterscheiden können und nicht oder nur schwer beobachtbar sind, ergibt sich<br />
190 Vgl. Bromley (2008).<br />
191 Hierbei handelt es sich gemäß der Definition einer nachhaltigen Entwicklung insbesondere<br />
um die Konsequenzen für Menschen in Armut und künftige Generationen.<br />
192 Ebenda.<br />
193 Vgl. Riley (2008).<br />
194 Vgl. Gabriel/Schlagnitweit (2009), S. 85f.<br />
195 Popper (2003), S. 115.<br />
196 Thomas/Thomas (1928), S. 572.<br />
197 Thomas/Znaniecki (1927), S. 68.<br />
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